Theobald O.J. Fuchs: Der Desinformations-Lurch

SONNTAG, 29. APRIL 2018

#Comedy, #Kolumne, #Theobald O.J. Fuchs

Der Desinformations-Lurch vertilgt Klarheit haufenweise. Er frisst Zusammenhänge ohne Soße oder Sättigungsbeilage. Er verschlingt fundamentale Wahrheiten unter einer dicken Schmierschicht Logik zum Gabelfrühstück. Übrig bleiben Krümel und Flecken, deren Namen Vorurteil und Wirrnis wir fürchten. Seine Ausscheidungen riechen nach Zwietracht und mittelalterlicher Dunkelheit.

n einer wiedergeborenen Natur, die von einer übergeordneten maschinellen Intelligenz (wenn diese nicht anders als voll und ganz in meinem Sinne handelt) gestaltet werden wird, wird es dieses fingergroße, glitschige Wesen geben: ein an sich putziger Cousin aller Olme und Salamander, nur dass er, der DESILU, sich den Menschen an die Ohrwaschel klammert und ihnen unaufhörlich Zeug einflüstert, bis sie ihm auch noch den letzten Scheiß glauben.

Und warum sollte es den DESINFORMATIONS=LURCH geben? Damit wir endlich ein Greifbares hätten, diesen Schneckerich nämlich, auf den man deuten könnte und erklären, dass ER schuld sei an all der Verwirrung und Unsicherheit, die überhaupt nicht mehr aufhören will und aus allen Löchern quillt, die unsere Tageshülle durchsiebt, wie Schaum aus einer Waschmaschine, deren Tür jemand gestohlen hat.

Desinformation, also auf einem Pferd namens Lüge reitende Alternativwahrheit, die in unserer tatsächlichen Realität von (vielleicht?) Geheimdiensten, facebook (oder doch nicht?), den beiden verfetteten Über-Omas Trump & Putin (wie ähnlich die sich beim Altern werden!), allen Bundeslandtagen der ganzen Welt (voll des flüchtigsten Ge-schwätzes), dem rätselhaften Inneren Asiens, den sinistren Kupfer-baronen chilenischer Couleur (Zigarillo rauchend?), Erich von Däniken oder auch Radio Blumenkohl verbreitet wird.

Ob man die Jagd auf den DESINFORMATIONS=LURCH freigeben sollte, ob man ihn zum Schadwesen, zum Untier erklären sollte, ob es ein Ausrottungsprogramm, ein Schutzprogramm, ein Eindämmungsprogramm und daran anknüpfend viele, viele staatlich bestellte Desinformationslurch-Beauftragte geben sollte – darauf antworte ich gleichwohl ablehnend. Ohne einen Grund nennen zu können (außer unbedingter Tierliebe). Aber irgendwie sagt mein Empfinden, auch der DESILU als seiende Entität sollte respektiert werden. Allerdings gebändigt und gefesselt, nach allen Regeln der Gefangenenwärterskunst.

Und schon heute gilt freilich jeden Tag das Gebot aller Gebote: Augen auf und Obacht! Denn so lautet die Ansage des DESINFORMATIONS=LURCHs:
»Als erstes verblöde ICH Euch komplett (IHR seid sowieso schon auf einem guten Weg!). Als nächstes ficke ICH Euch maximal durch, dass IHR nicht mehr wisst, wo oben oder unten ist. Und zuletzt betäube ICH Euch voll geil, damit IHR überhaupt gar nichts mehr mitkriegt. Und wenn IHR wieder aufwacht, seid IHR meine ELENDEN SKLAVEN!! (diese Zukunftsperspektive wird ihnen präsentiert mit freundlicher Unterstützung des entfesselten Kapitalismus‘).«

Er ist das Maskottchen der Autoritären, er ist der Lieblingswurm all der Orbans, Söders, Erdogans, Dutertes und Maduros, er ist das Menetekel an der Wand und verkündet, dass lückenlose Überwachung, Gedankenverbrechen und Reduktion jedes Einzelnen zur beliebig ausbeutbaren Zellagglomeration schon hinter der nächsten Ecke auf uns warten. Dies ist eine dieser Botschaften, die man nur einmal bekommt. Ein einziges Mal und exklusiv: Wer nicht hinhorcht, der wird es vielleicht in nicht allzu langer Zeit bereuen. Vielleicht, behaupte ich – denn ob die ganze Chose böse ausgehen oder sich doch noch im letzten Augenblick zum Guten wenden wird, das verrät der DESINFORMATIONS=LURCH leider nicht.

(Fotos: Katarina Winter. Immer im Bilde: Theo Fuchs)


UND WAS MACHT THEO WIRKLICH UND SONST SO?
Naja, immer nicht so viel. Ein bisschen Forschung und so, hier und da mal irgendwas lehren. Wissen wir nicht so genau.
Ansonsten mache er wohl nichts, als sich im Ruhm zu wälzen und bewundern zu lassen, denn seine Sucht ist die nach Aufmerksamkeit, von der er nie genug bekommt.

Termine
Theo liest aus einem Roman mit dem knappen und bündigen Titel: „Altstädter Friedhof in Erlangen, 14. Mai, 10 Uhr 30, meine 35. Beerdigung, die zahlreichen Nachkommen streiten am Grab um den Fernsehsessel des 73-Jährigen“ hier:
16.5. Buchhandlung Pelzner / Nürnberg-Eibach / 20 Uhr
17.5. Rauch‘sche Buchhandlung / Nürnberg-City / 20 Uhr

 




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