Texttage.nuernberg: Unzip the Literatur-bubble!
#Ars Vivendi, #Bildungscampus, #Festival, #Literatur, #ROY, #Schreibkrise, #Stadtbibliothek Nürnberg, #SuppKultur, #texttage, #textualienmarkt
Seit Anfang Juni ist es offiziell: Es wird keine digitale Version der texttage 2021 geben. Traurig? Don’t be, denn das heißt: Nürnberg bekommt sein richtiges Literaturfestival. Zum zweiten Mal nach 2019 finden vom 25. bis 27.06. die texttage und der textualienmarkt statt. Auf die Beine gestellt wird das vom Bildungcampus – mit tatkräftigster Unterstützung der regionalen Literaturbubble.
curt jeednfals freut sich massiv, dass die texttage tatsächlich mit Livepublikum stattfinden können. Denn das ist ja doch, wenn man ehrlich ist, der eigentliche Sinn von Veranstaltungen, von Literaturveranstaltungen insbesondere: Man trifft den Geist, der sich was ausdenkt und gerät vielleicht sogar in einen Austausch. Das wäre doch was. Die texttage teilen sich, wie schon bei der Premiere, in zwei Formate: Einerseits die Autor*innen und Übersetzer*innen, die weniger klassische Lesungen als thematische Werkstätten abhalten, andererseits der textualienmarkt, auf dem vor allem regionale Künstler*innen innovative Lesungskonzepte ausprobieren. Und immer geht es irgendwie ums Machen, ums Schreiben als lebendige Praxis, und weniger um das angestaubte, fertige Werk.
Zuerst zu 1: Die geladenen Gäste, Gästinnen muss man in diesem Jahr sagen, denn der Hauptteil des Programms wird von zehn Autorinnen gestellt: Tamara Bach, Isabel Bogdan, Nina Bussmann, Julia Friedrichs, Lena Gorelik, Judith Kuckart, Miku Sophie Kühmel, Emilia Roig, Julia Schoch. Eine nationale Auswahl in diesem Jahr, logisch, wegen der Reisebeschränkungen, aber eine vielfach dekorierte. Unter den zehn befindet sich eine Deutsche Jugendbuchpreis-Trägerin (Bach), eine Bestsellerautorin (Bogdan), eine Grimmepreis-Trägerin (Friedrichs), zwei Deutscher-Buchpreis-Nomminierte (Gorelik, Kühmel) usw., usw. Diese Autorinnen kommen nicht nur für die Lesungen im schattigen Garten des Herrenschießhauses am Andreij-Sacharow-Platz nach Nürnberg. Sie formieren außerdem zwei Podien, , einmal über Texte und Sichtbarkeit, Thema Repräsentation von Gesellschaftsgruppen (25.07., 20 Uhr), einmal über Texte und Sprachen, Thema Übersetzungen (26.07., 20 Uhr). Drittens werden die Meisterinnen zweiteilige Workshops für Kleingruppen im Bildungszentrum halten. Zum Beispiel über die Kunst, von sich zu erzählen, ohne zu viel zu verraten, mit Lena Gorelik. Oder darüber, wie man die eigene Beobachtungsgabe schärfen kann mit Tamara Bach.
Parallel dazu bespielen zahlreiche literarische Gruppen, Kollektive und Einzelne von Samstagfrüh bis Sonntagabend den Gewerbemuseumsplatz, genannt: textualienmarkt. Auf diesem zeigt sich die ganze große Vielfalt der Literaturszene der Metropolregion: Die texttage riefen und sie kamen und hatten Ideen, sodass im Programm nun ein herrliches Nebeneinander von 30 Programmpunkten wimmelt, die einerseits Lesungen sind, andererseits eher Mitmachaktionen, und in denen ständig alte Hasen und Newcomer und experimentelle und bewährte Formate aufeinandertreffen. So lädt Ingo Cesaro z.B. zur Haiku-Werkstatt mit anschließendem Plakatdruck wie zu Guttenbergs Zeiten, während nebenan schon der Pop-up-Bookstore der jungen unabhängigen Verlage eröffnet. Christian Schloyer macht aus Poesie eine Computer-Installation, die erstmal ent-zippt werden muss. Auf der Bühne sehen wir ihn wieder, wenn er mit Michael Ammann eine Lyrik-Klang-Performance aufführt. Der ars vivendi Verlag holt drei seiner Krimi-Autor*innen ran, Tessa Korber, Jan Beinßen und Susanne Reiche, die erklären, wie man charmante Ermittler und handfeste Täterinnen entwirft. In dieser illustren Reihe der Veranstaltenden darf einer schon mal gar nicht fehlen, der curt nämlich, dem die texttage hervorragend gelegen kommen, um endlich seine Schreibkrise zu präsentieren, die einzig wahre Covid-Anthologie. Es lesen: Maggie Bernreuther, Margit Heumann und Immanuel Reinschlüssel.
Die ganze Veranstaltung auf dem Gewerbemuseumsplatz hat das Potential, der Literatur der Region nochmal einen Schub zu geben, denn sie kommt so ziemlich zum idealsten Zeitpunkt. Nicht nur, weil die Pandemie (hopefully) dem Ende zugeht und die Schreibkrise erscheint, sondern zum Beispiel auch, weil sich das Nürnberger Literaturhaus neu aufstellt und im Juli erstmal den mit 10.000 Euro dotierten Gisela-Elsner-Preis verleihen wird. Die Münchner Kammerspiele haben mit Texten von Gisela Elsner das Stück Der Sprung vom Elfenbeinturm – Ein Abend gegen Deine spießbürgerlichen Phantasien, Deine Lebenslügen und Deine Kompromisse erarbeitet. Im Rahmen der texttage sprechen Regisseurin Pınar Karabulut und Dramaturg Mehdi Moradpour über die Satirikerin und Autorin und zeigen Ausschnitte aus der Produktion. Zur selben Zeit lädt allerdings auch der PEN-Vizepräsident Ralf Nestmeyer zum Gespräch mit Nazli Karabıyıkoglu und Sehbal Senyurt Arınlı, Thema: Leben und Schreiben im Exil.
Am darauffolgenden Sonntag bietet das KUNO einen Blick hinter die Kulissen den Fränkischen Preises für junge Literatur – Preisträger*innen der vergangenen Jahre lesen und beantworten brennende Fragen zum Beispiel bezüglich ihres Erfolgsgeheimnisses. Zu diesen Ehemaligen, bzw. zur Jury, gehört auch Pauline Füg, die sich Rahmen der texttage die Zeit nimmt, um individualisierte Gedicht-Unikate zu verschenken. Drei ihrer Kollegen, Philip Krömer, Leonhard F. Seidl und Andreas Thamm (auch: curt) haben in der Pandemiezeit begonnen, sich regelmäßig und digital über ihre aktuellsten Texte auszutauschen – jetzt wandert dieser Austausch auf die Bühne und das Publikum ist eingeladen, mit auf die Texthauer einzuhauen. Gegen Abend wird es dann noch angemessen alkoholisch, wenn Martin Droschke verrät, wie man die Liebe zum Bier am besten in bierige Texte kleidet, bevor wir Wiedersehen mit einer beliebten Lesereihe feiern: ROY – Lesen mit Schnaps bringt das Gute und das Gute zusammen. Zum Abschluss drängelt sich noch einmal curts Andi Thamm auf die Bühne, mit seiner SuppKultur feat. Kostia Rapoport, musikalischer Leiter am Staatstheater: Botschaften aus dem All ist ein Live-Hörspiel diesmal leider ohne Live-Cooking.
Und damit wäre dann zumindest angerissen, in welchen Ausmaßen sich dieses ureigene und sehr besondere Nürnberger Literaturfestival bewegt. Die Veranstaltungen des textualienmarkts sind kostenfrei und eine Anmeldung ist nicht nötig. 100 Menschen dürfen auf den Platz.
texttage. Nuernberg
25. bis 27. Juni, Gewerbemuseumsplatz und Herrenschießhaus.
curt ist Medienpartner, Herausgeber und Bühnensau und freut sich deshalb gleich drei Mal!
#Ars Vivendi, #Bildungscampus, #Festival, #Literatur, #ROY, #Schreibkrise, #Stadtbibliothek Nürnberg, #SuppKultur, #texttage, #textualienmarkt