Claudias Kinoempfehlungen im Februar

FREITAG, 1. FEBRUAR 2019

#Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Kino

Wie gut ist eure Beziehung? Der eine liebt den Erfolg, der andere Marienkäfer. Dann kommt der Dritte und ist auf eine Tasche voller Geld fixiert. Was würde passieren, wenn wir die Autoren, die dominanten Mütter und hilflosen Väter fragen, wie gut ihre Beziehungen sind? Seht selbst.

FRÜHES VERSPRECHEN
AB 07.02. // CASABLANCA + CINECITTA
Die innigste Beziehung im Leben eines Menschen ist die zu seiner Mutter. Viele antworten da mit „Ja, aber“. Männer geben ihrer Frau Mama gerne wortlos ein frühes Versprechen, dass sie sie auf eine Empore heben und nur sie zum Maß aller Dinge erheben. Dieser relativ lange Film dokumentiert eine solche, ziemlich irre Konstellation im letzten Jahrhundert. Charlotte Gainsbourg, immer noch eine der ausdrucksstärksten Frauen auf Leinwand, weiß schon in den Zwanzigerjahren, dass ihr Kleiner ein Mann von Welt werden wird. Ihre Erwartungen an einen Achtjährigen sind riesig. Aber da sie diese so selbstverständlich formuliert wie einen Einkaufszettel wird sich das Schicksal fügen. Mutter und Sohn ziehen sich an und stoßen sich für kurze Zeit ab. Das Mammutwerk, das sich zunächst recht bescheiden präsentiert, ist eine wahre Geschichte, die kaum zu glauben ist. Der erfolgreiche Autor Romain Gary ist französische Literatur und hat posthum das Glück, vom fantastischen Pierre Niney dargestellt zu werden. Wer „Frantz“ gesehen hat, hat Niney nicht vergessen. Alle anderen haben jetzt die Gelegenheit, ihn kennenzulernen und zu sehen, wie er es schafft, sich der Lächerlichkeit preiszugeben und würdevoll zu bleiben. Ein toller Film, der dich mitnimmt in eine eigenwillige Welt.
 



HAVE A NICE DAY
AB 07.02. // CASABLANCA
Wir vom curt mögen es ja gerne auch mal kryptisch. Daher fand dieser Animationsfilm mit dem schönen Titel seinen Weg auf diese Seite. Entspannt mit einmal kurz winken wird es hier nicht. Denn dieser Liu Jian ist ein rechter Tausendsassa, der in China gern mal auf die Kacke haut. Als Künstler darf man das, da merken die Leute nicht so schnell, dass man die Zustände im eigenen Land kritisiert. Bei dieser Jagd nach schnödem Mammon tobt sich der 49-jährige Selbermacher aus. Da geht es um missglückte Schönheitsoperationen und eine olle Tasche voller Scheinen, die stets den Besitzer wechselt und immer mehr Unheil auslöst. Kaum zu glauben, aber der Mann hat diesen Berlinale-Beitrag beinahe im Alleingang bewerkstelligt. Dazu verschenkt er seinen bösen Humor, vergräbt hier und da Sarkasmus und hat Tiefgang. Atemlos, dadaistisch und optisch auch mal realistisch macht es Liu Jian, wie er es braucht. Und zwar ohne Rücksicht auf Konventionen. Daher riss sich der Mainstream auch nicht um sein Werk. Seid froh, dass Ihr diesen ruppigen Stil jetzt zu sehen bekommt.  
 


GLÜCK IST WAS FÜR WEICHEIER
AB 07.02. // CINECITTA
Wenn die Schwester todkrank ist, kann man schon mal auf komische Ideen kommen. Niemand will, dass jemand stirbt, dem man stark verbunden ist. Jessica ist 12, ihre Mutter ist seit elf Jahren tot, der Vater hilflos, die Schwester stirbt vermutlich an einer Lungenkrankheit. Nebenbei ist Jessi nicht eben eine Schönheit. Im Gegensatz zu Schwester Sabrina. Die Regisseurin hat nicht gespart mit schwerem Gepäck für das junge Mädchen. In ihren Tigerkrallenhausschuhen schmiedet die Kleine Pläne zur Rettung der Großen und kämpft gegen zahlreiche Neurosen. Ihr Papa, ein Bademeister, ist stets bemüht, seine Verzweiflung zu verstecken. Jeder driftet in eine andere Richtung ... Auch wenn der Film vieles ansprechen will, tritt er auf der Stelle. Erstaunlich, wie inbrünstig die deutsch-rumänische Regisseurin den Gedanken illustriert, dass man einem Mädchen helfen kann, wenn man nur einen Jungen findet, der mit ihr schläft und sie dadurch erlöst. Geschmackssache.
 


 
DIE WINZLINGE – ABENTEUER IN DER KARIBIK
AB 21.02. // CINECITTA
Manchmal macht es Sinn, Filme alleine anzuschauen. Wer wollte schon dabei sein, wenn ich ständig „Och!“ und „Ouhh!“ mache. Aber es geht nicht anders bei diesen Marienkäfern, Ameisen und anderem kleinen Getier. Diese allzeit schweigenden Winzlinge, die lediglich keck Geräusche machen (über den ganzen Film!) sind so süß. Dabei erleben sie scharfkantige Realität. Bei einer solch universellen Geschichte – auch – über skrupellose Bauherren, ist klar: Dies ist kein Kinderfilm! Das Regie-Duo Hélène Giraud und Thomas Szabo präsentierte vor zwei Jahren schon die Reise in einer Zuckerdose, diesmal durften sie eine Nummer größer denken und landeten in der Karibik. Das macht Sinn, denn wenn man mit realen Landschaftsbildern arbeitet und ein wenig Geld in der Kasse hat, würde ich auch Guadeloupe Castrop-Rauxel vorziehen. Thema bleibt der Mut der Marienkäfer, der Mut der Kleinen. Herausgekommen ist wieder ein zauberhafter Ausflug in eine märchenhaft stille Welt. Ein Ausflug, der jedem gefallen wird, der Augen und Herz hat.
 



CAN YOU EVER FORGIVE ME?    
AB 21.2. // CASABLANCA & CINECITTA
Regelmäßige Einkünfte oder gar eine anständige Belohnung ist nichts Selbstverständliches im Leben derer, die schreibend ihr Geld verdienen. Hier und da kommt deshalb immer mal wieder einer auf die Idee, seine Artikel ein wenig zu schönen oder einfach frei zu erfinden. Klappt ja, wie wir jüngst beim Spiegel gesehen haben. Da war es weniger lustig als bei der vor wenigen Jahren verstorbenen amerikanischen Autorin Lee Israel, deren Biographie nun im Kino gezeigt wird. Sie hat es erst auf ehrliche Art versucht, schrieb Portraits über bekannte Persönlichkeiten wie Katherine Hepburn, war gut im Geschäft. Blöd, wenn du plötzlich nicht mehr den Zeitgeist triffst, obwohl du dich in den Achtzigerjahren befindest. Ihre Idee, alte Briefe zu fälschen, funktionierte so gut, dass Israel oft erklärte, dass die Monate als Fälscherin die besten ihres Lebens waren. Auch dank eines freundlichen Freundes. Es macht schon Spaß, diesen beiden, ihr und ihrem Komplizen Jack (Richard E. Grant), bei ihrer diebischen Freude zuzusehen. Vor allem ist es aber schön, mal wieder eine richtige Geschichte im Kino zu sehen – bei der Melissa McCarthy endlich ruhiger agieren darf und nicht brachialen Humor präsentieren muss wie sonst. Tipp!
 



WIE GUT IST DEINE BEZIEHUNG?
AB 28.02. // CINECITTA
Bei manchen Regisseuren jubelt man, wenn sie einen neuen Streich planen. Ralf Westhoff hat mit „Shoppen“ und „Der letzte schöne Herbsttag“ zwei schöne Beziehungsfilme gemacht, einer lustig, der andere melancholisch. Nun arbeitet er wieder mit Allzweckwaffe Julia Koschitz und dem immer witzigen Friedrich Mücke. Kann nichts schiefgehen. Die beiden sind seit fünf Jahren ein Paar, verbringen ihre Abende gerne auf dem Sofa und haben das bis dato nicht hinterfragt. Durch eine kleine berufliche Unruhe kommt das eingespielte Team aus dem Tritt. Auch die auf Fremdgehen beruhende Trennung seines besten Freundes macht Steve nachdenklich, ob die Seine noch glücklich mit ihm ist. Ein Tantra-Lehrer und ein mäßiges Drehbuch verursachen einen vorhersehbaren Dominoeffekt. Alles, wirklich alles, was an Zweifeln und Missverständnissen folgt, lag eingestaubt auf dem tiefsten Grund der Klischeekiste. Ein Rätsel, wie man mit der Besetzung nicht über Fernsehfilm-Niveau hinauskommt. Aber Westhoffs „Wir sind die Neuen“ fand ich eigentlich auch schon grauenvoll.
 



 




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