E-Werk in Corona-Times: Mit Zuversicht ins Ungewisse

MITTWOCH, 8. APRIL 2020

#Corona, #coronasucks, #E-Werk, #Erlangen, #Interview, #Konzert, #Lesung, #Musik, #Party

Das Erlanger E-Werk ist ganz bestimmt eine der wichtigisten Kultureinrichtungen der Region, hat ständig top Konzerte, aber auch Slam-Bühnen, Lesungen, Kino, undundund. Ganz viel davon präsentiert von curt. Doch jetzt ist es leer und still im Kulturzentrum an der Fuchsenwiese und wer weiß, wie lange noch. Wir haben bei Programmleiter Holger Watzka nachgefragt: Wie geht’s dem E-Werk?

CURT: Dass das E-Werk momentan zu ist, ist klar. Wie hart trifft das einen solchen Betrieb?
HOLGER WATZKA: Das trifft uns natürlich hart. Wir haben keine Einnahmen, um unsere hohen, laufenden Kosten zu decken. Wir haben Kurzarbeit und um Soforthilfe per Antrag gebeten. Wir haben über 60 Festangestellte, vom Plakatierer über Putzpersonal, Gastromitarbeiter*innen, Techniker*innen bis zu den Programmplaner*innen: Alle sind jetzt in Kurzarbeit, arbeiten zum Teil im Home Office. Das trifft einige Mitarbeiter*innen sehr, wir versuchen Härtefälle aufzufangen, haben Azubis nicht in Kurzarbeit geschickt. Wir erwirtschaften 80% unseres Haushaltsvolumen selber, der Zuschuss, den wir von der Stadt Erlangen für unsere soziokulturelle Arbeit bekommen, fängt uns im Moment ein Stück weit auf, hält uns erstmal in Liquidität. Aber lange darf die Schließung nicht mehr gehen …
 
Habt ihr bereits Hilfen erhalten oder erwartet ihr welche?
Ja, wir haben Kurzarbeit beantragt und genehmigt bekommen. Wir haben einen Antrag auf Soforthilfe bei der Bayerischen Staatsregierung gestellt.
 
Kannst du momentan überhaupt irgendwie planen? Wann rechnest du denn grob mit einer Wiedereröffnung?
Wir haben ein neues Motto in der Programmplanung: Mit Zuversicht ins Ungewisse und haben z.B. heute noch ein neues Clubkonzert der fantastischen Künstlerin Vagabon am 1.9. in Vorverkauf gegeben. Wir planen und buchen weiter, gehen davon aus, dass wir durch diese Krise durchkommen. Ich glaube im Moment nicht, dass wir noch im April oder Anfang Mai aufmachen können und es wird sicherlich nicht gleich wieder von Null auf die Erlaubnis von Veranstaltungen von 1.000 Besucher*innen oder auch darüber kommen.
Entsprechend bangen wir weiter um unser Sommerprogramm, verlegen Konzerte in Herbst oder auch Frühjahr 2021 und warten… Wir hoffen, dass die Politik möglichst schnell zu weiteren, verlässlichen Aussagen kommt, damit wir mehr Sicherheit in der Planung und weiteren Arbeit haben. Wir brauchen das dringend eigentlich …
 
Inwiefern wird diese Erfahrung gerade etwas an eurer Arbeit in Zukunft ändern? Gibt es z.B. Dinge, die man anders machen kann, um besser vorbereitet zu sein?
Auf so einen Fall wie eine Virus-Pandemie kann man in der Veranstaltungsbranche nicht vorbereitet sein. Das planerische Geschick der Booker, Agenten und Programmplaner*innen in der Branche war sehr gefragt in den letzten Tagen und man konnte sehen, wie krass gut das alles funktioniert hat mit den ganzen Verlegungen. Die Branche kann also schon mit so einer Krise erstmal umgehen. Festivals oder auch Konzerte wird man in Zukunft wohl kaum noch gegen Pandemien oder auch andere Fälle höherer Gewalt versichern können.
Ich kann nicht absehen, wie es die Branche verändern wird, aber es wird Spuren hinterlassen. Es wird Clubs und Veranstalter*innen geben, die die Krise nicht überstehen. Es kann sein, dass die Solidarität, die es gerade gibt, wieder abnimmt im Livegeschäft, wenn alles wieder Fahrt aufnimmt. Ich werde mir nach der Krise auf jeden Fall genau anschauen, mit welchen Ticketanbieter*innen wir in Zukunft weiter zusammenarbeiten wollen. Wie sich CTS Eventim aufgeführt hat in der Krise, fand ich z.B zum Kotzen. Ich merke mir, mit welchen Menschen, Geschäftspartner*innen, Kontakten ich gut bis sehr gut in der Krise zusammenarbeiten konnte und mit wem nicht…
 
Ist es möglich, die ausgefallenen Konzerte/Veranstaltungen alle nachzuholen?
Wir werden wohl 90% aller Shows verschieben können.
 
Können die Gäste, die das E-Werk schätzen und lieben, euch jetzt etwas Gutes tun? Und auf welchem Weg?
Die wichtigste Sache ist, dass alle verstehen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es eine solch vielfältige Livemusik-Szene und -Branche gibt in Deutschland. Dass man vor allen Dingen den vielen, vielen Selbstständigen in der Branche seinen Respekt zollt – auch in Zukunft.
Wir haben eine Gutscheinaktion laufen, wo man für unsere Partys, fürs Kino oder für Essen und Trinken in unserer Kellerbühne sogar noch Vergünstigungen bekommt: www.e-werk.reservix.de/artikel
Und ansonsten: Bitte alle wiederkommen, wenn wir aufmachen!
 
Siehst du persönlich positive Seiten an dieser ganzen Situation?
Puh, schwierig. Und: Nein, erst mal nicht. Ich hab keine entspannte Zeit gerade, die Belastung, diese ungewisse Situation auszuhalten, macht mir schon zu schaffen. Die Arbeit ist nicht weniger geworden … ich muss im Home Office arbeiten und eines der Zentren meines Lebens – Kulturveranstaltungen, Konzerte, Kino – ist nicht da.
 
Es gibt momentan wahnsinnig viele digitale Ausweichangebote, Livestreams, Videos, Podcasts, etc, und ihr teilt da auch fleißig. Gibt es etwas, das dich besonders überzeugt hat, das du dringend weiterempfehlen willst?
Livestreams einfach so ins Netz gestellt finde ich langsam aber sicher nervig. Livestreams in Verbindung mit Spendenaktionen oder „mit Eintritt“ finde ich sinnvoller. Aber das wird jetzt langsam, aber sicher, alles auch zuviel.
Und ersetzt in keinster Weise ein Liveerlebnis. Einen guten Clubabend. Einen guten Abend mit Freund*innen bei einem Konzert….
Podcasts find ich ein paar ganz gut, z.B. den Reflektor Podcast von Jan Müller (von Tocotronic).
 
Zum Abschluss deine Botschaft an alle, die jetzt daheimbleiben müssen, obwohl sie lieber z.B. im E-Werk wären ...
Bleibt zu Hause, seid ein bisschen demütig. Macht keine Scheiße im Netz, haltet Euch von Verschwörungstheorien und Fake News fern. Seid solidarisch mit dem Kulturbetrieb, aber seid vor allen Dingen auch solidarisch gegenüber Menschen, die es viel härter trifft als uns hier in Deutschland! Grenzenlose Solidarität ist gefragt! Die Evakuierung der Lager in Griechenland ist längst überfällig.




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