Claudias Kinoempfehlungen im Juli/August
#Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Kino
Ein Hoch auf die Ehe – Man kann diesen Kino-Sommer drehen wie man will, er ist eine Lobeshymne auf die Ehe. Na gut, man kann auf ganz verschiedene Arten loben ...
KROOS
AB 04.07. / CINECITTA
Hätte er sich besser mit den Bayern verstanden, würde die Doku vielleicht „Der Toni“ heißen. Aber der Mittelfeldspieler war eher Bayer Leverkusen mit seinem Trainer Jupp Heinckes und danach: Real Madrid. Die Bayern tauschten ihn gegen einen Xabi Alonso ein, dem zusehends die Kräfte schwanden, während Kroos – wenn er seinen Vertrag erfüllt – neun (!) Jahre lang Rhythmuskontrolleur von Real wird. Er ist nicht schnell, nicht groß und kein Extrovertierter, aber bei Ecken und Freistößen wichen alle Bayern zurück, die wurden vom jungen Toni Kroos geschossen.
„Das wird ein ganz Großer“, sagte damals einer zu mir, wir nickten und diskutierten seine Hautprobleme. Zwölf Jahre später scheint er der Kroos im Glück und sich dessen bewusst. Gewaltige zwei Stunden ist die Doku über ihn und so professionell wie er. Ein ganz feiner Mix aus Information und Impression, so normal wie der Spieler und doch unglaublich privat von früher bis jetze als Ehemann und Papa. To whom it may concern: FCB kommt nicht so gut weg.
TEL AVIV ON FIRE
AB 04.07. / CASABLANCA + CINECITTA
So ist das mit den Telenovelas, den Soaps und den Serien in aller Herren Länder: Die Frauen kleben vor dem Bildschirm, die Männer schütteln mit dem Kopf. So auch Assi, israelischer Grenzbeamter und verkappter Poet. Auch seine Gattin schaut den Straßenfeger „Tel Aviv on fire“. Der Palästinenser Salam, jung, nett und zu nichts zu gebrauchen, ist zu seiner Überraschung Drehbuchschreiber und passiert daher jeden Tag die Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland. Dadurch bekommt Assi das Drehbuch in die Finger, nutzt seine Position aus und – hat famose Ideen.
Hübsche Verkettungen, absurde Konstellationen, vom Leben direkt in die Serie. Charmant, aber spannungsfrei wird der Nahostkonflikt als große romantische Posse präsentiert. Liebe, Hummus, Pflicht und alle Augen auf das Hochzeitsfinale.
UNSERE GROßE KLEINE FARM
AB 11.07. / CASABLANCA + CINECITTA
Träumen für eine bessere Welt. Solche Filme sind immer ein Wagnis, besonders, wenn es um Landwirtschaft samt utopischer Bewirtschaftungsidee geht. In letzter Zeit gab es öfter mal Menschen, die sich beim Reisen um die Welt so in Szene gesetzt haben, dass es einem großen Publikum gefiel. Ein netter Egotrip, aber das hier ist eine größere Nummer: 81 Hektar Land im Niemandsland eine Stunde nördlich von Los Angeles.
Das Gute: Ein kreativer Tierfilmer ist Teil des Paares, das sich auf das Wagnis einlässt. Einem Hund haben sie ein gutes Leben versprochen und so verließen Molly und John Chester die Stadt. Es entstand diese Doku voller süßer Comicideen, die so schnell erzählt wird, dass sie uns alle mitreißt und wir Ja! brüllen zu all diesen schrägen Ideen. 75 Sorten Steinobst und Tiere aller Art. Diversity rules! Präsentiert wird mit umwerfenden Bildern: eine Ehe wie früher.
ES GILT DAS GESPROCHENE WORT
AB 01.08. / CASABLANCA
Sie sind eine Seltenheit, diese Filme. Handwerklich gut gemacht, exzellente Dialoge, eine klare Geschichte, klare Struktur und eine schöne Handschrift. Ich komme bei ES GILT DAS GESPROCHENE WORT nicht aus dem Schwärmen raus. Nach dem Film kennen wir Baran und Marion ungefähr so gut wie Toni Kroos. Simpel und ehrlich steht er da, ein Kurde in der Türkei, erst auf der Suche nach einem Job im Touristenmoloch, dann nach einer Frau, die ihn rettet und am liebsten mit nimmt. Marion ist Pilotin, hat gern alles unter Kontrolle. Sie fliegt mit ihrer Affäre (Godehard Giese) in die Türkei und begegnet Baran nur flüchtig. Man muss diese Marion erleben, das Spezielle an ihr, fantastisch gespielt von Anne Ratte-Polle. Nicht minder beeindruckend: Arman Uslu. Meine Favoriten-Ehe! Wie Ehe? Ja, die beiden heiraten.
PHOTOGRAPH
AB 08.08. / CASABLANCA
Vor einem Monat ging es in Tel Aviv nur um die Hochzeit. Das ist in Mumbai nicht anders, wenn man eine Großmutter wie Rafi hat. Rafi ist Touristenfotograf, arbeitet fleißig, will aber nicht heiraten. Also setzt die Oma „mit dem Herz einer Mutter“ die Medikamente ab, um eine Beschleunigung bei Rafis Partnerwahl zu erreichen. Dieser tischt Oma Didi eine dicke Lüge auf. Er als verschrumpelte Unterklassen-Rosine soll mit der schlauen Miloni aus gutem Hause – … das glaubt doch keiner. Rafi und er gaukeln der Oma was vor, doch nach und nach wird die Oma Mittel zum Zweck. Obwohl der Regisseur der gleiche ist wie beim romantischen, typisch indischen „Lunchbox“, passiert PHOTOGRAPH langsamer, sogar spröde. Im Winter zeigte „Die Schneiderin der Träume“ wie durchlässig die Klassengrenzen sein können, hier sind sie hart wie Beton. Zwei im luftleeren Raum. Und eine Hymne für alle Omas!
UND WER NIMMT DEN HUND?
AB 08.08. / CINECITTA
Als wär das Kinoprogramm ein geschlossenes Ganzes kommt jetzt die Schattenseite. Nach all den schönen Ehen nun das Ende von einer. Ulrich Tukur hat – viva Klischee - eine 30 Jahre Jüngere. Während er also die Ehe an die Wand fährt, fährt seine Gattin Martina Gedeck das Auto gegen die Garage. Obwohl sie sich nicht aufregen wollte. Man verletzt sich und redet – mit professioneller Hilfe – darüber, wieso man gemeinsame Jahrzehnte jetzt weg wirft. Auch wenn jeder bald einen Neuen hat, weiß man dank eines exakten Drehbuchs und einer überzeugten wie überzeugenden Leistung der Darsteller nach einer knappen Stunde nicht, wie es ausgeht. Das ist einerseits ein Kompliment, andererseits: Geht es denn überhaupt zu Ende, geht irgendwas zu Ende? Schaut es Euch an in einem tollen, berührenden Film.
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