kino3: Von Barbaren, Müttern und Schlachtern
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Das kino3 beweist in dieser Woche auf besondere Art, wie und warum es auch in nachpandemischen Zeiten bedeutungsvoll und wichtig bleiben wird: Die Berlinale zeichnete im Monat März den neusten Film des rumänischen Regisseurs Radu Jude mit einem Goldenen Bären aus – bester Anlass fürs Filmhaus, um uns ins Vorwerk Judes einzuführen.
MIR IST EGAL, WENN WIR ALS BARBAREN IN DIE GESCHICHTE EINGEHEN
Die junge Regisseurin Mariana Marin plant eine groß angelegte, radikale Theateraufführung zu Rumäniens Beteiligung am Holocaust. Unter General Antonescu wurde der massive Antisemitismus in der rumänischen Gesellschaft zur offiziellen Vernichtungspolitik erklärt, seine Rolle und die seiner Regierung im Zweiten Weltkrieg wird aber bis heute glorifiziert. Vom damaligen Massenmord will niemand mehr etwas wissen. Mit einem Reenactment der damaligen Ereignisse soll das Theaterstück das Publikum aufrütteln, doch bereits vor der Premiere zeigen sich zahlreiche Probleme: Es gibt Unmut unter den Komparsen, ein Abgesandter der Stadtregierung möchte das Stück zensieren und auch in Marianas Privatleben läuft nicht alles glatt. Die als Weckruf konzipierte Performance gerät Schritt für Schritt zur Farce …
Das 2018er-Werk des Regisseurs, der als einer wichtigsten Gegenwartsregisseure Rumäniens gilt (mit dem Goldenen Bären im Regal natürlich umso mehr), blickt in moralische Abgründe und behält sich dabei trotzdem eine gewisse ironische Leichtigkeit bei. Der Film thematisiert nicht nur die Geschichtsvergessenheit, sondern auch das Scheitern politischer Kunst – und ist gleichzeitig eindeutig ein politisches Kunstwerk. In den weiterführenden Links im kino3 drei findet ihr auch eine Podiumsdiskussion und ein Porträt des Regisseurs.
THE MOTHERHOOD ARCHIVES
… war bereits im Rahmen des body on-Festivals zu sehen und kehrt nun ins Programm zurück – und bleibt dort solange, bis die verfügbaren Streams aufgebraucht sind. Der filmische Essay über die Geburt im 20. Jahrhundert ist Archivmontage, Science-Fiction und eine Hommage an das feministische Filmschaffen der 1970er Jahre. Nach mehreren Jahren des Online-Kaufs von Filmen und der Arbeit in historischen Archiven hat die preisgekrönte Filmemacherin Irene Lusztig eine ungewöhnliche und faszinierende Sammlung von Found-Footage-Filmen zusammengetragen, die Frauen beibringen sollten, wie man schwanger ist, gebärt und sich um Babys kümmert, zusammen mit Schulungsfilmen für Geburtshelfer*innen und medizinisches Personal sowie einer Handvoll Home Movies. Mit Material aus 100 verschiedenen Quellen zusammenstellte, darunter auch neu entdecktes sowjetisches und französisches Filmmaterial, das die Entwicklung von Lamaze nachzeichnet, entwirrt THE MOTHERHOOD ARCHIVES auf originelle Weise die komplexen, manchmal überraschenden Genealogien der Müttererziehung.
DRITTENS: ENDLICH MAL WIEDER DIGITALER FILMCLUB
Der Gesprächskreis der Cineasten widmet sich am Montag, 26.04., Claude Chabrols beunruhigendem Kammerspiel Der Schlachter. Die Nachbesprechung dieses Klassikers ist kostenfrei und läuft ab ca. 21.15 via Zoom.
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Kino 3
im Filmhaus Nürnberg
Königstraße 93
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