Curts Check-up 4: Romane schreiben in der Quarantäne, mit Leo F. Seidl

DIENSTAG, 24. MäRZ 2020

#Corona, #coronasucks, #Interview, #Leonhard F. Seidl, #Literatur

Die Clubs und Konzertlocations sind zu, genauso wie die Theater, Bars und Buchhandlungen. Der Coronavirus trifft alle, die sich selbstständig über Wasser halten, besonders hart. Wir wollen in den kommenden Wochen hautnah dran bleiben an der Kultur, die curt naturgemäß am Herzen liegt. Wir legen unser Ohr auf eure Brust und fragen nach, wie es Euch geht.

Ausgabe 4 mit Leonhard F. Seidl, Schriftsteller, Romanautor, Vorsitzender des Verbands Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller Mittelfranken. Leo sitzt an seinem fünften Roman.

CURT: Wie verdienst du normalerweise deine Brötchen?
LEO SEIDL: Als Schriftsteller, Journalist und Dozent für Kreatives Schreiben

Wie viel fällt bei dir momentan flach? Worum ist es vielleicht besonders schade?
Lesungen und Schreibworkshops. Gerade die Schullesungen halte ich derzeit für enorm relelvant, da ich in meinem letzten Roman Fronten (Edition Nautilus, 2017) Rassismus und rechten Terror literarisch verarbeitet habe, ähnlich, wie er in Halle und Hanau Menschenleben gefordert hat. Literatur kann meines Erachtens einen wichtigen Beitrag zur Bildung gerade auch junger Menschen beitragen. Und vielleicht sogar helfen, den brüchigen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft wieder zu stärken.

Wie hältst du dich jetzt finanziell über Wasser?
Habe gerade einen Antrag für Corona Soforthilfe gestellt. Ansonsten mit den letzten Kichererbsen und Tahin für Hummus.

Was wünscht/erhoffst du dir jetzt von der Politik (vielleicht im Hinblick auf die (Sub-)Kultur)?
Dass die versprochenen Hilfen unbürokratisch und umgehend gewährt werden und gerade der eh schon schlechter gestellten Subkultur zur Seite gesprungen wird. Und, dass die Sicherheitsmaßnahmen nicht dazu missbraucht werden, um sie jetzt oder später repressiv anzuwenden.

Wie und womit verbringst du deine Zeit in der Quarantäne?
Ehrlich gesagt, habe ich gar nicht mehr Zeit, sondern mehr Arbeit. Weil ich für die Mitglieder des Schrifsteller*innen-Verbandes als Vorsitzender in Mittelfranken nach Lösungen in der Krise suche, wie auch für mich. Dazu gebe ich Interviews wie dem pfundigen curt, schreibe Artikel, betreute meine Studis in der Faber-Castell-Akademie im Studiengang Literarisches Schreiben - was ihr lest den curt? Schreibt mal schön eure Romane weiter! - und natürlich muss auch mein Roman mit Wörtern gefüttert werden. Und dann bespreche ich auch noch Bücher, die ich lesen muss, wie bspw. die neue Biografie über Gustav Landauer - Ein Kämpfer für Freiheit und Menschlichkeit von Rita Steininger, der Mann der Stunde, der ein großer Verfechter der Selbstorganisation war, und die zu seinem 150. Geburtstag am 7. April erscheinen wird.

Was sind deine Tipps, um die Zeit jetzt gut zu überstehen?
Sport machen (500 Liegestützen täglich!), mit einer Flasche Bier in die Natur gehen und gerade jetzt den Kontakt zu Familie und Freund*innen  halten. Und wer kann, sich in ein solidarisches Nachbar*innen-hilfsprojekt einbringen, wie bspw. in Fürth. Fürther sind solidarisch, dass u.a. vom Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus initiiert wurde und durchgeführt wird.

Weichst du jetzt auf irgend eine Art kontaktloser Kultur aus? Möchtest du Werbung machen für deine Homepage, deinen Livestream, irgendwas anderes?
Also zu Büchern habe ich ja nach wie vor Kontakt, sonst wäre das umblättern schwierig. Ansonsten gilt: Support your local book-dealer! Oder auch mich ganz direkt, indem ihr Mäzen*in auf auf meiner Patreon-Seite werdet UND dafür Lesestoff aus meiner Feder geschickt bekommt. 
 

Wie hilfreich ist die Quarantäne für den Autor, der mit seinem Roman vorankommen möchte?
Gar nicht, weil ich jetzt mehr Zeit mit Orga verbringen muss als davor. Trotzdem geht es nach Seite 200 täglich fröhlich weiter. Denn der Roman wird im Dezember erscheinen, selbst wenn Trump und Kim Jong Un von Corona infiziert werden und heiraten.




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