Claudias Kinoempfehlungen für März 2015
#Babylon, #Casablanca, #Cinecitta, #Filmhaus Kino, #Kino, #Metropolis
Was kann weg, was soll bleiben? Was brauch ich, wer ist überflüssig? Wichtige fragen zum Frühjahrsputz im Leben. Und wenn ihr dann angenehm leer und aufnahmefähig seid, haben wir noch ein bisschen was zum Nachdenken betreffs Energiekreislauf.
MY STUFF
Ab 05.03. // Casablanca
Wenn ein Junge nachts nackt und ziemlich schnell durch Helsinki läuft, könnte es sein, dass gerade ein Film gedreht wird. Eine Doku, die sich Petri Luukkainen selbst einbrockte. Er wollte es so. Der Finne war unglücklich, obwohl er sich jeden Scheiß kaufte. Nutzte nur nichts. Was braucht er wirklich? Da er keine Ahnung hatte, wollte er einen Film drehen. Ein Jahr wird nichts angeschafft, jeden Tag darf er sich ein Teil holen. Da sitzt er also nackt in seiner Wohnung, wartet auf Mitternacht und sprintet dann mit einer Zeitung bekleidet durch die Straßen, um sich sein erstes Geschenk zu bereiten. Ich mag es, wenn Leute ihre eigenen Niederlagen lustig kommentieren. Der Finne hat eine Oma, mit der er reden kann, er schießt mehrere Eigentore, hat aber keine Ambitionen, sich deswegen zu schämen, wenn er auch manchmal ganz schön zerknirscht ist. Es geht um mehr als um Materialismus. Die zahlreichen Schnitt- und Lichtprobleme übersieht man, denn die Geschichte ist spannend. Was würdest Du als nächstes holen? Petri ist der trotzige Typ, braucht gar nichts und will den Tisch nicht ohne Stuhl, also wartet er, bis er sich ein neues Sortiment holt. Ich hätte das anders gemacht, kenn das von den Umzügen, weiß wie sehr man sich über einen Korkenzieher freuen kann. Aber kann ja jeder machen, wie er will. Der Finne hat übrigens schon zahlreiche Nachahmer gefunden.
BESTE FREUNDE
Am 19.03. // Filmhaus
Jonas Grosch gehört zu meinen Lieblingsregisseuren. Er macht, oft zusammen mit seiner Schwester Katharina Wackernagel, günstige Filme, die viel Spaß machen. „Résiste“ und „A Silent Rockumentary“ gehören dazu. Mit „Bestefreunde“ ist ihm ein ganz schön nachdenklicher Film gelungen. Kennt Ihr diese Situation? Man sitzt zwei Leuten gegenüber, die ziemlich verblödet drein gucken. Einer davon ist ein guter Freund von dir, das andere seine Freundin, in die er verliebt ist. Man fühlt sich überflüssig, sollte sich zurückziehen, macht man dann auch. Bei Susi Q (Wackernagel) und Mark (Sebastian Schwarz) steckte ein wenig mehr dahinter, die beiden waren ein Team, bereisten die Welt und schrieben darüber. Jetzt sieht es nicht so aus, als wollte Mark wieder schnell weg aus Berlin. Susi Q (keine Ahnung, wozu dieser bescheuerte Name) hingegen hält es in der Stadt kaum aus. Sie muss sich mit den Sanierern in ihrem Haus herumschlagen, die ihr Strom, Wasser und Ruhe entziehen. Wird Mark sich besinnen? Wird Susi Q sich je auf eine Beziehung einlassen können, die nach dem Frühstück endet? „Bestefreunde“ erzählt zwischen den Bildern, hat ganz viel Platz. Zum Beispiel für einen philosophierenden Osteopathen, bei dem ich gleich eine Stunde buchen möchte. Er hat irre Bratwurst- und Eisbärenvergleiche drauf und weiß einfach alles. Daneben ist da Steffen, der gute Kumpel, alleinerziehend und zunächst wenig spektakulär. Doch das ist Grosch: Er lässt Leute wachsen, lässt sie glänzen. Letztlich geht es um die Frage Freundschaft oder Beziehung? Auf der Suche nach der Antwort gibt es mal eine Weile seltsame Ideen, die Katharina Wackernagel ausführen muss. Doch Grosch kriegt die Kurve ... Der Film wird am 20.03. im Komm Kino gezeigt.
DAS EWIGE LEBEN
Ab 19.03. // Metropolis & Babylon
Er hat eine ganz schlechte berufliche Phase, der Brenner. Was heißt, kein Obdach, keine Orbeit. Da fällt ihm ein, dass er noch ein Haus hat in Graz. Wenn nix mehr geht, gehen ja viele zurück nach Hause. Beim alten Kumpel ein Dosenbier, erinnern an die Schöne von früher. Man kennt das. Beim Brenner sind da der Gebrauchtwarenhändler Köck dabei und der unglaublich unsympathische Tobias Moretti. Mir hat allerdings die Katze am besten gefallen. Würde ich den Regisseur Wolfgang Murnberger treffen, wäre das das vorrangige Thema. Wie castet man eine solche Katze? Hat der Brenner Katzenfutter gegessen oder die Katze eine Dosenwurst? Fragen über Fragen. Ich hätt da ewig zuschauen können. Aber: Es ist ja was passiert. Schade eigentlich. So ein deprimierter Brenner, der seinem Nachbarn den Baum aufs Auto fällt hat für mich Unterhaltungswert. Als dann der Brenner fast Selbstmord begeht und der Kumpel tot im Barockrahmen liegt, den Brenners Psychologin bei ihm bestellt hat, wird es ein bisschen durcheinander. Alles recht undurchschaubar. Aber so ein genervter Hader ist mir ein Fest, mit oder ohne Plastiktüte auf dem Kopf. Und dann gleich noch mal „Komm, süßer Tod“ hinterher, der nach wie vor absolut böseste aus der Wolf-Haas-Reihe..
DIE REISE ZUM SICHERSTEN ORT DER ERDE
Ab 19.03. // Casablanca & Babylon
Wenn man ein Haus baut, sollte man das Klo nicht vergessen. Fast will ich mich aufregen über diesen lapidaren Satz. Es geht um Atommüll, darum, dass keiner weiß, wo der Scheiß hinsoll. Hm, eigentlich kann man den Vergleich so stehen lassen.Was eignet sich besser, um Dinge verschwinden zu lassen als die Wüste und das Meer. Das wird auch hier thematisiert. Vom sichersten Platz will keiner sprechen, aber sicher reicht ja. Reicht eben nicht bei 350.000 Tonnen hochradioaktivem Müll, den man glaubte, schnell loszuwerden. Doch manchmal wurde er zurückgeschickt. Der Schweizer Regisseur Edgar Hagen reist durch die Welt, man lernt viel bei seiner Doku, denn es gibt kein leeres Gerede, stattdessen übersetzt und entschlüsselt er Formulierungen. Das ist ein verdammt großer Schuh für einen Mann, der sich durch geheime Räume und Ideen bewegen möchte. Er legt sich mit Mächtigen an, doch wie so oft machen das die Schweizer geschickt. Gleichwohl hat er selbst gezweifelt, ob man sich filmisch damit auseinandersetzen kann. Man kann. Endlich hat mal wieder jemand ein Thema rausgeholt, das längst ins Regal gepackt und erfolgreich verdrängt wurde.
LOS VEGANEROS
Ab 26.03. // Metropolis
Ich glaube Lars Oppermann ist ein kleiner Revoluzzer, das hört man schon im Namen. Und sieht man am letzten Filmplakat. Angepassten Kram wird man bei ihm nicht finden, dafür Mittneunzigerinnen, die sich rabiat für die Umwelt engagieren. Das Wort „Vegan“ löst bei mir ja nicht nur Gutes aus. Hab nichts dagegen, dass Gutes hip wird, aber komisch, wenn es dem nächsten Trend wieder weicht. Aber zurück zum Film. Die Idee, tierquälende Infos mit Humor zu verpacken ist gut. Denn einerseits muss es gesagt werden, andererseits will keiner mehr belehrt werden und die Bilder von toten Schlachttieren nützen ja scheinbar nichts mehr, hab ich mir sagen lassen. Bei Oppermann hat es allerdings noch geklappt, der hat nach „Earthlings“ kein Fleisch mehr angerührt. Und jetzt eine Komödie gedreht, die die Diskussionen um Ernährung überflüssig machen. Mit dem klaren Ziel vor Augen fiel es ihm leicht, für umme zu arbeiten, wie im übrigen auch die Darsteller. Das Casablanca zeigt den Film schon am 22. März mittags. Statt Braten.
RUINED HEART
Ab 26.03. // Filmhaus
Mit diesem Untertitel haben sie mich: Another Lovestory between a criminal and a whore. Auch wenn das hier auf den Philippinen passiert, glaub ich das das in die Richtung Wong Kar-Wai geht, dem großen Künstler. Vielleicht mag ja noch jemand seine frühen Zauberwerke wie „Fallen Angels“ oder „In The Mood For Love“. Die könnt Ihr auch gleich stattdessen anschauen, denn mit dem „Ruined Heart“ werde ich nicht warm. Auch wenn die Kamera stets den ungewöhnlichen Winkel sucht und es schnell viel Gewalt gibt, ist das schon sehr viel Kunst am Bau. Optisches Feuerwerk, aber auch zu selbstverliebt knallen der Killer und eine Prostituierte aufeinander, flüchten vor dem gnadenlos Bösen. Nu ja.
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