Interview: Karin Rabhansl
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Karin Rabhansls erstes Album trägt den wunderbaren Titel „Mogst schmusn, mia wad’s wurscht“, in einem ihrer Videos spielt Frankens Finest Matthias Egersdörfer die Hauptrolle und ihr neues Album „Tod & Teufel“ geht dieser Tage an den Start. Grund genug, der Karin mal auf den Zahn zu fühlen.
TOMMY: Ein neues Album fühlt sich an wie ...?
KARIN RABHANSL: Achterbahnfahren. Die ersten Songs entstehen, du steigst in freudiger Erwartung in den Wagen ein. Die erste Session im Studio: Der Sicherheitsbügel senkt sich langsam, ein erstes flaues Gefühl im Magen. Die Platte ist im Kasten und wird gemixt und gemastert. Du zuckelst langsam in deinem Wagen den Berg hoch und denkst dir: „Mist, jetzt kann ich nicht mehr aussteigen“. Happy Release Day, die Platte kommt raus – du bist am höchsten Punkt der Achterbahn angekommen. Dann hörst du ein leises Klicken unter dir, jetzt folgt der freie Fall. Du hast Angst, aber dann überkommt dich der ultimative Kick.
Tommy: Hast Du die Musik gefunden oder sie Dich?
Die zentrale Frage in meinem Leben lautet: „Wo spielt die Musik?“ Daher denke ich, ich habe die Musik gefunden. Als Ventil, Ausdrucksweise und weil mich nichts auf der Welt so begeistern kann.
Tommy: Das neue Album trägt den Titel „Tod & Teufel“, und auch Deinen Texten scheint jetzt nicht direkt die Sonne aus dem Arsch. Woher kommt’s?
Ich denke, keinem Menschen scheint permanent die Sonne aus dem Arsch. Auch wenn viele gerne so tun. Meine letzten drei Alben sind eher fröhlich geraten. Ich hatte einfach mal Bock, eine andere Seite von mir auszuleben. Es gibt ja nicht nur eine Karin, sondern mehrere. Wer weiß, was die Zukunft bringt und was sonst noch für Seiten zu Tage treten. Da bin ich selbst gespannt. Nichts ist langweiliger, als sich am Ende selbst zu zitieren.
Tommy: Ist der Wechsel von, sagen wir mal, einigermaßen verständlichen Hochdeutsch und Bayerisch ein bewusstes Stilmittel? Wenn ja: warum?
Das passiert aus dem Bauch heraus. Bayerisch eignet sich wunderbar zum Schimpfen und ist schön derb. Von der Phonation ist Bayerisch dem Englischen sehr ähnlich, klingt runder und eignet sich perfekt für erdige, bluesige Musik. Hochdeutsch hingegen ist härter, aber auch zum Teil etwas lyrischer und luftiger. Die allerersten Songs, die ich je geschrieben habe, waren Hochdeutsch. Ich habe zu der Zeit viel Tocotronic, Tomte und Blumfeld gehört.
Tommy: Was kommt zuerst? Der Text oder die Musik?
Das ist ganz unterschiedlich. Manchmal beschäftigt mich ein Thema total, da steht dann vorher der grobe Text. Manchmal geht mir aber auch eine Melodielinie oder Akkordfolge nicht mehr aus dem Kopf, dann steht die Musik als erstes. Und manchmal habe ich einfach überhaupt keinen Bock, mein Bad zu putzen und schreibe lieber einen Song.
Tommy: Musikalisch frönst Du ja eher dem Eklektizismus. Ist das ein bewusster Prozess oder kommt das einfach so aus Dir?
Als ich während meiner Ausbildung an der Berufsfachschule in Dinkelsbühl angefangen habe, tiefer in die Materie Musik und ihre Theorie einzutauchen, habe ich mich erst mal total verkünstelt. Hier noch eine Bridge, dort noch ein ultrahoher Ton in der Gesangslinie. Ja keine Standard-Chords, das ist ja voll langweilig! Da noch’n Break, hier ’ne Verzierung – alles muss perfekt sein. Irgendwann gingen mir dann Musikalität und Spaß flöten. Ich habe gemerkt, dass mir persönlich oft auch ganz einfache, klare Strukturen bei Songs gefallen. Vorausgesetzt, es gibt eine kleine unerwartete Wendung, die nicht sofort vorhersehbar ist.
Ich seh’s so: Eine gute Hook ist eine gute Hook, man darf’s nur nicht zu platt verpacken. Aber da Musik ja reine Geschmackssache ist, kann man es sowieso nicht jedem recht machen. Wichtig ist, dass es mir am Ende selbst taugt.
Tommy: Nürnberg als Wahlheimat. Kann man machen, aber warum?
Ganz unspektakulär: In Dinkelsbühl habe ich Teile meiner Band kennengelernt. Als die sich gebietsmäßig in und um Nürnberg angesiedelt haben, fiel mir die Entscheidung nicht schwer, ebenfalls hierher zu ziehen. Nürnberg liegt super zentral, man kommt gut und schnell zu jedem Gig. Und Nürnberg nimmt sich glücklicherweise selbst nicht so wichtig, wie zum Beispiel München. Das finde ich sehr sympathisch.
Tommy: Wie empfindest Du die Nürnberger Musikszene?
Für mich ist die Nürnberger Musikszene das reinste Schlaraffenland. In Niederbayern, wo ich aufgewachsen bin, ist das Höchste der Gefühle ein Coverrockabend am Wochenende. Dort wird irgendein beschissener Onkelz-Song von der besoffenen Meute mitgegrölt und danach zum 100.000sten Mal dem „Summer of ’69“ gehuldigt. Deshalb ein Hoch auf Nürnberg, da gehe ich unter der Woche abends auf ein Konzert, alle haben Spaß und feiern. So etwas ist in Freyung-Grafenau undenkbar. Für Nürnberger ist das selbstverständlich, für mich jedoch immer noch ein Riesending. Deshalb kann ich das Gejammer vieler Nürnberger oft überhaupt nicht nachvollziehen: „Wer aus Nürnberg kommt, kann nix werden ...“. Es hängt an so vielen Faktoren, ob eine Musikkarriere funktioniert oder nicht. Da kann man doch nicht seine Heimatstadt alleine dafür verantwortlich machen. Zumal man am Ende des Tages meiner Meinung nach auch einfach verdammt viel Glück braucht … Interessanterweise höre ich von Musikern wie Martti Mäkkelä oder The Black Elephant Band, die seit Jahren auf der Never-Ending-Tour sind, wenig Gemaule. Die machen einfach ihr Ding, starten Projekte, organisieren Konzerte und arbeiten so gut sie können mit dem, was die Stadt und die Region zu bieten haben.
Tommy: Braucht es eine Frauenquote im Musik-Biz?
Ich finde es traurig, dass man diese Frage immer noch stellen muss. Das zeigt, dass es immer noch keine völlige Gleichberechtigung gibt. Mehr Frauen auf Festivalbühnen, mehr Frauen an Solo-Instrumenten – ich gebe Musikunterricht und versuche, meine Musikschülerinnen zu ermutigen, an sich selbst zu glauben und ihr Ding zu machen. Wobei ich leider die Erfahrung gemacht habe, dass ich sie an irgendeinem Punkt verliere. Woran das liegt, versuche ich seit Jahren herauszufinden. Aber zur Frage: Solange immer noch so ein klares Ungleichgewicht herrscht wie im Moment, bin ich klar für eine Frauenquote. Wobei es ja auch positive Beispiele gibt, ganz ohne Quote. Gurr zum Beispiel gehen gerade total durch die Decke. Ich finde die Band total cool und freue mich riesig über ihren Erfolg. Ich denke, es verändert sich gerade etwas, aber es dauert einfach noch seine Zeit, bis das Geschlechterverhältnis im Musik-Biz ausgeglichen ist.
KARIN RABHANSL.
Live am 17. November in Fürth im Kopf und Kragen (mit Julia „Jules“ Fischer und Laura Schwengber) und am
18. Dezember in Nbg im Loft (mit John Steam Jr.). www.karinrabhansl.de
KARIN RABHANSL
Samstag, 17.11.2018 // 20:30h
KOPF & KRAGEN
Theresienstr. 9
90762 Fürth
www.con-action.net
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