A star is Born - Und zwar nicht nur einer

DONNERSTAG, 4. OKTOBER 2018

#Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Kino, #Kritik

Bradley Cooper übertreibt maßlos. Diesem Schnösel muss man mal den Zahn ziehen. Der und Regisseur? Plus Lady Gaga in einer Hauptrolle? Ich bitte euch. Jeder der Kultur buchstabieren kann weiß, das ist ein Film zum Fürchten. Meine Kritik zu „A Star is born“.

Wisst ihr, was mit das Schwierigste ist im Leben? Das Zugeben. Zugeben, dass man unrecht hatte, zugeben, dass der Fehler aufs Haus geht, zugeben, dass der Ex-Partner jetzt glücklicher oder der Kontrahent der bessere Boxer, Tischler oder Handballer ist. Und dem seriösen Kritiker widerstrebt es an seinem Eicheschreibtisch, zuzugeben, dass er einem Film auf den Leim ging.

Einfach festgepappt in 'ner Lovestory. Das geht nun wirklich nicht. Nicht bei einem Bradley Cooper, vor sieben Jahren zum sexiest man alive gewählt und seither stets bemüht, ernst genommen zu werden. Viermal für den Oscar nominiert machte sich der Buddy von Jennifer Lawrence an seine eigene Regiearbeit: „A Star is born“. Eine Musikergeschichte, einst ein Musical und von den 30er bis 70er Jahren bereits dreimal verfilmt.

Eigentlich backt man sehr viel kleinere Semmeln beim Regiedebüt als Schauspieler, inszeniert ein Inzestdrama ohne großes Aufhebens und ist schon glücklich bei einem Filmfest gespielt zu werden. So erinnere ich das beispielsweise bei Tim Roth. Cooper allerdings schmeißt den Schinken auf den Tisch: Regie, Hauptrolle und am Drehbuch schrieb er auch noch mit. Als Hauptdarstellerin nimmt er das berühmteste Lebewesen der Popmusik. War das im Falle von Madonna für diverse Regisseure eine denkbar schlechte Idee, war der Zuschlag für Lady Gaga ein Glücksfall für das Kinojahr 2018.

Auf der Bühne mit Country-Ikone Jackson Maine (Cooper) beginnt der Film. Er spielt, schleicht sich von der Bühne und sucht nach einer Bar, um mehr von dem zu bekommen, was er am meisten braucht: Alkohol. Cooper ist ein netter, einsamer Kerl, der es nicht wirklich schafft, sich für andere zu interessieren. Ein durchgeknallter Junge führt ihn an die Theke eines Travestie-Schuppens und schließlich hinter die Bühne.

Jackson hat Ally (Lady Gaga) entdeckt, die neben den Drag Queens ab und zu in dem Laden performen darf, in dem Fall eine unwiderstehliche Interpretation von Edith Piafs „La vie en rose“. Dieses Kennenlernen und der erste gemeinsame Abend ist mit so großer Selbstverständlichkeit erzählt, dass man sich total freut, dabeigewesen zu sein als sich die beiden verliebten. Ich finde zu jeder großen Sache sollte eine Packung Tiefkühlerbsen gehören. Er wischt eine Träne aus seinem Gesicht ob ihrer Stimme, sie sitzen auf Parkplätzen herum und es spielt keine Rolle mehr wer hier der Star ist und wer nicht.
Ally und Jack werden ein Paar. Und der Film erzählt zwar von zwei Musikkarrieren, die gegenläufig passieren, doch er tut das fast beiläufig. Ihr Talent wird vermarktet, er merkt, dass seines aufgebraucht ist. Diese Geschichte einer großen Liebe kann überall passieren: Man sieht warum es funktioniert und man sieht warum es nicht mehr funktioniert – und ist traurig. Das ist das Verdienst von Bradley Cooper, der sich selbst in den Mittelpunkt stellte. Aber sagt mir, wer das sonst hätte spielen sollen.

Wer konnte ahnen, dass Cooper so singen kann? Er selbst. Er wusste es. Daher hat er sich mal unbescheiden, vielleicht berechnend besetzt. Vor und hinter der Kamera in der Hauptrolle. Ist der wahnsinnig? Er ist gut. Er ist richtig gut, lockt sie aufs Parkett und die beiden tanzen, sie tanzen – natürlich nur im übertragenen Sinn. Ist so schon kitschig genug. Und wunderschön, mit  glaubwürdigen, ungekünstelten Dialogen.
Lady Gaga ist der Star und tauscht mit Cooper die Rollen. Er ist ja derjenige, der sich auf neues Terrain als Musiker begibt. Die Tatsache, dass beide überzeugen, beweist, dass sie gute Schauspieler sein müssen, die obendrein noch miteinander harmonieren wie Sau.
So soll Kino sein: Kurzer Anlauf und dann wirst du eingesaugt. Schwimmst die kompletten zwei Stunden mit und gehst dann aus dem Film als würdest du ein Schiff verlassen, noch etwas benommen. Ja, es ist peinlich. Nein, das geb ich nicht gern zu. Aber es war wirklich ein verdammt schöner Film. Jetzt muss man diesem Bradley Cooper auch noch Regietalent attestieren und ihn in irgendeiner Kategorie schon wieder zum Oscar nominieren. Das bedeutet noch mehr Ärger an Eicheschreibtischen.
 




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