Claudias Kinoempfehlungen im April

SONNTAG, 1. APRIL 2018

#Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Filmhaus Kino, #Kino, #Metropolis

Ist das wieder wechselhaft: gute Filme, schlechte Filme. Viel Inhalt, langweilige Verpackung, außen toll und innen hohl. Ein Monat wie ein beginnender Frühling voller Versprechen, die man nicht alle halten kann.

TRANSIT
AB 05.04. // METROPOLIS
Er hätte im Februar was bekommen müssen. Doch leider ignorierte die Berlinale unter Vorsitz von Tom Tykwer, dass der interessanteste Schauspieler aus Deutschland kommt. Franz Rogowski, der uns schon bei „Love Steaks“ vor fünf Jahren gefiel, hat vor meinem geistigen Auge schon den silbernen Bären in die Luft gereckt und gelispelt, dass er sich bedankt bei seiner Mama, einer Hebamme, und seinem Vater, einem Kinderarzt. Diese Mischung hat der gut Dreißigjährige weggesteckt und ist einer der wenigen Autodidakten der Kinolandschaft geworden. In jedem seiner Filme (der letzte war „LUX – Krieger des Lichts“) denke ich wieder, dass er das Lispeln spielt, weil es sich immer anders anhört. Aber langsam sollte ich einsehen: Es ist echt. Angeboren. Gehört zu ihm – und passt wieder bei TRANSIT, dem ersten Film, bei dem er irgendwie ein Held ist. Kein Freak, auch wenn er die gut kann. Diesmal spielt er unter der Regie von Christian Petzold einen deutschen Flüchtling in Frankreich, der auf seine Ausreise in das mexikanische Exil wartet. Aus Warten kann man was machen, wenn man den Ort mit Sonne flutet, die Nebendarsteller zu großen Protagonisten erhebt (Barbara Auer und Godehard Giese) und ein unfassbar wendiges Drehbuch hat. Gut, müde sollte man nicht sein, sonst dämmert man ob des langsamen Erzähltempos vielleicht weg. Auch wenn TRANSIT in die Nazizeit gehört, gibt es keinen Geschichtsunterricht, sondern eine wunderschöne, zeitlose Geschichte mit verdammt vielen Parallelen zum Hier und Jetzt.  
 



1000 ARTEN REGEN ZU BESCHREIBEN
AB 05.04. // CASABLANCA
Eine besondere Wucht ist diese Familiengeschichte und schon zu Beginn auf neue Art spannend. Denn der Schatten unter der Tür ist das Einzige, was wir von Mike, gerade 18 geworden, zu sehen bekommen. Er hat sich ein- und seine Familie ausgesperrt. Die Warum-Frage versuchen die Eltern (Bibiana Beglau und Bjarne Mädel) zu klären und vergessen wie so oft in solchen Fällen das andere Kind. Mike hat eine jüngere Schwester, die auch ein wenig Aufmerksamkeit bräuchte. Doch zwischen Fordern und Flehen ist kein Raum mehr für andere Menschen. Mike muss da raus und bis es so weit ist, wird diese Kapriole vertuscht. Kann man einen ganzen Film über eine verschlossene Tür machen? Kann man, und dieser ist sehr gut. Eigentlich bleibt in dieser Erzählung alles unveränderlich traurig, aber uneigentlich überzeugen hier die Schauspieler, denn durch sie findet die junge Regisseurin die passenden Bilder für ihren nachdenklichen Film. Und dann gibt es noch den Regen und was der alles kann. Das müsst Ihr Euch aber selbst anschauen.
 


STEIG.NICHT.AUS
AB 12.04. // CINECITTA
Mit „Antikörper“ hat Christian Alvart eine Handschrift gezeigt. Das war ein deutscher Thriller, kein Krimi. Ich bin dann jemand, der einem Regisseur sein Werk nachträgt. Der Alvart, der kann was – auch wenn es zwölf Jahre her ist. Jetzt steht wieder Wotan Wilke Möhring für den Regisseur vor der Kamera und darf nicht aussteigen aus seinem SUV, in dem er und seine beiden Kinder sitzen. Und eine Bombe! Wir lernen über den Immobilien-Wotan, dass sein Berufsethos noch skrupelfreier ist als in „Soulkitchen“ und seine Ehe mit Christiane Paul, die längst einen Anderen hat, zerrüttet. Alvart schrieb das Drehbuch selbst und will eine Materialschlacht. Motto: Kuckt mal, wo wir überall gedreht haben in Berlin. Ja, ganz toll. Muss es auch sein bei dem Inhalt. Wenn einer aussteigt, dann Bumm. Das sag nicht ich, das sagt der Erpresser, der immer wieder bei seinem Opfer Wotan anruft. Mal darf der nicht auflegen, dann kann er doch was heimlich drehen. Da wird wahllos geflennt und eiskalt verhandelt. Wie verkopft ist bitte die Überschreibung des Geldes für den Erpresser? Bei Punkt 25 auf der Minusliste kommt Hannah Herzsprung als Sprengstoffflüsterin und säuselt den Film ins nasse Klischeegrab. Wie man aus den Zutaten Auto und Telefon Kinounterhaltung macht, zeigt „No Turning Back“. Wenn man einen filmischen Beitrag über die „Arschlöcher, die sich die Stadt und das Geld aufteilen“ liefert, sind symmetrische Aufnahmen aus der Vogelperspektive zu wenig.
 


LAYLA M
AB 12.04. // FILMHAUS
Layla ist Linienrichterin und geht keinem Zoff aus dem Weg. Die 18-Jährige wächst in Amsterdam auf, hat ziemlich nette Eltern und einen noch viel lieberen Bruder. Sie schlägt ein bisschen aus der Art. Zwar ist Layla schlau, aber sie hat auch keine Lust mehr, ihre marokkanische Herkunft und den Islam unter den Teppich zu kehren, Anpassung ist nicht ihre Welt. Im Gegenteil, sie provoziert gern, was auch im liberalen Holland zu Schwierigkeiten führt. Anfangs zeigt der Film das Gute am Jungsein, die fehlende Kompromissbereitschaft. Laylas Wut und Entschlossenheit sind greifbar. Doch es wird schnell ganz schön radikal. Das liberale Zuhause interessiert sie nicht mehr. Brutal und gewalttätige, schwere Kost.
 


ZEIT FÜR UTOPIEN
AB 19.04. // CASABLANCA
Wenn wir unsere Welt anschauen, gibt es zwei Meinungen. Die einen wissen, nur wer mitspielt kann gewinnen, die anderen sagen: Es geht auch anders. Letztere bekommen immer häufiger eine Stimme im Kino. Leider sind diese Dokus von einem besseren Leben manchmal ein bisschen langweilig und da macht diese, filmisch gesehen, keine Ausnahme. Raus aus dem Privatsender, rein in den Ziegenhof, das kennen wir inzwischen. Der Bauer lacht, der Bauer weint, Kapitalismus wird erklärt und wie Gier Wohlstand kaputt macht. Solange Geld unsere einzige Währung ist, geht es steil bergab. Doch Filme wie diese wollen Hoffnung machen, setzen auf Begriffe wie Fair und Solidarität, allerdings ziemlich viel im Ausland. Am 15.04. kommt zur Preview der Regisseur ins Casablanca, das wird bestimmt interessant.
 


MAYBE BABY
AB 26.04. // CINECITTA
Wenn ein Paar nicht genau weiß, ob ein Kind die Lösung oder nur ein schlechter Kittversuch ist, dann kann man diesen Film MAYBE BABY nennen, muss aber nicht sein. Die Beziehungskomödie hat das gleiche Problem wie STEIG.NICHT.AUS im Actionbereich. Die Idee ist gut, die Umsetzung nur in Teilen. Marie und Sascha sprechen sich gerne mit "Huschhusch" an, dazu gibt es Sex zum Abgewöhnen und lauter Freunde, die es bereits vorgemacht haben, mit dem Nachwuchs. Sie selbst haben in ihrer Langzeitbeziehung nur Entfremdung plus Nebenrausgehen hingekriegt, sie mit dem horny Vollpfosten Lukas, er mit einer älteren Frau, die mehr seinem Naturell entspricht. An der Stelle kann man sich auch fragen, wozu die ein Kind wollen. Jedenfalls treffen sie sich – bitte nicht! – in einer Berghütte, jeder mit seinem Gspusi und der Lift fällt aus, klar. So bleibt uns das Überkreuzkennenlernen nicht erspart.
 
 




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