CSD: QUEERER AKTIONSPLAN BAYERN JETZT!
#Christopher-Street-Day, #CSD Nürnberg, #Pride Weeks, #Queerer Aktionsplan
Ganz Deutschland hat queere Aktionspläne – Ganz Deutschland? Nein, ein von unbeugsamen bayerischen Politiker*innen regiertes Bundesland gibt nicht, auf Widerstand zu leisten. Ähm, okay, mal ernsthaft: Bayern ist das einzige deutsche Bundesland, das bisher keinen Aktionsplan vorzuweisen und keine Maßnahmen ergriffen hat, um die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQIA+ auf allen Ebenen zu fördern. Dem gegenüber steht eine stetig wachsende Queerfeindlichkeit im Freistaat, bei einer mindestens mangelhaften Aufklärung auf allen Ebenen der Gesellschaft.
Wir haben hierzu und natürlich auch zum CSD NÜRNBERG 2023 selbst Bastian, Yannick und Daniela vom CSD-Team vom gemeinnützigen Förderverein Christopher-Street-Day Nürnberg e.V. befragt – und haben dabei mal wieder viel gelernt.
curt: Ihr habt dieses Jahr ja ein ganz schönes Programm, das weit über den eigentlichen CSD NÜRNBERG hinaus geht. Gebt uns doch mal einen Überblick zur bayernweiten Kampagne "Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!“ und was es damit auf sich hat.
Bastian: Na klar. In erster Linie geht es darum, alltägliche Probleme queerer Personen gesetzlich zu regeln, deren Schutz sicherzustellen, wenn es um queerfeindliche Angriffe geht, und eine Infrastruktur und ein Umfeld in der Landespolitik zu schaffen, die die Bedürfnisse queerer Menschen ernst nehmen. Und damit das die Landesregierung im Wahljahr 2023 ernst nimmt, haben sich derzeit 20 CSDs in Bayern für eine bayernweite Kampagne zusammengeschlossen.
Tolle Sache – das klingt nach ordentlich Power, um die Forderung im bayerischen Landtag zu platzieren. Was konkret sind die Probleme queerer Menschen – und welche Inhalte muss so ein queerer Aktionsplan denn haben?
Yannick: Queere Menschen stoßen oft auf Hürden wie Diskriminierung am Arbeitsplatz, in der Bildung und in alltäglichen sozialen Situationen. Ein*e queere*r Schüler*in kann aufgrund der sexuellen Orientierung gemobbt werden. Oder ein trans* Mensch, zum Beispiel, kann am Arbeitsplatz auf Ablehnung stoßen, weil er*sie nicht den traditionellen Geschlechterrollen entspricht.
Daniela: Das hat Auswirkungen auf die Psyche! Stell dir mal vor, du müsstest dich permanent verstellen und kannst schlichtweg im Alltag mit anderen Menschen, die dich umgeben, nicht du selbst sein, nie etwas erzählen, was du fühlst, denkst, am Wochenende gemacht hast oder in wen du dich verliebt hast.
Queere Menschen, vor allem Jugendliche, erleben dadurch oft einen erhöhten psychischen Stress und haben eine höhere Suizidrate. Hier sind gezielte Unterstützungsangebote und eine offene gesellschaftliche Diskussion unerlässlich.
Bastian: Ich setz´ da noch einen drauf: Stell dir vor, du bist feiern mit dem Menschen, den du liebst. Du bist happy und voller Freude, verlässt den Club händchenhaltend und hörst auf der Straße auf einmal: „Hey, Schwuchtel! Drecksschwuchtel, ekelhaft, was ihr macht!“ Du versuchst dich noch verbal zu verteidigen und das nächste, woran du dich erinnern kannst ist, dass du so auf die Fresse bekommen hast, dass du mit einem Kieferbruch in der Klinik wieder zu Bewusstsein kommst. So ist es Enrico in Dingolfing ergangen. Einfach nur, weil er schwul ist. Für solche queerfeindlichen Angriffe und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität braucht es umfassenden rechtlichen Schutz.
Yannick: Und wenn du dir dann noch vorstellst, dass du z.B. zur Polizei gehst, um Anzeige wegen des queerfeindlichen Angriffs zu erstatten, dort nur auf Unverständnis für dein Problem triffst und Menschen hast, die nicht wissen, wie sie mit dir und deinem Problem umgehen sollen – dann wird’s echt happig.
Und wie kann da ein queerer Aktionsplan helfen?
Bastian: Eigentlich ganz einfach: Er beinhaltet Maßnahmen, die ergriffen werden, um die rechtliche Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz von LGBTQIA+ auf allen Ebenen zu fördern. Und genau solche Maßnahmen müssen erschaffen, im Landesgesetzt verankert und umgesetzt werden.
Welche Maßnahmen sind das? Was fordert eure queere Bayern-Initiative?
Yannick: Es sind im Grunde vier Bereiche. Einmal „Bildung & Soziales“ – hier fordern wir Vielfalt in den Lehrplänen und Aufklärung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens, um Vorurteile und Stereotype abzubauen und eine breite Sensibilisierung und Aufklärung in der Gesellschaft zu fördern. Es müssen Bildungsprogramme entwickelt und gesetzt werden, die sexuelle Orientierung, geschlechtliche Vielfalt und LGBTQIA+ Rechte thematisieren. Zweitens fordern wir das „Ende von queerfeindlicher Gewalt“ und die „ordnungsgemäße Aufklärung“ derartiger Gewaltverbrechen. Dafür fordern wir die Dokumentation von Hassverbrechen, sowie die Sensibilisierung und Schulung der Landespolizei. Die dritte Forderung ist die „Sicherheit für queere Geflüchtete“. Hier fordern wir einen geschützten Bereich in Aufnahmeeinrichtungen für queere Geflüchtete und Zugang für queere Organisationen. Und unsere vierte Forderung sind“ Landesbeauftragte und queere Ansprechpersonen“. Wir fordern, dass mindestens eine Person bei der Bayerischen Landesregierung als queerbeauftragte Person eingesetzt wird und die Interessen der Community wirksam vertritt.
Daniela: Du siehst, der "Queere Aktionsplan Bayern" ist also ein zentraler Schritt, um die Herausforderungen, denen queere Menschen gegenüberstehen, systematisch anzugehen. Und das fordern wir!
Und der CSD Nürnberg unterstützt sozusagen dieses Thema mit seinem diesjährigen Motto Queerer Aktionsplan Bayern jetzt!
Bastian: Weit mehr als das! Wir sind zusammen mit dem CSD München, wenn du so willst, die zwei Initiatoren der Kampagne Queerer Aktionsplan Bayern jetzt! im Jahr 2023. Wir führen damit mit voller Kraft die Petition fort, welche letztes Jahr vom Münchner Sub e.V. gestartet wurde. Aber eben zusammen mit über 20 bayerischen CSDs. Gemeinsam sind wir stärker und nutzen deshalb alle unsere Plattformen, Veranstaltungen und Aktionen, um viel Aufmerksamkeit für diese Themen zu schaffen und die Gleichberechtigung zu fördern – ob in der Stadt oder auf dem Land. Damit setzen wir uns aktiv gegen Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen ein, die queere Menschen erleben. Und das 2023 eben auf bayerischer Landtagsebene. Infos und mehr zur bayernweiten CSD Kampagne gibt’s auf www.csd.bayern.
Yannick: Auf dieser Seite findet man auch die Petition. Mit der Unterschriftensammlung soll die Dringlichkeit des Queeren Aktionsplans Bayern unterstrichen werden und wird dann mit dem Aktionsplan an die Landesregierung im Herbst übergeben. Also unterschreibt bitte alle!
Natürlich! Nun konkret zum CSD Nürnberg – wie sieht der denn 2023 aus?
Daniela: PRIDEWEEKS, CSD DEMO, CSD FINALE, CSD ABSCHLUSSPARTY. Im Detail: PRIDEWEEKS – das sind über 60 einzelne queere Events innerhalb von zwei Wochen. Dabei sind Events, die aufklären, Spaß machen, Menschen verbinden oder ihnen Hilfe bieten, wie z.B. Workshops, Polittalks, Lesungen, Motorrad-Tour, Speed-Dating, Drag-Brunch, Theatervorführungen, Konzerte, queere Kinofilme, After-Work-Event, Ballroom-Benefiz-Veranstaltung zugunsten von „Rosa Asyl“, sowie Stadtführungen und Partys.
Bastian: CSD POLIT-DEMO am Samstag, 5. August. Hoffentlich wieder mit über 35 Gruppen, die mit uns für unsere Forderungen auf die Straße gehen. Auch 2023 geht die geplante Route aktuell vom Berliner Platz am Stadtpark durch die Altstadt, rein in die Innenstadt zum Kornmarkt. Dort, bei der Straße der Menschenrechte, ist am 5. und 6. August das zweitägige CSD FINALE. Es bietet ein abwechslungsreiches musikalisches Programm für jede*n mit zahlreichen Infoständen drum herum. Essen und Trinken gibt’s natürlich auch – wir laden an diesen beiden Tagen einfach zum bunten Zusammenkommen und feiern ein. Unsere „Höhepunkte“ beim Feiern sind dieses Jahr die Konzerte von Drag-Rockstar Marcella Rockefeller am Samstag und dem urbanen Elektropop-Duo Glasperlenspiel am Sonntag – alles wie immer beim CSD FINALE für alle kostenfrei.
Yannick: Bei der offiziellen CSD Nürnberg „TOGETHER“ PARTY wird auch wieder ordentlich gefeiert, geflirtet und getanzt. Wieder in Hirsch und Rakete. 4 Areas in 2 Clubs mit über 10 DJ*anes und dem schönen sommerlichen Garten: Party von 23 bis 10 Uhr! Neu im Programm ist die „QUEER JUNGLE – Official Pride Opening Party“ im Parks. Details zu allen Partys, DJ*anes und Showacts folgen noch.
Daniela: Eines der Highlights 2023 ist sicher die "provokante" Ausstellung „Jesus liebt“ von Rosa von Praunheim. Die zugehörige Vernissage findet bei unserer „Eröffnung der Prideweeks“ mit Come-together, Musik und Umtrunk am 20. Juli in der Egidienkirche statt.
Am CSD und Prideweeks Detail-Programm arbeiten wird gerade noch auf Hochtouren. Das gibt’s dann mit allen Infos wieder gedruckt als Booklet, zum Download als PDF und als Online-Eventkalender auf unserer Webseite. Da finden sich dann alle Details. Natürlich wie gewohnt auch auf unseren Social-Kanälen. Wir können schon verraten – es wird mega!
Was möchtet ihr unseren Leser*innen noch mit auf den Weg geben?
Bastian: Zum einen KOMMT ZUM CSD und FEIERT MIT UNS DIE VIELFALT! Wir haben wieder ein echt prall gefülltes Programm für euch organisiert – und politisch, oder vielmehr menschlich gesprochen, ist es wichtig, zu verstehen, dass jede*r Einzelne einen Beitrag leisten kann für eine inklusive und akzeptierende Gesellschaft. Es geht nicht nur um große Gesten, sondern auch um kleine Verhaltensänderungen im Alltag – wie das Respektieren von Pronomen oder das Eintreten gegen homophobe und transphobe Kommentare.
Das unterstützen wir! Und beim CSD NÜRNBERG ist wieder jede Menge Programm geboten, eben nicht nur die Demo ;) …
Euch viel Erfolg bei allem und bis zum CSD im Juli! Happy Pride Nbg!
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CSD Nürnberg, 20. Juli – 6. August 2023
20.7.-6.8. Prideweeks / 5.8. Polit-Demo / Together-Party 5.8. / 6.8. CSD Finale
#Christopher-Street-Day, #CSD Nürnberg, #Pride Weeks, #Queerer Aktionsplan