Königin des italienischen Kinos im Filmhaus

2. NOVEMBER 2023 - 29. NOVEMBER 2023, FILMHAUS

#Film, #Filmhaus, #Filmreihe, #Kino, #Lina Wertmüller

Wenn eine Filmemacherin es versteht, ihre Filme mit einer gehörigen Prise Respektlosigkeit zu garnieren und sie zugleich zu einem ästhetischen Genuss voller grandioser Bilder zu machen, dann sollte sie eigentlich einen festen Platz in der Filmgeschichte haben. Lina Wertmüller wurde diese Ehre leider nicht zuteil. In den 1970er Jahren ein Aushängeschild des italienischen Kinos, ist sie heute nur noch Spezialist*innen ein Begriff. Höchste Zeit, dieses einzigartige Filmkünstlerin mit dem Hang zu auffälligen Brillen wieder zu entdecken!

ls Lina Wertmüller im Oktober 2021 starb, hinterließ sie ein erstaunliches Filmwerk. Ihre große Phase waren die 1970er Jahre. An die weltweiten Erfolge ihrer Filme zu dieser Zeit konnte sie zwar später nicht mehr anknüpfen, 2017 erinnerte sich die Filmwelt aber kurz ihrer: sie bekam für ihr Lebenswerk den Ehren-Oscar verliehen. Diese Ehrung schlug einen schönen Bogen zum Jahr 1975, damals war Wertmüller als erste Frau überhaupt mit SIEBEN SCHÖNHEITEN für einen Regie-Oscar nominiert. Die große Zeit des italienischen Kinos ging damals schon dem Ende entgegen, der Stern von Lina Wertmüller strahlte aber heller als je zuvor. Mit ihren satirischen, politischen Filmen traf sie einen Nerv und fand eine Sprache, die in ganz Europa und auch in den USA verstanden wurde.
 



Die 1928 geborene Lina Wertmüller hatte gegen den Willen ihres Vaters, der einer Schweizer Adelsfamilie entstammte, direkt nach dem Krieg ein Studium an der Theaterhochschule begonnen. Kurz nach dem Diplom 1951 gründete sie ihre eigene Theaterkompagnie. Nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten suchend, kam sie Anfang der 1960er Jahre über Freund*innen zum Film, die ihr einen Kontakt zu Schauspielstar Marcello Mastroianni verschafften. In der Folge übernahm Wertmüller die Regieassistenz bei Mastroiannis nächstem Filmprojekt: ACHTEINHALB unter der Regie von Federico Fellini. 1963 entstand ihr erster eigener Spielfilm DIE BASILIKEN, ein vom italienischen Neorealismus inspiriertes Werk, das von der Kritik viel Lob bekam, doch das Publikum hatte dem Neorealismus bereits den Rücken gekehrt. Von der geringen Resonanz enttäuscht, suchte Wertmüller in den 1960er Jahren ihren eigenen Stil und drehte sogar einen Italowestern unter dem Pseudonym Nathan Wilch.
 


Zu einer eigenständigen Filmsprache fand sie schließlich in den 1970er Jahren mit Filmen wie MIMI, IN SEINER EHRE GEKRÄNKT, LIEBE UND ANARCHIE und SIEBEN SCHNÖNHEITEN. Wertmüllers Markenzeichen wurde die Groteske, die im italienischen Kino bereits eine gewisse Tradition hatte. Doch anders als die opulenten Inszenierungen bei Federico Fellini oder die zwischen absurder Körperlichkeit und sakraler Opferrolle changierenden Figuren bei Pier Paolo Pasolini, sind Wertmüllers Filme von einer schrillen Überzeichnung als wichtigstem Stilmittel geprägt. Ihre allegorischen Geschichten, in denen die Politik als Puppentheater verspottet wird und die Held*innen keinen Ausweg aus den unerhörten gesellschaftlichen Verhältnissen finden, entsprachen dem Zeitgeist der Jahre nach 1968. In dem wandlungsfähigen Schauspieler Giancarlo Giannini fand Wertmüller in dieser Zeit einen genialen Darsteller, den sie mehrfach in der Hauptrolle besetzte und der durch sein komisches Talent die Filme für ein großes Publikum anschlussfähig machte.  
 
 


Das Kino der Lina Wertmüller heute wieder zu sehen ist augenöffnend. Ihre absurde Komik ist immer noch erfrischend, ihre Respektlosigkeit gegenüber Patriarchat, Klerus und Konservatismus wirkt in Zeiten wie diesen weiterhin aktuell. Dass ihre Filme einst Skandale auslösten ist ein schöner Reminder an die gesellschaftliche Wirkmacht des Kinos. Das Filmhaus Nürnberg zeigt 9 Filme von Lina Wertmüller vom 2. bis 29. November und wer danach noch nicht genug hat vom italienischen Kino, kann bei Cinema! Italia! vom 23. bis 29. November in das aktuelle Filmgeschehen eintauchen.

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Filmhaus Nürnberg
Lina Wertmüller – Filmreihe 02.11 - 29.11. 

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