Kino: Das Feuer brennt wieder

MONTAG, 5. OKTOBER 2020, NÜ/FÜ/ER

#Beziehungen, #Curt Magazin, #Film, #Freundschaft, #Kino, #Neuanfang

Der Sommer ist vorbei. Es ist kaltnass und eigentlich lässt es sich – so richtig gut – nur in einer bequemen Sitzgelegenheit über den Winter kommen. Und das mit unseren Lieblingsfilmen! Denn es geht erstaunlich oft um Freundschaft, um besondere Beziehungen und meist einen Neuanfang. Diese Filme sind gute Assistenten, um Probleme zu lösen.

Bruno
Ab 15.10 im Kino

Reden ist nicht so sein Ding. Daniel (Diarmaid Murtagh, toller Ire) und sein wunderschöner Hund Bruno sind ein gutes Team, sie essen sogar am gleichen Tisch. Wie in Zeitlupe leben die beiden ihre Routine auf den Straßen von London. Kaum verliert Daniel den Hund, ist ein Junge da. Ein kleiner Kerl, offenbar abgehauen, heftet sich an seine Fersen. Was will ein Schweiger ohne Bleibe mit einem Kind? Auftauen. Sein Herz finden. Danke für Seelennahrung im Geiste von „Bob, der Streuner“. 

Ema 
Ab 22.10. im Kino 

Brennende Ampel, knallharter Dialog, Musik mit Sogwirkung – hier gibt’s nicht irgendwas zum Schauen. Regisseur Pablo Larraín geht vom Start weg verschwenderisch mit seinen visuellen Ideen um. Impulsiv, brodelnd, auf Krawall gebürstet führt er ein Künstlerpaar vor. Der mit den grauen Schläfen heißt Gael Garcia Bernal, immernoch einer der schönsten Schauspieler. Er leitet eine  Tanzkompanie, ist wesentlich älter als Ema. Wer nach wessen Nase tanzt, wechselt. Das strengt an, Ema ist eine verzweifelte Seele, lässt sich nichts sagen. Sie hat den gemeinsamen Adoptivsohn zurückgegeben. Partner, die nicht passen, werden ausgetauscht – warum nicht auch Kinder? Zu provokant? Es geht um Eitelkeit. Ohne Frage legt dieser Regisseur seine Welt in Flammen. Nur zündeln ist zu wenig. Das Tolle ist: Er prahlt nicht nur, er hat auch eine Geschichte. Und keine Lust auf Kompromiss.

In der Region zu sehen im Bamberger Lichtspielkino: www.lichtspielkino.de 



Schwesterlein 
ab 29.10. im Kino 

Ganz ruhig und überlegen kommt er daher, der Film des Monats, bei großer Konkurrenz. Ein Film wie gemacht für Nina Hoss. Wir begleiten sie mit ihrem Rollkoffer und das ist schon Ereignis genug. Lars Eidinger und Hoss brauchen keine Worte, als Geschwister verstehen sie sich blind. Er hat eine Transplantation hinter sich, Chemos, will zurück auf die Bühne. Doch sein Intendant ist nicht überzeugt von der Belastbarkeit seines alten Zugpferds. Es gibt den Ex der Schwester, die Mutter, die nur um sich kreist. Doch eigentlich befinden wir uns nur in dem gemeinsamen Nest der Zwillinge. Ihre Sichtweise, ihre Beziehung, haben keine Augen für all das Andere. Auf der Schaubühne steht Eidinger auch im echten Leben, das ist seltsam. Alles, was uns sonst von Wundern erzählt wird, widerlegt dieser Film. Lange starren wir auf einen Punkt und dann heben wir den Blick. Und verstehen zwischen dem Extrovertierten und Lauten die Geschichte der preisverdächtig erzählten Geschichte der ruhigen Schwester. 

In der Region zu sehen im Babylon-Kino, Fürth: www.babylon-kino-fuerth.de 



Matthias und Maxime  
Ab 05.11. im Kino

Xavier Dolan ist einer der wenigen Regisseure, die ich verfolgen werde bis zu seinem oder meinem Ende. Das Regiewunderkind von 2009 hat inzwischen seinen achten Film gedreht. Sieben davon sind brillant. Dieser Junge war mit 18 schon famos, lernt aber immer dazu und das kann man in seinen Werken sehen. Für mich große Filmkunst.  Diesmal schrammen MATTHIAS & MAXIME an der Liebe vorbei. Zwei Jungs, einen spielt Dolan selbst, wollen nicht wahrhaben, dass sie etwas füreinander empfinden. Dolan zögert es hinaus und hinaus, ganze zwei Stunden des Nichterzählens. Er lässt Stimmungen umschlagen, spielt mit Klischees und ist so eigen, dass man ihm nach 120 Minuten, die zäh hätten werden können, jedes Ende erlaubt. Es kommen lange Herbstwochen, seine Filme in chronologischer Reihenfolge – eine Idee, die besser ist als viele andere. 

In der Region zu sehen im Casablanca, Nürnberg: www.casablanca-nuernberg.de 



Driveways  
Ab 12.11. im Kino

Wir beginnen und enden mit Freundschaft. Schön, dass sie in diesen Zeiten im Kino eine Rolle spielt. Ein Achtjähriger und ein Griesgram, das geht immer. Ich liebe ungleiche Paare und wenn kleine Jungs harte Schalen aufbrechen. Kathy reist also mit ihrem Sohn Cody zum Haus der verstorbenen Schwester. Da steht kein lachendes Erbe, sondern eine Menge Arbeit. Entrümpeln ist ein wunderbares Bild. Da stapelt sich die Vergangenheit, unausweichlich. Ein toller Film des koreanisch-amerikanischen Indie-Regisseurs Andrew Ahn, traurig, weil Brian Dennehy, der 83-jährige Nachbar, im April verstorben ist. Dennehy spielte alles, von „Rambo“ bis „Romeo und Julia“. 

Läuft in Nürnberg im Cinecittá: www.cinecitta.de 



Vielen Dank, liebes Kino, dass es dich wieder gibt und dass du uns über die Regenzeit hilfst. So dann, lasst uns zurück in unseren Alltag gehen und unsere Probleme lösen. Neuanfang! 




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