Jenaplan Gymnasium: Bildung und Digitalisierung
#Bildung, #Digitale Transformation, #Interview, #Jenaplan, #Schule
Die Metropolregion ist in Sachen Digitalisierung in vielen Bereichen längst erfolgreich. An den Fakultäten und bei unseren Freunden der Shiftschool wird Digitales gelebt – an den Schulen bedeutet digital vor allem mal Hardware. Das Jenaplan Gymnasium geht da weiter ... und mit der FAU einen innovativen Weg in die Zukunft.
Als die Schüler Jonathan und Adrian aus der Mittelstufe des Jenaplan Gymansium Nürnberg von ihrer Informatiklehrerin mit ihrer Anfrage nach einem Raum für ihr IT-Projekt zum Vorstand Bernd Beisse geschickt werden, können sie nicht ahnen, dass sie damit den Anstoß zum Unterrichtsmodul MY.PROJECT geben sollten. Denn mit MY.PROJCET soll das realisiert werden, wovon die Bundesregierung träumt: Schüler lernen, Apps zu programmieren und Robotern das Fußballspielen beizubringen, allerdings auf einem Weg, wie ihn auch die Wissenschaft fordert: Lasst die Kinder einfach machen und coacht sie professionell auf ihrem Weg. Also nicht verordnen, sondern entstehen lassen. Das klingt einfach, ist aber höchst schwierig umzusetzen. Es muss ja ein Raum dazu da sein, es muss Zeit dazu geben und es muss kompetent begleitet werden. Dessen ist man sich auch im Jenaplan Gymnasium bewusst, denn nach neun Jahren Erfahrung mit Aktivierung von Schülern weiß man sehr gut, was funktioniert und was nicht.
Ein IT-Raum wurde gefunden und Zeit wurde aus der Schulleitung gequetscht. Das übliche Problem der Schulen jedoch, dass Lehrer nicht die Fähigkeiten mitbringen, ihre Schüler auf dem Weg in die digitalen Tiefen zu begleiten, trifft auch hier zu. In den eigenen Reihen gab es niemanden und so wendete man sich da hin, wo die Kompetenz sitzt: an die FAU Erlangen-Nürnberg mit Ihren 40.000 Studenten (die übrigens im www.reuter.com-Ranking als innovativste Uni Deutschlands und als zweitinnovativsten Europas geführt ist).
Nach langen Gesprächen und viel Vorbereitung wurde ein gemeinsames Konzept für MY.PROJECT erarbeitet, das nun im Jenaplan Gymnasium ab Januar 2020 in eine erste Pilotphase mit vier IT-Studenten der FAU und der mittlerweile zwölfköpfigen Schülerarbeitsgemeinschaft IT geht. Die AG, die von Jonathan und Adrian geleitet wird, ist in einem Raum beheimatet, der statt der erhofften 10 Quadratmeter nun sogar 40 misst und der optimale Rahmenbedingungen für jeden Nerd bietet. Motiviert bis unter die Zehenspitzen richten die Schüler nach Schulschluss ihren Raum her – und finden interessanter Weise laut ihrer Lehrer seither auch andere Fächer interessanter.
Gemeinsames Ziel ist nun, MY.PROJECT zu einem für alle Schulen buchbares System aufzubauen, in dem Studenten und Schüler gemeinsam an Projekten arbeiten. So könnte das, was das 21. Jahrhundert an Schlüsselfähigkeiten fordert, an allen Schulen in einer Stunde täglich vermittelt werden: Kreativität, Teamwork, soziale Kompetenz, digitale Kompetenz und Eigenverantwortlichkeit.
Dass das Jenaplan Gymnasium am 3. Dezember in München geehrt wurde und nun den offiziellen Titel „Digitale Schule“ unter wenigen Schulen in Bayern tragen darf, bestätigt den richtig eingeschlagenen Weg in die Zukunft.
Bernd Beisse, Vorstand Jenaplan Gymnasium, im kurzen Gespräch:
CURT: Bernd, alle reden von Digitalisierung in der Bildung ...
BERND BEISSE: Manche Schulen rühmen sich, dass sie bereits voll digitalisiert seien, da jeder Schüler ein Tablet hat und jeder Klassenraum W-Lan und ein Smartboard. Das allein reicht aber natürlich noch lange nicht.
Was fehlt auf dem Weg zur sinnvollen Digitalisierung?
Derzeit heißt Digitalisierung, dass die Schüler so lernen, wie sie vorher gelernt haben, nur in digitaler Form. Alle Studien, die den Nutzen dieser Art von Digitalisierung der Bildung untersucht haben, kommen zum gleichen Ergebnis: 10% der Schüler, die gute und sehr gute Leistungen im analogen Schulsystem erzielt haben, werden besser, da sie nun effizienter arbeiten. 80% der Schüler bleiben genauso mittelmäßig wie bislang und die schwierigen 10% werden schlechter. Am Ende ist klar, dass diese Digitalisierung an Schulen per se keinen Vorteil in sich birgt.
Was kann man also tun?
Produkte allein ergeben keine sinnvollen digitalen Prozesse. Daher muss man neue Wege gehen, die immer zu einem Ziel führen: dass Schüler eigenverantwortlich eigene Projekte umsetzen. Durch die höhere Motivation entsteht eine große Leistungsbereitschaft, die sich – und das ist bemerkenswert – unmittelbar auf den restlichen Schulalltag auswirkt. Man kann den Schulstoff des Lehrplans nicht irgendwie über Projektarbeit lernen, sondern muss ihn schlicht und ergreifend lernen. Das allerdings geht viel leichter mit hoher Motivation und der Fähigkeit, sich selbst zu organisieren …
JENAPLAN GYMNASIUM – DIE DIGITALE SCHULE.
Herderstr. 5-9, 90427 Nürnberg.
www.jenaplangymnasium.de
Infoabend, Dienstag, 14.01.2020, 19 Uhr.
Infotag, Samstag, 01.02.2020, 10-13 Uhr.
Infoabend, Mittwoch, 11.03.2020, 19 Uhr.
[Fotos: Jenaplan Gymnasium]
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