40 Jahre Theater Mummpitz: Ausgerechnet jetzt Geburtstag

FREITAG, 16. OKTOBER 2020, THEATER MUMMPITZ

#Andrea Maria Erl, #Geburtstag, #Interview, #Kindertheater, #Theater, #Theater Mummpitz

Probezeit im Mummpitz, noch zwei Tage bis zu Premiere des Geburtstagsstücks, erster kompletter Durchlauf. Wir sehen: Der Dreigoschenopa, das ist Opa Bert, der ein Dichter ist und deshalb nicht viel Geld hat, nur drei Notgroschen mit Zauberkraft. Die Kulisse rollt geschwind von hier nach da, Knalleffekte lösen aus, paff!, Konfetti fliegt und die Trompete blökt. Nur manchmal brauchen Michael Bang und co. auf der Bühne noch ihre Spickzettel, für die Lieder. Wir lernen: “Opa macht die besten Pfannkuchen, Opa macht die dunklen Tage hell, Opa gehört zu uns.” Schnüff. Der Dreigroschenopa ist die Premiere zum 40. Geburtstag des Theater Mummpitz. Und eigentlich hätte man das natürlich groß gefeieiert, mit Knalleffekt und Konfetti. Eigentlich. Wir haben Mummpitz-Chefin Andrea Maria Erl gefragt: Wie gehts? Und wie ist das so, ausgerechnet jetzt Geburtstag zu feiern?

CURT: Andrea, wie geht’s? Überwiegt die Freude über den Geburtstag oder der Ärger über Corona?
Ich beschreibe das momentan oft als einen schizophrenen Zustand. Wenn wir im Theater und am Proben sind, ist das, gerade in der Endphase, so wahnsinnig intensiv, da gibt es kaum etwas außenrum. Wenn man dann aber in die Pause geht und erfährt: Wir wissen gerade gar nicht, wie viele Leute am Samstag in die Premiere kommen können, holt einen die Realität wieder ein. Man fährt los und spürt immer die Handbremse, das macht die ganze Situation so anstrengend. Es ist weniger Angst, dass wir nicht überleben, weil ich glaube, dass wir dieses Jahr überstehen. Aber es macht einen so mürbe, weil man nie etwas planen und eins zu eins umsetzen kann. Wir haben keine Routinen mehr. Alles, was man plant, kann sich jederzeit wieder ändern, weil plötzlich jemand sagt: Heute um 14 Uhr gibt es neue Bestimmungen. Manchmal bereitet mir das schlaflose Nächte, ob wir auch alle Bestimmungen eingehalten haben. Im Theater ist das aber wieder weg und ich denke, wir machen eine super Produktion und haben Spaß dabei.
 
Kann man allgemein sagen, wie das Mummpitz gerade durch die Krise kommt?
Ich denke, dass wir dieses Jahr, wenn die Kalkulationen mit sehr viel geringeren Einnahmen, mit Rücklagen, mit Zusagen von Stadt und Land stimmen, trotzdem durchalten. Die Sorge ist nächstes und übernächstes Jahr. Wir müssen spätestens im Frühjahr wieder in eine Normalität kommen. Das eine ist Mummpitz, das andere ist der Kulturrucksack, den wir auch schon planen. Wir müssen anfangen, das Festival Panoptikum zu planen, alle Sichtungen sind jetzt ausgefallen. Wenn das alles im Frühjahr beginnt, ist es noch hinzukriegen, aber wenn es nicht wieder losgeht, haben wir ganz viele Folgeprojekte, die nicht stattfinden können …
 
Wie ist es jetzt mit eurem Geburtstag: Musstet ihr alles absagen oder könnt ihr trotzdem irgendwie feiern?
Wir wollten natürlich ein großes Fest machen, eine große Premiere feiern und abends den Garten mit Feuertonnen nutzen, wir haben viele Kolleginnen und Kollegen auch international, die wir gerne eingeladen hätten. Das findet jetzt alles nicht statt. Wir haben stattedessen eine Dreiteilung gemacht: Eine Generalprobe, wo Teile unserer Familie dabei sind, eine offizielle Premiere, wo die Kulturbürgermeisterin da ist und dann am Abend machen wir vielleicht noch einen kleinen Abschluss für uns. Es ist komplett anders.
 
Wird das Fest dann nachgeholt?
Wir sind am Überlegen, weil das Museum auch Jubiläum hat und wir im April 20 Jahre im Kachelbau sind, ob wir im Sommer einfach ein großes Kachelbau-Fest machen.
 
Kannst du als Chefin beschreiben, was das Besondere am Mummpitz, was eure eigene Herangehensweise ist?
Das Besondere ist eine sehr starke Kontinuität innerhalb des Ensembles. Natürlich haben Kolleginnen und Kollegen Mummpitz verlassen, es gibt aber einen Kern von fünf, sechs Leuten, die 30 Jahre dabei sind. Wir sind größer geworden, haben junge Leute dazugewonnen und sind mittlerweile 14.  Wir entwickeln unsere Stücke selber mit Themen, die uns wichtig erscheinen, wichtig für uns, die Gesellschaft und die Kinder. Und dass wir sehr stark mit Livemusik arbeiten. Das ist uns ein Bedürfnis und auch ein Stilmittel. Wir versuchen immer, wichtige, ernste Themen zu nehmen und die mit Humor, Musik und Leichtigkeit ans Kind zu bringen.
 
Ist jetzt schon absehbar, wie diese seltsame Coronazeit verarbeitet werden wird?
Nein. Ich denke, wir verarbeiten sie alle, weil wir arbeiten mit uns und mit dem, worauf wir reagieren. Natürlich fließt es dann an der ein oder anderen Stelle mit ein. Aber wir machen kein Coronastück und haben uns dagegen entschieden, einen Coronaspielplan zu machen. Wir wollen unsere Stücke spielen, lieber öfter und vor weniger Publikum. Weil wir in festen Teams zusammenarbeiten, dürfen wir unsere Stücke auch so auf die Bühne bringen.
 
Seit wann bist du selbst dabei?

Fast 30 Jahre.
 
Gibt’s in diesen 30 Jahren ein Highlight, das für dich heraussticht?
Das sind für mich zwei Sachen: Ein ganz großer Schritt war der Einzug hier in den Kachelbau. Das war mir speziell ein Anliegen, dass wir ein eigenes Theater kriegen, so schön es auch war herumzuwandern. Von daher war das für mich der größte und nachhaltigste Schritt, der hat Mummpitz auch komplett verändert. Wir haben das Angebot seither kontinuierlich erweitert, so ein Haus fordert andere Bedürfnisse heraus. Dazu kommt noch Panoptikum, das eigentlich ein Zufall war und nur einmal stattfinden sollte. Mittlerweile machen wir es seit 20 Jahren und es gehört so fest dazu.
 
Unabhängig von Corona, soweit möglich, was bringt die Zukunft?
Ich hoffe einfach, dass wir unser junges Team so integrieren können, dass alle ihren guten Platz finden. Wenn viele junge, neue dazukommen, muss man auch gucken, wie man etwas Gemeinsames schaffen kann. Da sind wir gerade dran und das finde ich einen ganz spannenden Prozess für uns alle, für die jungen ihren Platz zu finden, für die älteren: wo sortieren wir uns hin, denn wir wollen auch noch nicht gehen, wir sind älter, aber nicht alt und haben noch viel zu sagen. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, gut zusammenzuwachsen.

So oder so, ob Corona oder nicht: Curt wünscht von Herzen alles Gute zum runden Geburtstag. Weiter so, liebes Theater Mummpitz. Wir freuen uns auf die enorm großen Feierlichkeiten im kommenden Jahr. 
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Theater Mummpitz
Michael-Ende-Straße 17, Nürnberg
www.theater-mummpitz.de 
 




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