Theaterwegweiser im Dezember/Januar
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Überall ist Hochsaison der Musicals und Song-Shows - Absage an Bayreuther Festspiele, aber Premiere fürs Nürnberger Opernhaus - Das Fürther Doppelleben der lustigen Witwe - Recherche zur Sexarbeit an der Frauentormauer - Konkurrenz mit Psycho-Spiel: „Momentum“ parallel in Gostenhof und Erlangen.
„Wo man singt, da lass dich ruhig nieder!“ Im Reim führt der Hinweis auf die Sitzgelegenheit unweigerlich zum Wort „Lieder“. Stimmt, es wird geradezu unheimlich viel gesungen in den nächsten Wochen rundum an den Theatern im Städtegroßraum. Nicht nur von denen, die das berufsmäßig immer tun, auch der „singende Schauspieler“ ist mehr denn je zur Stimmabgabe aufgerufen. Der Ohrwurm wird Wappentier beim Jahreswechsel. Neben der „Lustigen Witwe“ (im Januar in zwei sehr verschiedenen Produktionen in Fürth zu sehen) darf man zum Jahresbeginn 2020 beispielsweise auch abendfüllend Imitate von Adriano Celentanos „Azzurro“ und Auftritte von Elvis Presley beim Wandel zur Drag Queen erwarten. In Erlangen sorgt ein gemischtes Schauspieler-Ensemble mit Hörkontakt zur Evergreen-Hitparade für „Bombenstimmung“, in Nürnberg sind ausschließlich Herren befugt oder verurteilt, die Männer-Songs von Frauen zu interpretieren. Und einen frisch gekrönten Literatur-Nobelpreisträger hätten wir mit (allerdings an Wort und Ton leidendem) Jugendwerk auch im Angebot – aber bei Handke ist Gesang ohnehin eher selten. Auch eine Kuriosität: Im Januar wird in Erlangen und Nürnberg (zufällig!) das gleiche Stück zur selben Zeit inszeniert. Wer zuvor seine persönliche Silvestertradition mit Theaterbesuch vor dem Korken- und Böllerknall fortsetzen oder neu begründen will, hat die Wahl zwischen David Bowie, Leonard Bernstein und George Gershwin mit den Musicals „Lazarus“ (Schauspiel), „West Side Story“ (Opernhaus) und „Ein Amerikaner in Paris“ (Theater Fürth).
STAATSTHEATER NÜRNBERG
PREMIERE: Tanz-Ikone Pina Bausch gab ihrer ewig wundervollen Modell-Interpretation von „Le Sacre du Printemps“ den deutschen Titel „Frühlingsopfer“, ein Spalier von weltweit renommierten Choreographen wie Maurice Béjart, Mats Ek, Angelin Preljocaj, Uwe Scholz und Sasha Waltz bevorzugte den Originaltitel des wild rhythmisierenden, einst als so skandalträchtig empfundenen Konzertstückes mit der rituellen Energie. Nürnbergs deutsch-spanischer Ballettchef Goyo Montero betitelt die Uraufführung seiner Tanzversion, die er schon vorweg zum Meilenstein der eigenen Karriere erklärt, einfach „Sacre“ (nicht zu verwechseln mit dem bayrischen Sakra) und holt den Kollegen Douglas Lee für die Inszenierung des dämonischen Puppenspiels „Petruschka“ zum Opernhaus-Doppelabend STRAWINSKY dazu, der also ganz diesem russisch-amerikanischen Komponisten gewidmet wird. Und das mit der „Dirigentin des Jahres“, wenn nicht tanzend, so zumindest tänzelnd am Pult: Philharmoniker-„Generalin“ Joana Mallwitz übernimmt die musikalische Leitung – am 11. und 17. Januar allerdings nicht, da hat sie was anderes vor.
Premiere: 21. Dezember. Weitere Aufführungen 25./28. Dezember. und 11./17./26. Januar im Opernhaus.
PREMIERE: Im Zusammenhang mit dem Titel der Uraufführung wirkt der Begriff „Rechercheprojekt“ ein wenig anzüglich. In SEX ARBEIT geht Wenzel Winzer auf die Suche nach der Wahrheit im Geschäft mit der Lust. 14,5 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr in Deutschland bei diesem besonderen Wirtschaftszweig im kombinierten Rot- und Zwielicht. An der engen Gasse der Frauentormauer, wo die Nürnberger zu früheren Zeiten, als Käthe Strobel noch nicht mit dem Sexualkunde-Atlas aufklärerisch geholfen hatte, flüsternd den missverständlichen Begriff „Freudenhaus“ verorteten, beginnt dieser Doku-Abend der gemischten Gefühle.
Premiere: 23. Januar. Weitere Aufführung am 26. Januar in der 3. Etage Schauspielhaus.
KASSENSCHLAGER: Der Überflieger-Jux der vorigen Saison ist zurück und umspielt kichernd seinen Nachfolger. Knapp vor seiner nächsten Spaßmacherei (siehe unten), womöglich positioniert als heimliches Warm-up, schlüpft Regisseur Christian Brey mit der KOMÖDIE MIT BANKÜBERFALL, wo bis zum Abwinken im Ringelspiel der Ganoven gekalauert wird, zurück in den Spielplan. An der Kasse und beim Schlussbeifall war das bislang ein großer Erfolg.
Aufführungen: 22./28. Dezember, 10. Januar im Schauspielhaus.
PREMIERE: Ein eher jämmerlicher Elvis-Imitator wird der blanken Not gehorchend zum Star unter den Drag Queens: In der Deutschland-Premiere von Matthew Lopez´ THE LEGEND OF GEORGIA MCBRIDE tauscht der eigentlich bürgerliche Ehemann (Mietrückstand, Räumungsklage, schwangere Ehefrau – wie das Leben halt so spielt), der eine kleine King-Karriere im Presley-Outfit versuchte, nach der Trendwende im Schießbuden-Entertainment den Fummel auf der höheren Erregungsstufe der damenhaften Herren. Olivia Jones, Lilo Wanders oder Conchita Wurst, das ist hier die Vorbild-Frage. Show, Tanz, Glitzer, Glamour und Gesang: Regisseur Christian Brey, der Macher vom „Banküberfall“ und ehemaliger Co-Regisseur von Harald Schmidt, wird wieder nichts auslassen, was zwerchfellerschütternd an unseren Geschmacksnerven zupft.
Premiere: 25. Januar. Weitere Aufführungen 30. Januar und 1. Februar im Schauspielhaus.
PREMIERE: Den renommierten Bayreuther Festspielen gab die angesagte Regisseurin Tatjana Gürbaca nach längeren Verhandlungen über den „Ring des Nibelungen“ zum allgemeinen Erstaunen kürzlich einen Korb, aber am Nürnberger Opernhaus will sie arbeiten. Jules Massenets nur in Deutschland als Rarität geltende, opernweltweit höher geschätzte MANON (in Nürnberg wurde sein „Werther“ in einer außergewöhnlich kunstvollen Inszenierung von Peter Mußbach gespielt und nach nur vier Vorstellungen wieder abgesetzt), ein Melodram feinster französischer Art, das Stationen einer jungen Liebe in leuchtenden Tönen ausmalt. Die Titelrolle, eine Spezialität von Anna Netrebko, übernimmt die reisende Sopranistin Eleonora Marguerre, die vor einem Jahr schon als Gast die Natascha in „Krieg und Frieden“ sang. Um ihren Partner Lescaut gibt es Gedränge: Jochen Kupfer und Sangmin Lee stehen alternierend auf der Besetzungsliste. Guido Johannes Rumstadt hat die musikalische Leitung.
Premiere: 28. Januar. Dann wieder 2. Februar, im Opernhaus.
PREMIERE: Der Staatstheater-„Hausautor“ Philipp Löhle hat den Text für seine zweite Nürnberger Uraufführung dem Probenprozess übergeben. Seine Stücke (neben „Am Rand“ ist auch „Das Ding“ weiter im Spielplan) kommen gut an, verschreckt hat er Teile des Publikums lediglich als Zeitungskolumnist mit skeptischer Wortmeldung zur religiösen Kindererziehung. In seiner satirischen Völkerschau ANDI EUROPÄER schickt er ein Team als Querschnitt Deutschlands nach Afrika, um die dortige Bevölkerung von den Gedanken einer Flucht nach Europa abzubringen. Die Zukunftsangst der Deutschen in der Figur eines Berliner Hipsters, erstes Semester Kommunikationswissenschaft. Inspiriert wurde der Autor durch tatsächlich zirkulierende Denkspiele aus einem deutschen Bundesministerium. Die zwischen Zürich, Wien und Berlin inszenierende Tina Lanik, die im Vorjahr ihr Nürnberger Debüt mit der Puccini-Oper „Madama Butterfly“ hatte, übernimmt die Uraufführung, die sich dann neben den beiden anderen Löhle-Produktionen von Jan Philipp Gloger im Spielplan einreiht.
Premiere: 31. Januar. Wieder am 1. Februar, in den Kammerspielen.
PREMIERENFRISCH: In der Neuproduktion von Peter Handkes KASPAR, die Schauspiel-Spartenchef Gloger nach seinem eigenen, vor Jahren entstandenen Regie-Modell aus Mainz und Wiesbaden wie bestellt zur Literaturnobelpreisverleihung neu auf die Nürnberger Bühne brachte, tritt das von Worthülsen und Sprachmustern strangulierte fränkische Findelkind auch im Schatten einer Handke-Dreifaltigkeit auf. Drei Dichter kämpfen um ein Mikrophon, also die Deutungshoheit. Die tragische Drastik der „Sprechfolterung“ des Titelhelden wird in dieser Sicht durch Entdeckung bzw. Beförderung von Nonsens und Satire abgefedert. Felix Mühlen, Janning Kahnert und Maximilian Pulst sind die doppelte Dreieinigkeit von Handke und Kaspar. +++ Das Puppenheim, das wie ein Treibhaus zu diesem Frauenschicksal gehörte, hat Regisseur und Bühnenbildner Andreas Kriegenburg abgeschafft. Bei seiner ersten Nürnberger Inszenierung, Henrik Ibsens Drama NORA, schiebt er die Emanzipations-Elegie aus der Rückblende energisch in die Comedy-Gegenwart. Die Titelrolle der Frau, die nun also vom plappernden Zeitgeist gesättigt die Konvention der infantilen Ironie spät durchbricht, spielt Pauline Kästner. In ihrer ersten Saison führte sie die Roboterpuppe Olimpia im „Sandmann“ von E.T.A. Hoffmann wie eine Vertraute aus der elektronischen Heim-Aufrüstung vor. Jetzt ist sie durch und durch Pointen-Artistin im Wirbel heiterer Fragezeichen. Maximilian Pulst ist der ratlos mitwitzelnde Ehemann, Julia Bartolome die halb und halb verhängnis- und verständnisvolle Freundin. Alle treten ständig rein und raus aus dem Rollenspiel. Die Zuschauer nehmen das Drei-Stunden-Format als Spaß in Überlänge. +++ Der fast vergessene „prognostische Roman“ des Nürnbergers Ludwig Dexheimer, der sich 1930 als Literat Ri Tokko nannte, verfügt über Internet und künstliche Intelligenz. In DAS AUTOMATENZEITALTER entwirft der Autor seine pazifistische Utopie, die an ein Zusammenspiel von Technik und Moral glaubt. Der Blick richtet sich ins Jahr 2500, wo die Vision der besseren Welt allerdings von Skepsis unterlaufen wird. Kieran Joel inszenierte die Buch-Dramatisierung auf dem Laborgelände des Schauspiels mit Stephanie Leue und Sascha Tuxhorn.
Aufführungen: KASPAR am 3., 5., 10., 14., 27. Dezember und 11., 18., 31. Januar +++ NORA am 12., 17., 25. Dezember und 17., 29. Januar im Schauspielhaus +++ DAS AUTOMATENZEITALTER am 6., 12. Dezember, 7. Januar in der 3. Etage.
SCHAUSPIELER SINGEN: Wer sich an den riesigen Nürnberger Erfolg mit den singenden „Sekretärinnen“ erinnert, sollte vorsichtig sein – es geht hier um die andere Blickrichtung. Für den „Abend über Männlichkeit mit Liedern von Frauen“, der männchengerecht den Titel ALPHA trägt, hat Vera Mohrs mit ihrem Team in Evergreens gewühlt. Solche, die ausschließlich aus der Perspektive von Frauen geschaffen wurden – und nun exklusiv von Herren als Interpreten vorgeführt werden (müssen). Komplizierte Verhältnisse. Unter Regie von Manuel Schmitt pinseln Frank Damerius, Michael Hochstrasser, Nicolas Frederick Djuren, Amadeus Köhli, Yascha Finn Nolting und Cem Lukas Yeginer am sehr besonderen Frauen-Hörbild. Und der männliche Teil des Publikums wird per Fragebogen zur sofort ausgewerteten Selbstanalyse aufgefordert, was in jeder Vorstellung neue Aspekte bringen könnte. Oder eben ein gemeinschaftlich angestimmtes „Neue Männer braucht das Land“. +++ Mit Rio Reiser und Wagners „Meistersingern“ am Ehekarussell: Das illustrierte Stadtporträt DIE MUSIK WAR SCHULD, der Vorläufer von „Alpha“, ist auch wieder da und verbindet Jahrhunderte Ortsgeschichte mit Klang- und Sangmotiven nebst Poetengarnierung. Hermann Kesten, der sanftmütigste Nürnberg-Versteher, hat das letzte Wort.
Aufführungen: ALPHA am 3., 14., 26., 29. Dezember, 7., 11., 17., 26. Januar +++ DIE MUSIK WAR SCHULD am 27. Dezember, 14. Januar in den Kammerspielen.
PREMIERENFRISCH (UND LETZTMALS IM JANUAR): In der ersten Saison hatte Intendant Jens-Daniel Herzog sein Versprechen einer bevorstehenden glanzvollen Nürnberger Barockopern-Serie mit Händels „Xerxes“ bestückt und an das Regiekollektiv Le Lab weitergereicht. Das ging schief, die ungeschickt dokumentierenden Bilder von abgefilmten Skatern und vorsichtiger hinterher rollenden Sportskanönchen mit Stimme überlagerten die akustischen Ausdrucksmöglichkeiten. Jetzt versucht es der Chef persönlich mit Barock´n´Roll, er inszenierte Francesco Cavallis LA CALISTO, was ein venezianisches Singspiel mit attraktiven Nymphen und geilen Göttern ist; inzwischen wieder oft gespielt, aber dem Nürnberger Opernabonnenten gänzlich unbekannt. Göttervater Jupiter befruchtet die vertrocknende Welt mit Einsatz der Titelheldin, das setzt süffisante Gedanken frei. Julia Grüter, Almerija Delic, Jochen Kupfer und Martin Platz sind im großen Ensemble am Werk. Spezial-Dirigent Wolfgang Katschner, der mit dem Händchen fürs Abgehangene, eilt wie schon bei Händel wieder herbei, um stilistische Stabilität mit den Philharmonikern zu trainieren.
Aufführungen: 5., 8., 14., 18., 27., 29. Dezember und 12., 25. Januar (letztmals) im Opernhaus.
COMEBACK: Das eiskalte Händchen wird wieder gewärmt, Puccinis populärste Oper kehrt nach drei Jahren im einstweiligen Ruhestand in den Nürnberger Spielplan zurück: LA BOHEME im Arrangement des polnischen weiblichen Regie-Duos Szemeredy/Parditka. Komplett neu besetzt, und darin – eher weniger in der zur Premiere nicht sonderlich originell wirkenden Szenerie – besteht der Reiz. Dass beispielsweise die aus Dortmund gekommene Ensemble-Favoritin im Sopranfach Emily Newton, die zuletzt Elsa in Wagners „Lohengrin“ und Elisabeth in Verdis „Don Carlos“ war, in der ganz anderen Gewichtsklasse der schmachtenden Mimi zu erleben ist. Ihr zur Seite gastiert der philippinische Tenor Arthur Espiritu als Rodolfo – und Dirigent Lutz de Veer legt die amerikanische „West Side Story“ kurz beiseite und stimmt auf französische Künstler-Poesie mit Hustenreiz ein. Andromahi Raptis nimmt er mit, die Maria aus dem Bernstein-Musical singt die kokette Musetta mit Koloratur plus Herz am rechten Fleck. +++ Verdi mit der Ästhetik der Stummfilme gegen alle Verona-Üblichkeiten der Massen-Bombastik zu inszenieren – da muss man erst mal draufkommen. Regisseur Immo Karaman hat sich das 2010 für NABUCCO einfallen lassen, das Bibelspiel mit dem populären Dreivierteltakt-Chor als Movie-Hommage, und wurde vom Publikum dafür gefeiert. Jetzt übernimmt Sangmin Lee, der absolute Bariton-Favorit des Hauses, die Hauptrolle, als Abigail wird die italienische Sopranistin Katia Pellegrino einsteigen, die in dieser Partie zwischen Essen, Leipzig und den Domstufen von Erfurt unterwegs ist. Und für die Gedankenflüge bleibt der verstärkte Chor zuständig. Neu am Pult: Björn Huestege.
Aufführungen: LA BOHEME am 1., 3., 7., 13. Dezember +++ NABUCCO ab 1. Februar im Opernhaus.
LETZTER AUFRUF: Das düstere Rock-Musical LAZARUS, der Pop-Ikone David Bowie sehr persönlicher Nachlass an das Theater, ist wieder zu sehen. Die vorsichtig ins Futuristische abhebende Aufführung voller Nummern aus der Starkarriere und neu dazu komponierten Songs, mit Sascha Tuxhorn an der Spitze eines respektablen Ensembles, war ein Kassenmagnet der vorigen Saison.
Aufführungen: 19., 31. Dezember, dann letztmals 19. Januar im Schauspielhaus.
IM REPERTOIRE: Der meistgespielte deutsche Gegenwartsautor Roland Schimmelpfennig, mit Stücken wie „Besuch bei dem Vater“ und „Der Goldene Drache“ schon in Nürnberg erprobt, hat die zeitlos durch tausende Jahre Theatergeschichte zirkulierenden „Bakchen“ des Euripides neu in deutsche Kunstsprache übertragen. Das Schauspiel schickt sie unter dem Krawalltitel DIE BESESSENEN in muntere Untergangsrunden, die im Elend auch komisch werden. Regisseur Jan Philipp Gloger zeigt eine beispielhaft schreckensreiche Gesellschaft mit politischen Prinzipienreitern und göttlichen Anarchisten. Der Spaß ist blutig, witzig, grell und rätselhaft. Also sehenswert. +++ Bestseller-Autor Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) hat vor zwei Jahren mit HEILIG ABEND ein konzentriertes Dialog-Duell fürs Wiener Josefstadt-Theater geschrieben. Der Titel trügt, eine Krippe darf der Zuschauer nicht erwarten. Ausgerechnet zur Stillen Nacht sind ein Polizei-Ermittler und eine mutmaßliche Terroristin einsam wachend im Verhörraum wortkämpferisch gegeneinander angetreten. Es geht um eine Bombe, die irgendwo um Mitternacht detonieren soll. Kehlmann reizte die Echtzeitsituation, denn die 90 Minuten dauernde Aufführung gibt sich als abgebildete Liveübertragung. In der Inszenierung von Mirjam Loibl ist Adeline Schebesch die linksradikale Philosophie-Professorin unter Verdacht und Thomas Nunner attackiert sie als personifizierte Staatsgewalt mit Hang zu verbaler Dienst-Willkür. +++ Ein Waschsalon in der türkischen Metropole ist Treffpunkt für fünf junge Leute, kulturaffin und arbeitslos, die trotz beängstigender gesellschaftlicher Entwicklung den Fluchtreflex verweigern. Ceren Erkans Stück I LOVE YOU, TURKEY!, daheim als kampflustiger Bühnenessay mit klarer Haltung gefeiert, hat es in der arg brav geratenen deutschsprachigen Inszenierung etwas schwer mit dem Ausrufezeichen im Titel. Der Premierenbeifall war gewaltig, die Kritikenbilanz ist widersprüchlich. Von „gruselig-komisch“ über den „lohnenswerten Zeitgeschichte-Crashkurs“ bis zu „politisch eine knallhart verpasste Chance“ reicht das Meinungsspektrum der Rezensenten.
Aufführungen: DIE BESESSENEN am 4., 7., 15., 18. Dezember und 9., 28. Januar im Schauspielhaus. +++ HEILIG ABEND am 14., 18., 26. Dezember und 9. Januar in der 3. Etage +++ I LOVE YOU, TURKEY! am 7., 12., 18., 30. Dezember und 9. Januar in den Kammerspielen.
PREMIERENFRISCH: Das ist die derzeit am schnellsten ausverkaufte
Vorstellung des Staatstheaters – ein Musical, was sonst! Aber immer-hin Leonard Bernsteins WEST SIDE STORY, die in Hollywood sogar von Steven Spielberg in Zweitverfilmung vorbereitet wird. Auch in Nürnberg ist es der zweite Versuch (nach der deutschen Erstaufführung 1972) und 2019 war die Choreographin Melissa King für Regie zuständig. Sie setzte auf Tempo und Turbulenz, vor allem im Tanz. Neben einem Spezialisten-Ensemble stimmbegabter Tänzer, die als Straßenbanden der jugendlichen Jets und Sharks gegeneinander kämpfen, sind Tony und Maria, das Romeo-und-Julia-Paar in den Häuserschluchten von Manhattan, aus dem Haus-Ensemble besetzt: Hans Kittelmann und Andromahi Raptis, sonst für Wagner und Mozart im Einsatz, singen „Tonight, Tonight“.
Aufführungen: 2., 6., 15., 23. Dezember und doppelt zu Silvester, dann wieder 19./31. Januar im Opernhaus.
DAUERLÄUFER: Die gespenstische Novelle DER SANDMANN aus dem „Schauerroman“-Zyklus von 1816 gehört zu den bedeutendsten Werken des vielseitigen E.T.A. Hoffmann, nicht nur mit besonderem Appetit von Jaques Offenbachs Oper „Hoffmanns Erzählungen“ geschluckt. Schauerliche Poesie, die den kleinen Nathanael bis ins Liebesleben verfolgt. Letztere ist in der Nürnberger Neuproduktion der Regisseurin Clara Weyde (Ende dieser Saison wird ihr Shakespeares „Was ihr wollt“ anvertraut) die mechanische Schwester der Internet-Begleiterin Alexa, also was zum Ausknipsen. Für Gänsehaut reicht das wie an einer Wäscheleine schaukelnde Bildertheater nicht ganz. +++ Eigentlich wollte der legendäre Münchner Theatermacher Dieter Dorn (83) für sein spätes Nürnberger Debüt gerne Becketts gedankenreiches Sandkastenspiel „Glückliche Tage“ mit dem seltener aufgeführten Grotesken-Einakter HERZLICHES BEILEID von Georges Feydeau kombinieren. Becketts strenge Erben untersagten die originelle Idee, man konzentrierte sich zwangsläufig auf den giftigen Spaß des französischen Komödianten und lässt in dieser Klamauk-Kleinkunst einen Hauch von Beckett-Absurdität ahnen. Ulrike Arnold, Thomas Nunner, Yascha Finn Nolting und Süheyla Ünlü treffen sich zum nächtlichen Disput am Bett, wo die Botschaft vom plötzlichen Tod der Schwiegermutter in Schadenfreudentänze mündet. „Ein kleines Juwel ringt um Fassung“ stand über der Kritik. +++ Seit 2012 gibt es diese Inszenierung von Jan Philipp Gloger, seit 2018 mit personellen Korrekturen in Nürnberg. DAS DING von Philipp Löhle, Bericht von der aufschlussreichen Weltreise einer Baumwollflocke, hatte Uraufführung bei den Ruhrfestspielen und der Regisseur brachte den Dramatiker in seine erste Direktion als „Hausautor“ mit. Ergänzt inzwischen mit dem neuen Stück AM RAND (EIN PROTOKOLL), einer mild schaurigen Grenzland-Groteske.
Aufführungen: Der Sandmann am 11., 21. Dezember +++ Herzliches Beileid am 8., 13., 20. Dezember im Schauspielhaus. +++ Das Ding am 6., 13., 20. Dezember, 7., 24. Januar +++ Am Rand am 1., 31. Dezember, 16. Januar in den Kammerspielen.
STAATSTHEATER NÜRNBERG
Richard-Wagner-Platz 2-10, Nbg
staatstheater-nuernberg.de
GOSTNER HOFTHEATER
PREMIERE: Nürnberger Theaterfreunde kennen die clevere holländische Autorin Lot Vekemans von der Kammerspiele-Produktion „Gift. Eine Ehegeschichte“ (Adeline Schebesch und Michael Hochstrasser spielten), in Fürth wurde ihr Solo „Judas“ aufgeführt. Nun folgen parallel in Nürnberg und Erlangen zwei Inszenierungen von MOMENTUM. Am Gostner Hoftheater inszeniert Britta Schreiber das „well made play“ um einen depressiven Spitzenpolitiker und seine lebenslustigere Ehefrau mit Thomas Witte, Nicole Schneider, Robert Arnold und Gerd Beyer. Konfliktbewältigung mit eingebautem Unterhaltungswert. In Erlangen wird das parallel auf größerer Bühne geprobt. Wer mag, kann zwei Versionen nacheinander anschauen.
Premiere: 15. Januar. Weiter 16., 17., 18., 22., 23., 24., 25., 29., 30., 31. Januar im Gostner Hoftheater.
COMEBACK: Selten so gelacht zur staden Zeit. Mit ihrer Version von Patrick Barlows knatternder Bibelspiel-Farce DER MESSIAS, seit der Uraufführung 1983 in London das unwiderstehlichste Beweisstück für die Floskel „Fröhliche Weihnachten“, haben Helwig Arenz, Christine Wehner und Boris Stannek schon die dritte Saison erreicht. Alle Rollen der Überlieferung, von der heiligen Jungfrau über Erzengel Gabriel und Weise aus dem Morgenland bis zum lieben Gott persönlich sind von einem Duo mit Begleitung zu spielen. Röhrende Kamele im Hintergrund ebenfalls. Da muss man improvisieren und schnell umschalten können, auch beim Zuschauen zwischen himmlischer Andacht und Höllengelächter.
Aufführungen: Ab 4. Dezember, dann 5., 6., 11., 12., 13., 14., 21. Dezember im Gostner Hoftheater.
GASTSPIEL: Das Solo des maulenden Musikers von Patrick Süskind war lange Jahre Bühnen-Bestseller für Komödianten im Alleingang. Der grandiose Nikolaus Paryla gastierte damit in Erlangen und Fürth, am Nürnberger Schauspiel stand Michael Abendroth in mehr als hundert Vorstellungen am klingenden Mobiliar, das auch den Titel bestimmt: DER KONTRABASS. Als Silvester-Special macht Robert Arnold den Philharmoniker aus dem Hintergrund, der nur von Georg Kreislers Triangelspieler an offensiver Melancholie mit hartem Witzkern noch übertroffen werden könnte.
GOSTNER HOFTHEATER
Austr. 70, Nürnberg
gostner.de
HUBERTUSSAAL
TRAVESTIE-TRADITION: Alle Jahre wieder wie das Christuskind und der folgende Fasching, der keinesfalls Karneval genannt werden darf, sind in Nürnberg DIE SCHLAMPENLICHTER pünktlich zur Stelle. Temporäres Stammhaus Hubertussaal. Die Travestie-Komödianten mit der Vorliebe für den etwas dicker geschminkten Humor haben viel Dauerpublikum auf gleicher Wellenlänge und Gelegenheitsgäste, die auf den drohenden Streit über Geschmack pfeifen. Das Ensemble rudert beim Jahrgang 2020 in traditionell überschaubarem Gewässer und fummelt den Franken-Krimi in die unverwüstliche Pointen-Show. Mit TOD AUF DER PEGNITZ wird die Kreation des Mundart-Thrillers mit Verpackung vorangetrieben, was wiederum daran erinnern könnte, dass an der Musikakademie früher mal ein einheimischer Dozent den aufstrebenden Jungsängern für den Todesdialog im Drama offiziellen Sprachunterricht gab mit der legendären pädagogischen Ermahnung: „Das heißt nicht ,döiden`, sondern ´döden`!“ Also, auf geht´s zum Döiden auf der Bengerdz in Gibitzenhof.
Premiere: 7. Dezember. Weitere Aufführungen 13., 14.,15. Dezember.
HUBERTUSSAAL
Dianastr. 28, Nürnberg
gostner.de
TAFELHALLE
KOPRODUKTION: Die Tanztheatermacherin Helena Waldmann gehört zu den festen Avantgarde-Größen ihrer Sparte. Im neuen Stück DER EINDRINGLING – EINE AUTOPSIE forscht sie mit Vier-Personen-Compagnie und Video an den Grenzen des menschlichen Körpers und des Nationalstaats. Der Blick unter die Haut bestimmt die Perspektive, der „Fremdkörper“ (medizinisch, politisch, rassistisch, alltäglich) wird von allen Seiten betrachtet – auch mit dem Hinweis, dass der Mensch als hermetisches Wesen ohne Öffnung nach außen nicht überlebensfähig wäre. Die Tafelhalle gehört zum deutschlandweiten Pool der Koproduzenten, die dieses außergewöhnliche Projekt ermöglichten.
Aufführung: 7. Dezember in der Tafelhalle.
PREMIERENFRISCH: Der Choreograf Sebastian Eilers lässt dem Humor in seinen Tanzstücken meistens ein Ehrenplätzchen, aber beim neuen Titel DER TOD UND DAS MÄDCHEN könnte das schwierig werden. Einen Flirt zwischen Realität und Fiktion kündigt er mit seinem Setanztheater an, eine Begegnung von klassischem Ebenmaß (Auslese aus 600 Liedern von Franz Schubert) mit den Hits früh verstorbener Popkünstler (Amy Winehouse, The Doors, Nirvana), ein Duell auf beiden Seiten der Grenze zum Jenseits. Das Mädchen als zarte Künstlerseele, der Tod als fest in unserer Realität gründende metaphorische Spiegelung. Eine Begegnung der Generationen über die Musik ist das Traumziel. Melissa Gutierrez und Lucien Zumofen setzen sich an die Spitze, ein Studierenden- und „Bürger“-Ensemble gruppiert sich. Countertenor Johannes Reichert und Pianist Wolfgang Eckert stoßen dazu.
Aufführungen: Wieder 14., 15. Dezember in der Tafelhalle.
PREMIERE: Statt Krippenspiel kurz vor Weihnachten ein Besuch bei Rotkäppchen. Aus der Märchensammlung der Gebrüder Grimm, die verkappte Sexualität und blutigen Tod klammheimlich eher für Erwachsene übermittelt als ans Kinderseelchen adressiert hatten, nimmt PLAN MEE (Choreografin Eva Borrmann und die Tänzerinnen Evenlyn Hornberg und Lena Schattenberg) unter dem Titel RED.FOREST. die allseits bekannte Mär von „Rotkäppchen und der böse Wolf“ für das Aufspüren von Konflikten und Anspielungen, die sich die Grimm-Brüder dazumal mit Blick auf die Kundschaft und die öffentliche Moral halbwegs verkneifen mussten. Mythen im Erlebnisraum von heute, ein echtes Abenteuer.
Premiere: 19. Dezember. Weitere Aufführungen 20., 21. Dezember, 8., 9. Januar in der Tafelhalle.
PREMIERE: Ein Roman lernt tanzen: Susanna Curtis & Co., die sich auf Dauer die vieldeutige Rubrik „dance affairs” erwählt haben, legen nach mit MADAME BOVARY, IT´S MEE TOO und erläutern umfassend im Untertitel „Sex, Tanz und Sehnsucht – im Sinne von Gustave Flaubert“. Fünf Personen, Tanzende und Schauspielernde, folgen dem feinen Gespinst des Poeten, der mit Schicksalen und Tragödien in allen Nuancen hantiert. „In uns allen steckt ein bisschen Bovary“, sagt Susanna Curtis, die tanzende Regisseurin. Zwei Frauen und drei Männer ergründen die Sehnsucht nach dem aufregenderen Leben.
Premiere: 30. Januar. Weitere Aufführungen 31. Januar, 1., 2. Februar in der Tafelhalle.
TAFELHALLE
Äußere Sulzbacher Str. 62, Nürnberg
tafelhalle.de
THEATER SALZ+PFEFFER
PUPPEN MIT KÜCHE: Sie lassen nichts anbrennen, dafür brodelt es immer mit Würze bei Salz+Pfeffer. Diesmal klappert das Geschirr selbstbewusst am Drama vorbei. Ein Koch-Happening mit Pfannen-Percussion ist in der appetitanregenden Produktion MAHLZEIT! geboten: 17., 18., 19., 21. Januar.
DAUERLÄUFER IM ABENDPROGRAMM: Grusel wird bevorzugt beim Extra-Angebot für Erwachsene. Drei Produktionen stehen im Dezember dafür: MR. PILKS IRRENHAUS (14. Dezember) – FRANKENSTEIN (27./28. Dezember) – DIE UNSCHULD VON CANTERVILLE #OSCAR WILDE (31. Dezember, 3., 4. Januar).
THEATER SALZ+PFEFFER
Frauentorgraben 73, Nürnberg.
salzundpfeffer-theater.de
THEATER ERLANGEN
PREMIERE: Eltern erinnern sich, Kinder lernen ihn kennen: DER RÄUBER HOTZENPLOTZ ist im Dezember für Erlanger Familienzusammenführung zuständig. Bekanntes Personal wie Kaspers Großmutter und Wachtmeister Dimpflmoser assistieren bei der Umsetzung von Otfried Preußlers rumpelndem Märchen. Die Titelrolle, im Kino einst „Goldfinger“ Gert Fröbe, könnte nicht unkonventioneller besetzt sein: Max Mehlhose-Löffler, der eben noch Goethes jungen Liebesbrief-Werther schmachtete, klettert mit Klebebart auf der Räuberleiter ins andere Komödianten-Fach. Neben den Schulvorstellungen sind sechs Termine im Freiverkauf ausdrücklich für Generationssprünge im Zuschauerraum offen: 1., 8., 15., 21., 22., 26. Dezember im Markgrafentheater.
PREMIERE: Wie der Zufall so spielt, bringt neben dem Gostner in Nürnberg fast zur gleichen Zeit auch das Erlanger Theater eine eigene Inszenierung von Lot Vekemans Psycho-Spiel MOMENTUM heraus. Hier inszeniert Elina Finkel die Story um den amtsmüden Regierungschef und seine Ehefrau, die im Absturz ein neues Leben vor sich sieht.
Premiere: 17. Januar, weitere Aufführungen am 26., 27. Januar im Markgrafentheater.
PREMIERENFRISCH: Das Schlagwort der Erlanger Saison lautet „Umbrüche“, zum 30. Jahrestag des Mauerfalls entstand die Stückentwicklung mit der provokanten Titel-Frage WELCHE WENDE? Das Team um Regisseurin Franziska-Theresa Schütz und das Schauspieler-Duo Ralph Jung/Alisa Snagowski wollen in der Verarbeitung persönlicher Erfahrungen, wissenschaftlicher Untersuchungen und literarischer Auseinandersetzungen den 30-jährigen Sieg des Systems über die abgehobene Hoffnung der Reformer durchforsten. Auch als Nabelschau (Unterabteilung: „Ossis in Erlangen“), aber vor allem wie ein Modellfall, der nicht mit der Phrasen-Dreschmaschine über „blühende Landschaften“ rattert.
Aufführungen: 5., 6., 7. Dezember und 23., 24., 25. Januar in der Garage.
SCHAUSPIELER SINGEN: Eine TV-Show direkt aus dem Dschungel Vietnams, mit Popstar-Format, wie es in Deutschland bei VOX unter „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“ Stammplatz hat. Hier auf der Bühne ist der Anspruch deutlich höher. Eine Ansammlung von Hitparaden-Idolen versucht sich in der Revue BOMBEN-HITS ´68 – REVOLTE, RAUSCH UND LIEDERTAUSCH an Ruhm-Mehrwert auf Gegenseitigkeit, indem jeder die Erfolge der Konkurrenten neu anders interpretiert. Um Kunst und Kommerz geht es in der Erlanger Uraufführung, die an einer Evergreen-Pyramide entlang klettert und mit dem Einbruch der Realität ins Urwald-Studio alle Optionen zwischen Polit-Thriller und „Lasst mich hier raus“-Ekelkomik hat.
Aufführungen: 30., 31. Dezember und 22., 23. Januar im Markgrafentheater.
DAUERLÄUFER: Das Manifest einer neuen Weiblichkeit ruft Mathilde Lehmann (Konzept und Regie) mit FEMDOM aus: „Die Frau als Alpha-tier und der Mann als das Nebenihr“. Theatraler Versuchsaufbau mit 1 Frau und 1 Mann in wechselnden Situationen. +++ Als Livehörspiel mit Video wird Wolfgang Herrndorfs Bestseller TSCHICK, auch als Theaterstück und Film erfolgreich, in Erlangen auf die Bühne gebracht. +++ Im flackernden Licht der „#MeToo“-Debatte hat David Mamets OLEANNA Spielplan-Ehrenrunden an etlichen Theatern. Die Erlanger Machtspielaufführung gilt als gelungener Beweis für die Haltbarkeit des zeitgenössischen Dramas um echte oder vermeintliche sexuelle Belästigung auf Universitätsebene.
Aufführungen: FEMDOM am 19., 20., 21. Dezember, 15., 16., 18. Januar +++ TSCHICK am 7., 8., 9. Januar +++ OLEANNA am 12., 13. Dezember und 29., 30. Januar in der Garage.
THEATER ERLANGEN
Theaterplatz 2, Erlangen
theater-erlangen.de
THEATER FÜRTH
GASTSPIEL MUSICAL I: Es geht munter durch ein Jahrhundert: Der Film von 1951 mit Gene Kelly und Leslie Caron ist eine Legende wie Komponist George Gershwin selbst, das erst 2014 in Paris uraufgeführte Bühnenmusical, das 1945 kurz nach Kriegsende spielt, kennt in Deutschland nahezu niemand, der Titel dürfte in Erinnerung an das von einem Frankreich-Besuch 1920 inspirierte sinfonische Werk des amerikanischen Musikers dennoch reizen: EIN AMERIKANER IN PARIS macht als deutschsprachige Tournee mit dem Festival-Orchester Krakau und großem Ensemble zum Jahreswechsel in Franken Station.
Aufführungen: 27., 28., 29., 31. Dezember im Stadttheater Fürth.
GASTSPIEL MUSICAL II: Bis an die Spitze der deutschen Hitparaden hat es der Italiener Adriano Celentano, ehe er zum Kino-Komiker wurde, mit diesem Gassenhauer geschafft. Jetzt, da von Abba bis Udo Jürgens die Oldies als Musicals ihre Wiedergeburt feiern, gibt AZZURRO den Titel für ein Show-Spektakel. Nicht Celentano, sondern die deutsch-italienische Italo-Pop-Band „I Dolci Signori“ hat sich der Sache angenommen und aus ihrem Bühnenprogramm dieses Hit-Theater entwickelt. Eine geerdete Stimmungsmache, denn Stefan Tilch vom Landestheater Niederbayern hat den Urlaubsnachhall mit seinem Ensemble realisiert.
Aufführungen: 3. und 4. Januar im Stadttheater Fürth.
GASTSPIEL TANZ: Mit drei Choreografien, die schon weltweit euphorisch gefeiert wurden, kommt das BALLET BC VANCOUVER aus Kanada erstmals ins hochkarätige Tanztheater-Abo des Fürther Theaters. Das Angebot könnte kaum weiter gespannt sein: Sharon Eyal und Gai Behar verbinden in „Bedroom Folk“ Hypnose und Ironie, Aszure Barton führt mit „BUSK“ ins Straßentheater, Crystal Pite baut mit „Solo Echo“ auf ein Brahms-Cellokonzert.
Aufführungen: 15., 16., 17., 18., 19. Januar im Stadttheater Fürth.
GASTSPIEL OPERETTE: „Hab mich lieb“ ist die zentrale Aussage in Franz Lehars angeblich unsterblicher, aber auf alle Fälle nicht totzukriegender Operette DIE LUSTIGE WITWE, wenn das Flüstern der Geigen dechiffriert ist. Das Original mit großem Orchester, Sänger-Ensemble und Ballett ist eine Koproduktion der beiden Tournee-Unternehmen vom Thalia-Theater Wien und der Kammeroper Prag. Man spricht/singt deutsch.
Aufführungen: 8., 9., 10., 11. Januar im Stadttheater Fürth.
PREMIERE: Der kleine Oskar Matzerath, der neben schlagenden Beweisen für Penetranz auch subtile Formen des Lustgewinns und vokale Zertrümmerung von Gläsern beherrscht, ist Protagonist im Grass-Roman DIE BLECHTROMMEL, der als Buch den Nobelpreis und als Film den Oscar brachte. Am Theater ist er bei Intendant Oliver Reese (erst Frankfurt, dann Berliner Ensemble) vom dicken Wälzer zum Monodrama geschrumpft. Der Fürther Theaterchef Werner Müller, eher zurückhaltend als Regisseur im Einsatz, wagt eine eigene Version des Alleingangs durch überquellende Fantasiewelten. Boris Keil haut auf die Pauke.
Premiere: 18. Januar, weitere Aufführungen 19., 21., 22., 23., 24. Januar im Kulturforum.
GASTSPIEL: Als zerknitterter TV-Detektiv Wilsberg mit dem Buch-Antiquariat löste er viele Fälle, aber ob Leonard Lansik vor der weißen Wand sofort durchblickt, ist die Frage: Yasmina Rezas süffisante Komödie KUNST für drei streitende Herren am zeitgenössischen Rahmen, in Nürnberg erst am Gostner und dann als Kammerspiele-Produktion erfolgreich, tourt weiter durchs Land. Regisseur und Bühnenbildner Fred Berndt, in jungen Jahren mal am Nürnberger Schauspiel, hatte an der Berliner Schaubühne mit „Die Kunst der Komödie“ seine Großtat, wurde aber auch schon mit dem Bayerischen Theaterpreis ausgezeichnet. Seine „Kunst“-Tournee ist seit zwei Jahren unterwegs.
Aufführungen: 22., 23. Januar im Stadttheater Fürth.
STADTTHEATER FÜRTH
Königstr. 116, Fürth
stadttheater.fuerth.de
COMÖDIE FÜRTH
OPERETTEN-JAZZ: Alternative zur konventionellen Aufführungs-Serie im Stadttheater: In der von Thilo Wolf für seine Combo mit Show-Jazz-Elementen arrangierten Musik des „silbernen“ Operettenkönigs Franz Lehar als Sound einer dialektfreudigen Comödien-Bearbeitung ist die etwas andere LUSTIGE WITWE bis Ende Januar nahezu durchgehend im Haus der Spaßmacher im Angebot. In der Eigenproduktion mit Mundart-Rahmenhandlung springt Hannah Glawari von der Uraufführung 1905 ein halbes Jahrhundert in die 1960er-Jahre, wo der Bandleader mit Klangextrakt nach Ohrwurm-Originalen wie „Ja das Studium der Weiber ist schwer“ wartet. Volker Heißmann lenkt seinen bestens vermarkteten Kleeblatt-Charme auf Danilo, den Franken-Provinzler auf Maxim-Besuch und Martin Rassau übernimmt die arienfreie Komikerrolle des ebenfalls bodenständigen Njegus im „Allmächd“-Modus. Kerstin Ibald, zuvor schnurrend auf allen Vieren bei „Cats“ auf der Luisenburg Wunsiedel, schreitet divamäßig aufrecht durch die Titelrolle.
Aufführungsserie: Mit kleinen Termin-Lücken bis 26. Januar in der Comödie Fürth.
COMÖDIE FÜRTH
Comödienplatz 1, Fürth
comoedie.de
DEHNBERGER HOF THEATER
EVERGREEN: Wenn der legendäre Wolfgang Riedelbauch mit den Worten von Bajuwaren-Poet Ludwig Thoma in die HEILIGE NACHT führt, ist das für viele Fans immer wieder eine schöne Bescherung. Seit Jahrzehnten! Auch 2019 holt der Gründer des Dehnberger Hof Theaters erneut die allseits geliebte Geschichte aus Regal und Gedächtnis. Mit sonorer Stimme und blitzenden Augen immer dem über Bayern strahlenden Stern von Bethlehem hinterher. Flankiert von Harfe, Hackbrett und Gesang.
Aufführungen: 20., 21., 22. Dezember im Dehnberger Hof Theater.
PREMIERENFRISCH: Von einem Requisiteur, der wegen Schauspieler-Ausfall unerwartet vor dem Publikum stehen muss und den Zuschauern endlich mal offen sagen kann, was da los ist mit der Bühnenkunst. Aus seiner Sicht! Das war auch mit Rainer Lewandowskis „Heute weder Hamlet“ ein Dauererfolg (hundertfach in Nürnberg), aber in der etwas anderen Version DIE STERNSTUNDE DES JOSEF BIEDER wurde das Thema noch populärer, weil diesen Text der legendäre Otto Schenk aus Österreich über Jahrzehnte zur autobiografisch aufgepolsterten Solo-Show machte. In Dehnberg schwingt sich der Bamberger Komödiant Arnd Rühlmann aufs Anekdoten-Karussell der Wiener Schule.
Aufführungen: 13. Dezember, 25. Januar.
DAUERLÄUFER: Eine Eigenproduktion mit sechs Mitwirkenden, das ist fürs Dehnberger das denkbar größte Format. Stammregisseur Marcus Everding ordnete den Edel-Boulevard von Francis Vebers Komödie DINNER FÜR SPINNER zum allseits beschmunzelten Pingpong am Pointen-Spalier.
Aufführungen: 29. Dezember, 31. Januar.
DEHNBERGER HOF THEATER
Dehnberg 14, Lauf/Pegnitz
dehnberger-hof-theater.de
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