Theater Wegweiser November
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Während die erste Premierenwelle der Saison in den Spielplan-Alltag schäumt und ein paar Bestseller aus der Reserve noch eine weitere Runde antreten (Musterbeispiel: die schon abgesetzte Hitchcock-Comedy „Die 39 Stufen“ kehrt nach dem Erfolg beim China-Gastspiel auch in Nürnberg zurück), staunt der kundige Kulturfreund über die nächsten Neuigkeiten.
Kann man Umberto Ecos als Buch und Film und Freilichtspiel erfolgreiche Kloster-Fantasy „Der Name der Rose“ auch fürs Jugendtheater erobern? Oder: muss denn „Die lustige Witwe“ wie das berühmte Murmeltier immer wieder grüssen? Dazu der Irrwitz auf dem Weg von der grossen zur kleinen Bühne, von den Kammerspielen zum Theater Salz & Pfeffer, und der immer wieder etwas andere Tanz zwischen Fürther Theater und Tafelhalle. Viel Auswahl!
STAATSTHEATER NÜRNBERG
PREMIERE: In den letzten hundert Jahren ist im Nürnberger Opernhaus, der ehemaligen „deutschen Operetten-Hochburg“, kein Bühnenstück so oft neu inszeniert und wieder gespielt worden, wie Franz Lehárs DIE LUSTIGE WITWE. Selbst die kleine Nostalgie-Pause, die diese weltweit bis dahin rund 400.000 mal aufgeführte Schaumschlägerei um die Jahrtausendwende zumindest jenseits von Österreich in den vorübergehenden Teilruhestand versetzte, galt nicht für Nürnberg. Hier war gute Laune der halbe Spielplan und so wurde erst 2005 die bislang letzte Variante gestartet und noch 2007 gespielt. Weil damals die Philharmoniker-Musikanten den Schmäh in Serie nur bedingt liebten, titelten manche von ihnen konsequent um, für sie war es „Die lästige Witwe“. Nun zeigt Regisseur Thomas Enzinger, der hier vom „Weißen Rössl“ bis „Kiss me, Kate“ am Opernhaus und „Ein Käfig voller Narren“ in der Fürther Comödie schon etliche Show-Portionen auslöffelte, seine neue Sicht auf die Ohrwurm-Parade vor Maxim-Kulisse. Vor zwölf Jahren spielten noch Anna Gabler und der junge Jochen Kupfer in Valentina Simeonovas matter Inszenierung das um Temperament ringende Paar. In den Jahrzehnten zuvor trat Opern-Sopranistin Elizabeth Whitehouse in Wolfgang Quetes´ weit besserer Inszenierung mit Diva-Attitüde im Jugendstil-Design an, eine weitere Runde zurück hatte mehrfach die Wagner-Legende Anja Silja augenzwinkernd als Stargast im Nebenfach gewildert. Die prototypische Operette um Liebesmissverständnisse, Herrenwitze und Melodienseligkeiten – unterfüttert mit einem drohenden Staatsbankrott – bediente über alle Weltkrisen hinweg die unsterbliche Sehnsucht nach dem frivolen Leichtsinn. Und konnte meistens punkten mit Lehárs Sondermischung aus unvergesslichen Arien-Delikatessen und unsäglichen Gassenhauern. Handlung? Naja! Der Dandy Danilo soll die reiche Witwe Hanna Glawari heiraten, damit der Staatshaushalt quasi über´s Girokonto saniert ist – aber beide wollen sich erst im dritten Akt in die Arme fallen, was Spielraum für zwei Stunden Komödien-Turbulenz in Missverständnissen schafft. Fünf Verfilmungen gab es davon zwischen 1918 und 1962, die Eisrevue mit Marika Kilius gar nicht mitgerechnet. Neben den Titelrollen-Besetzungen (da waren einst Fritzy Massari, Teresa Stratas und Karin Hübner – und das „Vilja-Lied“ als Edelschnulze ist auf Platte dokumentiert von Zarah Leander bis Renata Tebaldi) wurden die Danilo-Herren fast noch legendärer. Maurice Chevalier, Johannes Heesters, Peter Alexander, René Kollo warfen sich mit weißem Schal und mehr oder weniger vokalem Gewicht ins Grisetten-Getümmel. Jetzt wird die umstrittene Frage, ob eine aufgedrehte „leichte“ Stimme oder gebremste Dramatik besser zur Rolle der „Witwe“ passt, mit einem herzhaften „Jawoll“ beantwortet. In der aktuellen Premiere ist Isabel Blechschmidt zu sehen, die noch bis Ende Oktober das opernferne Blumenmädchen Eliza in „My Fair Lady“ sang, später übernimmt Katrin Adel, die im Frühjahr Wagners Sieglinde war und nun parallel als dramatische Desdemona in Verdis „Otello“ probt. Ob das Schaukeln zwischen extremen Gewichtsklassen ein Konzept ist oder Besetzungsverlegenheit, das weiß man nicht. Den Danilo gibt alternativlos der neu engagierte, junge Bariton Ludwig Mittelhammer (er wird diese Saison auch Rossinis „Barbier“ sein), ein bekennender Fan von Mozart und Karl Valentin. Möge er viel davon mitbringen. Für den Komiker-Sidekick, den früher auch schon mal „der Kommissar“ Erik Ode spielte, wird Pius Maria Cüppers vom Schauspiel ausgeliehen. Guido Johannes Rumstadt feuert die Philharmoniker an. Regisseur Thomas Enzinger, in den führenden Operetten-Pflegeanstalten von Baden bei und Volksoper in Wien tätig und bei seiner Nürnberger Entertainment-Serie zuletzt mit „Sugar“ eher betulich am Werk, wird entscheiden, was Finanzkrisen von heute damit zu tun haben, dass das Studium der Weiber so schwer ist. Vorhang auf für Christine Lagarde und die flüsternden Geigen in vorerst 16 Vorstellungen für je tausend Plätze.
Wie es der Zufall so will: Nürnbergs eben berufene neue Philharmoniker-Chefin, die 30-jährige Joana Mallwitz aus Erfurt, nimmt sich das Werk in der laufenden Saison gleich in zwei Premieren vor. Erst daheim in Thüringen, dann im Frühjahr an der renommierten Oper Frankfurt, wo die Ex-Nürnbergerin Marlis Petersen in der Titelrolle debütiert.
Premiere: 5. November. Weitere Vorstellungen 7., 12., 15., 17. November im Opernhaus.
LETZTER AUFRUF: Kaum waren Beifall und Buh-Rufe für die spektakuläre Premiere verklungen, schon kamen die letzten Vorstellungen von Hector Berlioz´ kolossaler Oper DIE TROJANER in Sicht (siehe auch Kulturkommentar Seite 74). „Umstritten“ ist der bestens passende Begriff für die Inszenierung des weithin für Provokationstheater berühmten Calixto Bieito, und zwar von mehreren Seiten her. Er hat das sperrige Gesamtkunstwerk aus dem vorletzten Jahrhundert keineswegs ausgereizt, sondern überraschend eher streng stilisierend in ein Blocksystem brachialgewaltiger Bilder mit ständiger Rampennähe gepresst. Weil er gleichzeitig, dann eben doch radikal, mit den Schnörkeln des Zeitgeschmacks im Epos der durch französische Opern-Ästhetik samt Italien-Vision gefilterten Griechen-Antike ganze Handlungsstränge abhackte, kann die Nürnberger Aufführung mit drei Stunden Spieldauer den Minimalistenweltrekord beanspruchen. So schnell war es noch nie vorbei mit Troja und Karthago. Ein Berlioz-Fragment, das mit (musikalischer) Qualität und (szenischen) Mängeln balanciert. GMD Marcus Bosch lenkt souverän die akustischen Schlachten von Chor- und Orchestermassen, Regisseur Bieito pfeffert in die aufgerissenen Szenenwunden die opernferne Lyrik von Michel Hoeullebecq. Das kann man bemängeln und trotzdem bestaunen. Aber eben nur noch an vier Abenden. ++ Der fleißige Ballettdirektor Goyo Montero, der als einziger Spartenchef den Leitungswechsel 2018 am Staatstheater übersteht, verbindet die zweite Serie seiner Tanz-Choreographie „DON QUIJOTE“ nahezu übergangslos mit dem Warm-up der nächsten Uraufführung. Zwei Tage nach der letzten Vorstellung, die den träumenden „Mann von La Mancha“ mit poetischen Gruppenbildern eigenwillig aus Neukomposition und CD-Folklore gemischtem Sound und einer Frauenseele im Legendenmannsbild ausstattet, öffnet eine Montero-Matinée den Blick auf „Dürers Dog“, die nächste Premiere, die ab Dezember aus dem geistigen Erbe von Nürnbergs unbestrittenem Genie Nr. 1 und Flughafen-Paten schöpft.
Termine: „Die Trojaner“ am 4., 11., 18., 26. November im Opernhaus. „Don Quijote am 5., 9. 14., 23. November im Opernhaus.
COMEBACK: Die inszenierende, italienische Choreographin Laura Scozzi, die vor allem in Frankreich aus jeder Musiktheater-Vorlage einen klingenden Comic macht, kann man als Entdeckung von Intendant Peter Theiler fürs deutsche Theater einstufen. Er hat die übermütigen Regiearbeiten – oft als Koproduktion mit dem soeben preisgekrönten Opernhaus Lyon – vor zehn Jahren nach Nürnberg geholt und mehrfach im Spielplan verankert. Ihr Witz, der bei Rossini gut funktionierte, entkernte Mozarts noch populärere, aber weitaus rätselhaftere ZAUBERFLÖTE allerdings zu pflaumenweichem Jux, der am Gag-Spalier entlang durch Pappkulissen wedelt und die Arien betont lässig mitnimmt. Die Königin der Nacht als wankende Schnapsdrossel, naja. Das fanden manche Premierengäste vor ein paar Jahren ärgerlich, aber in den späteren Vorstellungen dominierte klar die erheiterte Zustimmung über´s Protest-Buh. Martin Platz und Michaela Maria Mayer, die parallel im Spielplan als Lehárs „Zweit-Paar“ Camille und Valencienne mit den Operetten-Grisetten konkurrieren, sind im Wechselschritt das edle Liebesduo Tamino/Pamina, Levent Bakirci ist der neue Vogelfänger Papageno. Im Premierenjahr 2009 gab es zwei veritable Koloratur-Königinnen aus dem Ensemble, jetzt kommt die junge Französin Pauline Rinvet als Gast. Auch dieses Werk betreut am Pult Guido Johannes Rumstadt.
Termine: 24. November, dann wieder 1., 3. und 10. Dezember im Opernhaus.
PREMIERENFRISCH: Georg Schmiedleitners seit seinem denkwürdigen Debüt mit „Margaretha di Napoli“ im Herbst 2000 nun 27. und damit wohl letzte Nürnberger Inszenierung, die bittere Tragikomödie KASIMIR UND KAROLINE des Ödön von Horváth, wird nicht als seine frechste oder gar gelungenste in Erinnerung bleiben. Dennoch ist sie, mit ihren kräftig zupackenden Regie-Attacken und der Suche nach dem anderen Blick auf längst enthüllte Wahrheiten, das passende Angebot für den stilgerechten Abschied von einem immer für Irritation sorgenden Theatermacher. Vor der Oktoberfest-Kulisse, die hier hinter der riesigen Leuchtschrift „Tomorrow“ im Techno-Rhythmus lärmt, gerät das Absteiger-Titelpaar (zuverlässig emphatisch wie immer: Stefan Willi Wang und Josephine Köhler) in metaphorische Schieflage. Aus der kleinen, vergeblichen Sehnsucht wird großes Höllenfahrtsspektakel; das zur zierlichen Kunstsprache geronnene, unbeholfene Tasten nach richtigen Worten im falschen Empfinden löst sich in plakativen Wuchtbildern auf. Viel zu sehen, wenig zu fühlen. ++ Weil ja sowieso alle auf alternative Fakten abfahren, kommt der auf dieses Alleinstellungsmerkmal für Marketingstrategien ungern verzichtende Chef einer PR-Agentur zum klagenden Ausruf „Lügen funktioniert nicht mehr!“. In Alistair Beatons neuem Stück ABGEFRACKT!, in dessen deutschen Titel so schön der Klang von Wrack und Frack vereinigt ist, wird mit modernster Bohrtechnik die Erde aufgerissen, um Öl oder Gas zu fördern. Eine Professorin im Ruhestand (gespielt von Elke Wollmann) wird diskret für den Umweltschutz tätig, aber Erfolg hat ihr „Anti-Fracking“ erst mit Hilfe von jüngeren Freunden der Social-Media-Generation. Schauspieldirektor Klaus Kusenberg war immer ein Fan des britischen Gegenwartstheaters, das sich mit geschliffenen Dialogen und dankbaren Rollen der latenten Probleme annimmt. Wie schon bei Beatons Politsatire „Feelgod“, die nach der Nürnberger Premiere oft nachgespielt wurde, inszenierte er jetzt die deutsche Erstaufführung. ++ Hundert Minuten Sololauf für Julian Keck. In HÖHENRAUSCH von Jörn Klare klettert der fanatische Bergsteiger seinem letzten Rekord entgegen, der Gipfelpunkt-Fixierung eines dadurch sinnentleerten Lebens. Der Romeo der vorletzten Saison vergräbt sich in Albträumen und Cellophanbahnen, die als Eisschichten interpretierbar sind. ++ Gerade noch rechtzeitig vor der Premiere hatte der Bandwurmtitel für den Szenendreiteiler MAN MUSS DANKBAR SEIN – IHR KÖNNT FROH SEIN – WIR SIND GLÜCKLICH den griffigen Titel TEXTIL-TRILOGIE bekommen. Vor zehn Jahren entstand in Österreich der erste Teil dieser scheinbar kopfstehenden Welt, in der sich der Wohlstand verschoben hat und Textilarbeiterinnen aus dem alten Europa zum Billigtarif für die andere Welt nähen müssen, ehe sie als Migranten zur Peepshow in den neureichen Teil der Welt wechseln. Der dritte Teil war ein Auftrag aus Nürnberg für Autor Volker Schmidt und sein ätzendes Thema, das Zusammenschieben zur gespiegelten Trilogie (es spielen: Lilly Gropper, Ruth Macke und erstmals Svetlana Belesova) in Anne Baders Regie macht den Text zum Uraufführungsprojekt. Deren Sibylle-Berg-Inszenierung „Und dann kam Mirna“ erheiterte das Publikum im Vorjahr, aber Fragen wie „Zwickt der Tanga oder die Seele?“ halten das Gelächter diesmal auf kleiner Flamme.
Termine: „Kasimir und Karoline“ am 12., 21., 25., 29. November, „Abgefrackt!“ am 2., 9., 17., 19., 30. November im Schauspielhaus. „Textil-Trilogie“ am 12., 21., 25., 29. November in den Kammerspielen. „Höhenrausch“ am 12., 17., 26. November in der BlueBox.
COMEBACK: Von der Schadenfreude leben zwei Drittel aller Humoristen, eher neun Zehntel, aber ein Stotterer ist auch jederzeit willkommen. In der Karnevalsklamotte PENSION SCHÖLLER fließt alles zusammen, was in Köln einen Tusch mit pünktlich einsetzender Heiterkeit auslöst. Einem reichen Provinzonkel, der schon immer mal echte „Irre“ sehen wollte, wird der ganz normale Wahnsinn eines Pensionsbetriebes als Nervenheilanstalt vorgeführt. Der leidenschaftliche Schauspieler mit Sprachfehler (fabelhaft: Thomas Nunner) gibt ihm den Rest. Regisseurin Bernadette Sonnenbichler gehört zu den vielen seriösen Theatermachern, die in den letzten Jahren dieses Kalauerkonstrukt mit Hilfe erstklassiger Schauspieler mal neu aufmischen wollte. Das ist über weite Strecken gelungen. Ab 24. November wieder im Schauspielhaus. ++ Der Dekonstruktionsspezialist Christoph Mehler hat Max Frischs Fastklassiker BIEDERMANN UND DIE BRANDSTIFTER von den Beinen auf den Kopf gestellt, was zu neuer Blutzirkulation führt. Man sieht das Stück um Titelheld Stefan Lorch wie neu gezündelt. Termine: 8., 13., 16. November in den Kammerspielen. ++ Nach dem Erfolg kürzlich beim China-Gastspiel und wegen der ohnehin anhaltend großen Nachfrage also nochmal und nun in vierter Saison b, auf denen Michael Hochstrasser, Nicola Lembach, Pius Maria Cüppers und Stefan Willi Wang durch schätzungsweise 40 Rollen-Hülsen rasen, um die vielen Kurven eines alten, in jeder Hinsicht schwarzweißen Hitchcock-Drehbuchs schwindelfrei zu bewältigen. Termine: 15., 30. November. ++ Aufstieg für ein hausgemachtes Projekt: Wie man in Deutschland politisch korrekt einen Beitrag zu jenem staatstragenden Jubiläum organisieren könnte, das derzeit niemand mehr einschätzen kann, erörtert eine bunt gewürfelte Gruppe in EIN FEST FÜR ATATÜRK. Was ist richtig, was macht Ärger? Es wird gestritten, gesungen, gehofft. In der BlueBox war Uraufführung, wegen der Nachfrage zieht die Vorstellung in die größeren Kammerspiele um. Termine: 11., 18. November. ++ Die Aufführung, die in feinfühligster Konzentration auf den Konflikt eines krisenanfälliges Paares mit der eigenen Vergangenheit (kongenial gespielt von Adeline Schebesch und Michael Hochstrasser) in der vorherigen Saison am besten gelang: GIFT – EINE EHEGESCHICHTE von Lot Vekemans. Eigentlich nur nachträglich in den Spielplan geraten, weil die beiden Langzeit-Akteure des Hauses gerade frei hatten. Was für ein Glück! Termine: 2., 23., 26. November Kammerspiele.
WEITER: Friedrich Schillers pathetisch in den Krieg ziehende JUNGFRAU VON ORLEANS mit der umgeschnallten Selfie-Kamera (Lilly Gropper als heilige Johanna) in der Inszenierung des Burgtheater-Regisseurs Peter Wittenberg, der ihr eine letzte Zigarette vor dem Scheiterhaufen gönnt (10., 11., 18. November im Schauspielhaus) und Josephine Köhler in Regie von Georg Schmiedleitner als fauchende KATZE AUF DEM HEISSEN BLECHDACH des Tennessee Williams (4., 8., 28. November im Schauspielhaus) haben im Spielplan weiterhin stabile Plätze.
STAATSTHEATER NÜRNBERG
Richard-Wagner-Platz 2-10, Nbg
staatstheater-nuernberg.de
GOSTNER HOFTHEATER
COMEBACK: Was bei der Berliner Uraufführung wie eine passgenaue Satire auf den Prenzlauer Berg wirkte, erwischt auch den Zeitgeist in gewissen Provinzkreisen frontal. Marius von Mayenburgs STÜCK PLASTIK, wo sich schräge Künstler mit gespreizten Galeristen, altklugen Kindern und einer aufreizend gescheiten Putzfrau beim pointenreichen Clinch um die wahren Werte treffen, ist in der Produktion des Gostner Hoftheaters so gut gelungen, dass der Vergleich mit der gefeierten Schaubühnen-Fassung in Autorenregie gar nicht fern lag. Jetzt kommt die Vorstellung, die im Januar das Haus in der Austraße vor Gelächter erbeben ließ, zur Zugabe-Serie – und sie ist weiterhin das Komischste, was Theater in Nürnberg derzeit bietet.
Termine: 3., 4., 5., 8., 9., 10., 11., 16., 17. November im Gostner Hoftheater.
GASTSPIELE: Nicht unbedingt das Gegenstück zur großen „Trojaner“-Oper, aber irgendwie auch antik klassisch: Hans-Jörg Schusters DIE BAYERISCHE ILIAS verwickelt griechische Helden in weißblaue Rituale. Rüdiger Hacker und Maria Hafner sorgen für völkerbindende Stimmung am nachgefüllten Bierkrug. Termin: 22.11. ++ Frei nach Karl Kraus hat Hosea Ratschiller den Weltuntergang ins Österreich des Jahres 2015 verlegt. #DER ALLERLETZTE TAG DER MENSCHHEIT mit der Musik von RaDeschnig und dem Autor laut Besetzungszettel in circa 43 Rollen, die Höllenhumor mit Himmelsgesängen transportieren. Ein weiteres Beispiel, wie preisgekröntes Kabarett zum Theater werden kann. Termin: 25.11. ++ Der Altmeister der Wortbeugung ist etwas in Vergessenheit geraten, aber dazu kann man wirklich nur sagen: Werch ein Illtum! Das Theater Dosis greift ins volle Begriffsgestöber von Ernst Jandl und verspricht ALLEN ERNST. Dazu gehört ein Versuch mit „Die Humanisten“, wo Konversation ohne Konjugation zum Zustand der Sprachlosigkeit führt. Am 29.11.
GOSTNER HOFTHEATER
Austr. 70, Nürnberg
gostner.de
TAFELHALLE
PREMIERE: Der Tänzer Malcolm Sutherland, als Mitglied von Goyo Monteros Operhaus-Compagnie nach Nürnberg gekommen, macht sein eigenes Tanztheater. In UNDER THE KNIFE ist der Choreograph mit sechs TänzerInnen den chirurgisch und sportlich manipulierbaren Schönheitsidealen der Körperkultur auf der Spur. „Schicht für Schicht“ will er abtragen, um die individuelle Schönheit freizulegen. Das besondere Verhältnis der Tänzer zum eigenen Erscheinungsbild wird enthüllt.
Premiere: 9. November. Weitere Termine 10., 11., 12. November.
PREMIERE: Eine Einladung, „mit dem Körper zu denken“ will Barbara Bess aussprechen, wenn sie mit der neuesten ihrer WildeVerwandte-Produktionen die Wortspiel-Schöpfung DA DA IST. WIR SIND. vieldeutig in den Raum stellt. Neun TänzerInnen sollen „dem scheinbar Sinnlosen“ zur Geltung verhelfen – und wer das innerhalb der Vorstellung noch nicht ganz begriffen hat (oder im Gegenteil: auf den Geschmack gekommen ist), darf hinterher bleiben und „humorvolle Einblicke in den Arbeitsprozess“ erwarten. „Mitwisser“ nennt die Choreographin diesen Teil des Publikums, die anderen Zuschauer müssen selber zurecht kommen mit einem „dionysischem Feld, in dem Klang, Sprache, Bild und Bewegung“ koexistieren. Die Compagnie verspricht absolute Hingabe an den „alles verschlingenden Sound“, aber auch nachfolgende Stille.
Premiere: 23. November. Weitere Termine 24., 30. November, dann wieder 2. und 3. Dezember in der Tafelhalle.
TAFELHALLE
Äußere Sulzbacher Str. 62, Nbg
tafelhalle.de
THEATER ERLANGEN
PREMIERE: Das Jugendbuch, ein daraus gefiltertes Bühnenstück, 2016 dann die Verfilmung von Fatih Akin – und jetzt Wolfgang Herrndorfs Abenteuer TSCHICK (Theaterfassung Robert Koall) im Extraformat des Theaterhörspiels. Eike Hannemann, der u.a. mit Winnetou (Nürnberg, jetzt komplett vom Staatstheater Saarbrücken übernommen) und Werther (in Erlangen bereits mit dem dritten Titelhelden weiter zu sehen) Dauererfolge entwickelte, will das nun auch mit dem Road Movie der beiden jugendlichen Ausreißer und Ausraster versuchen, in der die Freundschaft dann doch über alle Konflikte triumphiert.
Premiere: 11. November. Weitere Termine am 15., 29., 30. November im Theater in der Garage.
WEITER & WIEDER: Fassbinder, Dürrenmatt, Shakespeare, Sibylle Berg und Wilhelm Hauffs „Kalif Storch“ für die Junioren neben Wolfgang Herrndorf – die Erlanger Autoren-Mischung hat es in sich. ANGST ESSEN SEELE AUF (mit Lea Schmocker in der Rolle der Witwe, die beim Migranten ihre Liebe „mit Hintergrund“ findet) am 5./6. November im Markgrafentheater. ++ Ein haltbarer Titel der „modernen Klassik“: Friedrich Dürrenmatts DIE PHYSIKER, in einer von Atom-Ängsten überschatteten Zeit als Attacke geschrieben und 50 Jahre danach immer noch aktuell, wird in Erlangen von einem Männer-Ensemble gespielt: 9./10. November im Markgrafentheater. ++ Eike Hannemanns Bierzelt-Transplantation von ROMEO UND JULIA, dem Maßkrug mindestens so verpflichtet wie der Nachtigall und der Lerche, bleibt im Gespräch: 16./17. November Markgrafentheater. ++ Eine Spottschau mit kulinarischem Hintergrund: Sibylle Bergs VIEL GUT ESSEN überwölbt für den imaginären Ruf „Na dann Mahlzeit!“ geistig und körperlich genießbare Kalorien. 23., 24., 25. November in Theatercafé und Garage.
THEATER ERLANGEN
Theaterplatz 2, Erlangen
theater-erlangen.de
THEATER FÜRTH
COMEBACK: Gerade hat er das Musical „Die Story meines Lebens“ abgelegt, schon ist er wieder LUTHER - REBELL GOTTES: Thomas Borchert an der Spitze des Ensembles bei der zweiten Runde der Reformations-Revue von Christian Auer und Nina Schneider, die sich das Fürther Theater zum Jubiläumsjahr gönnte.
Vom 16. bis 19. November wird nochmal die Stimme erhoben zum tanzbaren Religionsunterricht.
GASTSPIEL: Seit 2001 leitet der Choreograph Tim Rushton das DANISH DANCE THEATRE und hat es seither zu einer der hochnotierten Compagnien in Europa mit weltweiten Tourneen gemacht. Höchste Zeit also für das Debüt in der renommierten Fürther Tanztheater-Reihe, für die das Beste immer gerade richtig ist. Das Ensemble bringt eine Adaption von Strawinskys FEUERVOGEL mit und zeigt die 2005 entstandene Synthese von Ballett-Klassik und Tanz-Moderne unter dem Titel KREIDE.
Vom 22. bis 26. November im Fürther Theater.
GASTSPIEL: So schnell kann eine Sammlung von Schlagzeilen zum Gegenwartstheater werden: Schnellschuss-Dramatiker Ronald Harwood hat den „Fall Gurlitt“, die aufsehenerregende Geschichte des diskreten Pensionisten mit den gehorteten Bildern aus schwer durchschaubarem Erbe in seiner Wohnung, verarbeitet. In ENTARTETE KUNST sind der große Udo Samel (Berliner Schaubühne, Wiener Burg) und der groß grimassierende Ralph Morgenstern („Blond am Freitag“) die Stars. Die Produktion des Berliner Renaissancetheaters macht zwei Tage in Fürth Station: am 10. und 11.November.
GASTSPIEL: Eigentlich ist der schrille Jux um CHARLEYS TANTE mit einem Herrn in der zwickenden Kostümierung der Anstandsdame schon ohne Musik schräg genug. Und durch Erinnerungen von Heinz Rühmann bis Peter Alexander besetzt. Vielleicht war genau das der Grund, aus dem Fundus des 1975 verstorbenen Komponisten Ernst Fischer, ein weiteres Kapitel für die olle Klamotte von Brandon Thomas zu basteln. Wie der Musiker ist der Regisseur Dominik Wilgenbusch, der auch die neuen Liedtexte schrieb, ein bekennender Entertainer, der erst kürzlich mit „The Producers“ von Mel Brooks besonders großen Erfolg hatte. Er nennt die musikalische Komödie der Münchner Kammeroper ausdrücklich nicht „Musical“, sondern nach alter Väter Sitte lieber „Operette“. Wenn das nicht ein Fall von Nostalgie ist. Zu sehen vom 28. November bis 1. Dezember im Fürther Theater.
STADTTHEATER FÜRTH
Königstr. 116, Fürth
stadttheater.fuerth.de
KÜNSTLERHAUS NÜRNBERG
PREMIERE: Die unwillig alternde Queen of Pop, Königin der permanenten Selbsterfindung, ist unfreiwillige Patin bei Katja Kendlers neuem Tanz/Performance-Projekt NO ROOM FOR TWO QUEENS.
Die Geschichte einer jungen Frau, die sich auf der Suche nach der wahren Identität selbst verliert, hat Madonnas Karriereschübe im Blick. Den schmalen Grat zwischen Schmerz und Humor soll die Tänzerin Eva Borrman erkunden. Und bei der Vorstellung am 16.11. wird das vertieft durch Disco-Nachschlag, da legen Kendler & Borrmann im Nebenfestsaal Madonna-Songs bis zum Abtanzen (oder Abwinken) auf.
Premiere: 2. November. Weitere Termine 3., 15., 16. November.
KÜNSTLERHAUS im KunstKulturQuartier
Künstlerhaus-Festsaal
Königstr. 93, Nürnberg
kunstkulturquartier.de/kuenstlerhaus
THEATER PFÜTZE
PREMIERE: Erst war da das dicke Buch mit dem schmutzenden Mittelalter als Fantasy-Kulisse auf der Bestsellerliste, dann die bei Kasse und Kritik beliebte Verfilmung mit Ex-Bond Sean Connery als Klosterbruder mit liberalen Anwandlungen und schließlich entdeckten Freilichtspiele den Stoff für sommerliche Fackelzugspektakel. Tatsächlich war auf der fränkischen Luisenburg in Deutschland der erste Theaterversuch mit DER NAME DER ROSE, weiträumig auf die Gänge und Hügel der Felsenbühne verteilt. Das wird jetzt alles ganz anders, wenn das sonst auf Jugendtheater-Schwerpunkt setzende Pfütze-Ensemble in einem erstaunlichen Kraftakt die breit angelegte Story aus dem norditalienischen Benediktinerkloster von 1327 erzählt. Der zu Gedankenfreiheit fähige Ex-Inquisitor und Franziskanermönch (schöne Grüße an den Papst!) William von Baskerville und sein junger Assistent gehen mit kriminalistischem Scharfsinn den Spuren theologischer Giftmischer nach. Marcelo Diaz, der seit 1982 auch in Deutschland arbeitende und immer wieder segensreich in der Nürnberger Szene auftauchende, argentinische Regisseur („Cyrano“, „Ronja Räubertochter“) bringt die Bühnenbearbeitung von Claus J. Frankl in einer Zweieinhalb-Stunden-Fassung mit acht Personen in Form. Auch Musiker Martin Zels kehrt dafür zurück. Gespielt wird für Zuschauer ab 14 Jahren – nach weit oben offen.
Premiere: 11. November. Weitere Abendvorstellungen im Freiverkauf 18., 19., 25., 26. November und 2. und 3. Dezember.
THEATER PFÜTZE
Äuß. Laufer Platz 22, Nbg
theater-pfuetze.de
THEATER SALZ UND PFEFFER NÜRNBERG
PREMIERE: Das war mal eine Lachnummer für große Schauspielbühnen und in Nürnberg an den Kammerspielen gut aufgehoben. Nun wird MR PILKS IRRENHAUS des very britischen Grotesken-Autors Ken Campbell („Die Schlündelgründler“) rund 50 Jahre später im Kleinformat wiederentdeckt. Am Theater Salz & Pfeffer inszeniert Tristan Vogt, der ansonsten seinen Teufelsküchen-Kasper weiter im Alleingang in der Tafelhalle gegen Depressionen und Pfannkuchen kämpfen lässt, mit drei Personen an sechs Händen und vielen Puppen (das würzende Prinzipalspaar Wally & Paul Schmidt mit Stefan Moser in Aktion) das Spiegelkabinett des Henry Pilk. Der kauzige Herr schreibt Geschichten über Menschen, Hühner und Spione so verwegen, bis alle Erzählstränge in Knoten enden. Hauptsache es herrscht Un-Ordnung im Irr-Sinn. Mit Figuren, die doch tatsächlich ihr eigenes Leben bewältigen wollen. Echt irre!
Premiere: 18. November. Weitere Termine 19. November, 1., 2. und 9. Dezember.
THEATER SALZ UND PFEFFER
Frauentorgraben 73, Nbg
salzundpfeffer-theater.de
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