Das nachhaltigere Orchester mit der „Symphonie of Change“
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Das Musikfest ION, das herausragende Musiker:innen in sakrale Orte der Stadt Nürnberg bringt, findet in diesem Jahr vom 27. Juni bis 7. Juli statt. Das ist ja noch etwas hin. Wir wollen dennoch die Gelegenheit nutzen, euch jetzt schon einmal auf dieses Festival einzustimmen, indem wir ein Highlight des diesjährigen Programms droppen: das Eröffnungskonzert mit dem Stegreif Orchester. Moment mal, ein Musikthema in dieser Strecke mit dem grünen Nachhaltigkeitsbalken? Ganz genau, das ist genau der Punkt.
Das Stegreif Orchester aus Berlin ist ein Zusammenschluss junger, europäischer Spitzenmusiker:innen, die einerseits zwar vieles anders machen als die Traditionsorchester, aber dabei eben hart konsequent in der Qualitätskontrolle sind. In wenigen Jahren hat das improvisierende, hierarchiefreie Sinfonieorchester sich in die erste Liga der Klassik in Deutschland gespielt, was sich z.B. gut an den bespielten Orten ablesen lässt: Elbphilharmonie und Berliner Philharmonie – in beiden Sälen wurde dieses Ensemble frenetisch gefeiert. Beim Musikfest ION spielen sie das Eröffnungskonzert in St. Sebald.
Das Programm, das wir in Nürnberg zu hören kriegen werden, heißt Symphony Of Change. Es basiert auf einem bundesweiten Forschungsprojekt zu „17 Klängen der Nachhaltigkeit“ und beinhaltet jede Menge Auseinandersetzung mit drängenden Gegenwartsfragen. Die Werke des Abends sind sonst eher selten zu hören, sie kommen von Clara Schumann, Emilie Mayer, Wilhelmine von Bayreuth und Hildegard von Bingen. Die ursprünglichen Partituren wurden für Symphony Of Change jedoch von fünf weiblichen Ensemblemitgliedern re-komponiert, sodass ein neues Werk entsteht, das Genregrenzen zwischen Klassik, Neuer Musik und Jazz durchbricht und auch eine Handlungsaufforderung, den Wandel selbst anzustoßen, beinhalten soll.
Stegreif begreift die Orchesterarbeit nämlich nicht nur als musikalische, sondern als gesellschaftliche Aufgabe. Die Symphony Of Change ist Teil bzw. Abschluss des Projekts #bechange, das mit 16 Workshops und vier Premieren immer wieder nach musikalisch-szenischen Wegen suchte, um andere Blickwinkel zu eröffnen, Motivation zu spenden und Hoffnung zu schöpfen. Was dabei unterm Strich herausgekommen ist, könnte, so ION-Festivalleiter Moritz Puschke, „das Sinfoniekonzert des Jahres werden. Auf jeden Fall wird es der glanzvolle Auftakt zum Festivalsommer 24!“
30 junge internationale Musiker:innen von Weltrang eröffnen neue Wege zur klassischen Musik: Stegreif-Konzerte sind szenisch angehaucht, ohne Dirigent:in, Noten oder Stühle. In jedem Fall ein Erlebnis!
curt hat beim Stegreif Orchester nachgefragt, wie sie mit dem Thema Nachhaltigkeit zusammenhängen.
Euer Programm heißt „SYMPHONY OF CHANGE“, es geht um nachhaltige Entwicklung. Was bedeutet das für euer Orchester, wo findet man bei euch die Nachhaltigkeit?
Für Stegreif bedeutet das zuallererst, sich im Rahmen des Projekts #bechange und der symphony of change das erste mal intensiv für zwei Jahre mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt zu haben. Hier gibt es ganz unterschiedliche subjektive Zugänge und Schwerpunkte, aber unter anderem haben nur weibliche Mitglieder des Ensembles die Musik für dieses Programm rekomponiert. Mit Musik von Hildegard von Bingen, Wilhelmine von Bayreuth, Clara Schumann und Emilie Mayer werden gleichzeitig historische Themenkomplexe, wie Naturverbundenheit, Industrialisierung, Krieg und gesellschaftlicher Zusammenhalt angesprochen. Nachhaltige Entwicklung im Kontext der 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der UN können aber auch im Entstehungsprozess auf und neben der Bühne gefunden werden, wie beispielsweise in nachhaltig produzierten Kostümen, vielen second hand-Requisiten, einer CO2-armen An- und Abreise, etc.
Euer Konzert in Nürnberg, eure „SYMPHONY OF CHANGE“. Woran merkt man (das Publikum), dass ihr anders seid als andere Orchester. Und wird das auch bewusst kommuniziert, wollt ihr damit anregen, motivieren?
Bei Stegreif-Konzerten bemerkt man als Publikum relativ schnell, dass man in kein 'normales' Konzert geraten ist. Die Musiker*innen des Orchesters spielen ohne Notenständer, ohne Dirigent*in, improvisieren und bewegen sich dabei frei im Raum und auf der Bühne. Weil die Musik immer im Vordergrund steht, glauben wir, dass man dadurch eine direktere und unmittelbarere Verbindung zwischen Publikum und Orchester - und der Musik - erreichen kann.
Nachhaltigkeit sollte im Kulturbereich sowieso ein große Rolle spielen. Alternative (Rock- oder elektronische) Festivals versuchen das, es gibt in dem Bereich sehr bewusste Konzepte (mal außen vor, ob es eher Greenwashing ist ;) Hat die Klassik hier noch mehr Nachholbedarf?
Meiner Meinung nach hat nicht nur die Klassik- sondern die gesamte Kulturbranche noch großen Nachholbedarf beim Thema Nachhaltigkeit - auch wir als Orchester! Zahllose große Produktionen an Opernhäuser, international tourende Berufsorchester und reaktionäre Stimmen im Klassikbetrieb spielen hier natürlich eine maßgebliche Rolle. Dass sich hier etwas ändern muss und dass diese Änderungen zu einem besseren Klima - in jeglichem Sinne - sowie zu einem interessanteren künstlerischen Ergebnis führen können, daran glaube ich fest.
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Stegreif Orchester mit „Symphony of Change“
als Eröffnungskonzert am 28. Juni des
73. Musikfest ION – 28. Juni bis 7. Juli 2024
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