Andis Katerfrühstück 11 - Circus Krone, Rock im Park, Lichtenreuth, Tic Tac Toe

MONTAG, 30. SEPTEMBER 2019

#Andreas Thamm, #Katerfrühstück, #Kolumne

Der curtblick auf die Woche vom 22. bis 29. September

Der Circus Krone kommt in der kommenden Woche nach Nürnberg und was sich früher einmal, da war man noch klein, wie ein verheißungsvolles Versprechen anhörte, hat heute einen fiesen Beigeschmack. Das traditionsreiche Familienunternehmen Krone setzt nach wie vor auf seine Tradition und also auch auf das Halten von Wildtieren. Die Aktionsgruppe Tierrechte Bayern ruft deshalb für den 2. Oktober zu einer stillen Demonstration auf. Der Circus wehrt sich gegen Vorwürfe seit Jahren beharrlich mit dem Hinweis, dass alle ZirkusmitarbeiterInnen die Tiere sehr lieb haben.
Die ganze Auseinandersetzung ist ganz schön exemplarisch für den Unterschied zwischen legal und, na ja, legitim. Aber andererseits wundert man sich dann doch, warum es eigentlich immer noch rechtmäßig ist, dass Löwen, Nashörner und Elefanten mit dem fahrenden Volk reisen und Menschen mit Kunststücken bespaßen. Elefanten! Andere auch Traditionsunternehmen wie Roncalli sehen die Absurdität mittlerweile und machen ihr Zirkusding ohne Tiere, stattdessen gibt’s Hologramme, die kann man nicht quälen. Der Stadtrat in Ansbach fand so eine Krone-Show auch nicht mehr zeitgemäß und wollte seine Flächen nur noch für Zirkusse ohne Wildtiere hergeben. Das untersagte das ortsansässige Verwaltungsgericht. Ähnlich ging es Stadträten in anderen Städten in ganz Deutschland. Es scheint trotzdem irgendwie abzusehen, dass es sich beim Zirkislöwen um eine aussterbende Tradition handelt und schade drum ist es nicht.

Der größte Menschenzirkus Nürnbergs heißt Rock im Park und wird im kommenden Jahr 25 Jahre alt. Schon jetzt hat die Organisation die ersten Rocklöwen für die Jubiläumsshow bekannt gegeben und wieder einmal reibt man sich doch verwundert die Äuglein und schaut zur Sicherheit nochmal auf die Datumsanzeige der Armband-Casio: Jo, wir befinden uns am Ende des zweiten Jahrzehnts im, Obacht!, einundzwanzigsten Jahrhundert; auch wenn das RiP-Plakat ein wenig nach Zeitreise aussieht. Die großen Namen sind zwar groß aber auch alt:
System Of a Down: letztes Album 14 Jahre her, fühlen sich seitdem außerstande neues Material zu produzieren.
Green Day: Relevantes Album 1994.
KoRn, Disdturbed, Deftones: Hä?
Als Phänomen ist das natürlich spannend und bezeichnend für den Zustand der Rockmusik, wenn die interessantesten Acts auf Deutschlands größtem Rockfestival mit Trettmann und Bilderbuch nicht unbedingt genuin Rockmusik machen. Und sich auf dem endgültigen Plakat eher weit unten finden werden (was im Falle Bilderbuch auch noch unerhört ist). Als Headliner fehlen jetzt noch die obligatorischen Metallica und Toten Hoden, äh, Hosen und fertig ist der Event.

Überraschend gut passt zu dieser Nachricht eine vielleicht auch erfreuliche, mindestens aber amüsante Meldung aus der vergangenen Woche: Tic, Tac, Toe sind wieder da, die lustigen Streithühner des deutschen 90s-Trash. Kult sind die drei Girls ja weniger wegen ihrer Musik als wegen ihrer legendär guten Pressekonferenz. Neue Konzerte sollen 2020 stattfinden, allerdings: Die Bild will herausgefunden haben, dass aus dem Trio ein Duo wurde. Liane „Lee“ Wiegelmann gilt heute tatsächlich als verschollen.

Sprechen wir lieber noch über was Handfestes. In Nürnberg wird man in den kommenden Jahren einen Stadtteil beim Entstehen zusehen können, Lichtrenreuth. Das bietet die schöne Möglichkeit, Fehler zu vermeiden und alles schön und richtig und zukunftsmäßig zu gestalten. Zum Beispiel, indem man den neuen Stadtteil weitgehend vom sogenannten ruhenden Verkehr freihält, also parkenden Autos. Die blieben in Lichtenreuth nämlich nicht oben, sondern stehen unterirdisch. Ziemlich gute Sache. 1.500 Wohnungen wird es in Lichtenreuth nahe der neuen Uni einmal geben, außerdem eine Schule, Kita und Gewerbe. Die Bauarbeiten beginnen im kommenden Jahr. Spatenstich ist heute, Montag, 30.09.
Auch Pläne bezüglich der Uni bzw. dem Campus sind mittlerweile bekannt. 37 Hektar stehen dem Neubau zur Verfügung. Hört sich viel an, ist anscheinend aber wenig, zu wenig für die angepeilten 250 ProfessorInnen und 6000 Studierende, vor allem, wenn sich auch die neuen, innovativen Firmen der jungen Leute auf dem Campus ansiedeln und Platz für Wohnraum sein soll. Die Dozierenden leben dann in Lichtenreuth, die Studenten werden sich das hingegen kaum leisten können. Die Dozierenden möglicherweise auch nicht. Na ja, schade.
 
Wir machen uns derweil bereit, um dem Oktobercurt den letzten Feinschliff zu verpassen, waschen ihn nochmal hinter den Ohren und ziehen den Scheitel gerade. Damit er sich sehen lassen kann. In der Stadt, aufm Sofa, in euren Händen. Er wird wie eh und je ein wundervoller sein.

In dem Sinne, es kann weitergehen,
Euer Andi   




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#Andreas Thamm, #Katerfrühstück, #Kolumne

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HERSBRUCK. Bahnhof FÜRTH

Auf der blauen Himmelsleinwand über dem sandsteinernen Bahnhofsgebäude wurde ein Pinsel mit weißer Tünche immer wieder über die ganze Fläche abgestreift, um die Farbe aus den Borsten zu bekommen. Daneben im grauen Hochhausklotz glotzten die hundert schmalen Fensteraugen in müder Verschlagenheit. Auf den Bahnsteigen hingen blau gerahmte Displays in der Luft und zeigten den Reisenden die nächsten und übernächsten Anschlüsse hin zu anderen Bahnsteigen. Ein Mädchen mit weißen Steinchen im Ohr bewegte die kreidebleichen Turnschuhe mit ihren munter wiegenden Füßen und sprach und lachte mit einer Person an einem anderen Ort. Sanft griff sie in eine lange Strähne und zwirbelte das blonde Haar. Der Mann daneben löste seine Maske vom Ohr und trank vorsichtig aus der Mineralwasserflasche. Ein anderer hielt sich fast klammernd am Riemen der Tasche.

Eine Bahn fuhr heran. Seine Beine liefen zu den sich öffnenden Türen. Er verschwand. Die Türen schlossen sich. Die Bahn fuhr davon. Eine Frau mit gradem schwarzen Scheitel ließ eine Tasche unter dem Hintern nach vorne und hinten baumeln. Sie trug noch einen Beutel über der Brust und einen Rucksack am Rücken, als wolle sie sich von allen Seiten beschweren, um der Gefahr zu entgehen davonzufliegen wie der fliegende Robert. Dann pfiff hinten eine braune Lok, die sogleich geschäftig vorbeirollte, als habe sie im Lotto gewonnen. Dem geduldigen Postgebäude zur linken war ein Lederdach aufgesetzt worden. Wie braune Kappen auf den Köpfen von Knechten die im Viereck, Schulter an Schulter stumpf mit gestrecktem Rücken nebeneinender harren, stand es da und wartete auf Befehle. Direkt davor hatte man schwarze und gelbe Tonnen in einen engmaschigen Zwinger gesperrt. Die Quer- und Längsverstrebungen eines grünen Metallmasten überkreuzten sich im Blick darauf. Mit einer daran befestigten grauen Stangenkonstruktion wurde die elektrische Oberleitung recht aufwendig in die Luft gehalten. Weiße parallele Streifen flankierten im Sonnenlicht die Bahnsteigkante. Der Kabarettist stieg in die nächste Bahn nach Hersbruck ein und setzte sich zum Grafiker, der schon  im Waggon saß.
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