Theobald O.J. Fuchs: Alles hört auf mein Kommando

DONNERSTAG, 1. FEBRUAR 2018

#Autor, #Kolumne, #Krimi, #Theobald O.J. Fuchs

HANDLUNGSANWEISUNG: Man besorge sich einen Planeten, auf dem intelligentes Leben siedelt, wähle ganz nach persönlichem Geschmack einen Kontinent und irgendeine Stadt, in der man am besten im zweiten Stock eines Hauses eine Wohnung mit Balkon zum Hinterhof anmietet.

Man trete hier hinaus, so wie man sich am wohlsten fühlt, nur achte man darauf, sich halbwegs schicklich zu bedecken, wo immer notwendig (z.B. „untenherum“). Denn freilich hat man darauf geachtet, dass jenseits der Mauer, die den Hinterhof beschließt, ein großer Schulpferch lärmt und hüpft und rennt, voll der darin eingehegten pausierenden Schüler, und dazwischen, wie eine Baulücke, ein Lehrer. Und hier beginne man seine große Rede an die Elemente und die Himmelsrichtungen und ende nicht, ehe man fertig gesprochen hat.

ANFANG: SCHWARZER GÜRTEL IN TERMIN-KARATE
Wenn einer etwas harthörig ist und ungern sich etwas sagen lässt – was dann? Wie zu einem solchen durchzudringen, als Einzelner oder auch im Kollektiv, oder gar als die Gesamtheit der Menschen da draußen? Wie etwas sagen, ohne ein Erdbeben zur Hilfe zu nehmen? Da ist ein Mensch, der auf allen Ebenen, wirklich allen, oder besser: Medien gerufen werden will. Soweit die gesicherten Fakten. Jetzt kommen wir zur Fiktion: Welcher Inhalt des Rufes gereicht uns zur Stillung des Dranges zum Rufe?

MITTE: EINE LÖSUNG FÜR JEDEN ÜBERALL
Die Welt will dir etwas sagen! Hör hin! Die Glocken läuten auffallend lange und auffallend laut, schon früh um acht! Dreißig Mal bereits hat es an der Tür geklingelt, auf der Straße wird gehupt wie während eines Feuerwerks, ja sogar die Erde bebte vorhin kurz (wenngleich es wahrscheinlich nur eine sehr voll beladene U-Bahn war, die hastiger abbremste als sonst)! Bloß jetzt kapier doch endlich: Jemand will dir etwas sagen! Mach die Augen auf! Die Sterne stehen für dich tagsüber am Himmel, der Mond hängt am endemischen Horizont herum und nicht nur eine, sondern gleich zwei Sonnen scheinen – nicht für dich, sondern deinetwegen! Das ist ein Unterschied.

Aufwachen, hallo! Hinhören, Mensch! Los, los, los, höchste Eisenbahn! Horch! Der Wind rüttelt am Fenster wie ein Gutachter und heult durch den Schornstein als übte er Flötespielen. Obacht! Der Fluss schlägt Purzelbäume in seinem Bett und reißt alles Lose und Lockere mit sich wie ein Gerichtsvollzieher, der durch die Wohnung eines abgewrackten Kunstmalers rauscht. Herrschaftszeiten! Birken und Buchen tanzen, Vögel jedweder Bauart applaudieren mit schlagenden Schwingen, ausholender und zuckender als jemals zuvor: Herschauen! Zuhören! Mitdenken! Anpacken! Es geht um DICH! DU bist dran! Auf! Jetzt! Oder nie! Vorwärts soll es gehen, alter Pionier, durch die Zeit wie ein Schiff durch dicken weißen Nebel: still steht das Wasser, kein Laut außer dem Platschen, wenn Tautropfen so dick werden, dass sie den Halt verlieren und auf dem Deck zerplatzen. Deshalb: renn, Mensch, lauf, spring, sing, tanz, denk!

ENDE: DAS ERSCHEINEN DER NATÜRLICHEN MASCHINE
Merkst du nichts davon, dass inzwischen ein Eisberg an deinem Haus entlang schrammt und den Verputz glatt schleift? Dass Vulkane vor deinem Fenster Feuersäulen errichten? Dass die Erde selbst sich schüttelt, um dich aus dem Bett zu schleudern, auf dass du deine Beine wieder spürst, auf denen du tatsächlich stehen kannst, und deine Arme, mit denen du mächtig zupacken kannst? Wie lange willst du noch warten, willst dich noch verweigern, willst noch liegenbleiben?

Vergiss nie die Deutung der sechs dicken D‘s: Dulden! Durchbeißen! Dranbleiben! Dienstleisten! Dauerlaufen! Draufgehen! Dein Typ wird verlangt! Du bist gefragt! Im Hier und Jetzt, diese zwei buckligen Brüder aus dem Hause Leben warten vor der Tür. Entscheide dich – aber schnell! Die Welt will dir etwas sagen! Hör hin! Die Glocken läuten auffallend lange und auffallend laut, schon früh um acht! Dreißig Mal bereits hat es an der Tür geklingelt, auf der Straße wird gehupt wie …

Fotos: Immer im Bilde Theobald O.J. Fuchs, fotografiert von Katharina Winter


UND WAS MACHT THEO WIRKLICH UND SONST SO?
Naja, immer nicht so viel. Ein bisschen Forschung und so, hier und da mal irgendwas lehren. Wissen wir nicht so genau.
Ansonsten mache er wohl nichts, als sich im Ruhm zu wälzen und bewundern zu lassen, denn seine Sucht ist die nach Aufmerksamkeit, von der er nie genug bekommen kann.
PS: Im März ist er dann in München eingeladen, bei einem Dialekt-Poetry-Slam, und im April liest er in Erlangen. Das ist fast mehr, als er begreifen kann.

 




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