Rund, schwarz, Erlangen

FREITAG, 15. OKTOBER 2010



Unser Mann fürs Grobe, Wichtige, Schöne und sonstiger berichtenswerter Ereignisse in Erlangen, Jackson Little Servant, hat sich mal auf die Suche nach käuflichen Überresten von Vinyl gemacht. Und siehe da, so selten sind die gerillten Scheiben in der Studentstadt gar nicht anzutreffen.

Auf der Suche nach dem schwarzen Gold ...
… oder, wo man in Erlangen Schallplatten kaufen kann.

Die Schallplatte liegt wieder voll im Trend. Offensichtlich werden ihre Klangqualität und Wertigkeit wieder zunehmend geschätzt. Analoger, dynamischer Klang ohne Einbußen durch digitale Komprimierung, Langlebigkeit, das haptische Erlebnis und die oftmals kunstvolle Gestaltung der Verpackung sind ihre Stärken. Nach den Zahlen des Bundesverbandes Musikindustrie haben sich seit 2006 die Verkaufszahlen für Vinyl bereits verdoppelt – auf zuletzt 1,2 Millionen Exemplare im vergangenen Jahr. Diese Tendenz bildet denn auch eine regelrechte Steilvorlage für die 2. Ausgabe der deutschlandweiten Plattenladenwoche des Händlerverbandes AMM, die am 29. Oktober starten wird. So lockt man beispielsweise mit einer Reihe exklusiv aufgelegter Special-Editions Musikfreunde auch in die Erlanger Fachgeschäfte. Und auf der Suche nach dem „schwarzen Gold“ kann man hier durchaus sein Finderglück erleben.

1. Vom Rolling Stone Magazin wurde er als Fachgeschäft schon ausdrücklich empfohlen: „Der Schallplattenmann“ in der Fahrstraße, gelegen zwischen der Mensa am Langemarckplatz und Schlossgarten. Ladenbesitzer Bernhard Sauer scheint die Arbeit im Musikhandel in die Wiege gelegt, schon der Großvater verkaufte seinerzeit Schellackplatten und Grammophone. Wer in Erlangen seine Musik früher beim legendären Zitelmanns Musicland eingekauft hatte, war Bernhard Sauer mit Sicherheit viele Male begegnet. Bis 2004 arbeitete er dort, bevor er im Sommer 2007 sein eigenes Geschäft eröffnete. Auf zwei Räume verteilt, präsentiert er übersichtlich sortiert seine Waren. CDs, DVDs, Musikliteratur und eben Schallplatten, die getrennt von den digitalen Tonträgern sozusagen ihr eigenes Zimmer bewohnen. Das Sortiment erstreckt sich über verschiedenste Stilrichtungen, von Jazz über Singer-Songwriter, Country oder Worldmusic bis Soul und Funk, Alternative oder Electronica. Dass er ein besonderes Faible für „handgemachte Musik“ pflegt, räumt Bernhard Sauer gerne ein. „Für mich bleibt letztlich entscheidend, dass Musik eine nachhaltige Qualität hat. Aus welcher stilistischen Ecke die kommt, spielt keine Rolle.“, fügt er hinzu. Das Album-Format genießt in seiner Auswahl besonderen Stellenwert. Zahlreiche Importe, Nachpressungen und betagte Originale findet man unter den mehr als 700 ausgesuchten Scheiben. Was gerade nicht vorrätig ist, bestellt Bernhard Sauer gerne auf schnellstmöglichem Wege. Und wer keinen Plan hat, kann seinen Empfehlungen vertrauen. Nicht umsonst findet sich seine Kundschaft auch noch in mehreren hundert Kilometern Entfernung.
Der Schallplattenmann. Fahrstr. 12, 91054 Erlangen. Di.-Fr.: 11-18 Uhr, Sa.: 10.30-14.30 Uhr. www.derschallplattenmann.de

2. „Wir nehmen uns sehr viel Zeit zum Durchhören von Musik und lesen die Kritiken in den einschlägigen Fachmagazinen sehr aufmerksam“, beschreibt Peter Bongartz einen Teil seiner Arbeit. Seit fast zwei Jahren betreibt er sein Geschäft, nachdem er zuvor seit den frühen 90ern ebenfalls beim traditionsreichen Zitelmanns Musicland gearbeitet hatte, das seinen Betrieb 2008 einstellen musste. Mit Todde Jarks und Andreas Schemm hat er sich zwei seiner ehemaligen Arbeitskollegen ins Team geholt. „Für uns ist es nicht wichtig, von wem die Musik kommt. Wir haben keine Scheuklappen. Aber es muss gute Musik sein“, beschreibt er die gemeinsame Philosophie mit besonderer Betonung auf dem Wort „gute“. Und so findet man von Klassik bis Avantgarde auch die volle musikalische Bandbreite im Sortiment vor – nicht in Masse, sondern als überschaubare Selektion. Neben CDs, Zubehörartikeln wie beispielsweise Kopfhörer und diversen Fachpublikationen wird auch eine säuberlich sortierte Vinyl-Auswahl geführt. Und die bietet unter anderem etliche interessante Titel aus der elektronischen Ecke, so dass auch der DJ hier etwas für sein nächstes Set herausholen kann. Eine Abhöre mit zwei Plattenspielern und Mixer steht bereit. Einerseits beobachtet man die Kundenwünsche sehr genau und orientiert sich daran, „ … andererseits sehen wir uns nicht einfach nur als Verkäufer, sondern als Fachberater.“, ergänzt Peter Bongartz. Und so pflegt man dieses Bekenntnis unter anderem mit einem wöchentlichen Newsletter, mit dem das Team in persönlichen Rezensionen auf empfehlenswerte Neuerscheinungen hinweist. Schon längst kein Geheimtipp mehr sind die Instore-Gigs diverser Künstler, die vor ihrem Live-Auftritt im E-Werk hier sozusagen ein kleines Vorspiel geben. Nächster Act: 12. Oktober, Tina Dico live, um 17 Uhr.
Bongartz. Hauptstr. 56, 91054 Erlangen. Mo.-Fr.: 10-19 Uhr (Do. bis 20 Uhr), Sa.: 10-16 Uhr.
www.bongartz-musik.de

3. Minimalistisch im Design und in freundlicher Helligkeit präsentiert sich der Tageslicht-durchflutete Verkaufsraum von Frankonia Records. Erlangens jüngstes Plattengeschäft findet man in der Hauptstraße 111, nur knapp 100 Meter nördlich vom Martin-Luther-Platz entfernt. Besitzer Peter Müller-Ogriseck hat sich mit seinem Store einen lang gehegten Lebenstraum erfüllt. Schon in den 60er Jahren fing der gelernte Vertriebler und begeisterte Hobby-Gitarrist an, Schallplatten zu sammeln. Nach dem Motto „außer Vinyl lasse ich nichts an meine Ohren“ sucht man bei ihm dann auch vergeblich nach digitalen Tonträgern. Etwa 300 verschiedene Platten umfasst sein derzeitiges Angebot, das sich aber noch im weiteren Aufbau befindet. „Nicht viel, aber dafür nur das Beste.“, so beschreibt er seine Auswahl, die sich im weitesten Sinne durch die Genres Jazz, Rock, Klassik und Pop bewegt. Neben aktuellen Alben, wie zum Beispiel von The Verve, Massive Attack, Katie Melau oder Gentleman, finden sich viele limitierte Neuauflagen von Werken alter Ikonen wie Duke Ellington, Miles Davis, Jimi Hendrix oder The Temptations. Mit erfurchtsvoller Begeisterung hält Peter Müller-Ogriseck eines der neu gemasterten und auf besonders schweren 180-Gramm-Vinyl gepressten Alben in den Händen. Ein tonnenschwer anmutender Transrotor Präzisionsplattenspieler dient als Abspielgerät – und in der Tat, die Ray-Charles-Aufnahme klingt, als käme sie frisch aus dem Studio. Da Musik ja in erster Linie ein Genusserlebnis sein soll, werden in Ergänzung zu den Schallplatten auch Wein und frisch zubereiteter Espresso angeboten. Auch hier gibt sich Peter Müller-Ogriseck puristisch und leidenschaftlich überzeugt in seiner Auswahl.
Frankonia Records. Hauptstr. 111, 91054 Erlangen. Mi.-Fr.: 14.00-18.30 Uhr, Sa.: 10.00-16.00 Uhr.
www.frankonia-records.de

4. Wie hätten wir die Pizza denn gerne? Mit extra Zwiebeln, Oliven oder lieber mit Vinyl? Ein für Erlangen neues Konzept präsentiert uns eine Pizzaria mal anders - mit integriertem Plattenladen. Genauer: "Copacabana Records meets Italien Food!", und das beudeutet am Ende entspannt essen und trinken oder sich durch die Platten wühlen. Auf einer langen Fensterbank längs der Essplätze reiht sich Schallplatte an Schallplatte – eine hübsche Auswahl alter Soul- und Rock-Klassiker. Kopfhörer aufsetzen und los geht die Reise von Erstpressungen der Beatles oder Led Zeppelin über Bossa Nova bis New Soul. Eine kleine Karte, mit viel Liebe bei immer frischen Zutaten verdeutlicht, dass man nicht nur bei der Musikauswahl Geschmack beweist. Pizzakreationen aus dem Steinofen - auch Vollkorn und Diätpizza - sowie glutenfreie Pasta und Vollkornpasta werden auf Wunsch auch geliefert. Dazu gibt´s Landbiere wie Meister, Krug, Gutmann und Spalter, sowie feine Cocktails. Abgerundet wird das Angebot dann noch durch die free Jukebox, gelegentlich soll es auch die eine oder andere Band live zu erleben geben. Ach ja, einen großen Biergarten gibt es auch noch. Was also will man mehr? Eben - nix. Eine in Erlangen einmalige Kombination aus Store, Bar und Restaurant!
Pizzarecords. Martinsbühler Straße 1, 91054 Erlangen. Di.-So.: 18-24 Uhr.
www.pizzarecords.de

5. Unzählige CDs und DVDs, massenweise Bücher, große Sammlungen verschiedener Fachmagazine und last not least eine riesige Auswahl an Schallplatten – das findet man im Erlanger Musicland in der Helmstraße vor. Man fühlt sich, als befände man sich in einem Indoor-Flohmarkt, denn hier wird mit Second-Hand-Ware gehandelt. Vor etwa zehn Jahren hat der passionierte Plattenverkäufer Joachim Lifka das Geschäft übernommen. In den Vinylfächern des Musiclands kann man sich quer durch den musikalischen Gemüsegarten arbeiten und die Objekte seiner Begierde auch gleich an einem der beiden Plattenspieler austesten. Eine Einteilung nach Stilrichtungen und Interpreten hilft zudem bei der gezielten Suche. Und die kann sich mit jedem Besuch wieder völlig neu gestalten. Denn zwischen Erlangen und den Musicland-Stores in Augsburg und Regensburg findet ein regelmäßiger Austausch der Bestände statt. Und diese wiederum verändern sich laufend durch den Zugang neuer Second-Hand-Ankäufe, die Joachim Lifka übrigens jeden Mittwoch im Erlanger Laden gerne persönlich entgegennimmt. „Ausgesprochene Raritäten oder Material, das nur ein sehr kleines Publikum anspricht, findet man allerdings nicht in unseren Geschäften, sondern im Online-Shop.“, erläutert er. Vor anderthalb Jahren hat er mit dem Internet-Store sein jüngstes Projekt ins Leben gerufen. Und hier ist auch schon so mancher Sammler aus Japan fündig geworden.
Musicland Erlangen. Helmstraße 9, 91054 Erlangen. Mo.-Fr.: 11.30-19.00 Uhr, Sa.: 10-16 Uhr.
www.musicland-bayern.de

[Michael Kleinknecht]




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