Claudias Kinoempfehlungen im Oktober
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Es zieht in den Beziehungen – Lasst Euch nicht täuschen davon, dass ein Film „Alles ist gut“ heißt. Nichts ist gut im gleichnamigen Film und auch in den anderen für Oktober ausgewählten hat noch keiner begriffen, wie einfach das Leben sein kann.
DIE DEFEKTE KATZE
AB 04.10. // CASABLANCA
Sie ist spät dran mit ihrem Hochzeitsgedanken und er findet in Deutschland keine Frau, die er heiraten mag. So kommen Mina und Kian zusammen. Ja, sie werden verheiratet, im traditionellen Sinn, und nach diesem Film fragt man sich, was daran verwerflich sein soll. Im positiven Sinne, denn es ist eine Beziehung, die erst nach der Heirat beginnt. Verkehrt herum, sozusagen. Ohne romantische Überfrachtung und all die überzogenen Erwartungen, nähern sich zwei Fremde respektvoll an. Lernen sich kennen. So klar und glaubwürdig wie das in diesem bestens besetzten Drama erzählt wird, fängt man an, die Lovestory in kleinen Momenten zu sehen. Doch DIE DEFEKTE KATZE ist Lovestory plus Realität. Mina kommt vier Monate nach der Hochzeit nach Deutschland, wo er als Arzt arbeitet. Sie hat zu viel Zeit, kämpft mit der fremden Umgebung und dem neuen Menschen. Weil sie Gesellschaft braucht, holt sie einen wirklich seltsam aussehenden Kater ins Haus, den Kian hasst. Das Tier mit dem Gendefekt ist Minas Gefährte, ihre Projektionsfläche. Leider gibt es in jeder Kultur Stolperfallen und alle Beziehungen stehen irgendwann vor ähnlichen Herausforderungen, egal, wie sie entstanden sind. Regisseurin Susan Gordanshekan ist Tochter iranischer Eltern und in Kassel geboren. Ihre tolle Geschichte zweier Menschen lebt von einer Menge universeller Dialoge und der unwiderstehlichen Pegah Ferydoni. Mit ihren großen dunklen Augen starrt die Schauspielerin aus Teheran auf all das, was zwischen ihr und ihrem Mann (ebenfalls stark: Hadi Khanjanpour) passiert, als wäre sie selbst die Katze und in der Beobachterrolle.
KRYSTAL
AB 18.10. // VORAUSSICHTLICH IM CINECITTA
Ich mochte diesen vom wunderbaren William H. Macy gedrehten Film schon nach dem Vorspann. Ein freundlicher Junge soll vor der Aufregung beschützt werden, die die erste Liebe mit sich bringen könnte. Nun weiß ich aus erfahrenen Kreisen, dass bereits Zweitklässler stärker am anderen Geschlecht interessiert sind, als ich das bis vorgestern für möglich hielt. Und da Taylor bereits im Führerscheinalter ist, will er den besorgten Eltern auch nicht mehr länger zuhören. Vor allem, seit er sie am Strand gesehen hat, mit diesem nassen Oberteil. Blöd nur, dass er auch bei Freude eine kleine Herzattacke bekommt und dies eher Besorgnis denn Euphorie beim Gegenüber auslöst. Dies war das erste Date einer wahrscheinlich unmöglichen Liebe, die öfter im Krankenhaus strandet. Trotzdem: Hier erfindet sich ein 18-Jähriger mit aller Entschlossenheit neu. An seiner Seite eine philosophierende Kathy Bates als seine Chefin in einer Galerie. Erwähnte ich schon, dass der Sohn der Auserwählten ungefähr so alt ist wie Taylor? Ist aber egal, denn die Geschichte macht gute Laune. Aus medizinischer Sicht würde ich gegen Ende Bedenken anmelden, aber ich bin ja Kinokritiker und kein Arzt.
PLOEY
AB 18.10. // BABYLON
Auch beim jungen Ploey läuft es nicht gut in Sachen Beziehung. Zwar hat er sein kleines Vogelherz bereits verschenkt, aber da er nicht fliegen kann, klappt es auch nicht mit der Langzeitbeziehung, die sieht schließlich einen Winter im sonnigen Süden vor. Doch Ploey bleibt zurück, erkennt sein Dilemma und beschließt, den Seinen hinterherzulaufen. Ploey ist der Forrest Gump unter den Goldregenpfeifern. Und er ist zunächst vollkommen allein. Die ersten Schneeflocken sind ja noch ganz lustig, die geschlossene Schneedecke weniger. PLOEY ist ein animierter Film über Weggefährten, über das, was andere für einen tun und was man für andere tut. Dabei befinden wir uns oft auf Messers Schneide (ja, das ist manchmal brutal) und blicken sogar didaktisch hochfein ins Privatleben des Feindes, was ich einen besonders gelungenen Zug finde – wie der ganze Film einfach perfekt für den nachdenklichen Herbst ist.
NANOUK
AB 18.10. // FILMHAUS
Eskimos und endlose Weite gehören einfach zusammen. NANOUK präsentiert die Eiswüsten Jakutiens. So schön der sibirischen Norden ist, so bedrohlich kann er sein und Menschen in Minuten einfach wegwischen. Das alte Ehepaar Sedna und Nanouk lebt hier immer noch wie früher, in ihrer Jurte aus Rentierfellen. Der Alltag besteht für Nanouk aus Jagen und Fischen, abends kommt er nach Hause und erzählt ein bisschen. Und wenn es nichts Gewichtiges zu berichten gibt, wenn er nicht genug erlebt hat, hat er eine Rentiergeschichte auf Lager. Die hat er schon früher seinen Kindern erzählt, doch die sind längst groß und weit weg. In diesen unendlichen Bildern verliert man sich gern: Da sein Schlitten, dort die Falle, daneben der schläfrige Husky. Man spürt, wie langsam das Leben dort in der Kälte fließt. Eine prächtige Mütze hat Sedna in Heimarbeit gefertigt, ein Sturm kommt auf und Schmerzen machen sich breit. So ist das Leben in der Natur, und dem zuzuschauen wird sicher jeden entschleunigen. Doch es kommt eine Aufgabe auf den Mann mit der freundlichen Zahnlücke zu.
CINDERELLA THE CAT
AB 30.10. // CASABLANCA
Beide Filme sind animiert und doch könnten PLOEY und CINDERELLA THE CAT nicht unterschiedlicher sein. Es ist unfassbar, was Animes können. Auch wenn dieser nicht aus Japan sondern aus Italien kommt. Verrückt. Was für eine Atmosphäre! Was für eine Bildgewalt! Was für eine Kameraführung – die es ja im Grunde gar nicht gibt. Aber das ist doch grandios, wie sie dem Schurken immer wieder im Laufen von unten ins Gesicht leuchtet und den Gang entlangfegt, während die Frau schreiend am Boden zetert. Nicht nur, dass sich Leute hier Mühe gaben, via Details einen verschlagenen Charakter zu zeichnen, es ist sogar so was wie Erotik zu spüren, laszive Bühnenauftritte! Als wär hier nichts animiert. Aber da es das ist, fehlt einem vor lauter Gucken die Kapazität für die Geschichte, die kaum was mit Cinderella zu tun hat. Sie ist ein dreckiges Kapitel Neapels. Es geht um Geldwäsche und Mord, um böse Stiefmütter und ja, okay, einen Glasschuh. Großartig!
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