Theobald O.J. Fuchs: Kaiser am Telefon / SPECIAL

MONTAG, 5. NOVEMBER 2018

#Comedy, #Interview, #Kabarett, #Kolumne, #Konzert, #Musik, #Theobald O.J. Fuchs

Es gibt Menschen, da freuen wir uns, wenn wir sie nicht sehen müssen, oder sprechen. Denn sie sind emsig und senden uns ihre Texte von selbst, weil sie wissen, dass sie uns gefallen. Hier mal einen Krimi, dort mal ein Kammerspiel oder – wie diesmal – ein Interview mit Roland Kaiser! Immer her damit, danke, Theo!

Der Lampe ist ja Einer, das muss ich hier schon mal sagen dürfen – der ist ein echter Racker. Ich meine, Racker nenne ich grundsätzlich nur sehr wenige Leute. Eigentlich sogar überhaupt keine. Ab und zu sage ich zu meinem Körper »Na, du alter Racker!«, vor allem, wenn ich daran denke, wie sehr ich ihn vermissen werde, falls man mich  irgendwann digitalisiert.
Bloß der Lampe: dieser Racker ist halt eine Ausnahme. Jedenfalls besorgte er mir ein Interview mit Roland Kaiser, der am 8. Dezember in Nürnberg ein Konzert in der Versicherungs-Arena geben wird. Offen gestanden hatte ich mir das Projekt am Anfang ganz anders vorgestellt: Drei oder vier entspannte Stunden in einem Separee des Grand Hotels, zwei Weltstars im lockeren Gespräch. Eine kleine Auswahl lokaler Käsesorten, perfekt temperierter Weißwein, exquisite Singularitäten aus Schokolade. Dazu Zigarren, Streichquartett, Sauna. Aber nix. Am Telefon darf ich meine Fragen stellen, an einem Mittwoch um die Mittagszeit.
Schon ehe ich überhaupt die Nummer wähle, beeindruckt mich der minutiöse Zeitplan: Kaisers Assistentin weist mir den Slot von 12 Uhr 20 bis 12 Uhr 35 zu. Und zu allem Überfluss funktioniert es auch noch! Roland Kaiser, dessen bürgerlicher Name Ronald Keiler eigentlich auch ganz cool klingt, ist offensichtlich besser organisiert als die Bundesbahn. Und umgekehrt ist Pünktlichkeit eh mein vierter Vorname. Nachdem ich durchgestellt wurde, muss er keine drei Sätze sagen, und schon bin ich überzeugt: Dies ist kein Telefonscherz – dieser Mann ist echt. Zudem spüre ich sogar durch den Telefonlautsprecher sein Charisma.
Meine erste Frage beschäftigt sich damit, wie es für ihn war, berühmt zu werden. Ob es auch unangenehme Seiten des Erfolges gab. Roland Kaiser muss nicht lange nachdenken, er hat eine klare Meinung. »Es ist der Wunsch eines Menschen, der in diesen Beruf eintritt, dass er von der Mehrzahl der Menschen erkannt wird. Wenn man hinterher diesen Zustand erreicht hat, dann wäre es ... merkwürdig, wenn man sich darüber beschwert«. Nein, RK hat kein Problem mit dem Bohai, den sein Beruf mit sich bringt.
Und ob für ihn das Singen inzwischen nur noch Routinearbeit ist? »Also wenn Sie auf eine Bühne nur Routine mit hinausnehmen und die auch sichtbar zeigen, haben Sie verloren. Es ist eine Arbeit, die mir unfassbar viel Spaß macht, eigentlich mehr denn je. Natürlich gibt es Dinge, die zur Routine gehören wie der Aufbau einer Bühne und der Ablauf eines Programms, aber die Arbeit als solches darf nicht Routine werden!«
Eine Warnung, die sicherlich auch die Rolling Stones nachdenklich machen würde. RK ist ein großer Fan dieser Band und erlebte das legendäre Konzert 1965 in Berlin, als, wie er sagt, »die Waldbühne nahezu zerstört wurde«. Und: »Witziger Weise spiele ich am kommenden Samstag in Berlin genau in dieser Waldbühne ein Konzert.«
Ob dort auch randaliert werden wird? Diese Frage spare ich mir – wegen Quatsch. RK sah die Band erst vor einigen Wochen im Olympia-stadion und fand es schön, »dass die Stones einen diebischen Spaß bei ihrem Auftritt hatten«. Persönlich getroffen habe er Mick Jagger oder Keith Richards jedoch nicht, das ginge nicht. Schade – finden wir beide!
Was aus ihm geworden wäre, wenn er keinen Erfolg gehabt hätte? RK zögert kurz, als wäre es seltsam, sich mit dermaßen weithergeholten Spekulationen auseinanderzusetzen. Doch freilich hat auch er sich irgendwann entscheiden müssen: Künstler oder anständiger Beruf. »Damals ... hätte ich ins gehobene Management eines Automobilkonzerns eintreten können«, verrät er schließlich. RK entschied sich definitiv für die bessere Variante, denn ansonsten würde er sich heute als Manager mit so sexy Themen wie Dieselmotoren beschäftigen müssen.
Als RK seine erste Single veröffentlichte, steckte das Wort HipHop noch in den Kinderturnschuhen. Meine Hoffnung, gemeinsam mit ihm über Sprechgesang und das dummdreiste Daherkommen der HipHop-“Künstler“ schimpfen zu können, wird aber im Wesentlichen enttäuscht. Kaisers musikalisches Herz ist groß, er lobt es, »wenn junge Leute sich der eigenen Sprache zuwenden«, und findet, »dass es immer für alle von Vorteil sei, wenn neue Künstler die Musiklandschaft befruchten.« Gleiches gilt für die neue Deutsche Popmusik, die Kaiser eindeutig als gut gemacht erkennt und ohne Vorurteile begrüßt. Immerhin tut er mir den Gefallen und gibt zu, dass er selbst sich wohl nicht mehr an Sprechmusik ausprobieren wird.
Ich will selbstverständlich maximal sophisticated rüberkommen, einen investigativen und cleveren Eindruck machen, so dass sich RK am Ende des Tages denkt: »Der Journalist aus Nürnberg, das war mal ein interessanter Mensch, der hatte gute Fragen am Start. Schade, dass wir nur eine Viertelstunde hatten.«
Daher will ich wissen, wie er die Retro-Welle sieht, die derzeit mit der besten Musik der 70ER, 80ER UND 90ER das Land überschwemmt. Kaiser ist kollegial genug, um sich mit Kritik zurückzuhalten, aber überzeugt ist er nicht: »Dass die alten Bands in dem Maße wie aktuelle Künstler funktionieren: das glaube ich nicht. Es gibt ein Beispiel wie die Kelly-Family, da funktioniert das wunderbar, aber die haben sich wieder neu erfunden, das kann man nicht vergleichen. Es gibt ... Festivals, wo Bands aus den 70er und 80er Jahren gemeinsam auftreten. Das hat nicht mehr den gleichen Effekt. Das müssen schon Leute sein, die den Anschluss an Heute gehalten haben. Nur das Gestern zu zeigen, reicht heute nicht mehr aus – eine Symbiose aus dem Gestern mit dem aktuellen Heute, das funktioniert natürlich.«
Da muss ich nun einhaken, denn immerhin singt RK, der 1974 seine erste Single veröffentlichte, bis heute Santa Maria und Joana bei jedem seiner Konzerte! Doch wieder weiß er, was er tut: »Es wäre ja ein ganz fataler Fehler, wenn ich dieses nicht täte. Natürlich spiele ich diese großen Hits. Es ist ja ein Teil der Entscheidung der Menschen gewesen, in mein Konzert zu kommen, weil sie genau diese Titel hören wollen, aber natürlich im musikalischen Gewand von heute, ist doch selbstverständlich.«
Ob er auf diese Weise selbst auch von der Retro-Welle profitiert? »Das kann ich nicht beantworten. Ich weiß nur, dass in meinen Konzerten viele Menschen sind, die Titel mitsingen können, die ich gesungen und geschrieben habe. Da waren diese Menschen noch gar nicht auf der Welt und sie kennen die Titel trotzdem.«
Welches hält RK für sein wichtigstes Lied?, bohre ich unerbittlich nach. Worauf ist er in Hinsicht auf die Nachwelt stolz? Obwohl ich insgeheim denke, dass diese Frage so unsinnig klingt, dass Kaiser mich auslachen wird. Aber ganz im Gegenteil. Er sagt: »Stolz bin ich auf andere Dinge, aber nicht auf Musik. Aber es gibt einen Song, dessen Text ich für mich selbst geschrieben habe: Bis zum nächsten Mal. Das ist ein ganz persönliches Abschiedslied bei jedem Konzert und gleichzeitig ein Versprechen, sich wiederzusehen.«
RK wurde diesen Mai sechsundsechzig Jahre alt. Da muss man nicht in Quantenchromodynamik promoviert haben, um auf die Idee zu kommen, den allseits bekannten Schlager gleichen Alters anzusprechen. RK kannte Udo Jürgens gut, berichtet er. »Er ist ein ganz großer Künstler gewesen, ein ganz großer Entertainer. Und ich singe auf meiner jetzigen Tournee diesen Song. Mit sechsundsechzig Jahren kann ich nur einmal singen in meinem Leben, ein Jahr lang, dann bin ich nämlich 67. Ich habe verstanden, wie dieses Lied gemeint ist, wenn man in diesem Alter ist und das Gefühl hat, jetzt fängt das Leben erst richtig an.«
Am Schluss muss ich freilich noch für den CURT eine Gossip-Fragen anbringen. Einfach nur, um die bizarre Gier unseres Chefredakteurs nach Unterwäsche- und Körperflüssigkeitsanekdoten zu befriedigen. Keine einfache Sache, denn ein Roland Kaiser steht natürlich himmelhoch über solchen erbärmlichen Verlierermarotten. Deswegen spreche ich den berühmten Talkshow-Zwischenfall von 1986 mit Karl Dall an. RK muss nicht lange überlegen: »Wir waren gar nicht zerstritten. Wir haben mittlerweile wieder ein ganz normales Verhältnis. Wenn wir uns sehen, dann sind wir höflich und freundlich miteinander.«

Dies und alles andere zu erfahren, war erfreulich. Womit ich für diesen Monat gesagt habe, was ich zu sagen hatte, und mich nun wieder zu meinen geheimnisvollen und unverständlichen Machenschaften zurückkehren kann.  

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UND WAS MACHT THEO WIRKLICH UND SONST SO?
Naja, immer nicht so viel. Ein bisschen Forschung und so, hier und da mal irgendwas lehren. Wissen wir nicht so genau, ist auch egal. Ansonsten wälzt er sich im Ruhm und lässt sich bewundern, denn seine Sucht ist die nach Aufmerksamkeit.
THEO LIVE mit Roland Spranger und Michael Ströll: Am 6. Dezember in Hof, Kunstkaufhaus. Ab 20 Uhr. 
Zitat: „Zuvor sind wir mal verreist und beim Gansessen. Sorry - läuft halt gerade gut.”

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Achtung: curt vergibt 1x2 Tickets für ROLAND KAISER LIVE am 08.12.2018 in der ARENA NÜRNBERGER VERSICHERUNG. Dazu spendiert Euch Theo eine CD und eine signierte Autogrammkarte!
Einfach eine Mail mit Eurer Adresse an Diese E-Mail Adresse ist gegen Spam Bots geschützt, du musst Javascript aktivieren, damit du sie sehen kannst senden, Betreff "Kaiser"!
Teilnahmeschluss: 28. November 2018




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Da saß ich im Bus nach Prag und dachte mir, wie unangenehm es sein müsste, von einer Stadt in die andere Stadt gebeamt zu werden. Also mittels Star-Trek-Transporter [https://de.wikipedia.org/wiki/Star-Trek-Technologie]. Man wäre ja im selben Augenblick da, in dem man abgeschickt wird, und würde die schöne Fahrt verpassen. Welche Auswirkungen der abrupte Ortswechsel auf die menschliche Seele hätte, ist noch völlig unerforscht. Zudem ja erst die Seele an sich definiert werden müsste. Das ist sonst ungefähr so, wie wenn man die Verdauung des Monsters von Loch Ness erforschen wollte.  >>
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