Eva Borrmann in der Tafelhalle: Ich gehör' zum Interieur
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Die Stadt Nürnberg hat zum dritten Mal eine Tänzerin/Choreografin für ihre Impulsförderung ausgewählt. Eva Borrmann, Kopf hinter Plan Mee, kann sich seit vergangenem Jahr und bis 2023 ganz ihrem Projekt zum Thema Kunst und Kitsch widmen. Die dazugehörigen Performances finden, wie immer bei der entsprechend geförderten Künstlerin, in der Tafelhalle statt. Momentan: „Soft Focus“ mit Susanna Curtis und Alexandra Rauh. Wir sprachen mit Eva über Kunst & Kitsch und Förderung und Tanz.
CURT: Eva, Du hast die Impulsförderung der Stadt Nürnberg bekommen. Heißt, du kannst drei Jahre lang dein Projekt verfolgen und an der Tafelhalle aufführen. Was bedeutet das für dich?
Für mich entsteht die Möglichkeit, einen Ort zu haben, der sich meiner Arbeit kontinuierlich widmet und sich auf mein Thema Kitsch/Kunst voll einlässt. Das ist natürlich eine große Wertschätzung gegenüber meiner Arbeit. Ich bin nicht nur mehr Gast an der Tafelhalle, sondern gehöre fast zum Interieur (lacht).
Ist das auch mit Druck verbunden?
Druck ist immer da, egal, ob ich die Impulsförderung erhalten habe, oder nicht. Natürlich möchte ich die Impulsförderung in den drei Jahren optimal nutzen und ausschöpfen. Neben den abendfüllenden Produktionen ist ein großes Rahmenprogramm geplant, einige Sachen sind jedoch auf Grund von Corona stark eingeschränkt worden, das macht gerade am meisten Druck.
Du willst dich in deiner Zeit als Stipendiatin dem Thema Kitsch widmen. Aber was bedeutet Kitsch eigentlich? Und was fasziniert dich daran?
Kitsch ist ein Phänomen, das sich sentimentalen und vereinfachten Gefühlen hingibt. Egal, ob Musik, Film oder Buch – wir finden Kitsch überall. Kitsch kann etwas sehr Beruhigendes und Trostspendendes haben. Was mich besonders daran interessiert ist, dass Kitsch zu einem gesellschaftlichen Standard geworden ist, auch im Theater. Der Kitsch verneint jedoch menschlich unannehmbare Aspekte und genau das fasziniert mich und schafft eine Reibungsfläche. Mehrdeutigkeit, Individualität und Abstraktion finden keinen Platz mehr. Ich frage mich, was sich hinter dem Kitsch an Unmenschlichkeit auftun kann.
Du hast das Thema Kitsch noch einmal aufgegliedert in Nacktheit, Nostalgie und Esoterik. Daraus entstehen drei Aufführungsformate an der Tafelhalle. Das erste, Soft Focus, das jetzt Premiere feiert, bezieht sich auf Fotografien von David Hamilton. Wie macht man aus Fotografie Tanz und wie erkennbar werden diese Querverweise für das Publikum sein?
Ich denke in meiner Arbeit hauptsächlich in „bewegten Bildern“, weniger an reinen Tanz, das ist sehr hilfreich für die Arbeit und Beschäftigung mit Fotografie. Wir arbeiten dabei viel in Slowmotion, so sind der Prozess und das Entstehen der Bilder zu sehen, sie kommen und gehen. Musik, Licht und Bühne sind dabei genauso wichtig, auch sie bringen die Bilder in Bewegung. So entsteht eine stark aufgeladene Atmosphäre im Raum. Querverweise gibt es immer wieder, die Fotografien sind in den 70er-Jahren entstanden und die Ästhetik im Stück spiegelt diese Zeit wider.
Im Herbst ´22 und ´23 folgen dann Nostalgie und Esoterik. Wie klar hast du diese Aufführungen jetzt schon vor Augen?
Ich habe meine Aufführungen immer klar vor Augen. Dabei verfolge ich weniger eine visuelle Vision in meinen Kopf, als vielmehr ein Gefühl oder eine Stimmung. Das Thema Nostalgie birgt für mich einen intimen Rahmen, der Zeit zum Zuhören und Zusehen gibt – als würden wir uns mit einer Flasche Wein gegenübersitzen. Das Thema Esoterik wird zum gemeinschaftlichen Ereignis, wir haben für das Projekt zwischen sechs und sieben Tänzer*innen geplant.
Was möchtest du für dich selbst am Ende dieser drei Jahre erreicht haben?
Ich möchte eintauchen in die absurde, gefährliche und auch Trost spendende Welt des Kitsches. Ich möchte eine Expertin werden und meine künstlerische Position zu diesem Thema vertiefen. Außerdem erschaffe ich in den drei Jahren einen großen künstlerischen Content, der hoffentlich weitergetragen und über die Tafelhalle hinaus gezeigt werden kann.
Du bist nach Beate Höhn und Barbara Bess die dritte Choreografin, die die Impulsförderung erhält. Was bedeutet die Arbeit dieser Kolleginnen für dich und ist das eine Reihe, in der man gerne steht?
Ich schätze die Arbeiten meiner Kolleginnen sehr, jedoch waren die Arbeitsansätze der Impulsförderungen enorm unterschiedlich. Ich würde deshalb nicht behaupten, dass wir in einer Reihe stehen. Vielmehr hat jede Künstlerin damit eine eigene Reihe erschaffen.
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Eva Borrmann. Plan Mee: Soft Focus
Eine Koproduktion mit der Tafelhalle Nürnberg, gefördert durch die Impulsförderung der Stadt Nürnberg, der Tanzzentrale der Region Nürnberg/Fürth e.V. und der Sparkassen Kulturstiftung.
Termine: 3., 4., 5., 25. + 26. Februar, jeweils 20 Uhr.
Tafelhalle, Äußere Sulzbacherstr. 62, Nbg.
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