MUZsessions: Jedes Detail stimmt
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Freitagvormittag im MUZClub. Auf der Tanzfläche liegt ein Teppich. Am Mischpult drückt einer auf Knöpfe. Lichtkegel schlingern blau und weiß durch den Raum. Nebel hüllt unsere Füße ein. Fast surreal, denkt man, denn alle Anzeichen deuten darauf hin, dass hier, wenn auch nicht auf der Bühne, ein Konzert stattfinden würde. Und dann auch noch indoor. Wie lange ist das her?
Und nein, das hier ist keine Zeitreise. Es ist auch kein Konzert mit Publikum. Trak Trak, Nürnbergs heiße Cumbia-Blues-Explosion, spielt für drei Kameras. Die Band freut sich, mal wieder in einem Club stehen zu dürfen. Das MUZ-Team, das drum herum wuselt, freut sich, hier mal wieder arbeiten zu können. Und dabei Livemusik zu hören. Das Publikum harrt der Veröffentlichung der MUZsessions.
Zehn Bands und Musiker*innen hat die Musikzentrale insgesamt eingeladen, um in diesen Tagen im Club einen neuen Song live aufzunehmen. Ab April gehen die hochwertige produzierten Videos dann online. Die Auswahl deckt genremäßig so ziemlich alles ab, was man sich in der populären Musik vorstellen kann, von Metalcore (Impvlse) über HipHop (Amariz) bis hin zur psychedelic Cumbia-Sauna von Trak Trak.
Die waren gestern schon hier, um den Song zu proben. Jetzt gilt’s: „Ton läuft. Bild läuft. Action.“ Drei Minuten lang Action, als würde sich hier eine wogende Menge im Club gegenseitig mit Schweiß einschmieren. Rasseln, Chor, Gitarre fängt Feuer, Querflöte – aber mit Abstand! Und absetzen, umkucken: Wie war das? Take eins ist im Kasten, drei werden noch folgen, am Ende ist klar: Take eins war der beste.
Zigarettenpause mit Andreas Klenk, Programmchef der Musikzentrale und hier jetz so etwas wie der Executive Producer der MUZsessions. Es ist das zweite Session-Wochenende für ihn, sechs Bands sind bereits aufgenommen. Man wolle hier, sagt er, das Kernverständnis der Musikzentrale umsetzen und eine Szene möglichst breit abbilden. „Erste Demos durfte ich schon sehen und das fühlt sich sehr, sehr gut an.“
Die Auswahl der Bands und Künstler*innen, die an den Sessions teilnehmen kam über Bewerbungen und Vorschläge aus der Programmgruppe zustande. Mitglieder-Bands der MUZ hatten einen gewissen Vorteil. Um am Ende ein entsprechend ansehnliches Ergebnis abliefern zu können, holte man sich David Lehmeyer an der Kamera (plus Regie, Schnitt, etc.) und Michi Winkler von Bekassine Records für den Mix und Mastering mit ins Projektboot. “Zwei ganz tolle Partner”, sagt Andi Klenk, “und die perfekte Ergänzung zu den Leuten, die wir als MUZ schon hier haben.”
Zurück in den Club, wo sich Sängerin Romina die Maske wieder aufgesetzt hat und am Bühnenrand sitzt. „Das war super“, sagt sie, „Ich hätte gern gleich noch ein paar mehr Lieder gemacht.“ Trak Trak ist eine sechsköpfige Band und hat damit, im Gegensatz zur Songwriterin Julia Laura, die gleich drankommt, momentan vor allem ein Problem: Sie dürfen nicht proben, schon seit Oktober nicht mehr. Daheim arbeitet jeder für sich am PC an Ideen, die dann hin und her geschickt werden. „Das macht keinen Spaß“, sagt Romina. „Aber wenn wir dann endlich wieder spielen, macht es mega Spaß und wir denken uns: Es wäre so schön alles!“
Im vergangenes Jahr haben Trak Trak ihr erstes Album veröffentlicht. Der Terminkalender für den Sommer stand voller Festivalauftritte. Das musste alles abgesagt werden. „Wir versuchen, uns nicht verrückt zu machen“, sagt Romina, „aber du kannst im Moment nichts planen.“ Der neue Song, der gerade aufgenommen wurde, steht quasi erst seit gestern, als die Band in der MUZ zum Glück noch einmal zusammen proben konnte. Wer Trak Trak im Spätsommer in der Desi oder im Z-Bau gesehen hat, hat ihn schon einmal gehört, als Zugabe.
Wenige Minuten später ist das Schlagzeug, das Keyboard, die ganze Band wieder verschwunden und der MUZclub wieder ein coronanormaler leerer Club. Der Stuhl für Julia Laura steht schon bereit, nur was die Deko angeht, herrscht noch Uneinigkeit: Mit dem Retro-Radio oder ohne, mit Grammofon oder nur Pflanzen? Schwierig, aber klar: Ein Song, möglichst hochwertig aufgenommen und perfekt in Szene gesetzt. Da muss jetzt jedes Detail passen.
Julia weiß noch nicht sicher, welcher Song es sein wird. Die Fürther Folk-Sängerin mit der außergewöhnlichen Stimme wirkt noch etwas unsicher, fast nervös. Die Musiker*innen sind lange nicht in dieser Bühnensituation gewesen. Und dann spielt man auch noch für drei Kameras. Julia kommt gerade vom heimischen Schreibtisch, an den sie momentan von ihrer Bachelorarbeit gefesselt wird: „Ich bin so ein bisschen in einem Trott gefangen“, sagt sie, „da tut die Abwechslung einfach gut. Und die MUZ setzt mit der Aktion natürlich ein wichtiges Zeichen.“
Da sie nicht von der Musik leben müsse, leidet Julia nicht finanziell unter dem Lockdown, aber halt doch in kreativer Hinsicht: „Ich ziehe meine Inspiration viel aus dem Außen, dass es gerade nicht gibt. Deswegen schreibe ich auch kaum.“ Nur zwei Songs seien im vergangenen Jahr entstanden, die die Situation auch musikalisch wiederspiegeln. Weniger melodisch – und eintönig, nennt die Künstlerin das. Man könnte auch sagen, fesselnd, vielleicht etwas düster. Julia nimmt ihre Gitarre, fängt an zu singen und die Unsicherheit fällt schlagartig von ihr ab. Man kann es fast hören. Und es wird klar, dass es bestimmt nicht auf die Quantität der im Lockdown entstandenen Songs ankommt.
Von der Qualität aller aufgenommenen, hundert Prozent neuen Songs kann man sich dann ab Anfang April überzeugen. Wenn sie einer nach dem anderen fertig produziert bei YouTube erscheinen werden. Die MUZsessions sind eines von vielen Projekten, die die Musikzentrale gerade andenkt, angeht, ausprobiert. Im Sommer soll das Bonsai-Festival stattfinden, irgendwie. Vorher vielleicht sogar schon Open-Air-Konzerte. Alles bleibt kleiner, anders, komplizierter. Aber es geht weiter. „Überall kann man gerade Samen aussähen und dann schauen, was passiert“, sagt Andi Klenk. „Bei den MUZsessions sind wir jetzt schonmal sicher, dass es funktioniert, die sind pandemieunabhängig.“
Trak Trak Bandcamp
Julia Laura Bandcamp
Musikzentrale Nürnberg
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