Die Glore Story Oder: Vom Glück der guten Idee
#Bernd Hausmann, #Fair Fashion, #Fashion, #Glore, #Mode, #Nachhaltigkeit, #Outlet
Natürlich, Paris, die Stadt der Mode, wo sonst, wenn nicht hier, sollte die Erfolgsgeschichte von glore wohl beginnen? Aber Halt! – alles nicht so glamourös, wie man im ersten Moment annehmen könnte. Bernd Hausmann, Fast-Fußballprofi, gelernter Sozialarbeiter und Produzent von Retro-Trikots, schlendert 2007 durch die Ethical-Fashion-Halle einer Modemesse in der Modehauptstadt. Hier ist verdammt wenig los. Das Thema Nachhaltigkeit in der Textilindustrie interessiert quasi noch kein Schwein. Ganzen hinten, im letzten Eck, stehen zwei Jungs mit Bier in der Hand, die Bernd auf Anhieb sympathisch sind.
„Ich habe mich da dazugestellt. Und die so: Das kapiert keiner, was wir machen. Fair trade shoes. Die waren da mit ihren ersten vier Paaren. Heute kennt man Veja auf der ganzen Welt.“ Was die Gründer der Schuhmarke Veja ihm damals sagen, ist eine Initialzündung für Bernd, der eine grobe Idee für glore schon länger mit sich herumträgt: „Was wir bräuchten, wäre ein Laden für nachhaltige Kleidung.“ Der Bernd hat das gemacht. Und ist, gut 15 Jahre später, mit 13 Läden im ganzen deutschsprachigen Raum der Größte und Erfolgreichste, den es in dieser Branche gibt.
Was sich in diesen 14, 15 Jahren verändert hat, ist enorm. „Veja“, sagt Bernd, „hat an diesen drei Tagen Messe keinen einzigen Auftrag geschrieben. Heute bekommst du als Händler teilweise keine Veja mehr, weil die Nachfrage weltweit so hoch ist.“ Die Botschaft, mit der Bernd aus Paris zurückkehrt, ist klar: Es gibt da einen Bedarf. Es braucht nur einen, der es macht.
In Nürnberg hält Bernd, der zu der Zeit u.a. als Fußballtrainer in Stein arbeitet, fortan die Augen offen. Und entdeckt eine kleine Ladenfläche, die, laut Aushang, zu vermieten ist. Im Nachhinein, sagt er heute, sei es völlig schwachsinnig gewesen, in dieser Lage und in dieser viel zu kleinen Immobilie zu eröffnen. Und was erschwerend hinzukommt: „Ich hatte von Handel keine Ahnung. Ich wusste nicht, wie man ein Unternehmen führt. Ich habe extremst gerödelt, um die Leute in den Laden zu bekommen. Aber ich hatte Glück, dass das Thema gut war.“
Zwei, drei Jahre habe es trotzdem gedauert, bis der kleine Nürnberger Laden für nachhaltige Mode funktionierte, im Sinne von: Gewinn erwirtschaftete. Schlaflose Nächte habe Bernd, wie er sagt, aber nie gehabt. „Das ist das Schöne, wenn man so naiv ist wie ich. Ich dachte mir, den Laden kann ich mieten, ich kenne Leute, die mir helfen, ich mache halt mal.“
Am Anfang habe Bernd vor allem seine direkten Bekannten in diesen Laden gezerrt. Aber, dass es das gibt, ein Geschäft nur für faire, ökologische Mode verschiedener Marken in Nürnberg, das spricht sich herum. Eine Kundin kommt aus München vorbei, zufällig, eine aus Hamburg, die dritte aus Luzern. Was sie eint, ist das Gefühl: So etwas brauchen wir auch, in Hamburg, München und Luzern. Erste glore-Läden außerhalb von Nürnberg entstehen innerhalb kürzester Zeit. „Und das war eigentlich immer Zufall“, sagt Bernd. „Ist bis heute so. Ich war nie aktiv auf der Suche nach Möglichkeiten, um zu expandieren.“
Allein diese Anekdote verrät ein bisschen was darüber, was glore im Kern von anderen Händlern von Mode unterscheidet. Auch wenn Bernd das selbst gar nicht zu hoch hängen will: Es geht um Idealismus, um die Überzeugung, mit dieser Art von Laden einen Unterschied machen zu können. Maximal heruntergebrochen: Weil hier Kleidung verkauft wird, deren Produktion die Näher*innen ernährt und nicht krank macht und nicht die Umwelt schädigt. Diese Überzeugung ist ansteckend.
Das Konzept von glore fußt im Grunde auf vier selbst auferlegten Kriterien: Alle Stücke in den Läden sind unabhängig zertifiziert, sowohl was die Fairness (Fair Wear Foundation) als auch was die Ökologie (GOTS) angeht. Bernd selbst will aber auch wissen, mit wem er da zusammenarbeitet, wer die Köpfe hinter den Marken sind und ob es sich dabei um Visionäre oder um Business-Leute handelt. Und: Die Marken müssen eine gewissen Transparenz mitbringen.
„Wenn Hersteller uns nicht erzählen wollen, wo sie produzieren, wenn sie etwas defensiv werden, wenn wir tiefer nachfragen, was wir mittlerweile häufig tun, werden wir hellhörig.“ glore testet die Kleidung eigeninitiativ und unabhängig auf Schadstoffe und steht regelmäßig im Austausch mit Fachleuten von Greenpeace. „Durch unsere Größe“, sagt Bernd, „haben wir mittlerweile einen gewissen Einfluss auf die Industrie und die Möglichkeit, Dinge, die uns aufgefallen sind, direkt anzusprechen und die Hersteller zu challengen.“
In dieser Haltung ist Bernd, ist glore konsequent. Nicht nur ein Mal sei es in der Vergangenheit vorgekommen, dass auch gut laufende Marken ausgelistet wurden, weil diese sich in eine andere Richtung entwickelt hätten. „Ich sehe es als unsere Aufgabe an“, sagt er, „dem Kunden ein stückweit abzunehmen, sich darüber Gedanken machen zu müssen. So ein nachhaltiges Leben kann ja total überfordernd sein, man soll aber auch einfach Spaß an den Dingen haben.“
Bernd ist tief genug drin in der Materie seiner Branche, er weiß sehr genau, dass die faire, nachhaltige Entwicklung in der Textilindustrie ganz konkret einen Unterschied macht, vor allem für die Menschen in den Produktionsländern. Aber er will nicht gern mit moralischen Urteilen um sich werfen. Auch wenn das Zu-viel-Wissen trotz allem, trotz der positiven Entwicklung der letzten Jahre, frustrierend sein kann: „Man sagt, wenn ein Schuh 99 Euro kostet und man verkauft ihn für 99,90 und dieses Geld ginge direkt an die Näherinnen, wäre alles gut. Von daher ärgert es mich manchmal, dass die Konventionellen das nicht machen, obwohl es so einfach wäre.“
Klar ist aber auch: Die faire Jeans gibt‘s ab circa 100 Euro. Auch wenn die Differenz zu den konventionellen Läden rundherum geschrumpft oder kaum noch vorhanden ist – gerade junge Menschen, die eigentlich mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit mitbringen, können sich das nicht jederzeit leisten. Bernd weiß das natürlich und will, weil der soziale Gedanke ja für Nürnberg genauso gilt wie für Saigon, auch daran etwas ändern. Mit dem glore Outlet, im ehemaligen Velo Fahrradladen Karl-Grillenberger-Straße 24, das am 17.12. eröffnet.
„Da landet alles, was sich die letzten Monate und Jahre nicht verkauft hat, bei uns und bei den Herstellern. Wir kaufen Lager leer, am besten sehr günstig, damit wir die Ware günstig weiterverkaufen können.“ Einen vergleichbaren Laden gibt es in Deutschland kein zweites Mal. Das Projekt ist in gewisser Weise das nächste Experiment. Das Outlet benötigt ein Zielpublikum, das in die Südstadt findet, um zu funktionieren, soll aber natürlich auch nicht den eigentlichen glore Laden in der Innenstadt kannibalisieren. Es passt aber auch zum ehemaligen Sozialarbeiter, sich auf dieses Wagnis einzulassen, weil er nicht will, dass die nachhaltige Mode eine Elitenveranstaltung bleibt. Und: Weil Bernd sich an den Überhängen stört, an der Ware, die nicht mehr angeboten wird, weil sie ein, zwei Jahre alt ist. „Was gibt es Ökologischeres, als das alles billiger zu verkaufen?“
In 15 Jahren glore-Story ist Bernd in diese Rolle hineingewachsen. Bis vor zwei Jahren habe er sich noch als „selbstständig“ bezeichnet, sagt er. Er sei kein Business-Typ, so sehe er sich nicht. „Aber wenn ich dann sehe, welche Umsätze wir mittlerweile machen, denke ich, du bist jetzt kein Sozialarbeiter mehr, du bist Unternehmer. Ich schmunzle noch innerlich dabei.“ glore heute, das ist eine große Firma. Weil die Idee gut war. Und weil der Bernd und sein Team nie aufgehört haben, an diese Idee zu glauben.
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glore – your globally responsible fashion store
glore Nbg: Karl-Grillenberger-Str. 24, Nbg
glore Outlet Nbg: Eröffnung am Fr., 17.12. @ Köhnstr. 38, Nbg
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