Matthias Egers Egersdörfer: Das Einkaufen
#Comedy, #Egers, #Egersdörfer, #Kolumne, #Kultur, #Kulturmagazin, #Printmagazin, #Stadtgeschehen
Die Mutter nimmt ihr Kind mit zum Einkaufen in den Supermarkt. Zusammen fahren die beiden im Kraftfahrzeug durch die Stadt. Wie ein schneller Fisch, den die Mutter mit Zügeln lenkt, schwimmt das Kind im Strom der Straßen zwischen Karpfen, Dorschen und Aalen. Es hält sich an der Rückenflosse fest. Auf dem Parkplatz keilt die Mutter die Forelle zwischen einem blauen Waller und grauen Hecht ein. Ruhig verharrt das Schuppentier und schnauft noch einmal kurz und ruhig durch die Kiemen. Mutter und Kind sitzen ab und laufen zwischen den Schwärmen der rastenden Wirbeltiere, den dazukommenden, den wieder weiterschwimmenden.
Reiter laden Dinge in geöffnete kleine und große Fische. Das Kind schaut. Die Mutter zieht das Kind in die große, unübersichtliche Ladenfläche. Vorher hat sie vor dem Eingang des Geschäfts einen Rollwagen aus der Verankerung gelöst. Der scheint die Mutter zu ziehen zwischen den Regalen und Trögen. Das Kind erblickt einen Haufen von Äpfeln und möchte schauen. Aber der Blick ist zu träge. Der Wagen zieht die Mutter nordwärts. Das Kind merkt sein langsames Schauen im Starren auf die roten Kugeln. Schon werden diese von einem Turm aus Töpfen verdeckt. Die Mutter greift hoch in die Auslage und nimmt zielsicher ein kleines Päckchen, als habe das Ding der Mutter unhörbar zugeflüstert, sie solle es von dort herausnehmen und in den Wagen legen. Das Kind beugt seinen Kopf nach hinten, um das Hantieren zu verfolgen. Der Hals versteift sich. Schon steuert die Mutter Südost. Greift aus einer Trage eine grüne, schwangere Schlange, dreht diese, äugt und legt diese wieder zurück zu den anderen trächtigen Reptilien. Südost, West, Nord, weiter Nord fährt der Wagen, schleift die Mutter, zieht deren Kind hinter sich.
Der Wagen ist voll und kommt jetzt zum Stehen hinter dem Rücken eines Mannes, der seinen Wagen beidhändig hält. Vor ihm steht eine Frau, die bereits die Sachen aus dem Wagen auf das Band legt. Selbiges zieht, wie von Zauberhand, die Dinge auf einem schwarzen Teppich ruckweise zu der Frau, die die Lebensmittel greift, äugt und jedem einige wenige Töne spielt auf dem speziellen Klavier vor ihrem Bauch. Das Kind schaut die Dinge, die gelegt und gezogen und benotet werden. Das Kind sieht, wie die Menschen vor den Wägen in kleinen Schritten sich gegenseitig hinterhertanzen. Die Mutter schaut einen Zettel mit Wörtern und lädt dabei die Produkte auf den sachte ruckelnden Teppich. Die Mutter sagt dem Kind, „Lad´ du weiter die Nahrungsmittel aufs Band und schieb den Wagen. Ich muss zurück. Mir fehlt etwas. Das Etwas ist wichtig. Ohne das Ding wär alles nichtig und der Mühe nicht wert.“ Die Mutter entschwindet zurück zu den Regalen. Das Kind stemmt die Naturalien aus dem Wagen auf das rollende Band. Zuletzt muss es sich schwer beugen über den Metallgitterbauch des Wagens und schier gelangen die Finger nicht zur Tüte mit Zucker. Der Mann vor dem Kind hat schon alles entladen. Alles zieht auf dem Band weiter und weiter. Vor dem Mann öffnet die Kundin ihr Portemonnaie und klaubt Münzen und Scheine der handaufhaltenden Pianistin. Dann lädt sie die beklimperten Sachen wieder zurück in den Wagen. Zieht schon das Band weiter die Sachwerte des Mannes vor dem Kind. Die geschwinde Musik der Tasten. Der nach vorne tänzelnde Mann. Der leicht weiter rollende Wagen. Alles ängstigt das Kind. Und es schaut zurück in die unzähligen Regale, aus denen Männer und Frauen die Produkte ziehen und heben. Und legen die Trümmer in Wägen, die sie schieben und tanzen in kleinen Schritten und schieben und legen die Sachen drängend auf das Band hinter des Kindes Rücken, der Pianistin entgegen.
Nirgendwo sieht das Kind die Mutter stehen, nicht kommen. Die Mutter schaut nicht zum Kind. Wohin ist die Mutter? Weiter zieht das Band. In bangen Schritten tänzelt das Kind mit tauben Beinen hinterher. Schon beklingelt die Frau die Dinge, welche die Mutter den Regalen entnommen hat. Eins nach dem anderen. Immer weniger Sachen sind zwischen dem Kind und der Kassenfrau. Gnadenlos tippt diese die Kasse. Immer weniger Dinge rollen zu der Frau auf dem Band. Schweißnass umgreift das Kind die Stange des leeren Wagens und starrt in die leere Luft im leeren Gitterbauch des Einkaufwagens. Wo bleibt die Mutter? Ist ihr etwas zugestoßen? Sucht sie das Weite in der Ferne, weil einer sie zuckersüß anlächelte? Eine Fee in buntem Gewand hat sie berührt auf eine Weise, wie sie niemals zuvor ertastet wurde an einer Stelle, die noch niemals gestreichelt? Jetzt reitet sie mit der Undine auf einem Einhorn einen zweiten Ausgang hinaus in ein fernes Land, in dem auf weißen Sträuchern Bonbons wachsen und gelbe Limonade fließt? Oder wollte die Mutter das Kind nur loshaben?
Das kann das Kind nicht denken. Nur den kalten Schatten eines solchen, unnennbaren Gedankens spürt es. Kalt ist dem Kind und die Furcht würgt den kleinen Hals. Immer weniger Dinge rollen der Frau am Ende des Bandes in die Hand. Bald ist die Zeit der Waren abgelaufen. Und dann öffnet die Pianistin den Mund. Ein riesiges, dunkles Loch sieht das Kind. Stülpt sich der Mund aus zu einem tosenden Abgrund. Dahinein verschwindet nun das Band und rast in die Tiefe. Und hinter dem Pfund Butter, der Tüte von Zucker reißt es das Kind hinterher, zwischen den Zähnen der Kassenfrau stürzt es hinab in vollkommene Dunkelheit. Lautloser Sturz, greift das Kind haltlos nach den Sachen aus den Regalen, die neben ihm lose herfallen. Hört nur das Sausen seiner selbst ins strudelnde Nichts. Kurz bevor das Kind in sich zerfällt, greift eine Hand das Kind an der Schulter. Es ist die Mutterhand. Warm und weich mit den runden Falten um die Fingerkuppen. Sagt die Mutter ein Wort, mit dem das Dunkel verschwindet. Nach dem Fallen steht das Kind wieder neben der Mutter. Sie sagt: „Ich hätte jetzt fast nicht die Kuvertüre gefunden. Die war wo ganz anders. Ich will Dir doch heute einen Marmorkuchen backen und was wäre der ohne Schokoladenguss.“ Und streicht mit der Hand dem Kind über die Haare am Hinterkopf. Greift zu Geldbeutel und zahlt, was die Frau an der Kasse zusammengeklimpert hat.
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Oktober/November mit Egers
Umtriebig wird er wieder, unser Egers, im Rahmen der Möglichkeiten:
Am 08.10. steht er auf der Theaterbühne Fifty Fifty in Erlangen mit Ein Ding der Unmöglichkeit.
Ebenso am 10.10. in der Kulturfabrik Roth.
Mit dem DING-Programm geht´s auch in die Comödie Fürth, am 18. Oktober.
Und am 07.11. gibt es im E-Werk auf der Clubbühne wieder Egersdörfer und Artverwandte – präsentiert von curt, natürlich!
Ein Livekonzert hören wir am 28.10. im Transfer in Erlangen mit seiner Combo Fast zu Fürth.
Nicht viel, aber immerhin! Mehr Infos + sporadische Termine auf www.egers.de
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Ausstellung 150 Jahre Moll und Moll im Wenzelschloss in Lauf a.d. Pegnitz.
Eröffnung am Sonntag, den 22.11., 11 Uhr im Kaisersaal. Im Jahr 2020 wäre Karl Moll († 2005) 100 Jahre und sein Sohn Philipp Moll (†2016) 50 Jahre alt geworden. Diese Ausstellung ist ein ausdrücklicher Tipp von Matthias!
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