Analog und Digital: Barrierefreiheit geht uns alle an
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Alles wird digitaler – auch Barrieren. Dabei gibt es zahlreiche Gründe, Wege und mittlerweile sogar EU-Richtlinien, um unsere digitale Welt zugänglicher zu gestalten. Wir von curt haben mit dem Digital-Experten MAIK und UX-Experten CARSTEN von .diff communications aus Nürnberg über die Notwendigkeit von inklusivem Design im World Wide Web und digitalen Anwendungen gesprochen.
curt: Was ist digitale Barrierefreiheit?
CARSTEN: Bei Barrierefreiheit denken die meisten an Rampen statt Treppen für Personen im Rollstuhl. Vergleichbare Barrieren bestehen jedoch auch im digitalen Raum, zum Beispiel in Form von geringen Schriftgrößen, schwachen Farbkontrasten, fehlenden Alt-Texten für Screenreader oder schwieriger Sprache. Digitale Barrierefreiheit (englisch: Accessibility) sorgt dafür, dass alle Nutzerinnen und Nutzer mühelos auf Informationen zugreifen und das digitale Angebot vollumfänglich nutzen können – auch Menschen mit Behinderung, Ältere und Nicht-Digital-Natives.
Und worum geht es dann bei barrierefreiem Design?
MAIK: Barrierefreie Webseiten oder Apps sind für alle Menschen leichter zu bedienen und haben keinen Nachteil für Menschen ohne Behinderung. Im Gegenteil, denn: inklusives Design berücksichtigt neben dauerhaften Einschränkungen auch vorübergehende und situative Einschränkungen. So hilft die barrierefreie Nutzung einer Speech-to-Text Funktion einer Person, die mit einem Arm geboren wurde (dauerhafte Einschränkung), einer Person mit gebrochenem Arm (vorübergehende Einschränkung) und einer Person mit Baby auf dem Arm (situative Einschränkung) gleichermaßen. Ein weiteres Beispiel für barrierefreies Design sind Untertitel in Videos. Diese werden heutzutage von vielen Plattformen wie YouTube oder Instagram bereits automatisch generiert – allerdings nicht immer fehlerfrei. Hier gilt es bereits bei der Erstellung von Videos die Untertitel zu berücksichtigen. Denn nicht nur hörbehinderte Menschen profitieren von diesem Feature: Auch Personen in Großraumbüros oder öffentlichen Orten, bei denen Videos selten mit Ton abgespielt werden können, machen sich dieses Feature zunutze. Es geht bei Barrierefreiheit also nicht allein um Inklusion, sondern um Design, das möglichst niemanden ausschließt.
CARSTEN: Es gibt noch einen weiteren Nebeneffekt: Barrierefreiheit zahlt natürlich auch auf die Benutzerfreundlichkeit einer Seite ein. Die Zufriedenheit der User ist ein wichtiger Bestandteil bei der Bewertung einer Website durch den Google-Algorithmus. Das bedeutet, der Content und die Art und Weise, wie User mit einer Website interagieren, besitzen eine starke Gewichtung in der Suchmaschinenoptimierung. So profitieren Anbieter:innen langfristig mit einer besseren Platzierung in Suchmaschinen, wenn Websites von Beginn an ganzheitlich gedacht und einwandfrei aufgesetzt werden.
Barrierefreiheit geht uns alle an. Aber wieso?
CARSTEN: Für Bund, Länder, Gemeinden und Juristische Personen sind barrierefreie Webseiten bereits Pflicht. Dank des European Accessibility Act ist Barrierefreiheit ab 2025 auch für Unternehmen verpflichtend. Webbasierte Dienstleistungen wie Online-Handel, Online-Bankwesen und die Nutzung audio-visueller Medien müssen demnach zukünftig barrierefrei sein. Mit einer Gesellschaft, die immer älter wird, wird der Bedarf an barrierefreier Gestaltung ohnehin zunehmen. Denn alleine in Deutschland wird schon bald jeder zweite Mensch über 50 Jahre alt sein, womit auch eine Vielzahl an Seherkrankungen einhergeht (Quelle: eye-able.com).
MAIK: Ein ganz aktuelles Beispiel aus dem öffentlichen Sektor ist das Deutschlandticket. Zu Beginn des Verkaufs wurde das Ticket von den Verkehrsverbünden hauptsächlich als digitales Ticket für das Smartphone zur Verfügung gestellt. Das schließt Menschen, die kein Smartphone besitzen oder nicht mit den notwendigen Funktionalitäten vertraut sind, von vornherein aus. Schon früh haben sich Interessenvertreter:innen für Papiertickets oder digitale Chipkarten eingesetzt – allerdings erfolglos. Erst jetzt wurde von der Bundesregierung eine Übergangslösung bis Ende 2023 geschaffen, die ein Papierticket mit QR-Code vorsieht. Was danach passiert, ist noch unklar und zeigt sehr deutlich, dass sich Barrierefreiheit durch alle Lebensbereiche und Personengruppen hindurchzieht.
Und welche Verantwortung tragen dabei Kreativschaffende?
MAIK: Als Agentur, die Kommunikation und digital Produkte entwickelt, sehen wir vor allem uns selbst und alle Kreativschaffende in der Pflicht, inklusives Design von Anfang an in Konzepten mitzudenken. Um den Ansprüchen gerecht zu werden, ist es wichtig, mit Menschen mit Behinderungen zusammenzuarbeiten und Prototypen mit ihnen zu testen. Auch KI-basierte Tools werden an Einfluss zulegen und Barrierefreiheit beeinflussen. Für .diff ein Thema, bei dem wir noch nicht ausgelernt haben.
Habt ihr noch letzte Worte zum Digital Festival 2023?
MAIK: Wir möchten alle Teilnehmenden ermutigen, Barrieren abzubauen – in der realen und digitalen Welt. Also kommt gerne auf uns zu und lasst uns quatschen!
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Digital Festival
03.07. – 13.07.
.diff communications GmbH
Bucher Str. 79a, Nürnberg.
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