Wieder da: LGBTIQ+ Kolumne
Text: René Scheuermann
Hallo und Servus, wir sind die Neuen! Wir, die Redaktion und Moderation der Radiogays, sind eine Gruppe von queeren Menschen aus der Metropolregion Nürnberg und setzen mit dieser Ausgabe die curt-Kolumne unserer verstorbenen Polit-Dragqueen Uschi Unsinn fort (Nachruf von Lukas Münich). Auch die Radiosendung haben wir von Uschi „vererbt“ bekommen, sodass wir nun jeden Donnerstag von 21 bis 22 Uhr auf Radio Z 95,8 zu hören sind. Bei uns stehen queere Themen sowohl in der Radiosendung als auch in dieser Kolumne im Vordergrund.
Den Neustart hier mache ich. Ich bin René Scheuermann und arbeite hauptberuflich als Sozialpädagoge bei der AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V. Zuständig bin ich dort für die Prävention für die queere Community und die Onlineberatung. Zusätzlich berate ich noch in unserem Testprojekt „Checkpoint“ und begleite Menschen mit HIV/Aids und psychischen Problemen oder Suchterkrankungen in unserem ambulant betreuten Wohnen.
Und HIV/Aids ist auch genau mein heutiges Thema, denn wie in jedem Jahr begehen wir am 1. Dezember den Welt-Aids-Tag. Einige werden sich fragen: Braucht es diesen Tag denn noch? Ist HIV/Aids überhaupt noch ein Thema? – Ja, es braucht diesen Tag unbedingt! Ja, HIV/Aids ist immer noch ein Thema.
Menschen mit HIV können zwar dank der Therapiemöglichkeiten heutzutage gut mit dem Virus leben und haben eine Lebenserwartung wie Menschen ohne HIV. Sie können Kinder ohne das Virus zur Welt bringen, haben keine Einschränkung in der Berufswahl und sind genauso leistungsfähig wie andere. Aber am wichtigsten ist es zu wissen, dass HIV unter Therapie nicht übertragbar ist.
Dennoch finden Stigmatisierungen und Diskriminierungen nach wie vor statt. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Meist ist sind es grundlose Angst vor einer Übertragung, Unwissenheit und Vorbehalte. Aber auch die Moralisierung von Sexualität und Suchtverhalten spielen dabei eine Rolle. Menschen mit HIV erleben auch heute noch von außen Schuldzuweisungen, denn schließlich müsste doch jede*r über die Schutzmöglichkeiten Bescheid wissen. Dass es dann zu psychischen Problemen führen kann, verwundert nicht
Besonders im Gesundheitswesen finden Diskriminierungen statt. So Manche*r wird sich vielleicht wundern, denn gerade in diesem Bereich wird erwartet, dass diese Menschen auf dem neuesten Stand der Forschung sind. Weit gefehlt. Die Realität sieht anders aus: Menschen mit HIV berichten nicht selten davon, dass ihnen beispielsweise eine zahnmedizinische Behandlung verweigert wurde. Oder sie erhalten nur den letzten Termin des Tages, weil angeblich im Anschluss besondere Reinigungsmaßnahmen nötig sind. Alles Quatsch! Die normalen Hygienemaßnahmen reichen absolut aus. Auch kann es in Kliniken vorkommen, dass sie nur eine für sie zugewiesene Toilette benutzen dürfen oder in einem Einzelzimmer untergebracht werden, um Mitpatient*innen vor einer Infektion zu schützen. Was für ein Unsinn! Das HI-Virus springt nicht von Bett zu Bett und zwischendurch auf die Toilette, um wahllos Menschen zu infizieren. So funktioniert keine Übertragung – und das sollten Menschen im Gesundheitswesen doch wissen. Immer noch, und dabei wird es auch bleiben, erfolgt die Übertragung durch kondomlosen Anal- und/oder Vaginalverkehr oder bei der gemeinsamen Benutzung von Spritzen beim intravenösen Drogengebrauch. Nicht aber durch Händeschütteln, küssen, die gemeinsame Benutzung von Geschirr und anderen Textilien und so weiter und so fort.
Und wo ich gerade bei dem Thema „Übertragung“ bin, möchte ich auch nicht die Schutzmöglichkeiten vergessen. Seit ein paar Jahren sprechen wir von „Safer Sex 3.0“. Dies bedeutet, dass es drei gleichwertige Möglichkeiten gibt, sich vor HIV zu schützen.
Besonders bekannt sind hier die altbewährten Kondome. Richtig angewendet kann es eine Infektion zuverlässig verhindern. Aber auch die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) bietet einen wirksamen Schutz. Bei dieser Methode nehmen Menschen ohne HIV und einem erhöhten HIV-Risiko vorsorglich Medikamente ein, um sich vor einer Übertragung zu schützen. Die Kosten für die Medikamente und Untersuchungen werden von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Und dann wäre noch „Schutz durch Therapie“. Wie bereits erwähnt, sind Menschen mit HIV und unter Therapie nicht ansteckend, denn diese Methode beruht darauf, dass der Mensch mit HIV Medikamente einnimmt und dadurch die HIV-Vermehrung stabil unterdrückt wird. Wenn dann kein Virus mehr im Blut nachgewiesen werden kann, sind auch in den anderen Körperflüssigkeiten (Sperma und Scheidensekret) keine HI-Viren vorhanden. Eine Übertragung ist dann ausgeschlossen.
Um genau solche Informationen und Fakten unter das Volk zu bringen, benötigen wir auch heute noch unbedingt den Welt-Aids-Tag. Besonders an diesem Tag, den 1. Dezember, möchten wir die Rechte von Menschen mit HIV/Aids stärken und für mehr Solidarität sorgen. Und den Menschen gedenken, die an den Folgen von HIV und Aids verstorben sind.
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AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth e.V.
Entengasse 2, 90402 Nbg.
www.aidshilfe-nuernberg.de
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WELT-AIDS-TAG am 1. Dezember 2022
www.welt-aids-tag.de
Weltweit leben etwa 38 Millionen Menschen mit HIV. Noch lange nicht alle haben Zugang zu den Medikamenten, die ihr Leben retten können. Und noch immer erleben Betroffene Diskriminierung und Stigmatisierung.
Im Jahr 2022 steht der Welt-Aids-Tag international unter dem Motto „Equalize“. Es soll daran erinnern, dass soziale Ungleichheit die HIV-Epidemie befeuern, weil Menschen einem erhöhten Risiko aussetzen. So sind z.B. im südlichen Afrika junge Frauen besonders betroffen, in vielen anderen Ländern sind benachteiligte oder verfolgte Gruppen wie schwule Männer, intravenös Drogen konsumierende Menschen, Sexarbeiter*innen oder Menschen in Haft.
Sie alle müssen für sie geeignete Zugänge zu Prävention, Beratung, Testangeboten und medizinischer Versorgung haben, proklamiert UNAIDS.
www.unaids.org
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Die Radiosendung zur Kolumne:
RADIOGAYS – jeden Donnerstag von 21–22 Uhr auf Radio Z 95,8