FILMHAUS. Von Nürnberg nach Prag sind es gerade mal 290 Kilometer, damit ist uns diese Hauptstadt und Kulturmetropole geografisch näher als Berlin oder Wien, aber kulturell bei uns seltsam unterrepräsentiert (von der nicht nachvollziehbaren schlechten Bahnanbindung wollen wir gar nicht erst anfangen). Ein bisschen ist das auch im Kino so, dabei kam in den 1960er Jahren aus Prag und insbesondere von der dortigen Filmhochschule FAMU eine der spannendsten filmischen Erneuerungsbewegungen. Statt Nouvelle Vague hieß sie Nová Vlna und von allen Neuen Filmwellen, die damals die Welt erfassten, war die tschechoslowakische eine der fruchtbarsten, faszinierendsten und radikalsten. Beflügelt von einer allgemeinen politischen Liberalisierungstendenz in der damaligen CSSR revolutionierte eine junge Generation unerschrockener Regisseur:innen – darunter Vera Chytilová, Jan Nemec, Jaromil Jireš, Ivan Passer, Evald Schorm, Pavel Jurádek sowie die späteren Oscar-Preisträger Miloš Forman, Jirí Menzel und Ján Kadár – ihre Kinematografie und setzte dem staatstragenden „Sozialistischen Realismus“ ein Kino der persönlichen Erfahrung, Aufrichtigkeit und formalen Erneuerung entgegen. Sie riskierten Zensur, hinterfragten herrschende Moralvorstellungen und stellten Autoritäten in Frage. >>
FILMHAUS. Bei den Rückblicken auf das vergangene Kinojahr standen überall zwei Filme im Mittelpunkt, die zusammen auf den Namen BARBENHEIMER (Oppenheimer + Barbie) hörten. Und tatsächlich war es ein erstaunliches Phänomen, dass sich im Sommer 2023, also zu einer Zeit, in der das Kino normalerweise gegen Grillen, Musikfestivals und Freibad den Kürzeren zieht, für zwei, drei Wochen alles um diese beiden Filme drehte. Aber was hat es dem Kino auf Dauer gebracht? Die wirklich begeisterten Stimmen zu beiden Filmen waren eher selten, es ging eher darum, „dabei zu sein“. Im Oktober und November waren die großen Kinosäle dann eher spärlich gefüllt und das, obwohl der Herbst üblicherweise die Kinohauptsaison ist. War BARBENHEIMER also die vielbeschworene „Rettung des Kinos“? Oder doch nur ein Strohfeuer? >>
FILMHAUS. Vor kurzem wurden die Oscars verliehen und seitdem ist man hierzulande mal wieder richtig stolz auf einen Film: die deutsche Produktion IM WESTEN NICHTS NEUES hat gleich vier der begehrten Statuen bekommen, und zwar in den Kategorien Bester Internationaler Film, Beste Kamera, Bestes Sounddesign und Beste Filmmusik. Doch was heißt das genau? Schauen wir uns die drei letztgenannten Kategorien an, könnte man das auch so interpretieren: Der Film bietet etwas, was man in Hollywood gut findet, nämlich große Bilder, bombastische Filmmusik und markerschütternde Dolby-Surround-Klänge, die einen aus dem Kinosessel heben (wobei Kinosessel nicht ganz stimmt, schließlich handelt es sich um eine Netflix-Produktion). Okay, Geschmacksache. Doch warum ist IM WESTEN NICHTS NEUES Bester Internationaler Film? Diese Entscheidung dürfte etwas mit dem Krieg in der Ukraine zu tun haben. Die Auszeichnung steht damit in einer Tradition, in der die Academy immer wieder auf aktuelle politische Ereignisse reagiert hat. Doch wie sinnvoll ist das? >>