So war: das Immergut Festival

SAMSTAG, 2. JUNI 2012



Ende Mai fand bei nahezu perfektem Wetter in Neustrelitz das diesjährige Immergut Festival statt, mit unter anderem Vierkanttretlager, WhoMadeWho und den Blood Red Shoes. Für uns war Jana Wernicke dabei:

Sommer, Sonne, Mücken und viel schwarzer Staub.

Alle Jahre wieder. Traditionen wollen gepflegt werden und so ging es auch dieses Jahr wieder weit in den Norden in das von Alleen und Seen durchzogene Mecklenburg Vorpommern zum Immergut. Ein Festival dem sein guter Ruf schon lange vorauseilt. Eines der schönsten Festivals, sei es familiär und doch feierwütig, mit einem Publikum, das sowohl zuhören, als auch Musik frenetisch feiern kann.

Beides sollte sich auch dieses Jahr wieder bewahrheiten.

Die Liebe steckt im Detail. Bei Securities, die lieber gelb statt schwarz tragen und sowieso mehr wie Servicepersonal wirken. Beim Bäcker aus dem Ort, der für die Frühstücksverpflegung sorgen darf, anstatt irgendeine Großfirma. Bei der Liebe zu Kunst und Musik. Bei Veranstaltern, denen ein verschwundener Personalausweis eben nicht egal ist. Und so wird dann schon mal eine halbe Stunde gefunkt und eine Rennfahrt rund ums Festivalgelände über Hügelstraßen und Feldwege zum Orgabüro unternommen um ihn wiederzufinden. Danke dafür liebes Immergut Team!

Das schöne am Immergut ist, dass es immer wieder für eine Überraschung gut ist und so muss der Headliner nicht immer das Highlight sein, sonder vielleicht auch die kleine unbekannte Band, die schon am frühen Abend überschwänglich gefeiert wird. Denn große Namen sind beim Immergut beinahe egal. Und so war es auch dieses Jahr wieder. Bewährtes enttäuschte zum Teil, aber viele der frühen Acts liefen zu Höchstformen auf.

Doch bevor es ans feiern ging, wurde erst einmal ruhigeren Tönen gelauscht. Die Birkenhain Bühne ist dafür der perfekte Ort. Menschen sitzen im Gras, genießen die Sonne und das Zeltdach über der Bühne wiegt sich leicht im Wind als Francesco Wiking mit Moritz Krämer als Die Höchste Eisenbahn ihre Geschichten erzählten und in kleine Lieder verpackten, als könnte man sich seine eigene Welt basteln wie man mag. Das ganze war dann auch um einiges unterhaltsamer als bei Wikings Hauptband Tele. Auf jeden Fall aber wunderbar um in ein Wochenende voller Musik zu starten.

Zu Francis International Airport, die die Waldbühne würdig eröffneten, ließ es sich dann prächtig in Gedanken schwelgen und über das Festival Gelände schlendern und den verschwurbelten Klängen und klar perlenden Gitarren der fünf Österreicher lauschen.

Das erste große Highlight waren anschließend Einar Stray (die ja auch schon hier in Nürnberg eine sehr beeindruckendes Konzert gespielt haben) in der Zeltbühne. An einem Ort wo sie so gar nicht hinzupassen schienen, ist die Zeltbühne doch eher für ihre Feierwut bekannt. Als Einar Stray aber die ersten Töne anstimmten war das Zelt von einer schweigenden und staunenden Menge erfüllt. Die ganze Anspannung entlud sich dafür umso mehr in den frenetischen Jubelstürmen zwischen den Songs und Einar Stray zeigten eindrücklich wie wandelbar sie sind, war das Set am Immergut doch um einiges krachiger als im bestuhlten Museum in Nürnberg. Es war überraschend wieviel Lärm und Gewalt auch in den häufig so beschaulich wirkenden Songs stecken kann. Nur war die Zeit leider viel zu knapp für die langen Stücke und so ging es draußen auch schon weiter mit den Hidden Cameras, die leider einen nicht so guten Tag erwischt hatten. Zu spät angekommen fehlte die Zeit für den Soundcheck und so kam es, dass ein großer Teil der sonst so einnehmenden Spielfreude irgendwo in den Boxen der Waldbühne hängen blieb. Vielleicht wäre auch die intime Atmosphäre des Zeltes der Bühnenshow mehr zugute gekommen und so bleibt einem nur sich an die wunderbar verschwitzten Clubshows der letzten Jahre zu erinnern und auf eine neue Tour zu hoffen, um dann auch endlich herauszufinden ob man durch die Augenbinden nicht doch was sieht.

Aber weil es kein Immergut ohne Überraschungen gibt, folgte die nächste gleich darauf.

Vierkanttretlager überrumpelten einen gerade zu mit ihrem Set. Laut, rau und schrammlig und energiegeladen war das. Und damit meilenweit von ihrem Album entfernt. Meilenweit im positiven Sinne. Ein perfektes Set, dass alle Energie entlud, aber auch seine Pausen kannte um sich nicht auf hoher Ebene zu erschöpfen. So bremsten "Fotoalbum" und eine akustischen Version von „Gib dem Leben keinen Sinn“ das Tempo wieder herunter, nur um sich dann wieder zur Höchstleistung aufzuschwingen. Das Zelt tobte, es wackelte. Der nächste große Moment des Immerguts und noch sicher für einige Geschichten gut. "Ohne Ziel und ohne Zweck, zieh dieser Zeit die Beine weg".

Mittlerweile war dann auch die Zeit für die vermeintlichen Highlights gekommen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon klar war, dass besser als Vierkanttretlager und Einar Stray zumindest an diesem Tag nicht mehr geht. Den Anfang der „Großen“ machten dann auch WhoMadeWho, denen man ja in den letzten Jahren in Nürnberg häufiger begegnen konnte. Viermal in zwei Jahren um genau zu sein. Ein guter Grund sich am Zelt für die Nacht zu rüsten und dabei endlich eins und eins zusammenzuzählen.

Denn da gab es noch dieses einigermaßen gut gehütete Geheimnis, dass uns schon am frühen morgen ins Ohr geflüstert wurde und eine Band, die auf den eher bescheuerten Bandnamen LET'S DID IT hörte. Bis der Groschen viel, dass es sich hierbei lediglich um ein Pseudonym handelte für eben jenes Geheimnis, dauerte es. Gerade noch rechtzeitig kamen wir aber dann doch zur Zeltbühne. Man mag jetzt über die Sportfreunde Stiller denken was man will, zurückgekehrt in dieses kleine Zelt, schrammlig, mit vielen alten Songs, blieb einem gar nichts anderes übrig als diesen etwas absurden Moment zu genießen und sich auch einfach nur über die feiernden Leute zu freuen. Man braucht wohl nicht zu erwähnen, dass der Zeltboden bebte und kurz vorm zusammenbrechen war.

Müde von der Sonne und vielleicht auch von der Nacht hörten wir uns Blood Red Shoes dann noch vom Zeltplatz aus an um dann kurz darauf ganz festivaluntypisch bald die Augen zu schließen, auch wenn Totally Enormous Extinct Dinosaur ja erst noch kam, Alle Farben und Die Vögel sicherlich noch sehenswert gewesen wären. Sollen diesmal doch die Andern bis zum Sonnenaufgang tanzen!

Dass, die Sonne das ganze Wochenende gnadenlos vom Himmel brannte muss nochmal eindrücklich erwähnt werden. Spätestens um acht Uhr in der Früh war schlafen in der Zeltsauna nicht mehr möglich und so blieb ein langer Vor- und Nachmittag. Nur für welche der vielen tollen Alternativen sollte man sich nur entscheiden? Baden an einem der schönen Seen (zumal es dieses Jahr zum ersten Mal einen Fahrradverleih von Konzertkultour am Festivalgelände gab. Die beste Idee seit langem! Und wer kein Fahrrad wollte war dennoch immer auf einen Plausch willkommen) oder doch zum alljährliche Immergut Fußballtunier? Hiervon lässt sich berichten: Team Veranstalter holte sich klar überlegen den Sieg. Team Einar Stray zeigte großen Einsatz und erzielte unter großem Jubel ein Tor, wurde dann allerdings vom Verletzungspech heimgesucht. Glück- und torlos verabschiedete sich auch die Vereinigung aus Hidden Cameras und Vierkanttretlager schon in der Vorrunde, kritische Beobachter sagen, dass Team war nicht genug eingespielt.

Nach so viel Sport war dann aber auch wieder Zeit für Musik und Lesungen. Ruhig und beschaulich zunächst, spielten Soley und Sin Fang auf der hierfür hervorragend geeigneten Birkenhain Bühne. Sonnensitzen, Träumen und Seifenblasen nachgucken. Man lauscht den Klängen von Sin Fangs „berauschender, instrumentenreicher, experimentellen Musik“ und das Gefühl von Natur und Frühlingswäldern will nicht mehr verschwinden. Und schon wieder war das beste Konzert des Tages noch bevor die Sonne hinter den Baumwipfeln verschwunden ist.

Eine Band die man sich merken sollte, ist auf jeden Fall The Mouse Folk, die sich schlafwandlerisch zwischen den Polen leiser Elektronik und Folk, zwischen tanzbar und melancholisch, bewegen und damit auch die leider ausgefallenen Young Dream würdig vertraten. Hier ein Glockenspiel, da pluggernde Elektronik und hier und da eine Gitarre werden zu schwelgerischen Songs.

Die neue große Pophoffnung aus Berlin heißt Me and My Drummer, so zumindest die Werbung im Zug auf der Heimreise. Und genauso wurde das Duo bei seinem Auftritt in der Zeltbühne dann auch gefeiert. Großer Pop eben.

Am Abend konnte man sich Kakkmaddafakka dann getrost schenken und lieber auf New Built (ein Teil von Hot Chip in Kooperation mit LCD-Soundsystem) warten. Mag sein, dass das viel anders sehen aber ich finde, die Proll-Attitüde, die Kakkmaddafakka sicherlich gekonnt an den Tag legten, einfach nervig. Die feiernden Leute von der Bühne dürfen gerne widersprechen.

Nach New Built wurde dann nochmal gemeinsam mit Friska Viljor in Erinnerungen an ihren legendären Auftritt in der Zeltbühne 2007 geschwelgt. Der Sänger wurde nicht müde zu betonen, wie ihm das gefallen hat - uns auch, damals wie heute. Und mit einer Stunde Verspätung wurde dann auch noch Geburtstag auf der Bühne gefeiert. Es war ein Fest! Und so wurde dann auch noch getanzt zu Pupkulies & Rebecca, mit Slagmalsklubben und schlechter Indiedisko, bis die Sonne schon am Himmel stand.

Am Abreisemorgen hatte es sich dann auch wieder Bewahrheitet, das Immergut ist ein Festival zum Freunde treffen und kennenlernen, für das große alle Jahre Wiedersehen.

(Jana Wernicke)




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