Claudias Kinoempfehlungen für Juni 2015

MONTAG, 1. JUNI 2015

#Admiral, #Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Kino, #Meisengeige

Viel Schönes im Dunkeln und wenn's schön ist im Dunkeln und lustig, muss man gar nicht unbedingt raus und Blumen anschauen.

HIRSCHEN
AB 04.06. // KOMM KINO
Ich sag nur Österreich. Da brauchst du Zeit, viel Zeit, das sind langsame Leut. Erst geht im Tiroler Paradies alles seinen Gang, doch dann macht die Fabrik zu. Das Leben zeigt seine hässliche Fratze. Ratlose Menschen beobachten den Regen. Bis der Tod Leben in die Buden bringt, ja, das kann der auch. Das Wunder kommt mit einer grünen Strickmütze angefahren. Präzise Analysen bringen die Dorfwirtschaft wieder nach vorne. Bled sans net, aber albern is scho, wie die Hirschener ihr Überleben sichern wollen. Ein Hirschkostüm ist dabei das zentrale Hilfsmittel und alle Szenen damit Highlights! Einzige Kritik ist die echt nervige Musik, die einen erfreut, wenn sie aufhört, was viel zu selten der Fall ist.
 



CAMINO DE SANTIAGO
AB 04.06. // MEISENGEIGE
Und gleich noch ein Film mit Musikproblem. Wer hat das alpenländische Schunkeln gewählt? Das ist doch eine Doku über den Jakobsweg - der eigentlich auch schon genug genudelt wurde. Als Thema ist die Pilgerstrecke so ausgetrampelt wie seine Pfade. Seit Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ kennen ihn alle, auch Martin Sheen hat mit „Dein Weg“ eine wenn auch amerikanische, doch feine Leistung vollbracht. Und jetzt? Nichts Neues unter der spanischen Sonne. In vielerlei Sprachen schwärmen die Pilger von Liebe, Leid und Leichtigkeit, von Fremden und Freunden. Gepackt hat’s mich nicht, ich hatte vorher schon viel Ähnliches gehört. Und dass Gesundheit besser ist als Geld, hatte ich auch schon geahnt.
 


VICTORIA
AB 11.06. // CINECITTA, CASABLANCA
Da isser, der Film des Monats. Wunderschön erhaben thront der Name über der Produktion von Sebastian Schipper. Der ist in erster Linie Schauspieler, aber ab und zu führt er Regie und dann kommt immer was Tolles raus wie „Absolute Giganten“ oder „Ein Freund von mir“.  Diesmal „Victoria“. Ich habe zuhaus eine Postkarte, auf der steht „I want to edit life as well“. Während ich gerne mein Leben im Schneideraum veredeln würde, hat Schipper den Film in einer Einstellung gedreht. Er ist durch 22 Motive gelaufen, zwei Stunden und 20 Minuten. Der Kameramann war zuerst tanzen in einem Club, saß dann romantisch auf einem Flachdach in Berlin, zitterte in einer Tiefgarage vor Kriminellen, wartete im Auto, bis die anderen drei eine Bank überfallen hatten, versteckte den Fluchtwagen und feierte das Leben, bis die Realität dem Spaß ein Ende machte. Mit vorgehaltener Waffe das Leben einfordern, das dir bisher verwehrt wurde, war Schippers Gedanke. Da ist diese Spanierin, Victoria, die jeden Moment präsent ist, die vier rüde Berliner Jungs kennenlernt und mit ihnen die Nacht verbringt. Es ist nicht der fehlende Schnitt, es ist der Inhalt, dieses flirrende Ungute, was Frederick Lau und seine Freunde mit Macht auf die Leinwand knallen. Diesen Film nimmst du mit, nach Hause, in die Kneipe und am nächsten Tag in die Arbeit – und du wünschst dir, dass jemand die Kamera ausmacht. Großartig!
 


DIE LÜGEN DER SIEGER
AB 18.06. // METROPOLIS
Als Vieltelefonierer und Abchecker, der natürlich alleine arbeitet, stellt sich Florian David Fitz vor. Er fährt den Porsche der Sieger, ist Journalist, der die Titelgeschichte schreibt, hat also ein gerüttelt Maß an Selbstherrlichkeit. Jetzt haben die hier vor, einen Enthüllungskrimi zu erzählen mit Giftmüllimporten und verdächtigem Selbstmord in Löwenkäfigen. Das soll gefährlich wirken, ist aber hier und dort eine Gratwanderung, zumal Fitz nicht unbedingt die Bestbesetzung für schnelle Nummern im Stehen, schummriges Licht und Glücksspiel ist. All das gehört zu seinem seltsamen Charakter. Unterstützt wird der Alleinarbeiter von einer Praktikantin (klar!), die bei Alkoholkunsum eigenen Aussagen zufolge „immer so nett“ wird. Ist Florian David Fitz in nackt das Beste am Film? Ich will kein Spielverderber sein, aber welcher Diabetiker misst seine Werte nackt?
 

BIG GAME
AB 18.06. // CINECITTA, ADMIRAL
Nix denken und Action. Ich versuch es immer wieder. Aber auch diesmal ohne Erfolg. Die Luftaufnahmen sind gigantisch, das reicht ebenso wenig für einen Film wie ein nackter Florian David Fitz. Samuel L. Jackson geht immer, bleibt als Präsident aber unter seinen Möglichkeiten. Er wird in seinem Flugzeug abgeschossen, landet im finnischen Wald und in einem Abenteuer mit einem alienartigen Jungen, der gerade ein wildes Tier erlegen muss, damit er in Finnland und vom Papa als Mann akzeptiert wird. Wenn Kinder zu Eltern „Ich werde mein Bestes geben“ sagen und Leibwächter schon beim ersten Schnaufen verdächtig wirken, kann auch ein kleiner Superjunge nicht viel retten. In „Big Game“ gibt es so viel Pathos, dass ich manchmal dachte, der ganze Film sei in Slow Motion.
 


DIE LIEBE SEINES LEBENS
Ab 25.06.  // CINECITTA
Wie für meinen Fußballverein wird zum Ende dann doch alles gut. Denn Colin Firth spielt den Railway Man, den Eisenbahnenthusiasten, der sich in Züge und Fahrpläne mehr verlieben kann, als in andere Dinge dieser Welt. Doch dann tritt Nicole Kidman in sein Leben, die ich noch nie so entzückend erlebt habe wie als Krankenschwester. Knapp und schön wird diese Liebe erzählt, doch was, wenn du merkst, dass dein Mann schweigt, ein Trauma hat, aber dich nicht reinlässt in seinen Kopf? Irgendwas ist passiert im Zweiten Weltkrieg, als er von den Japanern gefangengenommen wurde. Und dieses Etwas muss gezeigt werden. Zwar finde ich, dass die Details zu wichtig genommen werden. Aber wer darf über reale Geschichten urteilen? Ein toller Film mit einer weiteren großen Leistung vom lange unterschätzten Colin Firth. Jetzt könnte man ihm jedes Mal den Oscar überreichen.
 




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