Schallpostkarten und Postraketen: Kuriose Kommunikation im MfK
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Bei uns läuft das ungefähr so: Erst labert einer was in sein Smartphone, die Nächste erzählt es ihrer Brieftaube, diese einer anderen Brieftaube, die das Gehörte dann auf Büttenpapier überträgt, das sie per Rohrpost an die Druckerei sendet – und am Ende habt ihr ein Heft in den Händen. Kuriose Kommunikation oder genialer Workflow? Man weiß es nicht. Man kann sich aber schlau machen, in dem man ab 3. März das Museum für Komunikation besucht. Die neue Ausstellung „Kuriose Kommunikation“ zeigt ungewöhnliche Objekte, mit denen der Mensch kommuniziert. Wir haben mit Fabian Lenczewski gesprochen, dem Kurator der Ausstellung am Frankfurter Museum.
Herr Lenczewski, die Ausstellung Kuriose Kommunikation zeigt Objekte, die, teils überraschenderweise, genutzt wurden, um zu kommunizieren. Weit weit reicht die Spanne dessen, was wir da vorfinden?
Die Bandbreite der Exponate ist extrem hoch. Briefmarken aus Seide, Postkarten aus Baumrinde, eine versendete Kokosnuss, ein Anzug aus Postbeuteln, ein Telefon in einen Duschkopf eingebaut, ein Radio in einer Walnussschale, käuflich zu erwerbende Produkte wie eine intelligente Spielzeugpuppe und viele weitere Sachen bilden eine reichhaltige Mischung aus Exponaten. Da ist, der Erfahrung nach, für alle Besucher*innen etwas dabei, was auf Interesse stößt.
Was finden Sie persönlich am kuriosesten?
Mein Lieblingsexponat ist die Versuchsrakete „Inselpost“ von 1961, da ich es sehr spannend und faszinierend finde, Post von Schiffen in kleinen Raketen mit bis zu 125 cm Länge und einem Fassungsvermögen von 6.000 Postkarten und Briefen auf Inseln zu „schießen“. Leider gab es einen tödlichen Unfall bei einer Vorführung und die Raketenversuche wurden 1964 verboten.
In der Sammlung findet sich z.B. eine Muschel, ein Bierdeckel, ein Pflanzenblatt – alles Objekte, die statt Postkarte oder Brief verschickt wurden. Funktioniert das denn theoretisch immer noch: Was eine Briefmarke trägt, wird versendet?
Theoretisch würde das heute noch funktionieren. Ich bin da aber skeptisch. Natürlich wird nicht jeder Gegenstand versendet, zumindest die Maße und das Porto sollten schon mehr oder weniger mit den Regularien der Zustellbetriebe übereinstimmen. Dann kommt es stark auf die einzelnen Mitarbeiter*innen in der Lieferkette an und zu guter Letzt muss berücksichtigt werden, dass die Experimentierphase bei den Unternehmen und den Kunden auch in diesem Fall schon ausläuft. Und die automatisierte maschinelle Bearbeitung hilft uns bei solchen Objekten natürlich auch nicht weiter.
Erzählt die Ausstellung auch die Geschichten hinter den Objekten, also was die Menschen veranlasst hat, so und nicht anders zu kommunizieren? Ich muss da zuerst an Agententhriller und heimliche Botschaften denken ...
Häufig gibt es wenig Informationen. Doch bei einigen Objekten haben wir spannende Hintergrundgeschichten, wie zum Beispiel die Kokosnuss, die ein Vater seiner Tochter zum 18. Geburtstag von der Südseeinsel Tonga hat schicken lassen. Dabei musste er selbst nicht nach Tonga reisen, ein Auftrag an die Postverwaltung in Tonga reichte dafür aus. Um Ihren Gedanken der Agententhriller aufzugreifen: wir zeigen in der Ausstellung beispielsweise einen Dampfentwickler TUR USI 50, der vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR verwendet wurde, um Briefe zu öffnen.
Wie viele Objekte versammelt die Ausstellung und wie kam diese Sammlung zustande?
Die Idee zur Ausstellung basiert auf dem Aufsatz von 2018 „Musik vom Röntgenbild, Stimmen in der Dusche. Ungewöhnliche Objekte aus der Sammlung der Stiftung“, erschienen in „Das Archiv. Magazin zur Kommunikationsgeschichte“ von Elke Schimanski, einer ehemaligen Volontärin der Stiftung. Dieses Thema wollten wir schon lange umsetzen und Dr. Matthias Lieb und ich durften die Ausstellung konzipieren und kuratieren. Nach einem internen Sammlungsaufruf „Was fällt Euch an kuriosen Objekten ein“ erhielten wir knapp 800 Objektvorschläge. Anhand unserer digitalen Sammlungsdatenbank haben wir diese Liste halbiert und in tagelangen Aufenthalten in den Sammlungsstandorten der Stiftung fiel die Wahl auf die insgesamt 113 ausgestellten Objekte. Kriterien dabei waren der Erhaltungszustand, die Hintergrundgeschichten und Besonderheit der Objekte.
Auch eine Art Vorläufer der Sprachnachricht wird präsentiert. Worum handelt es sich dabei?
Dabei handelt es sich um das Aufnahmegerät für Schallpostkarten „Phonopostal“ von 1906. Mit dem Phonopostal lassen sich – ähnlich einer Schallplatte – mit Paraffin-Wachs beschichtete Postkarten, sogenannte „Sonorinen“, über einen Schalltrichter und eine Nadel Nachrichten aufnehmen. Die Empfänger*innen mussten ebenfalls über ein solches Gerät verfügen, um die Nachricht abhören zu können. Heute gelten diese Sprachpostkarten als gescheiterte Innovation.
Dass wir keine Morsezeichen mehr benutzen, ist klar. Mittlerweile sind aber auch das Fax und fast schon das Festnetztelefon verschwunden. Beraubt uns das Smartphone einer gewissen Kreativität und Vielfalt?
Das Smartphone beraubt uns vielleicht einer gewissen Vielfalt an Kommunikationsgeräten, aber mit der Textnachricht, der Sprachnachricht, der Videofunktion und dem klassischen Telefonieren usw. entsteht eine Vielfalt an Formen der Kommunikation in nur einem Gerät. Diesem Phänomen geht übrigens auch der neue Bereich zum Thema Smartphone in der Dauerausstellung hier in Nürnberg nach. Allerdings ist die Chance für Kreativität in vielen Funktionen und Möglichkeiten des Smartphones gegeben, denken wir da nur an die vielen APPs und Social-Media-Plattformen. Da liegt es an jeder/m selbst der Kreativität freien Lauf zu lassen. Aber durchweg analoge Kommunikationsformen wie die Brieftaube, die Rauchzeichen, aber auch das FAX und das Festnetz-telefon sind dem digitalen Zeitalter gewichen. Umso wichtiger ist es für uns als Museumsstiftung, die Erhaltung, Erforschung und Vermittlung unserer Objekte stetig weiterzuentwickeln und allen Besucher*innen die erkenntnisreichen Verbindungen von vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen gesellschaftlichen und kommunikativen Entwicklungen näherzubringen.
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Kuriose Kommunikation.
Ungewöhnliche Geschichten und Objekte aus der Sammlung
vom 3. März bis 22. Juni im Museum für Kommunikation.
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