Im göttlichen Bann der Space-Eurythmie
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Ein Konzertbericht von Helene Schütz
Der Basar war der eigentliche Grund, warum mich der Z-Bau an einem Mittwochabend anzog. Denn meiner Begleitung fehlten Salatschüsseln. Wo sonst soll man die beste Salatschüssel Nürnbergs finden, wenn nicht auf dem Flohmarkt im Z-Bau? So war der Plan. Für 2€ haben wir ein Bärchentattoo auf die Pulsadern bekommen und durften rein ins Trödelparadies. Das Trödelparadies war aber eher eine endlose Einbahnstraße gesäumt von Kleidung, Schuhen und Rosenquarz, durch die wir durchgeschoben wurden. Ganz schön viel zu gucken, dachte ich mir noch und: Mit so vielen Reizen habe ich nicht gerechnet. Dass das nur das Warm-Up für meine Sinne war, wusste ich bis dato nicht.
Nun gut. Im Z-Bau treffe ich immer die ein oder andere Person, mit der ich mich dann kurz austauschen kann. ‘Na und? Habt ihr schon was gefunden?’ und ‘Naja… eigentlich sollte man ja Zeug loswerden, aber du kennst es ja, es ist ein ewiger Kreis und irgendwann erstickt man an seinem Kram und in der Zeitung steht: Frau geborgen aus 1240 Schleich-Pferdefiguren, 670 Winkekatzen und 540 Glasbausteinen.’ ‘Ja, das kenne ich. So wird es sein.’ Zustimmendes Nicken von allen Seiten und weiter geht es. Irgendwann beschlossen meine Begleitung und ich kollektiv, die Suche nach der Salatschüssel einzustellen und uns erstmal mit einer überteuerten Flasche Weißweinschorle zu beruhigen. So viele Reize lassen sich aber nicht mit nur einer Schorle verarbeiten. Just erinnerten wir uns an das spitzen Angebot im KV drüben: 1,50€ plus 1€ Pfand für 0,5 Liter Weißweinschorle. Ein besseres Angebot gibt es nirgendwo!
Also eilten wir rüber, in den Kunstverein. Rein in die warme Jackentasche der Punks. Vorbei an einem Schild, das ein Konzert für 21 Uhr ankündigte. Erst als wir uns mit unseren Spitzenpreisgetränken auf der Bank rechts der Bühne niederließen, realisierten wir, dass es wohl wirklich noch Live-Musik geben wird. Ich erinnerte mich an das Schild. Space Rock, stand da drauf. Ich fragte meine Begleitung, was das für ein Genre ist und ob das etwas Neuartiges der jüngeren Generation ist. So genau wusste mein Gegenüber auch nicht Bescheid. Aber kann ja nicht so schlecht sein, wenn es im KV gespielt wird. Ein kleiner weißer Pudel namens Lilu (oder war es Lili?) rannte souverän immer wieder zur Bühne, stellte sich auf die Hinterbeine und schaute sich alles genau an. Interessant, dass die sich jetzt so das Personal für den Soundcheck sparen, dachte ich noch. Derselbe Hund kam zwischen seinen geschäftigen Checks dann auch kurz zu mir gelaufen, nur um mit mir zu schimpfen. Warum konnte ich nicht herausfinden, aber irgendwann war er dann auch weg, denn das Konzert begann.
Links neben mir summte ein mittelalter Windows-Laptop, der über einen Beamer ein Video auf die Bühne projizierte. Zu sehen war ein Strand. Wellen, Rauschen, Sand, Wasser. Eine weibliche Figur, umhüllt von schwarzen Tüchern, trat ins Bild und bewegte sich echsenartig auf zwei Beinen am Ufer entlang. Sphärische Playback-Melodien ertönten. Die Figur bewegte sich weiter, ruderte langsam mit den Armen und die Tücher wurden durchsichtig. Wie der Zauberumhang von Harry Potter, dachte ich noch, der, mit dem man sich unsichtbar machen kann. Gebannt und mit offenem Mund starrte ich auf das Video. Ich war fasziniert und beschloss, was und wer auch immer da jetzt auf die Bühne kommt: Space Rock wird mein Genre!
Und da kamen sie. Eine Mitte-30-jährige Frau mit roten Locken, gekleidet in ein enges weißes Gewand, ähnlich wie Rudolf Steiners Kleidchen. Auch die Bewegungen, die sie dabei machte, erinnerten mich stark an Eurythmie. Nach ihr trat ein älterer Mann im gleichen Gewand auf die Bühne. ‘So stelle ich mir Gott vor’, flüsterte mir meine Begleitung ins Ohr. Und da war was dran. Die langen weißen Haare mit lavendelfarbenen Spitzen fielen in Wellen an seinem filigranen Gesicht hinunter und er machte einen durchaus weisen Eindruck. In einer einzigen flüssigen Bewegung schwang er sich die E-Gitarre um den Körper und schlug sie an. Die Frau beendete ihre ausschweifenden Bewegungen und ordnete sich hinter dem Keyboard und neben einem Gong ein und begann zu spielen. Ihre Augen tanzten dabei weiter. Augeneurythmie. Der erste Song ging rein in mein eines Ohr und zum anderen wieder hinaus, und ich wurde mir immer sicherer, dass Space Rock mein Genre ist. Mir gefiel alles daran, die Klänge, die rollenden Augen, der Gong, Gott und die Videos im Hintergrund. Alles zusammen sog mich ein und berauschte mich auf eine mir bis dahin unbekannte Weise. Was dann mit mir geschah, kann ich nicht in Worte fassen, aber ich empfehle euch wärmstens, es selbst auszuprobieren, es zu erleben. Space Rock hat an diesem Mittwochabend meinen Horizont erweitert, es fühlt sich an, als wäre ein Puzzlestück zu mir zurückgekehrt, das ich lange verloren hatte. Danke, Darsombra.
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Darsombra im KV
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