Theater Wegweiser Mai
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Zwei Friseure treten in diesem Monat auf die Bühne. Der eine bringt die Frau an den Mann, der andere um die Ecke. Mit Haare schneiden und Körperkult hat das nichts zu tun, aber dafür gibt es ja Adeline Schebesch.
STAATSTHEATER NÜRNBERG
PREMIERE: Zu dick, zu dünn, zu klein, zu groß! Die einen wollen weniger und ihr Fett wegbekommen, die anderen wollen mehr und lieber Mukkis draufpacken und so manche Schönheit glaubt, sie wäre Quasimodo statt Esmeralda, oder der Elefantenmann. Wenn die eigene Wohnsituation so unbefriedigend empfunden wird, ist in den meisten Fällen der gesunde Geist schon längst ausgezogen aus dem Tempel. KÖRPER ist eine Diagnose dieses gegenwärtigen Körperwahns. Den Text hat Kammerschauspielerin Adeline Schebesch geschrieben, die mit „Letzte Stunde(n). Ein Abend für Marilyn Monroe“ schon einmal ein Theaterstück vorgelegt hat. Von Julia Prechsl inszeniert und in verschiedenen Szenen gesetzt, verbinden Svetlana Belesova, Nicola Lembach und Julian Keck alles zu einer diagnostischen Gesamtschau.
Premiere: 15. Mai. Weitere Termine: 22./29. Mai in der BlueBox.
PREMIERE: Mit den Aufführungen von „Die Reise nach Reims”, „Moses und Pharao” und „Wilhelm Tell” hat sich das Staatstheater bereits mit einigen Spätwerken des Komponisten beschäftigt, mit dem BARBIER VON SEVILLA bringt Regisseur Josef E. Köpplinger, seit Herbst 2012 Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München und in Nürnberg bereits mit der Inszenierung von „Ariadne auf Naxos” vorstellig, Rossinis wohl bekanntestes Bühnenwerk als rasante Klipp-klapp-Komödie auf die Bühne des Opernhauses. Als musikalischer Leiter schwingt der zweite Mann im Staat Volker Hiemeyer den Lockenstab. Die Uraufführung 1816 in Rom ein riesiges Fiasko, mag man der Nürnberger Premiere fast die Daumen drücken, damit Ida Aldrian als Rosina gleich vom Stand weg die richtige Wahl trifft zwischen Jens Waldig als geldgierigen Doktor Bartolo und dem smarten Graf Almaviva, gespielt von Martin Platz.
Premiere: 7. Mai. Termine: 13./15./19./21./31. Mai im Opernhaus.
++ Ein ausgewandertes deutsches Rentnerehepaar, desillusioniert und gestrandet in einem Safari-Camp in Namibia, zieht in Rebekka Kricheldorfs lustigem Kammerspiel ROBERT REDFORDS HÄNDE SELIG ein junges Pärchen in ihre giftig-galligen Scharmützel. Adeline Schebesch und Thomas Nunner contra Bettina Langehein und Stefan Willi Wang, oder alte Zyniker vs. junge Idealisten, deren junges Glück als Kollateralschaden einer Eheschlacht unter geht, während man im Hintergrund die (Virginia) Woolfe in der Prärie heulen hört. (12./18./19./26./27. Mai in den Kammerspielen)
++ Politische Verbannung von Andersdenkenden im politischen Regime ist der Aufhänger von WIE ES EUCH GEFÄLLT. Anders als die eher humorlosen Shakespeare-Aufführungen der vergangengen Jahre, hat die Utopie der Sekte der befreiten Gedanken, jenseits aller Verordnungen, neben vielen herz- und schmerzhaften Anspielungen durchaus auch heitere Untertöne. Ob das gutgehen kann, wenn jeder entfesselt den eigenen Neigungen nachgeht? Zwar ist Shakespeare kein Moralist, dafür überschüttet er die Aussteiger-Oase mit wunderbaren Formulierungen. Ein anspruchsvoller Klassiker-Ausklang der Kusenberg-Direktion. (12./17./19./26./27. Mai im Schauspielhaus)
++ Ballettdirektor Goyo Montero sorgt für ordentlich Dampf in der Hütte. In sein dreistöckiges POWERHOUSE hat er das ehemalige „Wunderkind“ Alexander Ekmann eingeladen, das mit nur 22 Jahren vom Solisten zum Jungstar-Choreographen beim Königlich Schwedischen Ballett, dem Nederlands Dans und dem Cullberg-Ballet wechselte. Im Gepäck hat Ekman seine temporeiche und pulsierende Choreographie TUPLET zur elektronischen Musik von Mikael Karlsson. Ganz oben zieht der israelische Tanzmeister Hofesh Shetcher ein, denn sein wilder, akrobatischer DISAPPEARING ACT scheint sich jeglicher Schwerkraft zu widersetzen. Der Hausherr selbst steuert die Deutschland-Premiere seiner erst vor wenigen Monaten in London uraufgeführten „unwägbare“ Produktion IMPONDERABLE bei. (10./17./20./26. Mai im Opernhaus)
++ Zwar hat die Verdi-Oper in Nürnberg schon mehrere großartige Inszenierungen erlebt, Peter Konwitschnys LA TRAVIATA darf dennoch als Glücksfall bezeichnet werden. Der Ausnahme-Regisseur hat die melodiensatte Herz/Schmerz-Story der „Kameliendame“ mit leichter Hand aus der Kitsch-Falle gelenkt. Schon bei der Premiere im Januar 2012 wurde Hrachuhí Bassénz für ihre reizvoll dunkel timbrierte Koloraturkunst gefeiert. Sechs Jahre später zieht sie nach zehn Nürnberger Jahren weiter. Auch GMD Marcus Bosch zeigt nach Wagner, Berlioz, Mozart und Zimmermann noch einmal, dass er am Pult in fast allen Farben souverän ist. (12. Mai im Opernhaus)
++ Wolfgang Borcherts düsteres Kriegsheimkehrer-Drama DRAUSSEN VOR DER TÜR, in der mit Komik und Blut aufgemotzten Inszenierung von Sascha Hawemann durch grelle Spotlights und unerwartete Spalier-Späßchen geschoben, übermalt den Zeitgeist der Entstehungsjahre mit lockeren Anmerkungen zum Wirtschaftswunder danach. Anti-Held Beckmann, der durch die Ruinen irrt, tritt gleich dreifach auf in der zwischen Psychoschock, Elegie und Knatter-Satire taumelnden Produktion. (2./11./16. Mai im Schauspielhaus)
++ Ganz anders dagegen die einst im Kölner Karneval entstandene Sprachfehlerklamotte PENSION SCHÖLLER, weil die trotz einiger klemmender Regie-Ambitionen der sonst zu Höherem berufenen Bernadette Sonnenbichler immer noch genügend Komödiantenpotenzial für umwerfende Juxmomente bietet. (6./18. Mai im Schauspielhaus)
++ Auch die Seniorensause EWIG JUNG ist der beständiger Schenkelklopfer beim Nürnberger Publikum. Malerisch gealterte Schauspieler als Insassen eines Künstleraltersheims, die statt Seniorenbingo ihre Rollator-Revue vehement durch Hitparaden und Arthroseblockaden steuern. Ein großer Spaß! (9./10. Mai im Schauspielhaus)
++ In DER ROTE LÖWE von Patrick Marber, wo Trainer und Zeugwart beinhart um ein ballerndes Talent ringen, sind Fußballfans mit Hang zur Nordkurven-Prosa gut bedient. Frederic Bott, Marco Steeger und Frank Damerius kann man auch zu Repräsentanten von drei Sportlergenerationen dicht an der Abseitsfalle erklären. (3. Mai in den Kammerspielen)
++ Max Frischs BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER ist unter den Händen von Nürnbergs konsequentestem Zertrümmerungs-Regiepoeten Christoph Mehler („Woyzeck“, „1984“) zur Wort-Oper ohne Gesang auf- oder umgestiegen. Das tut dem Text aus der ewig rotierenden Wiedervorlage der klassischen Moderne gut. (7. Mai in den Kammerspielen)
++ Einen Reigen von Szenenminiaturen unterschiedlichster Art, mal Poesie-Konzentrat und mal Sketch-Attacke, lässt Autor Joel Pommerat in DIE WIEDERVEREINIGUNG DER BEIDEN KOREAS kreisen. Klaus Kusenbergs letzte Nürnberger Inszenierung, Hommage ans eigene Ensemble und auch an die Unsterblichkeit des Well-made-Play handwerklich gekonnter Dialog-Machwerke, zündet das kleine Feuerwerk der Komödianten. (4./13. Mai im Schauspielhaus)
++ Das Hörspieltheater von Eike Hannemann, das mit „Winnetou“ seinen Höhepunkt erreichte, hinterlässt als letzte Spur mit NEKROPOLIS einen erheitert schockierten Blick ins Gruselkino. (31. Mai in der BlueBox, letzte Aufführung)
++ Das dicke Buch fürs schmale Studio: Die Nürnberger Dramatisierung von Leo Tolstois 1899 erschienenem Roman AUFERSTEHUNG reiht sich in den Theatertrend ein, gebundene Weltliteratur aus den Buchdenkeln für ein Gedankenspiel ohne Grenzen zu befreien. (16. Mai in der BlueBox)
++ Und Dialog-Kunst in Bestform: Lot Vekemans lauernde Paartherapie GIFT. EINE EHEGESCHICHTE mit Adeline Schebesch und Michael Hochstrasser als Geschiedene, die nach zehn Jahren Trennung ihren Konflikt wiederbeleben, ist sehenswert. (6./25. Mai in den Kammerspielen)
++ Frei nach Alfred Hitchcocks Spionagefilm aus dem Jahre 1935 stieg die Krimikomödie und Dauertreppenwitz DIE 39 STUFEN als Nürnberger Modell-Gastspiel mit dem Quartett Nicola Lembach/Pius Maria Cüppers/Michael Hochstrasser/Stefan Willi Wang sogar schon bis nach Peking. (8./24. Mai in den Kammerspielen)
++ Ödön von Horváths Beziehungsdrama mit Volksfestkulisse KASIMIR UND KAROLINE hat im Segment der anspruchsvollen Titel den relativ besten Lauf. Im Dienst sind Stefan Willi Wang und Josephine Köhler, das Vorzugspaar der letzten Jahre. (3. Mai im Schauspielhaus)
STAATSTHEATER NÜRNBERG
Richard-Wagner-Platz 2-10, Nbg
staatstheater-nuernberg.de
THEATER ERLANGEN
++ In Nürnberg schon seit letzten September in einer in manchen Fragen eher als peripher einzuordnenden Inszenierung des Nürnberger Regie-Dauergastes Georg Schmiedleitner im Programm, hat Erlangen mit einer eigenen Inszenierung von Ödön von Horváths KASIMIR UND KAROLINE im April nachgezogen. Regisseurin Mirja Biel mit ihrer Gegenwarts-Transformation des „ironischen Sittengemäldes vor dem Hintergrund des heraufdämmernden Faschismus“, auf dem Oktoberfest 1932 im Taumel von Konsumgier und Karrieretraum gibt es im Mai als Joker-Vorstellung für nur 7 Euro pro Ticket. (9. Mai im Markgrafentheater)
++ Gibt es Zufall oder ist alles Vorsehung? Das Theater Erlangen macht sich unter dem Motto DER ZUFALL SCHLÄGT ZURÜCK an eine der wesentlichen Menschheitsfragen. Der ganze Abend ist ein einziges Experiment. Drei „Wissenschaftler“ lauern gemeinsam mit den Zuschauern dem Zufall auf. Vielleicht beim Glückspiel oder beim Schicksalsroulette. In jeder Vorstellung werden die Karten vom Forscherteam neu gemischt und dem Zufall Tür und Tor geöffnet, so er denn auch überraschenderweise kommt. Plätze für die Performance bestellt man unter
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Kosten tut das erstmal - Achtung, Überaschung! - nichts. Erst am Ende des Spektakels bezahlt man eine Anerkennungssumme nach eigener Wahl. (5./6. Mai in der Garage)
++ Eine Fotografin, ein Bankangestellter in der Probezeit, eine alleinerziehende Mutter und ein Uni-Dozent. Weil Letzterer künftig lieber in New York lehren will, schlägt er der Luxus-WG vor, Geflüchtete in sein Zimmer aufzunehmen. Mit ihrem Stück WILLKOMMEN stellt das problemumwälzende Komödien-Spezialistenduo Lutz Hübner und seine Partnerin Sarah Nemitz das „Gutmenschentum“ der gutsituierten Herrschaften arg in Frage. Seit „Frau Müller muss weg“, dieser bestens funktionierenden Veräppelung der Helikopter-Eltern, weiß man in Erlangen Theater, dass das daraus folgende Spiel mit Klischees, das den Feuilletons oft zu schlicht ist, beim Publikum gut ankommt. Die WGler wollen nämlich nicht nur verantwortungsvolle „Gutmenschen“ sein, sondern auch die Freiheit haben, jemanden „Kanake“ zu nennen, wenn sie es für angemessen halten. Als dann nämlich auch noch Nesthäkchen Anna verkündet, schwanger zu sein und mit dem Kindsvater Achmed zusammenziehen will, entgleisen einige Gesichtszüge endgültig. Eine Tischtennisplatte ist die Lösung! (13./14. Mai im Markgrafentheater)
THEATER ERLANGEN
Theaterplatz 2, Erlangen
theater-erlangen.de
STADTTHEATER FÜRTH
++ Wenn ein sprunghaftes Wesen mit Weltverbesserungs-Gen, das einem hilfsbedürftigen Kleinkünstler als Pointenpartner zugelaufen ist, anarchistische Weisheiten absondert, dann taugt das gut und gerne als Radiohörspiel und fürs Entertainment. Nachdem Marc-Uwe Kling mit seinen niedergeschriebenen DIE KÄNGURU CHRONIKEN aber auch Stammplätze auf den Buch-Bestsellerlisten erobert hatte, kam bald das Angebot, aus den Ansichten des vorlauten Beuteltiers Theater zu machen, also „Hoch-Kultur“ zu machen. Thomas Stang, der beim Fürther KULT-Ensemble ohnehin immer über den Zaun der Jugendkultur blickt, inszenierte mit einem Komödianten-Quartett ein flottes, musikalisches Kleinkunst-Großformat. (2. bis 8. Mai im Kulturforum)
++ Die Operette DER VOGELHÄNDLER des Österreichers Carl Zeller darf getrost als One-Hit-Wonder bezeichnet werden. Seit der Uraufführung 1891 in Wien, kam nichts mehr nach vom Hit-Produzenten und seiner Geschichte vom Vogelhändler Adam und der Christel von der Post. Mit den Schunkel-Smashern „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ und „Grüß euch Gott, alle miteinander“ wurde er trotzdem unsterblich. Die Aufführungen im Stadttheater Fürth nach den Texten von Moritz West und Ludwig Held ist ein Gastpiel des Thalia Theater Wien und des Nordböhmisches Opernhaus Usti nad Labem. (15./16./17./18. Mai im Stadttheater Fürth)
STADTTHEATER FÜRTH
Königstr. 116, Fürth
stadttheater.fuerth.de
GOSTNER HOFTHEATER
++ „Und wenn ihr Reiseführer erscheint, bin ich die Erste, die ihn nicht liest.“ Wer bei solchen Sätzen des erst 2015 als Auftragswerk in Göttingen noch vor der #METOO-Debatte uraufgeführten Kircheldorf-Stücks IN DER FREMDE schon den Touri auf der Bühne entdecken will, ist genauso auf dem Holzweg wie „das ganze Geficke auf Augenhöhe, der von sämtlichen Holzwegen zur Lust der allerwurmstichigste ist.“ Die Reise geht ins Intimzonenrandgebiet und die beschworene „Fremde“ ist ein Ort, an dem intime Hierarchien neu definiert werden (könnten). Christine Mertens, Rebecca Kirchmann, Christoph Schüchner, Thomas Witte im verbalen Freisti und ständigem Wechsel der Identitäten müssen wahrlich Lust auf Maskerade und Travestie haben und errötend souverän bleiben, wenn sich der Phallus im Geschlechtsleben der Großstädter aufrichtet. (2./3./4. Mai im Gostner)
++ Da sind Max, der Radiologe, der im Zölibat lebt, weil seine Freundin gerade aus dem gemeinsamen Luxus-Loft ausgezogen ist, Paul, der Allgemeinarzt, glücklicher Ehemann und Vater – zumindest glaubt man das am Anfang – und dann noch Simon, der Friseur. Es hätte ein gemütlicher Abend werden können, hätte Simon nicht gerade eben eine Frau im Affekt erwürgt. Was also tun? Wie weit soll oder darf man für einen Freund gehen? Eric Assous schreibt gewöhnlich wunderbare Stücke über Paare. Neben David Riedel, Rainer Denk, Frank Strobelt steht in UNSERE FRAUEN keine einzige Frau auf der Bühne und dennoch sind sie ihre Frauen omnipräsent. (16./18. Mai im Gostner)
GOSTNER HOFTHEATER
Austraße 70, Nürnberg
gostner.de
TAFELHALLE
Der alternative „Theaterprojekt“-Macher Nikolaus Struck wagt sich an ROBERTO ZUCCO des französischen Autor Bernard-Marie Koltès, der zwar bereits 1989 früh gestorben ist, mit dem 1990 veröffentlichten Drama den freien Theatergruppen einen dankbaren Nachlass aus der Abteilung „bürgerliche Obsessionen und deren anarchische Zertrümmerung“ in die Hände gelegt hat. Da wird der Amokläufer und Terrorist aus Italien so umkreist, dass im Brutalo auch etwas Lichtgestalt zu stecken scheint. Ein starkes Stück in jeder Hinsicht. (11./12. Mai in der Tafelhalle)
TAFELHALLE
Äußere Sulzbacher Str. 62, Nbg
tafelhalle.de
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