Staatstheater: Digitaltheater und postmigrantischer Gedankenfluss
#Nürnberg, #Parzival, #Staatstheater, #Theater, #XRT
Auf rein instrumentales Theater und den kopflosen Reiter folgt Digitaltheater mit politischem Aufklärungsanspruch und ein postmigrantischer Gedankenstrom. Bevor die Besinnlichkeit Einzug hält am Nürnberger Staatstheater.
Europa! Das klingt für Menschen, die gern hierher möchten und auch für Menschen, die schon immer hier sind, ja nach wie vor wie eine fast utopistische Heilsversprechung: Menschenrechte, Demokratie, offene Gesellschaft, alles ist besser in Europa. Was dabei notwendigerweise übersehen wird, sind zum Beispiel die Existenz und das Treiben der Agentur Frontex an den Außengrenzen dieses gelobten Kontinents. Frontex steht wegen Intransparenz und menschenrechtsverletzenden Praktiken immer wieder in der Kritik. Im digitalen Utopia der deutschsprachigen Theaterszene, dem XRT in der dritten Staatstheater-Etage, erforscht ab 5. Dezember Luis August Krawen diesen Widerspruch. Sein Stück Frontières Extérieures geht der Frage nach, wie es überhaupt zu entmenschlichenden Praktiken in Grenzregionen kommen kann und versucht sich an einem Psychogramm der politisch verantwortlichen Personen. Krawen selbst ist spezialisiert auf 3D-Animationen, Projektionen und digitale Bildwelten. Für sein Projekt Der Mensch erscheint im Holozän 2020 erhielt er nicht nur eine Einladung zum Berliner Theatertreffen, sondern auch den Nestroy- und den 3sat-Preis.
Juices heißt dann am, neuer Termin!, 21.12. die zweite Premiere im Dezember, ein Text der preisgekrönten Gegenwartsdramatikerin Ewe Benbenek, uraufgeführt 2023 in Mannheim. Dabei handelt es sich weniger um ein dreiaktiges Dialogbuch, als um den mitreißenden Gedankenfluss einer Autorin, die mit dem Gefühl ringt als Einwanderer- und Arbeiterkind in Deutschland nie wirklich zur Mehrheitsgesellschaft zu gehören. Drei Stimmen etabliert Benbenek, die die Zwiespältigkeiten postmigrantischer Lebensrealitäten erarbeiten und einen Ausdruck für Scham und Selbstzweifel suchen. Inszeniert wird Juices in Nürnberg von Branko Janack, der zuletzt u.a. am Wiener Volkstheater inszenierte, aber halt auch in Nürnberg, siehe: Wer allein bleibt, den frisst der Wolf (2022) und Ave Joost in der vergangenen Spielzeit.
Im Übrigen kehren Inszenierungen wie Maria, Wallenstein und auch der Parzival auf den Spielplan zurück, Tim Steinheimer und Greta Calinescu zünden am 13.12. und 10.01. wieder ihren irrsinnigen Shownado und an jedem Adventssamstag lesen Ensemblemitglieder was Besinnliches vor. Apropos Weihnachten: Am 21.12., gerade noch rechtzeitig also, geht es für uns alle in Weihnachtslieder-Sing-Trainingslager im XRT, damit wir dann am Heiligen Abend fit sind und beherzt schmettern können. Schon am 25. werden die Bühnen des Staatstheaters wieder bespielt, als wäre nix und ins neue Jahr starten wir neben dem Neujahrskonzert unter anderem mit der Wiederaufnahme von Jahre mit Martha und einer besonderen Nachtetage am 24.01. mit Roxy Rued: All you need is Liebestankstelle.
Staatstheater Nürnberg
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