Theobald O.J. Fuchs: Raumanzug
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Dieses Jahr feiert die Mondlandung 50sten Geburtstag. Für mich ein Grund, eines der vergessensten Kapitel der Raumfahrtgeschichte aufzuschlagen: Was trugen der Astronaut eigentlich privat, wenn er nicht gerade seiner Arbeit auf dem Mond nachging?
Die Vielfalt der Menschen, die bis zum heutigen Tage ihre Schuhe auf den Mondboden setzten, ist eine recht begrenzte: Zwölf US-amerikanische, hellhäutige, zumeist rotblonde notorisch männliche Personen im Alter von dreißig bis fünfzig Jahren. Zu allem Überfluss hatten auch noch alle denselben Beruf: Astronaut.
Damals war es noch nicht üblich, dass ihnen auf ihren Fahrten durchs All Kleiderungsvorschriften gemacht wurden. Vielmehr galt damals selbst bei der NASA: So unterschiedlich die Charaktere, so verschieden der Modegeschmack. Neil Armstrong beispielsweise bestand hart-
näckig darauf, bis weit in den Mondvormittag seinen Raumschlafanzug anzubehalten. Solange er sich in der Kapsel befand, brachten ihn keine zehn Mondkälber dazu, sein Raumschiffpantoffeln auszuziehen.
»Draußen nur Kännchen«, pflegte er zu scherzen, wobei er den luftleeren Raum meinte, durch den sich die Kapsel mit den drei Pauschal-Astronauten pflügte. Bei der NASA wird nur ungern darüber gesprochen, aber Buzz Aldrin nörgelte während des gesamten Fluges an Armstrongs Garderobe herum. Über fast eine Million Kilometer lang. Lange wurden diese Streitgespräche vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Aber heutzutage kriegen die Leute halt alles heraus, also sogar das.
Aldrin war »gute alte Schule«, das war weithin bekannt. Keinem noch so unangekündigten Besucher bei Aldrins zu Hause wäre es gelungen, Buzz nicht im weltraumblauen Dreiteiler mit Sternenmuster und mit einem absolut schwerelos geknüpften Krawattenknoten anzutreffen. Somit auch unterwegs: Aldrin trug stets einen tadellos passenden Raumanzug mit Raumeinstecktuch und entsprechend farblich abgestimmtem Weltallschlips. Armstrong hingegen – ein Schlumpumpi, wie er im Handbuch für Landefähren steht. Ein bisschen Krümel hat‘s natürlich überall, auch in den besten Haushalten. Daran hätte sich niemand gestört, wirklich. Denn auch bei der NASA galt nichts anderes als: »In die Hose geht der letzte Tropfen«, vor allem, wenn man im Inneren eines Druckanzugs eine Dose Bier aufmacht. Daher auch das absolute Alkoholverbot bei Bauarbeiten auf dem Mond.
Armstrong jedoch lief herum wie ein Landstreicher. »Wie ein langhaariger Hippie«, so fluchte Aldrin, dem schon in recht frühen Jahren das Haar auszugehen begonnen hatte, »oder ein absolut Vakuum-drogensüchtiger – wir betreiben hier ernsthafte Mondfahrerei und kein Freizeit-Camp für gottverdammte Peaceniks«. Ein Ausspruch, der live im amerikanischen Fernsehen übertragen und praktisch über Nacht legendär wurde. Seine Fans bemühten sich, Armstrong zu verteidigen. Dass es tatsächlich sehr eng sei in dieser Kapsel, zwei Kubikmeter stünden ihm zur Verfügung, argumentierten sie, mehr nicht. Obwohl es ja »Raumfahrzeug« heißt. Daher sei es außerordentlich gemütlich dort drin, angenehm warm, kuschelig, halbdunkel (jedenfalls auf der Seite, die von der Sonne wegschaute) und Regen und Schnee seien prinzipiell nicht zu erwarten. Deswegen sei absolut verständlich, dass Armstrong in seiner Freizeit sich nicht kleidete, als müsse er jeden Moment dem Präsidenten der Vereinigten Staaten die Hand schütteln. Das würde er nach der Landung tun und bis dahin sei genug Zeit, sich in Schale zu schmeißen. Und dabei hoffentlich keine lebenswichtigen Apparaturen zu beschädigen.
Der klare Himmel war in so einem Gefährt sozusagen fest eingebaut, in 100.000 Kilometer Höhe über der obersten Wolkenschicht. Und das Beste: es war absolut windstill im Kommandomodul, als wären sämtliche kosmischen Geschwindigkeiten nur Einbildung.
Nicht zuletzt wegen der immensen Aufmerksamkeit, die die Mondlandung weltweit genoss, hatte sich die NASA bemüht, vor den Kameras ein modisches Desaster zu vermeiden. Eine eiserne Regel lautete, dass sich nur zu Zeiten umgezogen wurde, zu denen das Schiff der amerikanischen Raumfahrer über der erdabgewandten Seite des Mondes flog, wo wirklich niemand spannen konnte. Nicht einmal die Russen, die natürlich alles versuchten, um die Amerikaner beim Wettlauf um den coolsten lunaren Dress zu besiegen. Wir alle wissen ja, wie das Rennen ausging.
Schließlich gab es da noch diesen dritten Typen, der mitflog, kein Mensch erinnert sich mehr an seinen Namen, Collins, oder so ähnlich hieß er, aber nicht Phil, das ist dieser unerträglich aufdringliche Musiker, und nicht der dritte Typ im All – egal, nennen wir ihn der Einfachheit halber »C«. C. hatte nämlich ohne Wissen der Anderen einen Werbevertrag mit Wrangler‘s Jeans-Moden abgeschlossen. Und so kam es dazu, dass Armstrong und Aldrin, im Verlauf der Landung ununterbrochen miteinander zankend, schlussendlich die Mondoberfläche betraten und sich die Weltraumspaziergangs-Hosen einsauten, während C. in der stur den Mond umkreisenden Kapsel einen der berühmtesten Werbespots der Fernsehgeschichte drehte. Im Verlaufe dessen er auch die berühmten Worte äußerte: »Ich fragte nicht, was der Mond für mich tun könnte, sondern umgekehrt was ich für den Mond tun kann! Die Antwort lautete natürlich auf beide Fragen: Nichts. Aber Hauptsache, ich trage hier diese todchicen Jeans von Wrangler‘s.«
Dann steckte sich C. erst einmal – so etwas ging in den 60er Jahren noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen – eine kubanische Zigarre an. Und wenn sie nicht gelandet sind, dann kreisen sie noch heute …
UND WAS MACHT THEO WIRKLICH UND SONST SO?
Naja, immer nicht so viel. Ein bisschen Forschung und so, hier und da mal irgendwas lehren. Wissen wir nicht so genau, ist auch egal.
Ansonsten wälzt er sich im Ruhm und lässt sich bewundern, denn seine Sucht ist die nach Aufmerksamkeit.
THEOS TERMINE IM MÄRZEN:
Rosenmontag, zwei oder drei Schlachtschüsseln, ein Umzug, vier Geburtstagsfeiern. „Leicht mach ich mir‘s jedenfalls nie!“, untermauert er verbissen seine Aktivitäten.
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