So war: Egersdörfer und Artverwandte #22

SONNTAG, 15. MAI 2016

#Egersdörfer, #Kritik, #Lukas Münich

Fulminant war er wieder einmal, der Abend mit Matthias Egersdörfer und seiner illustren Unterhaltungsrasselbande im Festsaal des KunstKulturQuartiers, weiß Lukas Münich für uns und Euch zu berichten  ...

Egersdörfer und Artverwandte am 10.05.16


Alter, das war so: ich so hin mit dem Auto, das kackt schon halber ab, ich quietsch irgendwie mit halbhieen Bremsen vorm Komm herum, spring raus, während es so fast explodiert, schnapp mein Notizbuch gerade noch so, während die Flammen nach mir greifen, dann so am brennenden Reifen (#binnenreimftw) eine Zigarette angesteckt, losschlurfen, nicht umdrehen, cool guys don’t look at explosions und dann fängt der Film erst los mit einem überambitionierten Bird, der alles kaputthüpft heute. Ich denk so: ich bin im falschen Film, Aller. Grad noch Bruce Willis, jetzt schon John Waters? Alle hängen herum und staunen sich die Augen raus. Und, mein lieber Scholli, sie werden nicht enttäuscht, denn heut Abend wird es alles geben: einen sich im Saal herumbeamenden Chor, einen kaputten Beamer (Koinzidenz? Ich glaube nicht!) und einen Hawaiihemdenunfall.Und Bier. Und Hifi-Scifi.

Also, Theo und ich sitzen so da. Theo, der Lauser, sagt so zu mir: „Mir graustsetzadscho.“ Und dann so: der Egers kommt rein! Durch die Trümmer dessen, was vor Birdies Hüpfattacke eine Bühne war, bahnt er sich einen Weg. Er sagt so was schwarzeneggerhaftes wie: „Dis isde Artverwandtenschau.“ und holt die Carmen herein, die natürlich, eingedenk der Leistung Fritz Langs, einen auf Maschinenfrau macht. Sie so: „Der Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein.“ Knaller. Plötzlich fliegt mit einem Sausen und Blasen ein Chor herein mithilfe einer Vorrichtung aus dem Startrek-Universum. Er ist nicht zu sehen, denn er schwebt über den Leuten. Und alle so: woooooot? Aber sie haben keine Angst, denn der Chor der Ungläubigen (ziemlich sicher eine Anspielung auf die Glaubenskriege im Nahen Osten. Na, wenn das die AfD mitbekommt, dann ist aber Polen offen. Obwohl: darf man das noch sagen heutzutage? Oder kriegt man da gleich eine private Twitternachricht von Erika Steinbach? Aber nein, man ist ja nicht friends mit der Jane Fonda der Asexualität.) singt wie eine schreinerhandvoll Engel und wer an Engel unglaubt, der soll im Höllenfeuer des Paganismus halbgar werden.

Dann gibt es eine irre Sinnestäuschung. Wer da war, weiß, was jetzt kommt. Genau: diese Pappmachéalte, die sprechen konnte. Aber, Vorsicht: Spoiler-Alarm, ich konnte herausfinden, dass das eine gewiefte Technik war, die von der Frau getätigt wurde, die wo hinter der Pappfrau stand und lief. Ich bin mir jedoch fast sicher, dass das keiner gemerkt hat, denn die Täuschung war meisterhaft ausgeführt gewesen gewest. Drum: Hutab!

Dann kommt der DominikUndbauer auf die Bühne, ein halbierter Mann. Leider geht er gleich wieder weg, denn der Beamer ist zerbrochen beim Tanzen. Ein Ersatzbeamer wird gefunden. Der wirft sich in die Kugel, die der Bird abgefeuert hat. Der Gute. Dann kommt Herr Moll und liest aus Facebook vor und dann ist auch schon fast rum. Es gibt noch eine Bierbuchvorstellung und nur der Moderator darf saufen. Das ist schon ungerecht, drum geht man heim, um es ihm gleich zu tun. Jeder für sich, in der eigenen Stube. So, wie es sein soll.

Das war es ziemlich. Ach, bis auf: dann so, der Ahmed aus Gostenhof kommt rein: er macht heute einen auf Mischung aus T-Rex und Gamora und hat ein Hawaiihemd an. Alle schreien. Und er so: Uuuaaahh! und dann ballern die Apache-Helis mit atomaren Waffen auf ihn. Aber er ist zu stark. Und dann kommt Obama so rein und opfert sich für die Menschheit und steigt so in ein Uboot und fährts ihm gegens Schienbein.    

THE END!

[Lukas Münich]




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#Egersdörfer, #Kritik, #Lukas Münich

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TAFELHALLE. Es ist ja nicht so, als ob der feine Herr Matthias "Egi" Egersdörfer in der Vergangenheit von den Preisjurys ignoriert und übergangen worden wäre. Das nicht selten unflätige Gebaren dieses grob wirkenden Mannes wird seit 2007 mit verblüffender Regelmäßigkeit ausgezeichnet: Hamburger Comedy Preis, Kabarett Kaktus, Passauer Scharfrichterbeil, Stuttgarter Besen, Böblinger Fingerhut, Hassfurter Warentrenner, Göppinger Beutel, ... Einer fehlte! Und nunmehr endlich hat unser Achill den Olymp erklommen und darf sich den, noch dazu von seiner Geburtsstadt gestifteten und vom dort ansässigen Burgtheater vergebenen, Deutschen Kabarettpreis in seine stets penibel polierte Preisvitrine stellen. Er ist mit 6.000 Euro dotiert, was für einen A-Prominenten aber zweitrangig sein dürfte und wahrscheinlich mittlerweile automatisch an ein Witwen- und Waisenhaus überwiesen wird.
Aber im Ernst! Der curt ist mehr als stolz über ein Wort, das nur aus fünf Buchstaben besteht, weil wir das sagen dürfen: UNSER Egi gewinnt den Deutschen Kabarettpreis 2024. Er ist nicht nur, auch das dürfen wir hoffentlich sagen, ein Freund des Hauses, er ist auch, denn einige Gesichter hat der curt bereits kommen und gehen sehen, er ist, das dürfte korrekt so sein, unser langjährigster Schreiber, der seit hunderten und hunderten von Ausgaben unser schönes Heft einleitet. Der Herr Egersdörfer ist einer, der nicht nur, wie es die Jury beschreibt, mit Mut, Vielseitigkeit und Beharrlichkeit seinen Platz in deutschen Kabarettszene erobert hat und mit seinem Bühnenego auf manchmal verstörende Weise Schmerzgrenzen auslotet, nein, er ist auch einer, der sich trotz hallenfüllender Tourneetätigkeit landauf, landab und einem Millionenpublikum im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen, nicht zu schade ist, mit absoluter Verlässlichkeit sein Textchen für die kleine Kulturpostillenklitsche in der Heimat abzuliefern. Damit unsere Leser:innen sich in jedem Heft wenigstens für die zwei bis vier Seiten auch mit Literatur mit Anspruch auseinandersetzen dürfen. "Im deutschsprachigen Kabarett gehört Matthias Egersdörfer zu den ganz großen Geschichtenerzählern" – und im Nürnberger Kulturmagazinjournalismus erst recht!
Vielen Dank, Matthias, und herzlichen Glückwunsch! Er trifft bestimmt nicht den Falschen, dieser Preis.
www.egers.de

Förderpreis LARA ERMER
Der Förderpreis des Deutschen Kabarett-Preises für das Jahr 2024, dotiert mit 2000 Euro, vergeben vom nürnberger burgtheater, geht an LARA ERMER, geboren in Fürth, mittlerweile leider abgewandert, aber immer noch auf den hiesigen Bühnen zu sehen. Lara Ermer besitzt die Gabe aktuelle Zeitgeistthemen so zu beleuchten, dass daraus absurd-komische Miniaturen entstehen. Thematisch führt sie dabei souverän die satirische Pionierarbeit ihrer Vorgängerinnen fort. Den jungen Frauen im Kabarett gibt Lara Ermer eine starke Stimme. Bitte mehr davon!
www.laraermer.com

Sonderpreis SEBASTIAN 23
Sebastian Rabsahl, auf der Bühne bekannt als Sebastian 23, ist ein Pionier der Poetryslam-Szene. Er verbindet gekonnt und zeitgemäß Wortspiel, Musik, literarische Kurzformen und Politik. Mit seinem kabarettistischen Schaffen bespielt er alle aktuellen Formate der öffentlichen Präsenz gleichermaßen. So überwindet er virtuos die Genregrenzen und erweitert den Spielraum für seine Themen.
www.sebastian23.org

Der Verleihung, moderiert von Luise Kinseher, findet am 11.01. in der Tafelhalle statt.
www.burgtheater.de

Am 24.01. präsentiert der Herr Egi dann sein neues Programm im Gutmann am Dutzendteich:
www.gutmann-nuernberg.de  >>
Kultur  19.10.-15.11.2024
NÜ/FÜ/ER.
Text: Tommy Wurm
Oktober und November sind die perfekten Kabarett- und Comedy-Monate. Draußen ist es dunkel und die Seele braucht Wärme, Freude und Humor. 
Hier eine subjektive Auswahl, die euch den Herbst versüßen soll. Witzig, oder?

Fee Bremberck  –  Erklär’s mir, als wäre ich eine Frau 
19.10., Burgtheater Nürnberg
Die 30-Jährige Münchnerin Felicia “Fee“ Brembeck ist eine vielseitige Künstlerin. Sie schreibt Bücher, gewinnt Preise beim Poetry-Slam und hat einen Masteranschuss in Operngesang. Ihr aktuelles Programm “Erklär’s mir, als wäre ich eine Frau“ dreht sich um das leidige Thema Mansplaining. Gutgebildete Männer in den besten Jahren erklären jüngeren Frauen die Welt. Klar, sie meinen es doch nur gut, oder? Viele wahrscheinlich schon, aber das ändert ja nichts an der Tatsache, dass diese verbale Übergriffigkeiten schon immer ein No-Go sind. Fee erörtert dieses Thema mit viel Witz und Charme, nicht ohne die Torstens dieser Welt (die meisten Mansplainer dieser Welt heißen ihrer Meinung nach Torsten) klar zu benennen und in die Schranken zu weisen. Macht Spaß.   >>
AKADEMIE DER BILDENDEN KüNSTE. Text Matthias Egersdörfer

Der Moll war ein sehr langsamer Mensch. Er fuhr zum Beispiel mit einer kaum vorstellbaren Geschwindigkeit Fahrrad. Wäre er auch nur eine Kleinigkeit langsamer gefahren, wäre er schlichtweg umgefallen. Sah man den Philipp zum Beispiel von der Weite aus auf seinem alten Holland-Rad, musste man annehmen, dass er völlig reglos darauf saß und sich nicht bewegte. Auf der anderen Seite verfügte der Moll über eine blitzschnelle Auffassungsgabe. Jahrelang waren wir gemeinsam zum Christlichen Verein Junger Menschen hinmarschiert und hatten mit schier unermesslichem Übermut die Bibel bis knapp zum Irrsinn zerdeutet, hernach in herzlicher Zugewandheit mit den anderen Christenknaben bis zum Ohrenglühen gerauft und auch ansonsten keinen evangelischen Blödsinn ausgelassen. Dann, von einem Tag auf den anderen, war der Philipp nicht mehr hingegangen. Hat wortlos die Kündigung eingereicht. In Ewigkeit. Amen. Aus die Maus. Ich habe es am Anfang nicht begriffen. Es hat einige Zeit gebraucht. Das holdselige Himmelreich hatte seine Grenzen, von engstirnigen Glaubensbeamten errichtet. Da konnte man sich sauber daran derrennen. Und zum Müffeln hat es allenthalben auch schon angefangen gehabt. Junge Männer waren dazu gekommen, die sich für etwas besseres hielten, und vorbei war es mit unserem klassenlosen Bubenclub. Der Moll hatte einen Riecher. Dann hat er sich verzupft. Ohne Getu. Ohne Spektakel und großes Reden. Ich habe länger dazu gebraucht, das zu begreifen.
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