Sterneküche für jeden: Das Essigbrätlein verschenkt Eintopf
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In vielen Küchen der Stadt ist Ruh. Gäste dürfen ja eh keine kommen. Nur im Essigbrätlein, Nürnbergs wahrscheinlich kreativster Gourmetküche, wird nach wie vor geschnibbelt. Jeden früh um 8 stehen da drei Spitzenköche und hacken Zwiebeln, Sellerie, Karotten in Würfel als gäbs’ keinen Lockdown. Und wenn der Eintopf endlich fertig ist, verschenken sie ihn zum Fenster raus. Was ist da los, Herr Koethe?
Ausgerechnet eine der höchstpreisigen Lokalitäten Nürnbergs fängt in diesem Winter an, ihre Ware for free abzugeben. Der tägliche vegane Linseneintopf aus dem Essigbrätlein-Fenster kostet nix. Das Angebot richtet sich natürlich vorrangig an Menschen, denen es schlechter geht als dem üblichen Brätlein-Publikum. Einen Bedürftigkeitsnachweis muss aber niemand mitbringen. Manche Kunden zahlen auch freiwillig, sagt Küchenchef Köthe: “Die Leute können das gut für sich selbst entscheiden.”
Für Köthe geht es darum, den Menschen etwas zurückzugeben in dieser schwierigen Zeit. Aber: Die Aktion ist in gewisser Weise auch eigennützig. Im Dezember musste der Koch des Jahres 2012 wegen eines Coronafalls in der Familie drei Wochen lang zu Hause bleiben. Er erinnert sich ungern: “Das ist nicht mein Ding”, sagt er am Telefon. “Für uns ist es wichtig, dass wir die Arbeit weiterführen können. Ich darf arbeiten, das ist so toll.”
Der tägliche Eintopf aus der Sterneküche ist freilich etwas anderes, bodenständigeres als was hier sonst die Gaumen erfreut. Wenn Köthe drüber spricht allerdings, hört sich das Linsengericht nicht weniger fein und wunderbar an: “Wir rösten die Zwiebeln relativ dunkel, damit sich so ein umami ergibt, dazu Knoblauch und relativ viel Majoran. Das ist der Hammer." Der Eintopf wird jeden morgen frisch gekocht, was am Abend übrig bleibt, geht an die Tafel. “Wir möchten niemanden ohne warme Mahlzeit wegschicken” – und wenn die erste Portion nicht reicht, dürfe man gerne wiederkommen und sich eine zweite holen.
Das Konzept funktioniert, allein finanziell, weil es längst keine Solo-Veranstaltung aus dem Hause Essigbrätlein mehr ist. Die Aktion hat in jeder Woche einen neuen Sonsor, der die Kosten deckt. Bis Ende Februar ist das Sponsoring gesichert. “Ich hatte auch schon Anfragen für März”, sagt Köthe, “aber ich weiß noch nicht, was dann sein wird.” Momentan haben man eben einfach Zeit für eine solche Aktion. Ob sich eine Variation der Suppenküche auch in den Alltag ohne Lockdown integrieren ließe, bezweifelt Köthe, obwohl er viel über solche Möglichkeiten nachdenkt. “Grundsätzlich fände ich eine Suppenküche für die Stadt sehr cool. Gerade bei dem Wetter ist ein Eintopf einfach toll.”
Das Gericht seiner Wahl bleibt vorerst der Linseneintopf, weil: sehr nahrhaft und dabei ziemlich köstlich. Ab übernächster Woche wird gewechselt, je nachdem, was es gerade frisch gibt bei den Bauern im Knoblauchsland, die Köthe jeden Morgen ab 6 Uhr persönlich anfährt. Vorstellbar wäre eine Kartoffel-Lauch-Suppe oder etwas mit weißen Bohnen, festlegen will sich Köthe heute noch nicht. So oder so: Gekocht wird in jedem Fall mit vielen frischen Kräutern vom Kräutergut in Kraftshof und natürlich mit Gemüse von hier.
Die Suppenausgabe des Essigbrätleins Dienstag bis Samstag von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Rund 500 Portionen stecken jeden Tag im Topf. Vorbeischauen lohnt sich und bezahlen ist auch erlaubt.
Essigbrätlein
Weinmarkt 3, Nürnberg
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