Claudias Kinoempfehlungen im Dezember und Januar
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Eine Lupe schadet noch immer nicht, sucht man im Kino einen Film, der eine Frau in den Mittelpunkt stellt. Diesen Monat gibt es ungewöhnlich viele Kämpferinnen. Sie straucheln und keifen, halten sich über Wasser und beißen die Zähne zusammen.
THE KINDNESS OF STRANGERS
AB 12.12.. / BABYLON, CASABLANCA, CINECITTA
Wenn einem das Novembergrau die Energie aus dem Leib zuzelt, verliebt man sich in Filme wie diesen. Wo es Fairness gibt und eine Belohnung für gute Leute und eben Fremde zu Freunden werden. So muss das sein, besonders wenn Gefahr droht. Das irdische Alien Zoe Kazan irrt mit ihren zwei Jungs durch New York. Sie ist zuhause abgehauen, ihr Mann ist Polizist und wird sie womöglich aufspüren... Es dauert ganze 50 Minuten bis die Hoffnungslosigkeit einen Schritt zur Seite tritt und Menschen wie die fabelhafte Krankenschwester Alice (Andrea Riseborough) auftauchen. In einem märchenhaften russischen Restaurant halten zwei Männer und Alice ihre schützende Hand über die Gestrandeten. Die hochgeschätzte Regisseurin Lone Scherfig versprengt ihre Figuren und doch folgt man intuitiv der reizvoll romantischen Geschichte über – Achtung, großes Wort – Vergebung. Es fließt alles schön ineinander, und man ist froh drum.
WILD ROSE
AB 12.12. / BABYLON, CASABLANCA, CINECITTA
Aretha Franklin, Miles Davis und vor allem Udo Lindenberg werden in den nächsten Wochen im Kino porträtiert. Ich habe mich für, Moment, Rose-Lynn Harlan entschieden, die nächste Mutter mit zwei Kindern. Frisch aus dem Gefängnis entlassen freut sich jene Musikerin weniger über das Wiedersehen mit der Familie als darüber, ihre Karriere anzutreiben. Sympathisch geht anders, sie legt sich gern mit jedem an und Nashville ist ihr wichtiger als Verantwortung. Das Lernziel ist damit klar umrissen und wird auch fahrplanmäßig erreicht. Nach viel Hin und Her ist der Traum zum Greifen nah und man dreht auf dem Absatz um, weil man merkt, worum es wirklich geht. Ja, gut. Hauptdarstellerin Jessie Buckley rumpelt durch diesen Film, der für mich zu spät zündet. Irgendwie finde ich ihre Mutter cooler. Mir ist dieses Konzept zu schwarzweiß.
THE FAREWELL
AB 19.12. / BABYLON, CASABLANCA, CINECITTA, LAMM-LICHTSPIELE
Solche Omas wünscht man sich. Hemdsärmlig, charming und kampfsporterfahren. Billi liebt ihre Großmutter und muss von New York zurück nach Hause. Alle kommen noch mal zusammen in good old China, weil die Oma sehr krank ist und bald sterben wird. Die Idee ist, ihr davon nichts zu sagen, denn das senkt die Lebenslst zu drastisch. Fakt ist aber auch, es senkt die Feierlust der übrigen Verwandten. Die beißen sich tapfer alle auf die Zunge und schweigen wie ein, äh, Grab. Entsprechend denkt die gute Großmama Nai Nai, sie erfreue sich guter Gesundheit. Und die anderen wachsen über die gemeinsame Lüge zusammen. Erstaunlich, wie oft man indirekt über den Tod spricht und auch wie oft man seine Familie anlügt. Darauf sensibilisiert, wie endlich gemeinsame Zeit ist, wird der Film ein emotionales Feuerwerk, das allerdings ausschließlich implodiert. Ein kleiner und schnell gedrehter Film, der viele Freunde fand und deshalb seinen Weg ins Kino fand. Das Beste kommt hier wirklich zum Schluss.
JAM
AB 26.12. / TBA
Ein bisschen japanisches Pulp Fiction, das kann man schon mal machen. Wer JAM schaut, merkt schnell, hier will jemand in erster und zweiter Linie gut aussehen. Groteske Gewalt, irwitzige Konstellationen, der japanische Regisseur SABU klotzt, er kleckert nicht. Ein Filmemacher, der in seiner Inszenierung schwelgt, könnte eitel sein. Aber es sieht halt auch verdammt gut aus, wie Menschen durch Windschutzscheiben schießen - nicht mit einer Schusswaffe, sondern höchstselbst. Planlos aber formal astrein werden drei Männer präsentiert, deren Bio unterschiedlicher nicht sein könnte. Genial der Schlagersänger, der, vom Fan entführt, zum Komponieren eines Liebeslieds gezwungen wird. Prächtig auch der Rachefeldzug eines aus dem Knast Entlassenen gegen den Rest der Welt, die Oma (!) im Schlepptau. Und dann gibt es da noch die guten Taten des Dritten. Hatten wir auch in THE KINDNESS OF STRANGERS, aber hier übertreibt man nicht mit der Freundlichkeit. Warum auch? Zeitebenen verweben und einen Granatapfel gefährlich aussehen lassen muss man auch erst mal können.
DER MILCHKRIEG VON DALSMYNNI
AB 09.01. / CASABLANCA, CINECITTA
Ob man will oder nicht, ist man zu Beginn bei der Geburt eines Kalbs dabei. Auf dem isländischen Milchbauernhof macht man sich die Hände auch mal blutig. Inga und ihr Mann leben in wunderbarer Einöde ihr arbeitsreiches Leben. Ein stummes Volk, ein stummer Film. Es ginge wohl ewig so weiter. Doch nach einem einschneidenden Ereignis ist Inga auf die Genossenschaft angewiesen, die dir zwar freundlich die Hand reicht, selbige aber auch sofort aufhält. Mit ihrer Melkanlage haben sie sich an die Monopolisten gekettet, die keineswegs mehr am Wohl des Bauers interessiert sind. Inga kämpft aus der Not heraus. Das ist kein heroisches Tun sondern einfach Mund aufmachen zur gleichen Knochenarbeit wie immer. Sie wird gewarnt und natürlich können die Genossen die abtrünnige Bäuerin zwischen zwei Mülldeckeln zerquetschen, die Frage ist nur, wie geräuschvoll das passieren soll. Irgendwann wird es etwas plakativ, aber ich mag das seltsam musikalische Ende sehr. Denn so ist das Leben manchmal. So ganz ohne Girlanden.
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