Fackelfrau und Arbeiterhelden: Das Filmhaus in April und Mai
#Columbia Pictures, #Filmhaus, #Kino, #Retrospektive
Erinnert ihr euch? Bei Hollywoodfilmen waren früher immer sofort am Vorspann das Studio zu erkennen, das den Film produziert hat. Ein brüllender Löwe? Dann war es Metro Goldwyn Mayer. Suchschweinwerfer umkreisen riesige Buchstaben? 20th Century Fox. Und eine Frau, die eine Fackel hochhält? Columbia Pictures! Diese Frau mit der Fackel war erstmals im Jahr 1924 zu sehen und wurde zu einem der Wahrzeichen Hollywoods. Anlässlich des 100. Geburtstags widmet sich das Filmhaus Nürnberg im April der Geschichte von Columbia Pictures.
Später drehten berühmte Regisseure wie John Ford, Orson Welles oder Fritz Lang für Columbia, doch die Anfänge waren bescheiden: Das von den Brüdern Jack und Harry Cohn und Joe Brandt gegründete Studio realisierte zunächst schnell produzierte, mäßig erfolgreiche Low-Budget-Filme. Der Aufstieg zum Major-Studio erfolgte in den frühen 1930er-Jahren und ist eng mit dem Regisseur Frank Capra verbunden, den Harry Cohn für Columbia engagieren konnte. Cohn verfügte über das richtige Gespür, einen Ausgleich zwischen seinen kommerziellen Interessen und der künstlerischen Freiheit der Filmemacher:innen zu finden. So war Frank Capra, der 26 Filme für Columbia drehte, einer der wenigen Regisseure, die in Hollywood eine weitgehende Kontrolle über ihre Arbeit hatten. Innerhalb eines Jahrzehnts, zwischen 1933 und 1942, erhielten seine Filme 40 Oscar-Nominierungen und wurden mit zwölf Oscars ausgezeichnet, darunter drei für die Beste Regie und zwei für den Besten Film. Capra führte das Studio aus der Zweitklassigkeit und entwickelte einen spezifischen Columbia-Stil. Der „Capra Touch“ – ein von Eleganz und Witz, exaktem Timing, präzisen Dialogen und humanistischen Idealen geprägtes, gefühlsbetontes Kino mit persönlicher Handschrift – vermittelte Hoffnung und Optimismus in politisch und wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Auch wenn Harry Cohn kein Vorreiter der Gleichbehandlung von weiblichen Angestellten war, entwickelte sich das Studio unter seiner Leitung zu einem überraschend offenen Ort für starke Frauen wie Katharine Hepburn, Jean Arthur, Rosalind Russell, Barbara Stanwyck, Irene Dunne, Rita Hayworth und Kim Novak. Als Reporterinnen, Agentinnen oder Unternehmerinnen, die die Tricks von Macht und Geschäft besser durchschauten als ihre männlichen Konkurrenten, waren sie das Gegenteil von passiven Sexsymbolen. Dorothy Arzner, die einzige offen lesbische Filmemacherin im klassischen Hollywoodkino arbeitete ebenso für Columbia wie die Drehbuchautorin und Produzentin Virginia Van Upp, eine der wenigen Frauen in Hollywood, die in den 1940er Jahren den prestigeträchtigen Titel einer „Ausführenden Produzentin“ bekam.
In Hollywoods Glanzzeit, den 1930er- und 1940er Jahren, entstanden Screwball-Komödien und Western, Film noir und Kriegsfilme, Melodramen und Musicals, viele davon sind heute Klassiker. Das Filmhaus Nürnberg freut sich, in dieser Retrospektive, die bis zum 27. April läuft, eine Auswahl von 13 Columbia-Produktionen aus den Jahren 1933 bis 1959 zu zeigen.
Der 01. Mai ist traditionell Tag der Arbeit und am 02. Mai beginnt im Filmhaus der Monat der Arbeiter:innen, denn in der Reihe Working Class Cinema stehen sie im Mittelpunkt. Dabei geht es nicht um Dokumentarfilme, denn dort kennen wir sowohl Arbeitsvorgänge als auch die Kämpfe und Organisationen der Arbeiter:innenklasse als ein gängiges Thema. Spannender ist es, einen Blick in die Filmgeschichte zu werfen, wo die Working Class auch in Spielfilmen prominent vorkam. In den 1970er Jahren beispielsweise entdeckte Hollywood plötzlich sein Herz für Held:innen aus „einfachen Verhältnissen“. In Filmen wie SATURDAY NIGHT FEVER oder ROCKY probten die Hauptfiguren den Ausbruch aus den unteren Schichten, sie wurden zu Blockbustern. Viel weniger bekannt sind aber Filme wie BLUE COLLAR von Paul Schrader oder NORMA RAE von Martin Ritt, die Arbeitskämpfe zeigen und ihren Figuren eine Würde zusprechen, auch wenn diese nicht den gesellschaftlichen Aufstieg schaffen. So blickt Working Class Cinema auf fast 100 Jahre Filmgeschichte von der Stummfilmzeit bis heute, streift dabei das deutsche Kino der Weimarer Zeit, den italienischen Neorealismus, die feministische Filmbewegung nach 1968 und landet schließlich in der Gegenwart, in der Arbeiter:innen in Spielfilmen eine erstaunliche Renaissance erleben.
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Filmhaus Nürnberg
Schwerpunkt Columbia Pictures und Working Class Cinema im Künstlerhaus, Nbg.
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