Claudias Kinoempfehlungen
#Casablanca, #Cinecitta, #Claudias Welt, #Film, #Kino
Ein vermisster Mann und ziemlich viele französische Geschichten finden sich in diesem Winter. Und endlich wird es mal lustig und gut. Ein super Jahresende.
A GHOST STORY
AB 07.12. // CASABLANCA & CINECITTA
Da uns Casey Affleck Anfang des Jahres den Lieblingsfilm MANCHESTER BY THE SEA schenkte, ist er zu meinem most missed actor aufgestiegen. Und da ist er wieder, in “A Ghost Story” als versonnener Musiker. Er stirbt bei einem Autounfall und lebt mit dem Leichentuch als Geist weiter. Genau so wie man als Kind einen Geist malt. Verrückte Idee, doch dieser Film spricht von Trauer und Einsamkeit und definiert das Wort Erzähltempo neu. Denn “Tempo” ist anders. Hast du noch vor 2018 die Kraft, dich ernsthaft auf das Thema Abschiede einzulassen? Nach diesem Kinobesuch weißt du es, weil du einem Mann dabei zusiehst, wie er seinem früheren Leben zusieht und dem was jetzt ohne ihn darin passiert. Die Mutigen gehen alleine in diesen Film. Und halten ihn aus.
DIE KANADISCHE REISE
AB 14.12. // CASABLANCA
Hu, ich habe doch einen Vater. Blöd, dass er jetzt tot ist. Regisseur Philippe Lioret schickt in dieser Bestseller-Verfilmung seinen recht netten Hauptdarsteller auf die Reise. Er fährt zur Beerdigung seines Vaters nach Kanada, sucht dort nach dem Leichnam des Papas, der wohl mit seinem Boot gekentert ist und lernt seine beiden streitsüchtigen Halbbrüder kennen. Das wird nicht so harmonisch, wie man sich das vorher gerne ausmalt, doch vor allem ist mir dieser Film viel zu durchsichtig. Neben blutenden Nasen gibt es hier vor allem viele vielsagende Blicke – und mir sagen die sehr schnell zu viel.
LIEBER LEBEN
AB 14.12. // CINECITTA
Nach “Schmetterling und Taucherglocke” und “Ziemlich beste Freunde” kommt jetzt eine noch größere Sensation: “Lieber leben”. Und wäre dieser Film ein Mensch, wäre es ihm peinlich, dass ich sowas über ihn sage. Denn er will einfach nur normal sein. So normal wie Ben, der gerade noch Sportstudent war, aber nach einem Sprung ins Schwimmbecken mit einer Querschnittslähmung leben muss. In einem Reha-Heim mit komischen und netten Menschen führt er Gespräche mit anderen Jungs und die sind so nachvollziehbar, dass ich zum ersten Mal das Gefühl hab, einen Einblick zu bekommen, wie das ist. Ohne Kitsch, unschleimig - und auch wenn er ein Scheißplakat hat, werdet ihr den Film nicht bereuen. Denn wenn man hier ein Mädchen kennenlernt, dann nicht weil die Story eine Liebesgeschichte braucht, sondern weil das eben passieren kann. Meine Verehrung, ich freu mich total, dass ein Lieblingsfilm mal keine Melancholiemaschine ist. Übrigens schon wieder ein Franzose.
MEINE SCHÖNE INNERE SONNE
AB 14.12. // CINECITTA
Findet Ihr dieses Plakat, das seit Wochen vor dem Cinecitta hängt, nicht auch wunderschön? Juliette Binoches Lächeln ist ein Winterlichtblick, Zufriedenheit. Das ist unantastbar – und dann beginnt der Film mit einer so ungeheuerlichen Sexszene, das ich schon mal etwas verwirrt war. Ich dachte, es geht um eine Singlefrau in Paris (ja, der nächste französische Film), die sich Gedanken über Beziehungen macht. Aber die seltsam abhängige Künstlerin lässt sich von ihren zu jungen, zu alten und unerträglichen Liebhabern dermaßen schlecht behandeln, dass mir ziemlich schnell die Lust auf diese „Sonne“ vergeht. Ihre Ratlosigkeit macht mich ratlos, bis sie mich frustriert. Oder ist dieser Film für alle Frauen, die sich noch nicht ganz sicher sind, ob sie ihre Männer kurz vor Weihnachten in den Wind schießen dürfen? Das ist dann doch mal wieder ein französischer Film, wie man sie kennt und wie sie nerven.
KAFFE MIT MILCH UND STRESS
AB 21.12. // CINECITTA
Dieser schlecht gelaunte Finne meint es sehr ernst, dass früher alles besser war. Die Änderungen der Welt nimmt er knurrend entgegen. Eine Arbeitsteilung zwischen der Alten und dem Alten, hier gespielt von dem stets Pelzmütze tragenden Antti Litja, war in Ordnung, findet er. Seinen Sohn kann er vielleicht deshalb nicht leiden, weil er Hausmann ist und seine Alte das Geld nach Hause bringt. Zarte Gefühle sind nicht die Stärke dieses (Schwieger-)Vaters, der immerhin seinen roten Ford Escort Baujahr 72 leiden kann. Nützt aber nichts, wenn er bei dir einziehen muss und keinerlei Bock auf Anpassung hat. Filme über knorrige alte Männer sind immer nett, der hier ist allerdings ganz schön böse und so viel lachen kann man nicht, weil alle recht schnell auf Konfrontation gehen. Zu Kalauern über die Begegnung mit der modernen Welt kommen ernste Gespräche und eine Hommage an das Rosinenbrötchen. Außergewöhnlich nachdenklich.
GLORY
AB 04.01.
Nach so ein schrulliger Alter, diesmal ein bulgarischer Eisenbahner mit ungewaschenen Haaren. Da liegt es vor ihm auf den Gleisen, ein Batzen Geld. Der Arbeiter Tzanko gibt es, genervt von der Korruption im Land, ab und nach dem Film musst du dich fragen, ob das eine gute Idee ist. Ich mag solche Anreize, in die falsche Richtung zu denken, nicht. Aber wer nicht nur mit einem feuchten Händedruck plus kaputter Armbanduhr abgefertigt wird, sondern zum Dank Spielball der Mächtigeren wird, kommt nicht umhin, an eine schlechte Welt zu glauben. Rein in die PR-Maschine des Transport-Ministeriums, das von ein paar Fehltritten ablenken muss und da kommt so ein Held gerade recht. Sozialkritischer Kampf um Würde und ja, vielleicht, die Zeit. Eigenwillige Komik inclusive.
DAS MILAN PROTOKOLL
AB 18.01. // CINECITTA
Hunde, Stille, kaputte Häuser. Der Einstieg in diesen politischen Film eines deutschen Regisseurs ist klar und direkt. Die Ärztin Martina arbeitet in einer Gegend, wo man schon erschrickt, wenn man von jemand anderem geweckt wird. Irak, Islamischer Staat, Kurden – bei diesen Schlagwörtern ist klar, dass schwere Kost zu erwarten ist. Catrin Striebeck spielt die Ärztin und es sieht aus wie ihre persönliche Tour de force. Entführt bei einer Fahrt über die Grenze, erlebt die Frau viel Hölle. Ausgehend vom Interview danach, werden Dinge erzählt. Es gibt oft Ort- und Zeiteinblendungen und man muss sich konzentrieren, um zwischen Waffentransport und einem immer verzwickteren Netz durchzublicken. Aber wie gesagt, ist ja keiner zum Spaß hier.
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