Laras Post aus Berlin 2: Whiskey trinken, Riverdale bingen

MONTAG, 23. MäRZ 2020

#Brief, #Lara Sielmann, #Literatur, #Netflix, #Whiskey

curts Literatur-Kolumnistin Lara Sielmann meldet sich zum zweiten Mal aus dem Wahl-Exil Berlin. Was machen die feinen Hauptstädtler in Zeiten der Corona-Krise? ist freilich die Frage, die über der Kolumne schwebt. Die Antwort kommt inklusive Serientipp und Pferdebild.

Liebe Curt FreundInnen,

 

die erste Woche in der Heimquarantäne ist um und ich kann nur sagen: Die ging verflixt schnell vorbei. Alles und jedeR in meiner kleinen Kultur- und Literatur-Bubble organisiert sich gerade neu und strukturiert um. Als freie Journalistin und Kulturschaffende betrifft mich Corona beruflich auf verschiedenen Eben (u.a. geförderte Projekte überarbeiten, so dass sie zum Beispiel online stattfinden können, bzw erstmal herausfinden, ob die dann überhaupt gefördert werden. Oder sich mit Redaktionen kurzschließen über mögliche Themen, dann die halbe Stadt anrufen für einen Artikel und die neuesten Entwicklungen dabei nicht außer Acht lassen), so dass ich so viele Skype-Calls und Telefonate in der letzten Woche hatte wie im ganzen letzten Jahr nicht. Dafür habe ich Samstag einfach nur Wochenende gemacht, und dazu gehört natürlich Freitagabend ausgehen. Ich habe mich in meine Küche mit dem Rest Rotwein und einem Whisky gesetzt und mit einer sehr guten Freundin geskypt, die einen Klassiker der Barkultur trank, einen einfachen, guten Gin Tonic. Ich habe danach kein Hopping betrieben, sprich mich noch anderen virtuellen Bars zugeschaltet, sondern bin ins Bett, um mit meinem Bingewatch Riverdale (Netflix) weiterzumachen – den ich Samstag dann fortgeführt habe.

Wer von euch, wie ich, als Jugendliche von der Fearstreet-Reihe von R.L.Stine nicht genug bekommen konnte (bekannter sind seine Gänsehautromane), dem/der kann ich diese Serie nur empfehlen: Viel zu erwachsene und schöne Teenager geraten von einem absurden Handlungsstrang in den nächsten – die meiste Zeit befinden sie sich aus unterschiedlichen Gründen in absoluter Lebensgefahr, irgendjemand (oftmals aus der eigenen Familie) möchte sie umbringen und auf jeden Fall spielen sie alle immer irgendwelche abgefuckten Mind-Games miteinander und natürlich tauchen ständig verschollene Familienmitglieder auf, andere verschwinden, verstecken sich im Keller, um das Leben ihrer Angehörigen möglichst furchtbar zu gestalten (ich sage nur: Puppen tauchen auf und wandern durchs Haus). Zwischendurch ist dann auch nicht ganz klar, ob nicht doch auch Magie eine Rolle spielt (Babys schweben über einem Feuer und ein unheimliches Rollenspiel scheint ein Paralleluniversum zu der gleichnamigen amerikanischen Kleinstadt Riverdale zu sein). Und dann kommen noch ganz alltägliche Sachen dazu wie Love und Schule. Wen ich spätestens hier verloren habe, I feel you, aber was soll ich machen? Faszination ist Faszination.

Jedenfalls kommt das alles meinem Lieblingsplot von Fearstreet sehr nah: Eine Zwillingsschwester bringt die andere um, gibt sich dann für diese aus, um mit ihrem Freund zusammen zu sein. Am Ende ist die vermeintlich tote Zwillingsschwester natürlich noch am Leben und rächt sich wiederum an ihrer Schwester (oder so ähnlich. Kann gut sein, dass meine Fantasie nach zu viel Riverdale ein bisschen mit mir durchgeht).

Aber genug von diesen furchtbaren schiefen Geschichten, zumal wir in real ja nun auch genug davon haben. Hey, der Frühling kommt und die Sonne scheint viel. Weshalb ich heute (Sonntag) ganz früh aufgestanden (um möglichst alleine unterwegs zu sein) und mit dem Fahrrad zur Domäne Dahlem gefahren bin. Ein Bauernhof, der in einer sehr schönen gutbürgerlichen Gegend von Berlin liegt und geradazu aus der Zeit gefallen zu sein scheint. Die Villen und Häuser dort geben eher so einen Anfang 20. Jahrhundert-Vibe, und auf jeden Fall scheint dort immer die Welt komplett in Ordnung zu sein. Ich war sowohl auf dem Weg dorthin also auch vor Ort nahezu alleine – zähle ich die Pferde, Kühe, Hühner und Ziegen nicht dazu. Es war richtig eisig, so dass ich jetzt auf meiner Couch sitze, mit Wärmeflasche, dicken Socken und einer Kanne English-Breakfast-Tea, draußen scheint die Sonne hart in die Fenster meiner NachbarInnen gegenüber und die Spatzen zwitschern laut hin und her. Habe ich es schon gesagt? Spring is coming.




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