Im Gespräch mit: Steven Wilson

DONNERSTAG, 2. APRIL 2015

#curt München, #CURT präsentiert, #Interview, #Konzert, #Musik, #Verlosung

Steven Wilson – ein Name, der sonst fest mit der Prog-Psychedelic-Band Porcupine Tree verbunden ist. Und tatsächlich steht hinter diesem Namen einer der wohl versiertesten und aufregendsten Sound-Avantgardisten unserer Zeit. Pünktlich zur anstehenden Europa-Tournee sprach er mit curt über musikalische Helden, seine Live-Shows und das Thema „Herzblut“.

Steven Wilson – ein Name, der sonst fest mit der Prog-Psychedelic-Band Porcupine Tree verbunden ist. Und tatsächlich steht hinter diesem Namen einer der wohl versiertesten und aufregendsten Sound-Avantgardisten unserer Zeit. Seit einigen Jahren eben auch unter eigenem Namen unterwegs, erscheint im März das bereits vierte Soloalbum „Hand. Cannot. Erase.“. Und wie schon beim Vorgänger wartet auf die Fans erneut ein durchdachtes Konzept-Album. Als Inspiration diente die Geschichte einer Frau aus London, deren Tod in der eigenen Wohnung erst nach drei Jahren bemerkt wurde. Ein tragischer Kommentar zur vernetzten, aber doch abgeschotteten Gesellschaft und der Stoff für Wilsons virtuose Songkonzeptionen.

curt: Danke, dass du dir die Zeit für uns nimmst, Steven. Dein viertes Solo-Album steht kurz vor der Veröffentlichung und du steckst vermutlich tief in den Vorbereitungen für die anstehende Europa-Tour. Ist diese Zeit nach etlichen Studioalben überhaupt noch spannend?
Steve: Danke für eure Zeit! Neues Material, neue Musiker, eine neue Geschichte. Es ist tatsächlich jedes Mal etwas anderes und fühlt sich nach wie vor frisch an. Ich mache das seit vielen Jahren, aber gerade die Solo-Karriere und die daraus entstehende Möglichkeit, stets die Richtung ändern zu können, sind nach wie vor spannend. Und natürlich ist mir wichtig, dass am Ende ein wirklich einzigartiges Album steht.

curt: Du wirst als Genie und Richtungsgeber der Art-Rock Szene gefeiert. Dein Ruf als Produzent und Sound-Besessener eilt dir voraus. Wie fühlt es sich an, wenn die eigene Person stets mit Superlativen bedacht wird?
Steve: Ich bin über die Jahre vermutlich ein wenig zynisch geworden. Am Anfang war es natürlich ein Kampf, aber ich genieße meine Karriere und den Prozess, mein ganz eigenes Publikum zu finden. Konzeptionelle Musik hat es nicht einfach. Vielen ist sie zu ambitioniert. Doch Zeiten ändern sich und ich habe mit Sicherheit eine etwas einzigartige Position als eine Art Galionsfigur inne. Nicht viele tun das, was ich tue.
 



curt: Es fehlt also an Konkurrenz?
Steve: Ich hoffe, dass ambitionierte Musik weiterhin ihren Platz hat und mehr Musiker das Konzept der Narration in die Musik einfließen lassen, anstatt zehn voneinander unabhängige Songs auf ein Album zu packen. Ich liebe emotionale, aber vor allem narrative Reisen und das gibt es nicht allzu oft in der Musik. Es läuft gut und ich bin stolz auf die 25 Jahre Arbeit, die mich so weit gebracht haben. Jedes Lob ist selbstverständlich schmeichelnd.

curt: Das Motto unserer aktuellen Ausgabe heißt „Herzblut“. Herzblut kommt von innen und ist in der Regel frei von Zwängen. Es muss nicht zwangsweise ein Ziel verfolgt werden. Würdest du dich selbst als Herzblut-Musiker bezeichnen?
Steve: Wenn man sowas, wie ich macht, schwimmt man gegen den Strom. Für mich impliziert allein das Interesse an dieser Art von Musik so etwas wie Herzblut. Andernfalls würde man sich diese Musik nicht aussuchen. Andererseits hat diese Musik auch mich gefunden. Sämtliche Musiker, die diese Leidenschaft mit mir teilen, sind mit dem Herzen dabei. Also ja, es ist genau diese Musik, die ich einfach machen muss! Und das von Herzen.

curt: Ich konnte lesen, dass du nicht sehr vom Gitarrenunterricht angetan warst. Das änderte sich erst, als du selbst frei experimentieren konntest. Welche Rolle spielt Experimentierfreudigkeit dabei, von Herzen gute Musik zu machen, Konzeptalben zu entwickeln und Live-Shows zu gestalten?
Steve: Nun, am ehesten trifft es der Vergleich zu einem Regisseur. Ich bin nicht interessiert daran, nur Musiker zu sein. Genau diese Regie und das Erlernen neuer Dinge, um Projekte eigenständig zu realisieren, interessieren mich. Ich will einfach wissen, wie man ein Album abmischt, wie man in einem Studio arbeitet. Und ich will wissen, wie man eine gute Show auf die Beine stellt. Vom Licht zur Bühne – alle Details. Ich will der Autor der ganzen Vision sein und manch einer mag mich einen Control-Freak schimpfen, aber ich bin einfach besessen von den kleinen Details.

curt: Was aber auch ein Fluch sein kann, richtig?
Steve: Natürlich kann es das sein. Man entspannt sich nicht, solange man nicht alles unter Kontrolle hat. Gerade arbeitete ich wieder an der Website, dem Artwork, wir proben für die Tour und drehen kleine Filme. Bei allem bin ich mit Herzblut dabei.
 


curt: Oberflächlich betrachtet scheinen gerade aus dem UK und zu einer ganz bestimmten Zeit ambitionierte Bands und deren großen Alben zu kommen. Bands wie Pink Floyd, The Who und die Beatles werden vergöttert. Ihre Konzeptalben begeistern noch heute Millionen. Auch dich. Ist dieser besondere Blick auf Musik denn „very british“?
Steve: Das ist eine sehr gute Frage. Ich schätze, man kann die Ursache in der Geschichte suchen. Die Kunstschulen in Großbritannien hatten schon immer einen Fokus auf der Entdeckung. Ihnen ging es um das Entdecken neuer Medien und neuer Erzählweisen – Theater, Musik und Film. Meine Idole haben mir den Weg geebnet. Ich gehöre zur zweiten Generation, die wiederum durch die erste Generation inspiriert wurde. Und ich habe all diese Bands und ihre Alben gehört. Ich denke, es ist einfach das Interesse an neuen Erzählformen, was Pink Floyd und allen anderen den Weg geebnet hat. Warum soll ein Rockalbum nicht auch eine Geschichte erzählen können?

curt: Transportiert sich das Herzblut, das ein Musiker wie du in sein Schaffen steckt, auch auf das Publikum? Und was unterscheidet die leidenschaftliche Fangemeinde von einem Publikum, das nur dem Hype folgt?
Steve: Die Menschen, die meine Musik hören, kennen mich vermutlich nicht aus dem Radio oder der Zeit, als noch Musikvideos auf MTV liefen. Musik, wie ich sie beispielsweise mache, wird in erster Linie durch Mundpropaganda bekannt. Die Leute auf meinen Konzerten fühlen sich zu etwas Besonderem zugehörig – ein exklusiver Club vielleicht. Da gibt es keinen Hype und keine Mode, sondern eine loyale Zuhörerschaft und nur den Trend, dass diese auch verweilt. Die Leute wissen, dass dahinter viel Arbeit steckt. Sie kommen, um zuzuhören, die Show zu absorbieren und diese visuelle und auditive Reise mit mir zu gehen.

curt: Du bist bekannt dafür, deine Musik sowohl live als auch haptisch auf ein neues Level zu heben. Surround Sound und exklusive Packages, die für sich selbst wiederum kleine Meisterwerke sind. Warum diese Extrameile?
Steve: In erster Linie mache ich das für mich selbst. Und das genau so, wie ich meine Musik am liebsten präsentieren will. Meine Musik sehe ich in der Tat als Kunst und weniger als Entertainment an. Das mag ein wenig egoistisch klingen, Kunst ist das im Vergleich zum Entertainment aber. Es kommt einer egoistischen Suche gleich. Wenn du glaubst, dass das, was du tust, Kunst ist, dann solltest du sie auch als Kunst verkaufen.

curt: Als multimediales Werk mit allem, was dazugehört also?
Steve: Ganz genau! Wir sprachen über meine Idole: Damals waren Alben wunderschön, imposante Ausgaben, schönstes Vinyl und etwas, was es immer weniger gibt. Das ist keinesfalls nostalgisch, denn es gibt diese wunderschönen Alben heute noch. Mir geht es nur darum, den Leuten etwas zu geben, was sie aufbewahren, was sie sogar ein wenig feiern und immer wieder aufs Neue entdecken können. Ich denke, dass die, die meine Musik mögen, dies zu schätzen wissen. Ich jedenfalls glaube fest an das sogenannte „physical piece“ und das große Ganze.

Ab März ist Steven Wilson mit seinem vierten Solo-Album „Hand. Cannot. Erase.“ auf Europatour. Für vier Konzerte gibt er sich auch in Deutschland die Ehre, darunter am 2. April in der Münchner Kongresshalle.

www.stevenwilsonhq.com

Wir verlosen 3×2 Gästelistenplätze für das Konzert von Steve Wilson am 2. April in der Alten Kongresshalle, München.
Einfach E-Mail mit Betreff “I like Steve Wilson” an Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst .
Die Gewinner werden ein paar Tage vor dem Event gezogen und informiert. Viel Glück!

curt präsentiert: Steven Wilson. Am 2. April um 20 Uhr, Alte Kongresshalle, München.
VVK: 53,70 Euro zzgl. Gebühren




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