Als Zuhörer in die Galaxis mit Regisseur Eike Hannemann
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Andreas Thamm interviewt
Scheißtag für Arthur Dent: Sein Haus soll plattgemacht werden, wegen einer fucking Umgehungsstraße. Er ahnt ja nicht, dass das sein geringstes Problem ist, wenn die ganze Erde plattgemacht werden soll – wegen einer Umgehungsstraße! Per Anhalter durch die Galaxis ist eine irre, wunderbare, witzige Flucht durchs das All und natürlich ein Klassiker. Das Theater Erlangen erzählt Douglas Adams' Geschichte in einem besonderen Format: Als Live-Hörspiel.
Wir sprachen mit Regisseur Eike Hannemann darüber, wie das so funktioniert und was ihn mit dem Erlanger Theater verbindet.
CURT: Ihr zeigt Per Anhalter durch die Galaxis als Live-Hörspiel. Erinnerst du dich an deine erste Lektüre des Romans?
EIKE HANNEMANN: Nicht bildlich, aber ich habe die Bücher noch hier stehen, die ich gelesen habe, da muss ich so 15, 16 gewesen sein. Ich bin in Aachen groß geworden und von da pilgerte man alle paar Monate nach Köln in den 2001-Laden. Da standen irgendwann alle drei Bände und ich hatte schon davon gehört und ich weiß noch, wie ich mich darauf gefreut habe, das zu lesen. Dann war ich erst mal weg. Mich hat das total geflasht und viele Sachen sind natürlich auch in den Sprachgebrauch übergegangen.
Gibt es einen besonderen Grund, warum du dir genau jetzt diesen Stoff genommen hast?
Keinen zeitaktuellen, in dem Sinn. Da es die letzte Spielzeit von Katja Ott als Intendantin in Erlangen ist, hat sie sich nochmal ein Live-Hörspiel gewünscht. Wir waren relativ schnell bei Science-Fiction, weil es eine Leidenschaft von mir ist, den deutschen Theatern zu beweisen, dass dieses Genre relevant für die Bühne sein kann. Dass wir uns dann genau diesen Stoff ausgesucht haben, hat eher private Gründe: Ich wollte den einfach schon immer mal machen.
Du giltst als Experte für dieses eher reduzierte Format Live-Hörspiel, was fasziniert dich daran?
Ich bin ein sehr akustischer Mensch, der nicht so sehr über die Ästhetik im Sinne von, was sieht man?, funktioniert. Da bin ich immer ganz froh über kreative Bühnenbildnerinnen. Ich funktioniere viel mehr über die Ohren und habe große Freude daran, auch in den alltäglichen Sachen, von der Brötchentüte bis zum Föhn, in fast kindlicher Manier Soundwelten zu entdecken: Wie klingt das, woran erinnert mich das, was könnte ich daraus bauen? Wenn ich mit 15, 16 schon gewusst hätte, dass es den Beruf des Geräuschemachers gibt, hätte ich wahrscheinlich eher diese Ausbildung gemacht als Regie zu studieren.
Was war mit Bezug auf Per Anhalter durch die Galaxis in dem Format die besondere Herausforderung, hat das Stück dir als Regisseur nochmal andere ästhetische Mittel entlockt?
Das Schöne ist: Die Geschichte fängt ja sehr realistisch an, auf der Erde, in England, in einem Pub. Das sind Geräuschwelten, die wir kennen. Sobald es dann ins Weltall geht, sind wir frei. Wie klingt der unendliche Unwahrscheinlichkeitsdrive? Douglas Adams macht zwar kleine Andeutungen, aber im Grunde ist das der eigenen Phantasie überlassen und das bedeutet Möglichkeitsraum und Herausforderung zugleich. Man kramt also in den Sachen, die man schon im Ohr hat, wir haben zum Beispiel ein Theremin auf der Bühne, weil das einfach der klassische Sci-Fi-Sound der 70er-Jahre ist. Man schaut aber auch, was einem in der Requisite so in den Schoß fällt: Ein Ding, das verwendet wird, um Hüpfburgen aufzupusten ...? Schauen wir mal, was man damit anstellen kann!
Der Anhalter ist deine sechste Zusammenarbeit mit dem Theater Erlangen, wenn ich richtig gezählt habe. Warum kommst du gerne immer wieder hier her?
Ich glaube, es waren sogar mehr. Es ist ein Haus, das mich schon während meines Studiums begleitet hat, die erste Arbeit hier war 2002, also vor über 20 Jahren. Erlangen ist ein bisschen mein Homeground, mein Heimatstadion. Ich bin gerne in der Stadt, ich arbeite da gerne. Erlangen ist nicht so riesig, man kann sich gut fokussieren, und gleichzeitig ist es eine Studentenstadt und lebendig, nicht verschlafen. Am Haus ist über die Jahre natürlich eine Geschichte in Zusammenarbeit mit den Gewerken gewachsen. Die Menschen in der Requisite und im Ton kenne ich teilweise seit 15 Jahren und deshalb gibt es da ein Vertrauen, das sehr wertvoll ist. Ich kann ohne viele Worte mit den Mitarbeiter:innen zusammenarbeiten und manchmal kommt dann Input von Menschen, die sonst eher nicht vorderster Front dabei sind. Wenn ich als Beispiel an Daniela Schulz denke, die die Vorstellungen in der Garage betreut: Das ist ein richtig inniges Verhältnis. Sie weiß auch, das wird in Sachen Ton jetzt mehr Arbeit als sonst, aber dann beißen wir alle die Zähne zusammen und danach haben wir Spaß.
Du hast Regie an der Ernst Busch studiert und arbeitest seit 2004 als freier Regisseur an verschiedenen Häusern in ganz Deutschland. Wie nomadisch müssen wir uns dein Leben vorstellen?
Ich merke es immer, wenn ich bei der Steuererklärung die Abwesenheitstage ausrechne: In Spitzenzeiten war ich neun Monate weg und drei Monate zuhause. Da wird’s dann ungesund. Und wenn man, wie ich, Familie hat, ist das eh schwierig. Ich arbeite in der Regel für sechs bis acht Wochen projektbezogen an einem Ort und grundsätzlich mag ich das auch: Neue Leute, neue Zusammenhänge, neue Städte kennenlernen. Aber natürlich ist das zwiespältig und manchmal wünsche ich mir einfach mehr Kontinuität oder sogar eine Festanstellung. Ich habe das auch mal ausprobiert, aber dann fehlte mir das Andere wieder … Also ja: Ich bin viel unterwegs.
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Per Anhalter durch die Galaxis – Live-Hörspiel im Theater Erlangen
Die Vorstellungen im April sind bereits ausverkauft. Im Juni kehrt das Stück auf den Spielplan zurück
Eike Hannemann
hat an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Regie studiert und ist als freier Regisseur an verschiedenen Häusern tätig. 2005 hat er das Live-Hörspiel für sich entdeckt und sich seitdem zu dem Experten für dieses besondere Bühnenformat entwickelt. In Erlangen inszenierte er 2010/11 Spiel mir das Lied vom Tod, das bei den Bayerischen Theatertagen mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. 2014/15 führte er Regie bei Die Leiden des jungen Werther, das sich derzeit in seiner neunten Spielzeit befindet. Es folgten 16/17 Romeo und Julia, 17/18 Tschick als Live-Hörspiel und 21/22 Und alle Tiere rufen: dieser Titel rettet die Welt auch nicht mehr.
Theater Erlangen / Die Parallelklasse
Am 12. April feierte das Gewinnerkonzept des Regienachwuchswettbewerbs Premiere: Die Parallelklasse von Camilla Gerstner holt junge Menschen aus Erlangen auf die Bühne, die von ihren Erfahrungen mit Chancengerechtigkeit, sozialer Herkunft und Klasse im Bildungskontext erzählen.
Theater Erlangen / Der nackte Wahnsinn
Ab 20. April läuft die Kömodie von Michael Frayn: Ein Stück über ein schiefgehendes Stück, erzählt aus drei Perspektiven.
Es ist die letzte Inszenierung der scheidenden Intendantin Katja Ott.
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