Erzähl mir was ... Durchgeschwitzt mit Büchern
#Bücher, #Buchvorstellung, #Kolumne, #Lara Sielmann, #Literatur
Wir denken an lange Abende, luftige Kleidung, Schwimmen im Meer und immerzu Gelato. Dabei rinnt uns die Sonnencreme runter, unsere Köpfe wickeln wir in Tücher ein oder gehen auf volles Risiko und lassen die Sonne auf sie knallen – Hitzschlag, olé!
Der Sommer ist da und mit ihm die großen Ferien, die auch bedeuten, dass der curt als Doppelausgabe für die Monate Juli und August erscheint. Da wir vor allem aber auch ein Servicekulturmagazin sind – und diese Kolumne ja eh nur so vor Tipps strotzt – findet Ihr an dieser Stelle eine kleine Auswahl an besonders tollen Büchern, empfohlen von KollegInnen sowie ProtagonistInnen, die ich in den letzten Monaten für „Erzähl mir was…“ interviewen durfte.
Viel Spaß, kommt gut durch die warmen Monate, und wir erzählen uns wieder was ab September.
Eure Lara
P.S.: Da auch Lesungen im Sommer in die Ferien geschickt werden, weise ich an dieser Stelle nur auf das 38. Erlanger Poetenfest hin, das vom 23. bis zum 26. August dieses Jahr wieder bei freiem Eintritt stattfindet – und Euch mit Sicherheit ein abwechslungsreiches und spannendes Programm bieten wird. Also, vergesst Eure Picknickdecke nicht und macht Euch auf Richtung Literatur ... nach Erlangen.
Mehr Infos dazu findet Ihr auf www.poetenfest-erlangen.de und auf curt.de
TIPP VON LISA NEHER
„LENNON“
VON DAVID FOENKINOS, DVA Verlag, 2018
„Was soll ich mit noch einer Poplegenden-Biografie? Ein Buch, das keine neue Geschichte erfindet, nur Geschehenes erzählt. Ein Buch, das darauf hofft, eine vergötterte Figur als Katalysator für den eigenen Erfolg zu nutzen.“ Das dachte ich, als ich zum ersten Mal von David Foenkinos’ „Lennon“ gehört habe.
Da mag auch was dran sein, aber der Roman über die Beatles-Ikone ist definitiv mehr als eine Zusammenfassung von John Lennons Lebenskunst, nämlich Kartografie der Gefühlswelt eines Wilden, in dessen Brust nicht nur ein Herz schlägt. Der Monolog eines mit Wahnsinn und Größenwahn gespickten Genies auf der Psychologen-Couch, der LeserInnen zu TherapeutInnen macht. Einen Tag vor dem Attentat von 1980 endet das Buch. Vor Gericht zitierte der Täter damals den „Fänger im Roggen“ von J.D. Salinger. Ist es Zufall, dass „Lennon“ im Schreibstil dem „Fänger“ gleicht?
TIPP VON PHILIP KRÖMER
„HANDBUCH DER ZEITEN“
VON STEFAN AGOPIAN, Verbrecher Verlag, 2018
Estragon und Wladimir warten nicht länger, sie heißen jetzt „der Geograf Marin“ und „der Armenier Zadic“, sie philosophieren, sie saufen und Godot kommt doch noch, als Flut historischer und mythischer Figuren, ein Bischof, ein Engel, ein Riesenvogel, und immer bringt er ein Abenteuer mit oder den nächsten Rausch. Das wundervolle „Handbuch der Zeiten“ des Rumänen Stefan Agopians erzählt zwischen Nonsens und Münchhausen ihre Reise von irgendwohin bis in den Tod. Dazu versteckt er auf seinen Seiten Systemkritik am Ceausescu-Regime, dessen Zensoren es 1984 erfolgreich verwirrte, um jetzt noch in einer präzisen, entspannten Übersetzung auf Deutsch zu erscheinen.
TIPP VON BIRD BERLIN
„DER MANN OHNE PIANO“
VON JAN BRATENSTEIN, carpathia Verlag, 2018
Ihr solltet sicher den Roman “Der Mann ohne Piano” von Jan Bratenstein lesen, da ich es noch nicht auf die Kette bekommen habe, dieser aber unglaublich kess sein soll. Wahrscheinlich handelt er vordergründig von einem Pianisten, der sich auf der Suche nach einem Piano in aufregende Abenteuer wirft. Wer aber den Blick hinter die Wörter wagt, wird ganz bestimmt Abgründe der Gesellschaft aufgeschlagen bekommen, die uns allen einen sensationellen Spiegel vorhalten, wie wir mit Menschen umgehen, die verzweifelt auf der Suche nach dem Eigentlichen sind.
TIPP VON MAREIKE SCHILDBACH UND ANDREA MARSING
„11 MINUTEN“
VON PAULO COELHO, diogenes Verlag, 2013
A: „In „11 Minuten“erfährt die Prostituierte Maria die Vielfalt von Sex und Erfüllung. Was ist Liebe? Bedeutet Begierde nur Sex oder geht sie tiefer, weiter? Ist guter Sex gleich gute Beziehung?
M: „Sind das nicht Standardfragen, die sich jeder Jugendliche stellt?“
A: „Schau mal in Jodel: „Der Sex ist schlecht, soll ich Schluss machen?“ Oder bei Dr. Sommer: „Ist es falsch, dass ich nicht komme?“ Wann ist es möglich wertfrei an seine Begierden heranzutreten? Coelho beschreibt, was in der Zeit zwischen dem ersten Funken und erfüllendem Sex passieren. Das wichtigste Mittel: Zeit.
TIPP VON MIR SELBST – LARA SIELMANN
„ALS ICH MIT HITLER SCHNAPSKIRSCHEN ASS“
VON MANJA PRÄKELS, Verbrecher Verlag, 2018
Mimi wächst auf: ein Bauernhof, ein Dorf, ein Bruder, eine Mutter, ein Vater. Um sie herum: eine Mauer. Aber die bemerkt sie erst so richtig, als sie schon wieder weg ist. Was ihr nicht entgeht: dass einige ehemalige Spielkameraden sich die Köpfe rasieren, anfangen, sich schwarz anzuziehen und schwere Stiefel plötzlich tragen. Sie sieht Schläge, Tritte, Blut, rennt viel (davon) und versucht zu beschützen. Manja Präkels Romandebüt über die Kindheit eines Mädchens und ihr Heranwachsen in einem Brandenburgischen Dorf, das mehr und mehr zu einer Hochburg von Neonazis wird, zieht tief rein: nicht zuletzt über eine poetische Sprache, gegen die auch die inhaltliche Härte machtlos ist.
LARA SIELMANN, geboren und aufgewachsen in Berlin, arbeitet als Kulturschaffende und Journalistin in Nürnberg. Für curt schreibt sie diese Kolumne seit Februar 2018. Lara freut sich über themenbezogene Fragen, Anregungen und Tipps – einfach per E-Mail an
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