Theater Wegweiser Dezember/Januar

SAMSTAG, 1. DEZEMBER 2018

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“Sommernacht zur Weihnachtszeit und Macbeth mordet auch schon wieder” oder “Wie die Theater in Nürnberg, Erlangen und Fürth den Jahreswechsel knallbunt illustrieren.”

Zum Jahreswechsel wird am Theater abwechselnd beschert, geprostet, gemordet und geträumt: Was im Dezember der unvergleichliche William Shakespeare mit seinem blutigen Drama „Macbeth“ im Schauspiel und der sprungbereiten Komödie vom „Sommernachtstraum“ fürs Tanztheater (Goyo Montero und seine Compagnie übernehmen mit vorerst zwölf Opernhaus-Vorstellungen für geschätzte 13.000 Besucher die Aktivitätsspitze) nahezu alleine schafft, teilen sich im Januar eine Revue-Operette der 1930er Jahre und die aktuelle Romandramatisierung der „fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens“ von 2017. Es gibt aber auch Einladungen wahlweise zum Verlieben oder zum Gruseln in der Tafelhalle, Brecht und Borchert in Erlangen, Familienbelustigung und Musical-Tanzshow in Fürth und Krippenspiel mit Lachgas in Gostenhof. Hundert Vorstellungen sind allein am Staatstheater im Vorverkauf, nochmal so viele an den Spielstätten drumherum. Und das Markgrafentheater feiert ab Januar 300. Geburtstag.
 
 
STAATSTHEATER NÜRNBERG

PREMIERE: Klassisches Mörderspiel, das aus keinem modernen Spielplan wegzudenken ist: Shakespeares MACBETH lässt sich im Königs-Ranking wieder von seiner ehrgeizigen Lady ins Unheil hetzen. 1996 war Michael Hochstrasser der gemütsschwere Held (in Regie von Holger Berg), 2011 brachte Verdis Musiktheater nach Shakespeare das Opernhaus-Debüt von Regisseur Georg Schmiedleitner. Jetzt ist wieder das Original dran – oder zumindest dessen Sprachkunst-Bannkreis. Erstmals inszeniert hier Philipp Preuss, der an der Berliner Schaubühne im Studio mit Camus‘ „Der Fremde“ und Bernhards „Kalkwerk“ erfolgreich ist und in Leipzig 2019 erst in einer Disco produziert und dann mit Kleists „Prinz von Homburg“ auf die große Bühne zieht. Ein Sechs-Personen-Ensemble ohne eindeutige Rollenzuweisung (Julia Bartolome, Lisa Mies, Felix Mühlen, Yascha Finn Nolting, Raphael Rubino, Sascha Tuxhorn) nähert sich dem düsteren Schlachtfest mit schottischer Schlosskulisse.  
Premiere: 8. Dezember im Schauspielhaus. Weitere Termine 13./18./21./30. Dezember und 10./13./19./24. Januar.

PREMIERE: Die Ballade vom Erlkönig ist eindeutig nicht von Shakespeare, aber Goyo Montero nennt für seine Tanztheater-Uraufführung A MIDSUMMERNIGHT‘S DREAM das geläufige Goethe-Gedicht als Keimzelle seiner Frage „Was geschieht, wenn ich das Liebste verliere?“. Die Antwort, nachgeschlagen bei Shakespeare, formt komische Situationen und tragische Missverhältnisse, bewegt sich in realen und erträumten Welten und schwört dabei auf „Treue gegenüber dem Original“. Was kaum Platz für Woody Allens erotische Gedanken zum Shakespeare-Thema lässt, aber kein Hinderungsgrund ist für eine weitere Auftragsarbeit an E-Komponist Owen Belton (E wie Elektro), dessen Uraufführung mit live von den Philharmonikern gespielter Klassik von Mendelssohn-Bartholdy, Schubert, Schumann und Brahms kommuniziert. Aus 22 Personen besteht die aktive Tanz-Compagnie, die den dritten Shakespeare der elfjährigen Nürnberger Montero-Ära (nach „Romeo und Julia“ und „Desde Otello“) und den ersten mit Goethe-Garnierung anpeilt. Natürlich sind wir gespannt, wie das Dichter-Duo so spät (in der Regel ab 19:30 Uhr) durch Nacht und Wind reitet.
Premiere: 15. Dezember im Opernhaus. Weitere Termine 18./20./22./25. und 28. Dezember und 13./18./22./24./28./31. Januar.

PREMIERE: Venedig, Nizza und Paris sind die dekorativen Handlungsorte, aber das Temperament von Paul Abrahams BALL IM SAVOY deutet klar aufs Berlin der Dreißigerjahre. Die flotte Revue-Operette im selbstbewussten Nachhall der tollen Zwanziger kokettierte mit Jazz und Jux, wurde offiziell verboten, hatte nach der Nazi-Herrschaft ein spießiges Comeback im übergestülpten Schnulzensound der Bundesrepublik und durfte erst in den letzten Jahren wieder so frech sein wie früher. Die aufregenden Arrangements von Kai Tietje, 2012 für die Berliner Komische Oper entstanden, werden in Stefan Hubers neuer Inszenierung abwechselnd von drei Dirigenten betreut. Volker Hiemeyer steht bei der Premiere am Pult. Das gurrende „Toujours  l‘amour“ klingt, wenn die richtigen Wimpern klimpern, wieder wie eine individuelle Unverschämtheit, und weil das nur mit besonderer Begabung funktioniert, treten in Nürnberg als Gäste in den Hauptrollen die sonst eher in der Tafelhalle bejubelten Geschwister Pfister mit viel Travestie-Turbulenz an. Der Ursli ist das Glamourgirl, das Fräulein Andreja Schneider der Türke mit Bart, Toni bleibt Toni. Dazu auch ein Kommentar hier auf der Website.
Premiere: 19. Januar im Opernhaus. Weitere Termine 23./27. Januar.

PREMIERE: Ein dickes Buch wird zum kleinen Theaterexperiment. Roman Ehrlichs 640-Seiten-Fiktion DIE FÜRCHTERLICHEN TAGE DES SCHRECKLICHEN GRAUENS nimmt Teilzeit-Hausregisseurin Anne Lenk (ihr Nürnberg-Debüt „Die Möwe“ bleibt im Spielplan spannend und umstritten) für ein Solo von Tjark Bernau. Er arbeitet schon seit zehn Jahren an mehreren Bühnen mit ihr und Spartendirektor Gloger. Lenk hatte soeben mit Becketts „Endspiel“ Münchner Premiere, nun will sie die aus den Romanseiten quellende Angst als Lebensgefühl unserer Tage fixieren. An einem Stammtisch, der die persönliche, vielleicht zeitgeistbedingte Furcht von der Quelle zapft, wird in Bekenner-Anekdoten das Material gesammelt für ein Horrorkino-Drehbuch. Was natürlich schiefgeht. Aber es muss sein, denn der Autor findet in jedem abendlich beleuchteten Wohnzimmer „den blanken Horror“ und sagt, darüber einen Film zu drehen sei jetzt und heute keine Unterhaltung, sondern Dokumentation. Eine Kletterpartie auf mehreren Erzählebenen.
Premiere: 18. Januar in der 3. Etage Schauspielhaus, der ehemaligen BlueBox. Weitere Termine 20./23./31. Januar.

PREMIERENFRISCH IM OPERNHAUS: Die große Welle moderner Inszenierungen des fabelhaften Fließband-Komponisten Georg Friedrich Händel, die von Peter Konwitschnys radikal kargen Dramen-Deutungen in der Händel-Stadt Halle/Saale bis zu den süffigen Popspektakeln der Bayerischen Staatsoper reichten, ging an Nürnberg nahezu spurlos vorbei. Jetzt hat Intendant Jens-Daniel Herzog das vernachlässigte Genie zu einem Schwerpunkt der nächsten Jahre erklärt – und mit der Platzierung von XERXES gleich ein besonders wirkungsvolles Stück von ihm angesetzt. Das Liebesverwirrspiel, das auf verschnörkelten Wohlklang, Knalleffekt und absurden Humor setzt, lässt einen König durch seltsame Affären taumeln.
Regie führt die 2009 in Bordeaux gegründete Performance-Gruppe Clarac-Deloeuil>Le Lab, die (in Brüssel, Paris, Barcelona) bevorzugt mit Video- und Lichtdesignern arbeitet. Der Lautenspieler und Dirigent Wolfgang Katschner, ein Spezialist der Alten Musik und hier am Opernhaus zuletzt mit Monteverdis „Rückkehr des Odysseus“ befasst, studiert mit der Staatsphilharmonie Annäherungen an den eher ungewohnten Händel-„Originalklang“ ein. In der Titel-Hosenrolle ist die Mezzosopranistin Almerija Delic zu erleben.
Termine: 8./16./23./27./30. Dezember und 11./21./25./29. Januar im Opernhaus.

SPIELPLAN-HÖHEPUNKT: Nach zehn Jahren Krieg ist Troja ein Trümmerfeld, das die Sieger in ihrem Gewaltwahn aber nicht ruhen lässt. Überlebende Frauen werden verschleppt, das Ungeheuerliche produziert ständig neue Ängste über „das Fremde“. Mit DIE TROERINNEN von Euripides schließt Jan Philipp Gloger eine Nürnberger Spielplan-Lücke, die „zeitlose“ Antike gehört hier zu den Raritäten. Die überwältigend stimmige Thriller-Inszenierung mit dem Hauch von Hitchcock-Witz ist ein Duplikat samt Upgrade, sie entstand in erster Fassung am Staatstheater Karlsruhe und die Übernahme wird mit der Uraufführung eines Textes von Euripides-Übersetzer Konstantin Küspert neu positioniert. Der POSEIDON-MONOLOG ist die programmatische Enttäuschungsrede des Meeresgottes über das Versagen der Menschheit. Michael Hochstrasser wirft Giftpfeile in offene Wunden. Dann kommt die Königin auf Abruf, die grandiose Annette Büschelberger in der Rolle der zerfallenden Majestät Hekabe – mit Handtaschenbewaffnung wie Frau Thatcher, verzweifelt aufgebäumter Restwürde und dem Zusammenbruch am Abgrund, der alle verschluckt. Mit Pauline Kästner (Kassandra), Julia Bartolome (Andromache), Thomas Nunner (Menelaos) und Sascha Tuxhorn (der Unglücksbote Talthybios als Volkes schwankende Stimme) tritt ein neu gemischtes Ensemble in Bestform an. Die beste Aufführung an diesem Haus seit Stefan Otteni mit Handkes „Immer noch Sturm“ überraschte. Das muss man sehen!
Termine: 9./29. Dezember und 12./18./26. Januar im Schauspielhaus.

PUBLIKUMSERFOLG: Das war ein echter Fall von süffisanter Harakiri-Selbsteinschätzung, die eigene Lustspielproduktion als „turbulenten Unfug“ anzukündigen. Stimmt, man muss sich auf dröhnendes Gelächter mit Kalauer-Trommelfeuer gefasst machen. Es geht um Diamanten, ein Geldinstitut in der Provinz, viel tollpatschiges Slapstick-Personal und gerne auch ein aus der Horizontalen in die Vertikale verrutschtes Bühnenbild, wie man es allerdings ein paar Wochen vorher bei der Ionesco-Premiere etwas mehr sinnstiftend bereits erlebt hatte. Die Deutschland-Premiere von KOMÖDIE MIT BANKÜBERFALL aus der gelegentlich gesträubten Feder von drei britischen Autoren und zwei deutschen Übersetzern, beruft sich auf den ebenfalls überwiegend kollektiven Humor der Monty Pythons, was von (Über-)Mut zeugt. Die Besetzungsliste wimmelt vor Taschendieben, Trickbetrügern, Häftlingen, Agenten und grenzdebilen Bankdirektoren – dem geradezu logischen Personal für einen Musterkatalog von zwanghaften Zwielichtgestalten. Regisseur Christian Brey arbeitete einst für Harald Schmidt bei dessen „Late Night Show“ und holte einen Kampf- und Akrobatik-Trainer zur Hilfe, um den Pointentumult  zum Lachkrampf mit Salto zu ordnen. Bei der Premiere gab es Flüchtende in der Pause und Jubler am Ende, inzwischen gilt die überdrehte Gaudi sogar als messbarer Publikumserfolg.
Vorstellungen: 2./15./22./31. Dezember (Silvester-Doppelvorstellung) und 5./9./25. Januar im Schauspielhaus.

WIEDERHOLUNG DER STARTPROJEKTE: Die Wiederbelebung des einstigen Bildungsbürgerschrecks Eugène Ionesco, Miterfinder und Serientäter des sogenannten absurden Theaters, der ab den 1960er Jahren Bühnentraditionen mit Rätseldramatik unterminierte, startete die neue Nürnberger Schauspieldirektion. Das gewollt wagemutige Ionesco-Projekt EIN STEIN FING FEUER nimmt die früh für Studio-Experimente berühmten Stücke DIE KAHLE SÄNGERIN und DIE UNTERRICHTSSTUNDE vermischt mit weniger bekannten Texten des Querschlag-Poeten, ausdrücklich als Comeback an der Mülldeponie alternativer Fakten. Es geht um Macht im Spiel, wenn Worte ihren eigenen Sinn-Rohbau lustvoll detonieren lassen. Jan Philipp Glogers ambitioniert amüsierendes Nürnberg-Debüt fällt aus dem Rahmen des Üblichen. +++ Mit Anton Tschechows DIE MÖWE, allseits geschätzter Blick in die (nicht nur russische) Seele, gab die neue „Hausregisseurin“ Anne Lenk (40), die sonst an den ersten Adressen zwischen München und Berlin die Bahnen zieht, ihre Visitenkarte ab. Die Lenk-Regie findet es allerdings vor allem lachhaft, wie sich die Figuren zwischen Hochmut und Wehmut spreizen. „Komödie“ ist das latente Versteckspiel vom Autor offiziell genannt, das Innenfutter der Tragödie schimmert in dieser Version aus fratzenhaften Charakterköpfen in grellsten Farben. Eine neue Generation von verpuppten Tschechow-Prototypen fürs Therapeuten-Schaufenster. +++ Kino-Großmeister Steven Spielberg fetzte die Verfilmung dieser Hochstapler-Story mit dem jungen Leonardo DiCaprio 2002 nach drei „Indiana Jones“-Produktionen hin. CATCH ME IF YOU CAN gehört seither zu den ewig kreisenden Hollywood-Titeln in der TV-Wiederholungsschleife. Die zehn Jahre später entstandene Musical-Fassung  von „Hairspray“-Filmkomponist Marc Shaiman gab dem sympathischen Gauner, der Pseudo-Karrieren als unrechtmäßig praktizierender Pilot, Arzt und Anwalt gegenüber jedem geordneten Leben bevorzugt, noch mal anderen Schwung. Jetzt wird zum Betrug gesungen und getanzt. David Jakobs in der Hauptrolle gehört in der aktuellen Ensembleliste zur Sonderkategorie der extra engagierten „Musical-Darsteller“ – er hat schon die Titelrolle in der Disney-Produktion „Der Glöckner von Notre Dame“ gestemmt. Es wirbelt gekonnt, auch wenn die Musik nicht wirklich explodiert. +++ Mit Klischees des coolen Film noir spielt Autor Alexander Eisenach in seiner Krimi-Story DER ZORN DER WÄLDER, wo ein Privatdetektiv den Spuren eines Verschwundenen folgt. Der Unterhaltungswert von Kieran Joels Inszenierung ist größer als der Erkenntnisgewinn, aber das kann man ja auch als Kompliment interpretieren.
Vorstellungen: Ein Stein fing Feuer am 14./20./28. Dezember und 6./8./20. Januar im Schauspielhaus +++ Catch me if you can am 17./31.Dezember (Doppelvorstellung) und 26. Januar im Opernhaus +++ Die Möwe am 11./17./27. Dezember und 11./14./30. Januar im Schauspielhaus +++ Der Zorn der Wälder am 2./15./19./29./31. Dezember und 5./9./18./25. Januar.

COMEBACK: Es knuspert über die Weihnachtszeit hinaus: Engelbert Humperdincks HÄNSEL UND GRETEL, in der Handlung das typische Gutenacht-Gruselmärchen und in der Musik die zwanghafte Symbiose zwischen Volkslied-Tralala und Wagner-Wuchtbrumme, vereinigt nach wie vor mehrere Generationen im Schein glänzender Augen. Die wiederkehrende Inszenierung von Andreas Baesler versuchte es mit milder Tiefenpsychologie. Das Titelpaar träumt die Hexenjagd und das von der Wiese biologisch einwandfrei ins stubenreine Bürgerleben verlegte Engels-Betthupferl verursacht gewisse Logikbrüche in der Naivität, ergibt aber die Chance zum anderen Blick auf die Männlein im Walde. Irina Maltseva und Julia Grüter sind Brüderlein und Schwesterlein, Jochen Kupfer und Emily Newton die Eltern. Besonders bemerkenswert ist zweifellos die Hexe, denn da wechselt mit Almerija Delic der Händel-Xerxes direkt vom Thron auf den Besen. Der Wind, das himmlische Kind, ist inbegriffen.
Vorstellungen: ab 2. Dezember, dann wieder 9./19./26./29. Dezember und 12./20. Januar  im Opernhaus.

STAATSTHEATER NÜRNBERG
Richard-Wagner-Platz 2-10, Nbg
staatstheater-nuernberg.de



GOSTNER HOFTHEATER

KRIPPALER INFEKT: Vor 18 Jahren war diese umwerfende Impro-Comedy unter dem Stern von Bethlehem ein hundertfacher Erfolg in den Kammerspielen. Im Vorjahr kam DER MESSIAS dann nach Gostenhof und erlöste das dortige Team von allen Quoten-Sorgen im Dezember. Patrick Barlows very british funktionierende Gag-Bescherung für zwei Mimen (Christin Wehner, Helwig Arenz) und einen Pianisten (Boris Stannek) kehrt rechtzeitig für die nächste Runde mit ansteckendem Gelächter von biblischer Größe und heiliger Einfalt zurück – und da hilft keinerlei Krippenschutzimpfung. 2017 waren alle Vorstellungen ausverkauft. Wer jetzt nicht rechtzeitig bucht, wird traurig unter der Tanne sitzen bleiben. Oder muss die zweite Krippewelle im Februar in angebrochener Faschingsstimmung und größerem Hubertussaal-Rahmen buchen. Unter diesem Stern von Bethlehem gilt die gekicherte Parole: O du fröhliche statt Stille Nacht.
Wiederaufnahme: Ab 5. Dezember bis 15. Dezember im Gostner Hoftheater, dann wieder ab 1. Februar im Hubertussaal.

PREMIERE: Eine Doppelspionin, die gleichzeitig für den britischen und den russischen Geheimdienst im Einsatz war, wird nach ihrem Tod (Mord oder Selbstmord?) zum Rätsel für die eigene Schwester. Sie ermittelt, holt sich Hilfe, setzt ein Mosaik aus Intrigen und Halbwahrheiten zusammen. CHIFFREN von Dawn King ist eine bitter endende Thriller-Story voller Überraschungen.
In der Inszenierung von Stephan Hoffstadt (seit dem Jahr 2000 Regie-Gast am Gostner u.a. mit „Die Zofen“ und „Abschiedsdinner“) sind Miriam Kohler, Thomas Witte, Patricia Litten und Markus Frank in wechselnden Rollen zu sehen.
Premiere: 16. Januar. Weitere Vorstellungen (jeweils Mittwoch bis Samstag) bis 9. Februar im Gostner Hoftheater.

GOSTNER HOFTHEATER
Austraße 70, Nürnberg
gostner.de



TAFELHALLE

PREMIERE: Wenn das kein tollkühnes Versprechen ist: co>labs stürzt sich hinein in Zügellosigkeit, Hochgeschwindigkeit und Brutalität. Für GOLDEN RULES – EINE ÜBERLEBENSERFAHRUNG stellen Beate Höhn (Choreographie, Regie) und fünf Tänzer*innen grundlegende Testfragen, die alle mit „Bist du …“ beginnen und dann Begriffe ankoppeln: maßlos, hart, tierisch (gut drauf), aber vor allem „im Hier und Jetzt“. Der Sieger ist fleischgewordenes „authentisch glänzendes, mit allen Wassern gewaschenes Image!“. Die Compagnie mit dem Gründungsmythos der fließenden Verbindung von Tanz und Theater sieht die Bewegung und Sprache „benutzt, abgenutzt, ausgenutzt“. Ja, co>labs steckt in einer depressiven Weltverstimmung, bekämpft die eigene Sehnsucht nach angestaubten Werten mit einem Regelkatalog der Radikalisierung. Gemütlich wird die Aufführung sicher nicht.
Premiere: 6. Dezember. Weitere Termine 7./13./14./16. Dezember in der Tafelhalle.

PREMIERENFRISCH: Ein Versprechen, vor dem man sich auch fürchten kann: „Im Laufe dieses Abends werden Sie sich in mich verlieben“, kündigt der Schauspieler Gunnar Seidel an. Und zwar, wenn schon, denn schon, „über beide Ohren“. Regisseurin Maria Isabel Hagen hat in ihrer „angewandten Theaterwissenschaft“ bereits auf offener Bühne analysiert, wie „das Weinen“ performativ erzeugt wird und verspricht demnächst auch „das Lachen“ unter die Lupe zu nehmen. Jetzt lädt das Brachland-Ensemble zunächst zum VERLIEBEN, was nur erhoffen kann, wer die Sehnsucht kennt. Das Solo bietet dem willigen Zuschauer das großherzige Angebot, „sich dem Spiel hinzugeben“.
Vorstellungen: Am 1./2./19./20./22. Dezember in der Tafelhalle.

PREMIERE: Unter den freien Gruppen der Region ist das SETanztheater von Sebastian Eilers ein Sonderfall. Es lässt sich nicht festlegen, schüttelt Avantgardeansprüche ebenso ab wie Ballettkonvention und Showeffekt, balanciert aber gerne mit Elementen aus allen Bereichen, wenn die Kreativität es gerne mal möchte. Mit dem Projekt DR. CALIMETROFERATU, das vom Stummfilm nascht, soll der Fantasy-Horror der 1922 in allen Kinosälen Schrecken verbreitenden Symphonie des Grauens zum wohlig düsteren Erlebnis werden. Friedrich Wilhelm Murnau wird nicht mehr tanzen lernen, aber vielleicht kommt Klaus Kinskis Geist aus der 55 Jahre später entstandenen Adaption von Werner Herzog hereingesprungen.
Premiere: 17. Januar. Weitere Aufführungen 18./20. Januar und 2./3. Februar in der Tafelhalle.

TAFELHALLE
Äußere Sulzbacher Str. 62, Nbg
tafelhalle.de


THEATER SALZ+PFEFFER

COMEBACK: Der Schwung der Weihnachtsstimmung führt direkt zu den Brückentagen am Jahresende, wie es im Haus am Plärrer von Wally und Paul Schmidt in sechs Vorstellungen geboten wird. Aus dem 2012 erschienenen Bestseller von Jockel Tschiersch hat das Theater Salz+Pfeffer Inspiration für seine Fassung von RITA UND DIE ZÄRTLICHKEIT DER PLANIERRAUPE abgezapft. Es geht im Rahmen einer ungewöhnlichen Deutschlandreise zwischen Allgäu und Ostsee um gar nicht so kleine Träume mit ganz großer Wirkung. Der Arbeiter einer eben in Konkurs gegangenen Kiesgrube rattert trotzig mit seiner heiß geliebten Planierraupe aus Bayerns Voralpen an die Nordostküste der Republik zur Meisterschaft im „Präzisionsplanieren“. Und die flotte Disponentin jagt im entwendeten Porsche hinterher. Dem herzhaften Roman hat die Puppenbühnenfassung einen Rahmen gegeben, der die Fantasie des Zuschauers noch mehr anstachelt – es wird nämlich ein Film über den „Raupen“- Dompteur gedreht. Die Berliner Regisseurin Eva Kaufmann, von der schon „Die Mausefalle“ seit Jahren dauerhaft am Plärrer zuschnappt, inszenierte das multimediale Stück zum Buch.
Termine: 27./28./29./30. und 31. Dezember (zu Silvester 18 + 22 Uhr) im Theater Salz+Pfeffer.

THEATER SALZ+PFEFFER
Frauentorgraben 73, Nbg
t-sup.de



THEATER ERLANGEN

PREMIERE: Bert Brechts drastische Hitler-Parabel DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI von 1941, in Nürnberg mehrfach und 2010 sogar in der Colosseum-Ruine des Reichsparteitags inszeniert, folgt in der Erlanger Neuinszenierung dem Weg zurück zur Quelle. Mafia-Boss Al Capone von 1931 wird in der Materialsammlung zur Produktion gezeigt, aber auch Charlie Chaplins Rede in „Der große Diktator“ von 1940. Zum Festakt der 300-Jahre-Feier des Markgrafentheaters ist jede Interpretation eine Herausforderung, jede Anlehnung der eindeutig kenntlichen Titelfigur in der Gefahr der Verharmlosung. Der Donnerspruch „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ hat nichts von seiner schrecklichen Wahrheit verloren, doch die plakativste Form des Brecht-Theaters kämpft inzwischen mit jeder Premiere um ihre poetische Bedeutung.  
Premiere: 18./27./28. Januar. Weitere Termine im Markgrafentheater.

PREMIERENFRISCH: Die Trümmer des Weltkriegs wurden Zeitgeschichtskulisse, als Wolfgang Borchert sein düster realistisches Kriegsheimkehrer-Drama DRAUSSEN VOR DER TÜR, vom verhungernden Autor als Verlierer-Drama wie ein Vermächtnisschock hinterlassen, in den noch untertourigen Kreislauf der Bewältigungsliteratur impfte. Wie aus den expressionistischen Stilmitteln eine Form gefunden werden kann, die aus der Zeitnähe der Uraufführung ein überzeitliches Gleichnis macht, ist die alles entscheidende Aufgabe jeder Neuinszenierung. In Erlangen inszeniert Maria Sendlhofer eine Zwei-Personen-Fassung, ein Konzentrat des Originals, bei der die Akteure Enrique Fiß (Konzept) und Niklas Handrich (Musik) eben mehr sind als nur „Darsteller“. +++  Salman Rushdies bislang neuester, spannend fabulierender Roman GOLDEN HOUSE von 2017 hat gerade erst die deutsche Bestsellerliste geräumt. Er erzählt von einem Filmemacher, der die dekadent erscheinende Milliardärsfamilie der Goldens (Patriarch Nero und seine erwachsenen Söhne) im New Yorker Nachbarhaus so interessant findet, dass er in ihnen das passende Personal für ein Drehbuch zur Zeitgeschichte sieht. Doch dann nimmt alles unvorhersehbare Wendungen, der amerikanische „Pate“ heiratet eine junge Russin mit undurchschaubarem Hintergrund, das Golden House erbebt in seinem massiven Fundament. Eine Gesellschaft „zwischen Obama und Trump“ gerät unters Vergrößerungsglas der kampflustigen Prosa. Thomas Krupa hatte in Erlangen schon Josef Bierbichlers spröden Text „Mittelreich“ breitspurig auf die Bühne gebracht, nun dramatisierte und inszenierte er diese ganz andere Art von dichterischer Üppigkeit.
Vorstellungen: Draußen vor der Tür am 18./19./21. Dezember im Theater in der Garage +++ Golden House am 12. Dezember und 31. Januar im Markgrafentheater.

GASTSPIEL: Im Roman blättern zu Livemusik, das verspricht das Landestheater Neuss mit seiner Bühnenfassung von Vicki Baums Bestseller MENSCHEN IM HOTEL. Die Autorin lässt im Berliner Hotelfoyer die Gesellschaft der Goldenen Zwanziger zur Katastrophenbeschleunigung antreten: Primaballerina und Baron, Kriegsveteran und Buchhalter, Aktmodell und Generaldirektor – ein Ensemble von Glückssuchern und Verlierern. Marlene Schäfer arrangierte am Rheinischen Landestheater die Szenen eines Buches, das einst die Literaturwelt bewegte.
Termine: 9. und 10. Dezember im Markgrafentheater.

JUBILÄUM: Mit dem Spruch HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ALTES HAUS wird der 300. Geburtstag des Markgrafentheaters gefeiert. Die Serie von Aufführungen („eine Stückauswahl vom 18. Jahrhundert bis heute“ verspricht Intendantin Katja Ott), dazu Ausstellungen, Diskussionen, die Gründung der Erlanger Bürgerbühne und zwei Wochenendspektakel. Zum ersten, an drei Tagen im Januar, erscheint ein Jubiläumsbuch, das die lange Geschichte des Hauses und die relativ kurze des dort existierenden „Stadttheaters“ mit der Frage der Zukunft verbindet. Nach Festakt und Premiere wird am Sonntag nach Matinee mit Jazz-Brunch von Frank Wuppingers Quartett ab 12 Uhr mit Programmspektakel durchgefeiert.
Termin: 18. bis 20. Januar im Markgrafentheater.

THEATER ERLANGEN
Theaterplatz 2, Erlangen
theater-erlangen.de




THEATER FÜRTH

PREMIERE: Kein Stück von, aber immerhin eines nach Erich Kästner: 1931 schrieb der Autor den anrührenden Kinderroman PÜNKTCHEN UND ANTON, in dem zwei Freunde mit sehr gegensätzlichem sozialen Hintergrund im Duo die Erwachsenenwelt aufmischen. Und sogar einen Kriminalfall lösen. Thomas Stang und sein erweitertes Junges Ensemble des Stadttheaters machen daraus großes „Familientheater“.
Premiere: 9. Dezember. Weitere Vorstellungen im Freiverkauf am 21./25./26. Dezember und 13. Januar im Stadttheater.

GASTSPIEL: Das Tanz-Ensemble der London Westend Musical Company bringt Fragmente eines Kultfilms auf die Bühne. Ein bigotter Pfarrer verhängt Tanzverbot über die ganze Stadt, die Jugend lässt es trotzdem krachen – und entlarvt dabei reihenweise die Spießer. Die Show FOOTLOOSE bedient sich etlicher zündender Evergreens aus den 1980er Jahren, die Choreographie dazu ist perfekte Party-Animation.
Termine: 29./30./31. Dezember im Stadttheater.

GASTSPIEL: Arthur Millers amerikanisches Familiendrama vom TOD EINES HANDLUNGSREISENDEN gilt inzwischen als sein haltbarstes Stück, wurde mehrfach verfilmt, wird immer wieder gespielt. Was natürlich auch an der dankbaren Titelrolle liegt. Von Heinz Rühmann bis Dustin Hoffman haben viele Stars nach der tragischen Figur im Wirbel von Lebenslügen und Versagensängsten gegriffen. Nun ist TV-Star Helmut Zierl, Protagonist von mehr als siebzig Fernsehfilmen zwischen „Tatort“ und Inga Lindström, damit auf Tournee. Die Aufführung entstand am Alten Schauspielhaus Stuttgart.
Termine: 9./10./11./12. Dezember im Stadttheater Fürth, am 14. Dezember auch im Markgrafentheater Erlangen.


GASTSPIEL: Bis zum nächsten Internationalen Figurentheater-Festival dauert es leider noch ein paar Monate, aber die Tournee der FAMILIE FLÖZ, die man hier in Franken in diesem Rahmen einst kennen und lieben lernte, kann sicher trösten. Das aktuelle Stück DR. NEST macht Station in Fürth, wo Ende Mai auch das Festival anlegt. Hajo Schülers legendäres Maskentheater schickt den Doktor in eine fiktive Heil- und Pflegeanstalt, wo gespaltene Persönlichkeiten, Dämonen und Wahnbilder an der Ordnung rütteln. Auf der unsichtbaren Trennlinie zwischen „normal“ und „verrückt“ sucht der Neurologe seine Balance, an den stoischen Masken reibt sich die Phantasie des Zuschauers.
Termine: 30./31. Januar im Stadttheater Fürth.

STADTTHEATER FÜRTH
Königstr. 116, Fürth
stadttheater.fuerth.de


 




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