Warum soll Nürnberg UNESCO City of Literature werden, Kathleen Röber?
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Na, wie hört sich das an Nürnberg – City of Literature. Nicht schlecht, oder? Insbesondere, wenn man weiß, dass es sich dabei um einen offiziellen Titel der UNESCO handelt. Die Literaturkoordinatorin der Stadt Nürnberg, Kathleen Röber, hat es in diesen Tagen verkündet: Die Bewerbung ist raus! Und zwar zurecht, weil Nürnberg nicht nur die älteste Buchhandlung der Welt hat, sondern auch die älteste kommunale Bibliothek, weil hier als Zentrum des Buchdrucks Weltwissen gesammelt wurde, weil eine Vielzahl an Orten lebendige Literaturgeschichte vermitteln und weil sich eine immer wuseligere lokale Szene in Kulturläden oder auf Nürnbergs Literaturfestival, den texttagen.nuernberg präsentiert ... Wir sind hyped und rufen direkt mal durch bei der guten Literaturkoordinatorin, um das nochmal en detail zu besprechen.
CURT: Hallo Kathleen, Nürnberg UNESCO „City of Literature“, was bringt einer Stadt dieser Titel?
KATHLEEN: Was man dazu wissen muss: Dieser Titel ist nicht mit monetären Leistungen verbunden, sondern eine Zusage, in einem internationalen Netzwerk aus bisher 53 Städten mitarbeiten zu dürfen. Nürnberg wäre nach Heidelberg und Bremen die dritte deutsche Stadt. Ich hatte die Idee 2023 und habe damals eine Stärken-Schwächen-Analyse gemacht, um zu sehen, womit wir werben können und wo noch Verbesserungspotential besteht. Ich glaube, dass wir regional sehr gut aufgestellt sind, woran es uns aber fehlt, ist eine internationale Sichtbarkeit. Die logische Schlussfolgerung ist also z.B. in so einem Netzwerk mit anderen Städten in der Welt zusammenzuarbeiten. In der Hinsicht würde der Titel uns einen starken Impuls geben, uns auf der internationalen Landkarte verankern.
In dem Antrag stehen bisher kurz- und langfristige Ziele, also Lücken, die wir hoffen, schließen zu können. Wo wir zum Beispiel Verbesserungspotenzial haben, sind die Anzahl der Verlage, eine stärkere Anbindung von „Creative Writing“ als Praxis an die Universitäten oder Literatur im öffentlichen Raum.
Du hast auch andere Cities of Literature für die Bewerbung besucht?
Ich habe Prag und Krakau besucht, unsere Partnerstädte, die schon sehr früh Teil des Netzwerkes waren und viele Tipps und Erfahrungswerte weitergeben konnten. Sie haben mich in dem Vorhaben bestärkt, eine Bewerbung einzureichen. Interessanterweise haben die Verantwortlichen bestätigt, dass der Titel viel für die Sichtbarkeit und das Selbstverständnis von Literaturthemen auch in der Zivilbevölkerung bringt, es ist aber auch ein wirtschaftlicher Faktor. Mit dem Titel wird es einfacher, sich um Förderungen und Sponsorings zu bewerben. Außerdem kurbelt er den Tourismus an und stärkt dadurch den Wirtschaftsstandort.
Wie sieht der Weg dahin aus?
Die Bewerbung ist ein zweistufiges Verfahren. Wir haben im vergangen Jahr angefangen, Ideen zu sammeln und die Vorzüge und Stärken Nürnbergs aufzuschreiben und dann mussten wir durch einen Bewertungsprozess der Deutschen UNESCO-Kommission, die im Zwei-Jahres-Abstand zwei Städte aus allen Sparten vorschlagen kann. Im Bereich Literatur fiel die Entscheidung auf Nürnberg und wir haben im November grünes Licht bekommen: Wir dürfen uns international bewerben. In dem ganzen Prozess hatte ich mit Prof. Dr. Silvia Mergenthal, ehemals Literaturwissenschaftlerin an der Uni Konstanz, jetzt wieder in Nürnberg, eine externe Expertin an meiner Seite, die mich extrem unterstützt hat. Dann kam aber die krasse Nachricht: Statt bis Juni mussten wir die Bewerbung bis Februar 2025 einreichen. Das sind so 30 englischsprachige Seiten mit sehr vielen Detailfragen, die wir erst im November einsehen konnten Wir mussten also in kurzer Zeit diese Bewerbung finalisieren – darum starten wir jetzt erst mit der Information zur Bewerbung Nürnbergs, statt andersherum, wie wir das sonst gemacht hätten. Wir rechnen mit einer Entscheidung im Herbst 2025.
Warum hat Nürnberg diesen Titel verdient?
Ich finde, wir passen sehr gut in dieses Netzwerk und haben einiges zu bieten. Die „Cities of Literature“ haben oft eine ähnliche Größe wie Nürnberg und ein vergleichbares Profil. Eine Stadt wie Berlin braucht das eher nicht.
Ihr führt auch das Poetenfest mit auf, ist es eine Bewerbung der Metropolregion?
Das hätte ich sehr gerne gemacht, aber das lassen die Statuen der UNESCO leider nicht zu. Trotzdem finde ich, wir sind in der Region so eng verknüpft, dass wir zum Beispiel Erlangen bei zukünftigen Projekten nicht aus dem Blick lassen sollten.
Was sind die nächsten Schritte, die für euch jetzt anstehen?
Im Moment informieren wir breit gestreut, dass wir uns beworben haben. Bis in den Herbst möchte ich außerdem erste Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern führen, die an einzelnen Projekten Interesse hätten. Wenn wir den Titel wirklich bekommen, geht die Umsetzung nur in Zusammenarbeit mit der lokalen Szene. Ein Projekt wäre zum Beispiel die Literatur im öffentlichen Raum, in Krakau gibt es wunderbare Beispiele. Bei einem anderen Projekt geht es um Autor:innen im Exil, das ich mir gut in Zusammenarbeit mit dem PEN vorstellen kann. Das Projekt steht inhaltlich in Verbindung mit dem Autor und Ehrenbürger Hermann Kesten und der Stadt der Menschenrechte. Es gibt viele weitere Ideen, in die Feinplanung und die Details gehen wir, wenn die Aufnahme in das Netzwerk der „Creative Cities of Literature“ erfolgt ist.
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Unesco City of Literature
curt ist schon aufgeregt – wir werden den Prozess begleiten!
Kathleen Röber
wuchs in Thüringen auf und studierte Amerikanistik und Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig, wo sie mit dem Magister Artium abschloss. Ein DAAD-Stipendium führte sie an die Rutgers State University in New Jersey, USA.
Ihre berufliche Laufbahn begann mit Engagements als Dramaturgin sowie als Bühnen- und Kostümbildnerin an deutschen Theatern. Über viele Jahre prägte sie als Program Managerin die Arbeit des Deutsch-Amerikanischen Instituts Nürnberg und setzte Impulse im interkulturellen Austausch.
Seit 2019 ist sie als Literaturkoordinatorin der Stadt Nürnberg tätig. Ihre Aufgabenbereiche liegen in der Vernetzung, der Entwicklung innovativer Formate sowie der strategischen Weiterentwicklung literarischer Themen.
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