3 Mal offener Brief: Das wünscht sich die Kulturszene jetzt von der Stadt
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Großer Schulterschluss statt Gerangel um Spendengelder: Die freie Szene der Metropolregion hat sich auf verschiedenen Wegen zusammengetan, um ihre Appelle an die Kommunalpolitik zu richten. Am Dienstag erschienen drei offene Briefe, unterzeichnet von Initiativen, Kulturschaffenden und curt. Damit die hiesige Kulturszene frei und vielfältig und schön bleiben kann.
In den Texten geht es vor allem um die Umsetzung eines regionalen Rettungsschirms, der die bisherhigen Maßnahmen wie die staattlichen Soforthlfen, das Bündnis für Kultur und die Weiterzahlung von Förderungen, ergänzen soll. Für Veranstaltungsorte und KünstlerInnen ist damit die Hoffnung auf ein sicheres Fortbestehen nach der Krise verbunden. Das Kulturreferat der Stadt Nürnberg hatte bislang argumentiert, dass ein solcher Rettungsschirm erst vom neuen Stadtrat beschlossen werden kann, das hieße frühestens ab Mitte Mai. curt hat die Stadt um Reaktionen und Statements gebeten, die hier auf der Seite ergänzt werden, sobald wir etwas hören.
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Der Brief der Kulturliga
(Zusammenschluss zur Förderung von Livemusik und Clubkultur)
Ausgangslage
Eine kurzfristige Studie der LiveKomm, des Bundesverbandes der Live-Spielstätten in Deutschland, vom 25.03.2020 besagt, dass durch die Coronakrise allein bis dahin 1.160 Clubs ihre Live-Veranstaltungen absagen oder verschieben mussten. Nicht mit eingerechnet sind dabei die zahlreichen Clubnächte, Lesungen, Poetry-Slams etc. Allein im Live-Musikbusiness entspräche das 15.000 Shows und Umsatzeinbußen von 34 Mio. Euro pro Monat. Weitere Zahlen der Studie belegen Umsatzeinbußen von 3.652,5 Mio. Euro für sechs Monate bei Agenturen und 684 Mio. Euro für Festivals im gleichen Zeitraum. Ohne Frage ist der Kultursektor einer der am schwersten betroffenen Wirtschaftszweige der Coronakrise. Grundlage aller Geschäfte ist hier die Gemeinschaft und der Kontakt von Menschen. Daher wurde dieser Bereich als einer der ersten komplett heruntergefahren und ihm wird wohl auch als einer der letzten erlaubt sein wieder zu öffnen. Nicht nur wir als Spielstätten sind davon akut existenziell bedroht, sondern auch alle damit verbunden Gewerke wie Sicherheits- und Reinigungsunternehmen, freie Veranstaltungstechniker_innen und Verleihfirmen, Vorverkaufstellen, Brauereien und Getränkehändler_innen, Agenturen und nicht zuletzt und vor allem Künstler_innen, Musiker_innen und Bands. Ihnen allen wurde plötzlich und völlig unverschuldet die Geschäftsgrundlage entzogen. Dabei handelt es sich bei den meisten auch um die Lebensgrundlage, die selbst aufgebaute Existenz, den „eigenen Laden“, also um ganz persönliche und existenzielle Dinge.
Handlungsbedarf
Was allen helfen würde, sind finanzielle Mittel, gestaltet als Förderungen oder Subventionen – nicht als Darlehen, denn Konzerte können nicht einfach doppelt abgehalten werden. Die finanziellen Einbußen sind faktisch nicht regenerierbar. Die Stadt Nürnberg hat mit dem „Bündnis für Kultur“ nun einen ersten Ansatzpunkt zur finanziellen Unterstützung für freiberufliche Künstler_innen geschaffen – die Kritik daran ist von vielen Seiten groß und teilweise auch nachvollziehbar. Angesichts der Höhe der von der Sparkassenstiftung Nürnberg zur Verfügung gestellten Summe von 25.000 € als Sockelbetrag, aber auch vor dem Hintergrund, dass die Stadt Nürnberg selbst aus eigenen Mitteln bislang noch kein Hilfspaket geschnürt hat. Dadurch wachsen die Sorgen und es entsteht der Eindruck, dass das „Bündnis für Kultur“ kein ernstgemeintes Hilfsprogramm darstellt. Es muss allen klar sein: die freie Kulturlandschaft ist massiv bedroht und braucht Unterstützung. Ohne diese Kultur ist keine Kulturhauptstadt denkbar, die den Namen verdient. Auch nach Covid-19 werden wir uns in einer gefühlten Dauerquarantäne befinden, wenn weite Teile unserer Kulturschaffenden und Kulturorte verschwunden sind, weil wir ihnen die nötigen Hilfsmaßnahmen vorenthalten haben. Unabdingbar ist also dem Vorbild von Städten wie Leipzig, Köln, Braunschweig oder Hannover zu folgen und ein starkes, von Bund und Land Bayern unabhängiges und zusätzliches Hilfspaket für die Kulturszene der Metropolregion auf den Weg zu bringen, denn klar ist: Diese Unterstützungen werden alleine nicht reichen und können nicht dezidiert auf die Gegebenheiten vor Ort eingehen. Für die Konzeption dessen bietet die Kulturliga ihre Mithilfe an.
Weitere Lösungsansätze
Es wäre naiv zu glauben, die komplette Szene, ihre Arbeitsplätze, ihre Macher_innen können mit einem groß angelegten Spendenaufruf gerettet werden. Die Betriebe und Akteur_innen selbst tun sicherlich ihr Möglichstes diese Phase zu überstehen, bitten ihre Gäste um Solidarität, um Unterstützung, sparen wo es nur geht, versuchen neue Geschäftsfelder zu erschließen und hoffen. Dieser Szene, die ohnehin schon mit vergleichsweise zu geringen finanziellen Mitteln auskommt, kann zusätzlich noch mit verhältnismäßig einfachen (lokal-)politischen Mitteln und Maßnahmen kurz- und mittelfristig geholfen werden. Forderungen, die schon lange bestehen, sollten in der aktuellen Krise erneut geprüft werden, um verschiedene Facetten der Konzert- und Clubkultur zeitlich begrenzt oder im Idealfall dauerhaft zu unterstützen. Nach dem Shutdown kann nicht einfach geöffnet werden als ob nichts gewesen wäre. Um die massiv geschwächte Konzert- und Clubkultur wieder anzukurbeln sollten:
• ...die Öffnungszeiten für Außenbereiche überprüft werden. Längere Öffnungszeiten ermöglichen der Gastronomie, die direkt mit den Spielstätten verbunden ist, weitere Einnahmequellen.
• ...die viel diskutierte „Putzstunde“ um 5 Uhr morgens erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Clubs werden für Gäste attraktiver, wenn die Möglichkeit besteht, diese länger (oder erst später) aufzusuchen. Die Eintrittseinnahmen und gastronomischen Einnahmen steigen dadurch. Auch wenn Argumente für die Putzstunde und gegen deren dauerhafte Abschaffung sprechen, könnte zumindest die Bewilligung von Ausnahmegenehmigungen in begründeten Einzelfällen erleichtert werden.
• …bereits bewilligte Fördergelder der öffentlichen Hand in voller Höhe ausbezahlt und institutionelle Förderungen auch in den kommenden Jahren nicht
gekürzt sondern erhöht werden.
• ...steuerliche Erleichterungen geschaffen werden. Aktuell wird auf Bundesebene eine Absenkung der Umsatzsteuer von 19% auf 7% als Unterstützungsmaßnahme für die Gastronomiebranche diskutiert. Diese Maßnahme befürworten wir ausdrücklich. Zudem wäre ein sinnvoller Ansatzpunkt, Eintrittserlöse aus allen Veranstaltungen ebenfalls lediglich mit 7% zu besteuern. Dadurch bliebe effektiv mehr Nettoertrag direkt bei den Veranstaltungsorten und Veranstalter_innen hängen. • ...die Regelungen der sogenannten Stillen Feiertage gelockert werden. Auch hier besteht konkretes Potenzial für die Szene an neun zusätzlichen Tagen weitere Einnahmen zu erzielen und dem Bild einer modernen und urbanen Großstadt zu entsprechen.
• ...die Rahmenbedingungen für Besucher_innen erleichtert werden. Eine Partnerschaft mit VGN bzw. VAG könnte Gästen von Konzert- und Clubveranstaltungen mit entsprechendem Ticket zur kostenlosen Nutzung des ÖPNVs berechtigen, wie es bei Veranstaltungen der Hochkultur und beim Sport längst gängig ist. Dies würde zudem erheblich zur nächtlichen Verkehrssicherheit und Ruhe beitragen.
• …Plakatflächen (z.B. der Stadtreklame, an VAG-Wartehäuschen) gratis oder stark vergünstigt zur Verfügung gestellt werden. Diese sind aufgrund ihrer Kosten für kleinteilige Kulturformate sonst kaum zugänglich, sodass diese im öffentlichen Raum fast gänzlich unsichtbar sind.
• ...städtische Gebühren zur Müllentsorgung, Gewerbesteuer, Grundsteuer o.ä. ausgesetzt werden.
Es gibt noch zahlreiche weitere Ideen und Möglichkeiten um im Rahmen der lokalpolitischen Möglichkeiten die Kultursparte zu unterstützen. Wieder stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage: Könnte nicht die schon seit langem geforderte und viel diskutierte Position eines/r Nachtmanager_in behilflich sein, um Bedarfe von Kultur, Gastronomie und Nachtleben zusammen mit Politik und Verwaltung zu verhandeln? Auch hier appellieren wir diesen Schritt energisch weiterzuverfolgen.
Ausblick
Die Kulturliga ist sich der schweren Situation bewusst, denn sie sieht die existenzielle Bedrohung von Kultur im Allgemeinen und Einzelschicksalen im Speziellen. Ihre Mitglieder hoffen darauf, dass gewählte Vertreter_innen und städtische Bedienstete auch in diesem Fall den Kurs der pragmatischen Lösungsfindung einschlagen, bürokratische Hürden vermeiden und schnell und effizient aktiv werden. Es besteht jetzt die Möglichkeit wie auch die historische Notwendigkeit der Bedeutung von Kultur Ausdruck zu verleihen, die in den vergangen Jahrzehnten so oft beschworen wurde als sie noch nicht derart bedroht war. Für weitere Gespräche und Konkretisierung der genannten Vorschläge stehen die Vertreter_innen der Kulturliga jederzeit gerne zur Verfügung.
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Der Brief der politbande
(neue Stadtratsfraktion für soziokulturelle Freiräume, Partizipation und Nachhaltigkeit)
Sehr geehrte Prof. Dr. Julia Lehner , sehr geehrter Ulrich Maly, sehr geehrter Marcus König 2020, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
gestern wurde endlich auch in Bayern finanzielle Hilfe für Künstler*innen angekündigt. Dennoch werden auch hier viele wichtige Akteur*innen unserer kommunalen Kulturszene durchs Raster fallen. Längst nicht alle von der Krise existenziell Gefährdeten sind in der Künstlersozialkasse organisiert und wären so von den angekündigten Hilfen ausgeschlossen. Die vielen ehrenamtlich organisierten Initiativen und Kollektive, die ihre Einnahmen normalerweise aus Getränkeverkauf und Eintrittsgeldern generieren, müssen weiterhin Mieten und Strom zahlen - um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Nürnberger Kulturszene ist komplex und vielfältig und genau das gilt es zu erhalten. Dies sind kommunale Probleme, die kommunal angegangen werden müssen.
Frau Lehner, Sie bekleiden seit 18 Jahren das Amt der Kulturreferentin und streben sogar an, sich am 11. Mai als Kulturbürgermeisterin wählen zu lassen. Es ist Ihre Aufgabe, die nötige Hilfe in die Wege zu leiten.
Was tut die Nürnberger Stadt-Regierung bis dato in der Krise für die Kulturszene und Kreativbranche?
Das Kulturreferat initiierte eine Aktion mit dem vielversprechenden Namen „Bündnis für Kultur - Gut für Nürnberg“. Doch verbirgt sich hinter dieser „Hilfsaktion“ lediglich ein Spendenaufruf. Das Referat trägt keine eigenen Mittel in den Topf bei. Der Selbstständigenrat der ver.di Mittelfranken kritisiert zu Recht die Aktion des Kulturreferats als unzureichend, schließt es doch Personen, die auf Grund der aktuellen Lage bereits ALG II Leistungen beziehen aus, da diese die Hilfe mit den Sozialleistungen verrechnen müssten. Zumal 25.000 Euro der Sparkasse plus ein Spendenaufruf an alle BürgerInnen der Stadt keine Rettungsmaßnahme sind, mit der sich eine Bewerberin als Kulturhauptstadt brüsten sollte.
In einem weiteren Post von Frau Dr. Lehner wurde zwar anerkannt, dass es weitere politische Maßnahmen braucht, die Verhandlung darüber soll jedoch noch mindestens einen Monat aufgeschoben werden. Das Argument, dass erst der neu gewählte Stadtrat, der am 11. Mai erstmals zusammentritt, über kommunale Mittel entscheiden könne, ist nicht hinnehmbar. Die Menschen brauchen jetzt Hilfe und können nicht weitere vier Wochen ohne Fortschritt warten.
Die Zuschüsse im mittleren sechsstelligen Bereich für Blaue Nacht, Bardentreffen, Klassik im Park etc. sind für dieses Jahr im Haushalt eingeplant und werden nun nicht ausgegeben. Noch hinzu kommt, dass für das Projekt N2025 sowohl zusätzliche Mittel bereitstehen, die derzeit auch nicht für Veranstaltungen ausgegeben werden können, als auch die Absicht, europäische Kulturhauptstadt zu werden, ja wohl nur dann ernsthaft gemeint sein kann, wenn die Kulturschaffenden Nürnbergs in Krisenzeiten eine entsprechende Unterstützung erfahren.
Daher fordern wir die Kulturreferentin, Herrn Oberbürgermeister Maly sowie den gesamten Nürnberger Stadtrat auf:
Nehmen Sie das Thema „Rettungsschirm für Kulturschaffende und die Kreativbranche in Nürnberg“ in einem Eilantrag als Tagesordnungspunkt in den Ferienausschuss vom 22.04.2020 mit auf! Bereden Sie mögliche kurzfristige Maßnahmen und finanzielle Umschichtungen. Suchen Sie außerdem das Gespräch mit den Vertreter*innen der Nürnberger Kulturlandschaft, um gemeinsam zu analysieren, wen die bisher auf Bundes- und Landesebene bereitgestellten finanziellen Mittel wirklich erreichen und wer durchs Raster fällt und daher auf kommunaler Ebene aufgefangen werden muss. Das Gesprächsangebot wurde Ihnen bereits in mehreren offenen Briefen unterbreitet. Vertagen Sie dieses existenzielle Thema nicht auf unbestimmte Zeit! Handeln sie jetzt!
Für die Ausarbeitung einer solchen Hilfsmaßnahme stellt auch die politbande ihre Expertise, Mitarbeit und Verknüpfung zur freien Szene gerne zur Verfügung. Ab dem 11. Mai werden wir uns dann selbst im Stadtrat mit um die langfristige Sicherung der Kulturlandschaft kümmern.
Mit hoffnungsvollen Grüßen
politbande
Verein zur Förderung der soziokulturellen Freiräume, der Partizipation und der Nachhaltigkeit in Nürnberg e.V.---
Der Brief der Kulturschaffenden initiiert vom heizhaus
(unterschrieben u.a. von Desi, KollektivKollektiv, BluePingu, Urban Lab, N.ORT, Toruble in Paradise, und, und, und)
Dies ist ein Appell Kulturschaffender der Stadt Nürnberg – wir rufen die politische und administrative Vertretung zum integrierten Handeln und direktem Gespräch auf:
Liebe Stadt Nürnberg,
Liebe politische und administrative Vertreter*innen einer Kulturhauptstadt- Aspirantin!
Die aktuelle Situation ist außergewöhnlich und durchdringt alle Bereiche unserer Gesellschaft. Die Kulturlandschaft und ihre Kulturschaffenden sind von den beschlossenen Maßnahmen stark betroffen.
Obwohl notwendige und umfangreiche Hilfsprogramme von Bund und Ländern (vor allem für die Wirtschaft) geschnürt und verabschiedet werden, können wir bundesweit vermehrt Aufschreie nach angemessenen Hilfsmaßnahmen aus den Reihen der Kulturschaffenden vernehmen. So überschrieb die SZ am 15.04. einen Artikel zum Thema Hilfe für die Kultur mit dem Titel: „Frust, Wut und Fassungslosigkeit“.
In diesem Artikel, wie in zahlreichen Stellungnahmen Kulturschaffender, Freischaffender, kleinerer Kulturorte, soziokultureller Akteure und Netzwerke der freien Szene, wird auf den unzureichenden Umfang, die oft unpassenden und wenig hilfreichen Zuschnitte und Vergabekriterien der staatlichen Hilfen hingewiesen. Die Zahl derer, bei denen die Hilfen nicht greifen, die durch die Raster der Maßnahmen fallen, ist immens.
Auch die jüngste Ankündigung der Landesregierung, monatlich 1000 € an Künstler*innen auszuschütten, bedeutet für einige eine große Erleichterung. Dennoch löst sie die Problemlage nicht umfänglich! Diese Unterstützung ist noch nicht umgesetzt und ausschließlich Mitgliedern der KSK (Künstlersozialkasse) vorbehalten. Eine Vielzahl von Freiberufler*innen der Kreativ- und Kulturbranche wird hierbei nicht bedacht.
Auch gerade deshalb: Spenden ist Aufforderung und Hoffnung der Stunde. Auf betterplace.org, einzeln betriebenen Webseiten, in Zeitungen - wo man auch hinsieht die Bitte, Personen, Gruppen und Orte zu unterstützen, gar zu retten.
Einige Städte, wie etwa Leipzig, Köln, Braunschweig oder Hannover, versuchen inzwischen auf kommunaler Ebene der Situation beizukommen. Auch die Stadt Nürnberg nutzt eine Spendenplattform - die der Sparkassenstiftung namens „gut für Nürnberg“, um zum Spenden für die unter dem Corona Lock Down leidende Kunst- und Kulturszene aufzurufen.
Einzelne Projekte können sich hier vorstellen und - nach einer Gremiumsprüfung - über die Plattform Spenden erhalten. In diesem Zusammenhang hat auch das Kulturreferat Nürnberg zum „Bündnis für Kultur“ aufgerufen. Das klingt erstmal beruhigend.
Doch zum Spenden werden Bürgerinnen und Bürger der Stadt aufgefordert. Eine städtische Beteiligung finanzieller Art ist hier bislang nicht vorgesehen. In Reaktion auf viele kritische Stimmen verkündete das Kulturreferat Mitte letzter Woche:
„Das Bündnis für Kultur setzt ausdrücklich auf bürgerschaftliches Engagement, es kann und soll ein politisches Commitment nicht ersetzen. Über einen Rettungsschirm für Kunst, Kultur und Kreativwirtschaft muss der neugewählte Nürnberger Stadtrat entscheiden, hier kann die Kulturverwaltung nicht ohne politischen Auftrag aktiv werden.“
An dieser Stelle müssen wir (wider)Sprechen und mit Nachdruck zum gemeinsamen Handeln aufrufen!
Liebe Stadt Nürnberg, Liebe Kulturhauptstadt- Aspirant*innen,
Wenn wir unser, im Bewerbungsbuch und an anderer Stelle, vielfach gelobtes künstlerisch-kulturelles Angebot wie auch die kulturelle Infrastruktur in ihrer beeindruckenden Breite, Verschiedenartigkeit und „Tiefe” erhalten wollen…
- Dann müssen wir jetzt sprechen und handeln! - Und zwar direkt und auf kommunaler Ebene. Weshalb?
Weil die staatlich finanzierten Hilfen, wie die Soforthilfe nicht oder nur unzureichend greifen und damit unsere Kulturlandschaft existenziell in Gefahr bringen.
1. Viele Kulturorte der Stadt Nürnberg sind nicht als Unternehmen strukturiert, sondern als gemeinnütziger Verein oder als freie, selbstorganisierte Gruppe. Diese wertvollen gemeinschaftlichen Orte in freier Trägerschaft fallen durch das Netz der Hilfsmaßnahmen, die auf die Unterstützung von Unternehmen zugeschnitten sind.
2. Zudem arbeiten viele Kulturorte der Stadt im Sinne der Freiheit von Kunst und Kultur, also nicht profit-, sondern gemeinwohlorientiert; also nicht gewinnorientiert, sondern kostendeckend. Oft dürfen sie keine oder nur sehr kleine Rücklagen bilden. Sie sind also ebenso nicht in der Lage Kredite aufzunehmen. Die Uneigennützigkeit darf diesen Gruppen nicht zum Verhängnis werden!!
3. Auch die einzelnen kulturschaffenden Personen passen häufig nicht in das Muster für Solo-Selbstständige. Freie Kulturschaffende haben weder geregelte Einkommen noch eine gleichmäßige Auftragslage. Häufig haben sie kein Ladengeschäft, keine Büroräume, kein Firmenfahrzeug. Die Richtlinie zur Soforthilfe in Bayern sieht aber lediglich die Bezuschussung solcher Kosten vor. Verdienstausfälle werden ausdrücklich nicht berücksichtigt.
4. Nicht zuletzt: Die sogenannten „verschlankten Verfahren“ bei der Antragsstellung zur Grundsicherung stellen sich dennoch als sehr bürokratisches und sozial demütigendes Instrumentarium heraus. Diejenigen, die aus der Not heraus bereits einen Antrag auf Hartz IV stellen mussten, müssten Spendeneinnahmen mit der Grundsicherung verrechnen. Übrig bliebe damit: nichts.
5. Die häufig langen Bearbeitungszeiten - wohl auch auf Grund der hohen Antragszahl - bei der Beantragung von Soforthilfen verursachen eine weitere existenzgefährdende Zuspitzung für viele Akteurinnen und Akteure der Kultur.
Eine Stadt, die auf dem Weg zur europäischen Kulturhauptstadt ist, sollte gerade jetzt entschlossen für den Erhalt ihrer freien Kulturlandschaft eintreten und ein starkes Signal senden.
Wollen wir wirklich die Zukunft des kulturellen Lebens dieser Stadt als einen Tagesordnungspunkt in eine Stadtratssitzung irgendwann in den Mai oder Juni vertagen? Wir können uns das insbesondere jetzt nicht leisten!
Kunst und Kultur sind kein Luxus, sondern elementarer Bestandteil einer lebendigen und demokratischen Gesellschaft!
Kunst und Kultur sind Bildung, Nahrung und Rückzugsort und somit elementar und gesellschaftsrelevant!
Es darf nicht zugelassen werden, dass nach der Krise nur noch die überlebt haben, die den kommerziellen Markt bedienen können. Für eine inklusive Stadt für alle braucht es offene Räume der städtischen Kultur und Begegnung, die niederschwellig und ohne Konsumzwang zugänglich sind! Wir appellieren dringend an Sie, die kulturelle Infrastruktur der Stadt nachhaltig zu schützen und zu stützen. Beispiele wie in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg zeigen: es lassen sich passende, effektive und niederschwellige Unterstützungsmaßnahmen finden.
Wir begreifen uns als integralen Teil der Stadt Nürnberg, der städtischen kulturellen Gesellschaft. Aus diesem Grunde nehmen Sie diesen Appell sowohl als Handlungsaufruf, aber auch als Gesprächsangebot wahr. Für die Frage, wie es auch in Nürnberg gelingen kann, angemessene Maßnahmen zu entwickeln, stellen wir Ihnen gerne unsere Fachkenntnis und Erfahrungen zur Verfügung.
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